Die meisterwarteten Deutschrap-Alben 2021

In den nächsten gut elfeinhalb Monaten erwarten uns im Rap Game wieder einige große Alben, Hits, neue Künstler*innen und vieles mehr. Eine Prognose erscheint schwerer als je zuvor, nachdem Corona schon im vergangenen Jahr so manchen Acts einen Strich durch die Rechnung gemacht hat. Einige Hochkaräter haben aber bereits neue Longplayer angekündigt, bei anderen kann man relativ sicher mit frischem Output rechnen.

Die Hiphop.de-Redaktion hat in den letzten Tagen mit hitzigen Diskussionen an einer Liste gearbeitet, die einen Ausblick auf einige der voraussichtlich größten Releases des Jahres geben soll. Das Unterfangen kann natürlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit haben und auch so manche persönliche Favorit*innen unserer Crew haben hier nicht ihren Platz gefunden. Unter anderem aus diesem Grund könnt ihr in den kommenden Wochen noch mit einem Ausblick auf heiß erwartete Releases der New Wave rechnen.

Hier und jetzt soll es aber erstmal um die Spitze des Eisbergs gehen: Um die Künstlerinnen und Künstler, die Spotify, YouTube und die Charts regieren – vielleicht mit ein oder zwei Ausnahmen, die dennoch hier ihre absolute Berechtigung haben. Aber seht selbst! Wir halten das Intro in bester Hiphop.de-Manier kurz und gehen direkt rein in die Masse.

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K.I.Z – Rap über Hass

K.I.Z machen "Rap über Hass" und treffen mit dem Albumtitel erneut ins Schwarze. Was genau da auf uns zukommt, lässt sich nach der taufrischen Titel-Single bereits grob erahnen: nämlich 100 % K.I.Z. Wenn wir außerdem Tarek Glauben schenken, wird es "richtig krass", böse und hart. Also ziemlich genau das, was sich alle K.I.Z-Fans da draußen wünschen dürften.

Aber K.I.Z waren auch schon immer für eine Überraschung gut. Besonders willkommen und sehnlich erwartet werden natürlich auch die politischen Akzente, die mit so einem neuen Album hoffentlich endlich wieder gesetzt werden – Lines über Friedrich Merz und Demonstrationen unter Polizeischutz dürften das nur der Anfang sein.

Das war auf dem Tarek-Soloalbum "Golem" natürlich auch vertreten, das darf für den Ottonormalverbraucher aber gern auch noch direkter, härter und eindeutiger daher kommen. Ansonsten wird es auch verdammt nochmal endlich Zeit, dass ein neues K.I.Z-Album erscheint, "Hurra die Welt geht unter" wird 2021 bereits sechs Jahre alt.

(David Molke)

Juju – tba

Das Release von Jujus Debütalbum "Bling Bling" ist über eineinhalb Jahre her. In der heutigen Zeit, in der es für dauerhaften Erfolg auch darauf ankommt, systematisch Algorithmen zu füttern, eine kleine Ewigkeit. Doch Massenware ist nicht das Ding der ehemaligen SXTN-Rapperin. Und es ist schließlich nicht so, als hätte es 2020 gar keine Musik von der Berlinerin gegeben.

Sämtliche Songs, an denen Juju in den vergangenen zwölf Monaten mitgewirkt hat, fielen durch Erfolg auf. Die Kollabos mit Loredana ("Kein Wort") und Bausa ("2012") waren Ohrwürmer ohne jegliche Anlaufschwierigkeiten. Der Solotrack "Vertrau mir" entpuppte sich als überraschend geradliniger Club-Banger, dem für noch mehr Aufmerksamkeit mutmaßlich nur der gesellschaftliche Bremsklotz Nummer eins im Weg stand: Corona.

Die Leere, welche von den gecancelten Nächten auf den Dancefloors der Republik ausging, konnten Juju-Fans anderweitig tilgen. Mit ihrer Modemarke VIERVIER und dem Parfüm Pfirsich hat sich die Rapperin abseits der Musik breiter aufgestellt. Die Business-Seite scheint also gut abgedeckt. Das Vertrauen in Jujus Rapskills ist sowieso unerschöpflich. Mehr "Bling Bling" kann gerne kommen.

(Michael Rubach)

OG Keemo – Mann beisst Hund

Nicht Wenige erwarten von OG Keemo und seinem kongenialen Partner Funkvater Frank das Rapalbum des Jahres. Was die beiden gemeinsam anstellen, ist immer eigenständig, durchdacht und qualitativ außerhalb der Sichtweite des Deutschrap-Durchschnitts.

Schon beim Debüt "Geist" (2019) wurden die wahnwitzigen Skills und Experimente der beiden durch ein umfassendes Albumkonzept ergänzt, dessen Decodierung Keemo und Franky den Hörerinnen selbst überlassen. Mit Malik scheint Keemo seinem Kosmos nun ein Alter Ego hinzuzufügen:

Der Titel des kommenden Albums spielt nämlich auf den gleichnamigen, belgischen Kultfilm von 1992 an, der seine die Zuschauerinnen mit dem Eintauchen in die zunächst absurde Perspektive eines Serienmörders fesselt und aufrüttelt.

Die titelgebende Phrase "Mann beißt Hund" ist zuvor schon in "55" auf "Geist" gefallen: "Ich bin der Grund für dein' Angstschweiß, Mann beißt Hund, wo ich herkomm'". In jenem Interlude vereint Keemo nicht nur die "neue Ära" und die "alte Schule", sondern auch diverse Facetten einer typischen Hochhaussiedlung in seiner Persona. Wenn "MBH" hier anknüpft und Malik nur der Anfang war, dann erwartet uns hier wohl nicht nur rap- und soundtechnisch eins der spannendsten Projekte des Jahres.

(Clark Senger)

Ufo361 – Stay High

Ufo361 klammert sich nicht allzu lange an seine abgeschlossenen Projekte. Gut zwei Wochen nach Release von "Nur für dich" verkündete der Kreuzberger: "Nächstes Album STAY HIGH". Für leere Versprechungen ist der Rapper nicht bekannt und so geht es tatsächlich einfach ohne größere Verschnaufpause weiter Richtung neues Soloalbum.

Mit "7" droppte er zum Jahreswechsel eine erste Single, bei der Feature-Gast Bonez MC sich ebenfalls sehr angetan von großen "Tits" und "Cali-Weed" zeigt. Nach dem von einem "Romeo und Julia"-Konzept getragenen "Nur für dich" und dem kaum weniger düsteren Masterpiece "Rich Rich" scheint Ufo sich auf den bloßen Spaß an der Sache zu verlagern. Modus good Life.

Seine Achievements als Trap-Lord Deutschlands kann ihm eh niemand mehr streitig machen. So geistert unter anderem eine Hörprobe des Tracks "Wings" durchs Netz, in welcher der Stay High-Chef locker aus der Vogelperspektive flext. Vielleicht lässt Ufo für sein neues Werk noch die Connection nach Amerika aufleben, um den Weg für bereits aufgenommene Kollabos freizuräumen. Weitere Songs mit den US-Stars Future und Gunna sollen fertig rumliegen. Ihr wisst Bescheid.

(Michael Rubach)

Fler – Widder

Fler wird voraussichtlich im Februar mit "Widder" sein mittlerweile siebzehntes (!) Soloalbum veröffentlichen. Mit seiner beeindruckenden Arbeitsmoral konnten in der Vergangenheit nicht viele mithalten. Mit Simes hat er nun aber schon seit gut vier Jahren einen Produzenten im Team, der nicht nur Flizzy, sondern auch seine Vision versteht.

Die bislang erschienen Singles mit bombastischen Sample-Hooks und Specter-Videos versprechen einiges für "Widder". Beispielhaft dafür ist natürlich das Überbrett "Light Up The Night". Fans fragen sich bereits, ob das neue Album "Vibe" den Titel als Flizzys Magnum Opus streitig machen könnte. 2021 scheint wieder alles zu stimmen: Die ganze Produktion und Aufmachung um das Album wirken noch wertiger denn je. Hochglanz-Videos, pompöse Beats und Fler auf Hochtouren im Mittelpunkt.

Kürzlich gab Fler außerdem bekannt, dass erneut niemand Geringeres als der legendäre Chris Athens für das Mastering zuständig ist. Der Grammy-nominierte Engineer arbeitete neben Flizzy unter anderem mit Drake, Jay-Z, den Beastie Boys, P. Diddy, J. Cole und vielen mehr zusammen. Soundtechnisch erwartet die Fans wohl wieder absolute Extraklasse auf Ami-Niveau. Wer liefert nach fast 20 Jahren immer noch so ab?

(Till Hesterbrink)

Massiv & Manuellsen – Ghetto

Die meisten waren wahrscheinlich überrascht, als Manuellsen letztes Jahr ankündigte, er arbeite gerade an einem Kollaboalbum mit Massiv. Und auch wenn es vom Album bislang noch nichts zu hören gab, kann man auf jeden Fall gespannt sein. Ein paar gemeinsame Songs gibt es schon – unter anderem waren die beiden als Features auf Haftis Classic "Dann mit der Pumpgun" zu hören – das Kollaboalbum wird aus der Kombo aber noch ganz andere Seiten herauskitzeln.

Massiv & Manuellsen kündigen Kollaboalbum an

Jung-Autor Manuellsen hat auch neue Musik in der Pipeline. Er und Massiv werden ein Kollaboalbum rausbringen. Beide Rapper informierten über die überraschende Zusammenarbeit ...

Die Palette der denkbaren Styles macht das Album umso spannender: Auf der einen Seite Manuellsen, der erst vor gut einem Monat mit "5 Tage" bewiesen hat, dass er immer noch einer der begnadetsten RnB-Sänger Deutschlands ist. Gleichzeitig wagt der Ruhrpott-OG auch immer wieder Ausflüge in die verschiedensten Stilrichtungen, die der Rapkosmos zu bieten hat.

Auf der anderen Seite Massiv, der einfach mal wieder aus allen Rohren feuern könnte und einen Wiedererkennungswert hat wie nur Wenige in Deutschland. Eine Mischung aus gefühlvollen Tracks und der gebündelten Stimmgewalt der beiden klingt so vielversprechend, dass man nur hoffen kann, dass das Ding auch wirklich bald kommt.

(Till Hesterbrink)

Kool Savas – Aghori

Kool Savas ist einfach Kool Savas und mittlerweile ungefähr so etwas wie der deutsche Eminem. Und auch wenn das letzte Album vielleicht noch gar nicht so lange her ist, gilt bei ihm trotzdem immer: Ihr habt lange genug gewartet, dass ein Album erscheint.

Dieses Jahr haben Savas-Fans besonders viel Glück: Da kommen vielleicht sogar gleich zwei Releasese. Während "Aghori" verschoben wurde und bisher nach musikalisch seichterer Kost klingt, soll 2021 nämlich auch noch ein Boombap-Album erscheinen, das womöglich härtere Töne anschlägt. Kool Savas hat sogar ein Feature mit Too $hort angekündigt, was bei den meisten Oldschool-Fans so richtig für Vorfreude sorgt.

Das heißt also, dass es dieses Jahr wohl erstens wieder mal kein Vorbeikommen an King of Rap Kool Savas geben wird und zweitens, dass dabei wirklich alle auf ihre Kosten kommen dürften.

(David Molke)

Genetikk – German Angst / MDNA / OTW 2

Genetikk ist keine Kombo des Understatements: Sie wollen Deutschrap 2021 mit aller (lyrischer) Gewalt aus der Komfortzone holen. Mit welcher Release-Reihenfolge dieser Plan gelingen soll, ist noch ein wohl gehütetes Geheimnis von Kappa und Sikk.

Fürs Erste deutet viel auf ein Album mit dem Titel "German Angst" hin. Doch auch "MDMA" und "OTW 2" schwirren als Teil des unlesbaren Genetikk-Codes durch den Raum. An einem Tag ploppt eine Tracklist auf, die einen gewissen "Ye" als Feature anteast. In einem anderen Moment rantet Kappa gegen die gesamte Deutschrapszene und die musikalische Ausrichtung der vergangenen Jahre.

In der Sparte "peinliche Ohrwurmbeats" hätten Sikks Produktionen generell nie ihren Platz gefunden, aber was mit "Nicht fürs Radio" noch in den Grenzen eines Tracks verhandelt wurde, scheint jetzt als Agenda auf uns zuzurollen. Für Genetikk heißt das klipp und klar: "Rap or Die". Um das eigene Überleben zu sichern, ziehen die Jungs von Saarbrooklyn aus mit reichlich Bars in die Schlacht. Mögen die Spiele beginnen!

(Michael Rubach)

badmómzjay – tba

Ein lockerer Mix aus Englisch und Deutsch, melodische Hooks und vor allem viel Ehrlichkeit: badmómzjay gehörte 2020 zu den spannendsten Newcomer*innen der Szene. Sie startete Anfang des Jahres mit einigen Singles und ist inzwischen zu einem bekannten Namen der Szene gewachsen.

Dabei hat sie ihre loyale Fanbase ausweiten können und bekommt regelmäßig Props von etablierten Künstler*innen. Egal ob Kool Savas oder Shirin David – viele große Namen haben das Potenzial der 18-jährigen Berlinerin bereits erkannt. Ende letzten Jahres durfte sie das Debüt ihrer EP "18" feiern. Nun ist der nächste Schritt ihr erstes Album. Viel weiß man noch nicht über das große Projekt der Berlinerin. Klar ist aber, dass sie auch hier wieder mit viel Herzblut und der richtigen Mischung aus hartem Rap und gefühlvollen Texten überzeugen dürfte.

(Alina Amin)

Xatar – Hrrr

Wer trägt den Mantel und wer ist der absolute Baba aller Babas, wenn es um Memes und Business geht? Es kann nur einen geben: Xatar.

Der Bonner weiß genau, wo seine Stärken liegen und spielt diese gnadenlos aus. Aktuell liefert der AON-Labelboss einfach permanent ab und tut das auf eine unnachahmlich freshe, witzige und lockere Art und Weise, statt zu einer Karikatur seiner selbst zu verkommen.

Egal, ob es um Musik, gesignte Künstler, Features oder Tiefkühl-Köfte geht: Der Rubel rollt, Xatar geht neue Wege und befindet sich momentan vielleicht sogar auf dem Höhepunkt seines Schaffens. Zumindest machen die bisher veröffentlichten Singles richtig Bock und zeigen, dass Xatar dieses Jahr eines der spannendsten Alben raushauen könnte. Kein Wunder also, dass alle mehr als einfach nur heiß auf das neue Release sind. Wie macht die Geldzählmaschine? Richtig!

(David Molke)

Cro – trip

Dass Cros neues Album ein "trip" werden wird, kauft man dem Erfinder der Stilrichtung Raop ohne Weiteres ab. Keiner seiner Songs aus dem Jahr 2020 gleicht dem anderen. Der maskierte (Ex)-Teeniestar baut seine Kunst außerhalb plattgetretener Deutschrapmuster.

Mal klingt das Ergebnis wie der Vorspann einer Nickelodeon-Serie aus den Neunzigern ("Fall auf"), mal wie psychedelische Weltmusik der Marke Tame Impala ("LMF2"), mal nach einer kanyeesken Gospel-Session ("Hoch"). Zwischen all dem blitzt immer wieder der Cro hervor, der einst die oberen Chartränge zu seinem alleinigen Spielfeld machte.

Welche Tunes genau aus dem paradiesischen Bali auf die Außenwelt einprasseln, bleibt undurchsichtig. Mit dem (womöglich nicht mehr aufgelösten) Experiment um die zusammengepuzzelte Komposition "C" hat Cro gezeigt, dass er lose Enden seiner Kunst unvermittelt liegen lässt. Dadurch dass der Schwabe allen Schubladen entsagt hat, steigt die Vorfreude auf das Ungewisse. Klarheit herrscht nur darüber, dass der kommende "trip" äußerst umfangreich wird. Nicht weniger als ein Doppelalbum wartet am 9. April darauf, erschlossen zu werden.

(Michael Rubach)

Farid Bang – tba

Offiziell ist zwar noch kein Album des Banger-Oberhauptes angekündigt. Erste Instagram-Posts und Farids bisherige Release-Zuverlässigkeit lassen aber darauf schließen, dass die Fans auch dieses Jahr etwas erwarten können.

Der vor Kurzem erschienene Track "3XNO" könnte dabei richtungsweisend für den "Genkidama"-Nachfolger zu sein. Nachdem Farid in der letzten Zeit eher gemäßigter und fast schon besonnen wirkte, scheint jetzt wieder radikal attackiert zu werden. Mit ordentlich Punchlines, Disses und einer Menge Humor gibt es Backpfeifen für jeden, der im Weg steht.

Schaut man in die YouTube-Kommenare, steht für viele fest: Ein neues Album im "Asphalt Massaka"-Stil, ohne Kompromisse und ohne Rücksicht vom "Gangsterrap King" – das wäre es, was 2021 braucht. Wahrscheinlich hat jeder Fan seinen persönlichen Favoriten, wenn es um Farid Bangs Alben geht. Aber generell gilt: Wenn der Düsseldorfer droppt, dann knallt es auch. Und das seit über einem Jahrzehnt.

(Till Hesterbrink)

Shindy – tba

Bringt Shindy 2021 den "Bietigheim-Sunshine" wieder auf Albumlänge? Die Chancen dafür stehen offenkundig nicht schlecht. So richtig identifizieren konnte sich Papi Pap letztes Jahr mit dem vermehrten Drop von einzelnen Singles dann doch nicht. Er habe es vermisst, "an einem Gesamtkunstwerk arbeiten zu können", gab Shindy auf Instagram in einer seltenen Fragerunde zu Protokoll.

Das wirklich persönliche "Drama" ließ der Bietigheim-Bissinger auf dem gleichbetitelten 2019er-Album trotz Stoff für mehrere Blockbuster eher außen vor. Die zuletzt veröffentlichten Tracks wie "Morning Sun" oder "Crispy" setzten diesen Weg konsequent fort. Bei einem Shindy-Release steht gehobene Reimkunst seit jeher neben einer majestätischen Unnahbarkeit. Der Erfolg spricht dabei für sich.

Im eingespielten Umfeld der Friends with Money um Star-Producer OZ, der 2020 seinen Weltniveau-Grind mit Hits für Future und Drake ("Toosie Slide", "Life Is Good") nahtlos fortsetzen konnte, wird nur absolute Feinkost für Rapliebhaber*innen produziert. Frischen Shindy-Output umgibt per se eine gewisse Größe und Eleganz. Es riecht nach mehr davon: "Oud in der Luft, wer hat Shindy nicht vermisst?"

(Michael Rubach)

Vega – 069

Vega vollbringt derzeit mit seinem eingespielten Team das Kunststück, bewährte Raptugenden mit modernem Sound zu vereinen. Er war schon immer einer dieser Rapper, denen du jedes Wort sofort glaubst. Man spürt die Aufrichtigkeit in seinen Zeilen, in der Stimme und zwischen den Zeilen.

Egal ob er sich grade über die miese Eckballausbeute der Eintracht lustig ("Intro 069") macht oder einen abstrakten Sachverhalt wie das Scheitern reflektiert ("Am Boden bleiben"), der sich in FFM regelmäßig in neuen Gewändern zeigt. Vor großen Gefühlen schreckt er ebenso wenig zurück wie vor lockeren Sprüchen, die wie seine Heimatstadt sind: dreggisch und roh.

Auch weil er mit der technischen Versiertheit von mehr als einer Dekade Rapperdasein auftrumpfen kann, klebt eine loyale Fanbase bis heute an seinen Lippen. Mit den "069"-Singles konnte er dieser Gemeinde wohl noch einige neue Gesichter hinzufügen, denn "Hyänen" mit Samra und "Am Boden bleiben" mit Casper und Montez zählen schon wenige Wochen nach VÖ zu seinen erfolgreichsten Songs auf Spotify. 

Shirin David – SD2

Shirin David gehört zu den wohl bekanntesten und gleichzeitig auch umstrittensten Rapperinnen der Szene. Ihr letztes Release "Babsi Bars" konnte mit starken Lines und der passenden Delivery überzeugen, trat gleichzeitig aber auch eine große Debatte ums Ghostwriting los.

Egal ob man zu ihren loyalen Fans oder den Kritiker*innen gehört – was Shirin aktuell an Musik liefert, ist hoch spannend. Denn die gebürtige Hamburgerin weiß nicht nur, wie man rappt und singt, sie hat auch im Bezug auf ihre Kunst eine gewisse Reise hinter sich. Während ihr erstes Album "Supersize" noch etwas poppiger war, hat sie sich in den letzten Monaten darauf konzentriert, einen härteren, raplastigeren Sound zu liefern. Dabei kamen 2020 hochkarätige Features mit Künstlern wie Haftbefehl ("Conan x Xenia") und Luciano ("Never know") heraus.

Sie hat sich weiter als Rapperin etabliert und wird nach und nach auch von mehr konservativen Hiphop-Fans als Teil der Szene wahrgenommen. Und auch wenn diese sagen, dass sie kein Interesse an einem zweiten Album von Shirin David haben: Wenn es soweit ist, werden nicht nur die Shirizzles genau hinhören und -sehen.

(Alina Amin)

PA Sports – Streben nach Glück

Wenn PA Sports loslegt, dann geht es rund. Das bewiesen gerade erst wieder seine "100 Bars Final Kill", die neben der Ruhrpott King-Debatte auch eine dicke Support-Welle losgetreten haben. Fans sehen in ihm einen der Wenigen, die noch für absolut echten Hiphop stehen.

Und das nicht zu Unrecht. PA verpackt bewegende Geschichten auf Beats. Jede Zeile erfüllt ihren Sinn. Die Tracks transportieren eine Aussage und regen zum Nachdenken an. Wer lediglich stumpfe Musik zum Abschalten sucht, der ist hier fehl am Platz. Hörer*innen erwartet die Hiphop Urform: Echte Geschichten und echte Musik.

"Streben nach Glück" soll inhaltlich das privateste und intimste Album des Rappers werden. Keine gänzlich neue Ankündigung in der Rapwelt, aber PA hat mit den Songs "Sieben Jahre" und dem titelgebenden "Streben nach Glück" bewiesen, wie ernst er es meint, und gefühlt sein gesamtes Privatleben in Songs gegossen. Wenn das gesamte Album dieses Niveau der Singles halten kann, dann könnte "Streben nach Glück" das bislang größte Werk des Esseners werden.

(Till Hesterbrink)

Haftbefehl – Das Schwarze Album

Haftbefehl spannt uns zum Glück wohl nicht nochmal so lange auf die Folter. Stattdessen kommt dieses Jahr direkt das nächste Album, wenn alles gut geht. Wovon auszugehen ist, immerhin soll die neue Hafti Abi-Platte sogar schon fertig sein. Und wenn wir uns ansehen beziehungsweise anhören, was auf "DWA" so los war, klingt das, als hätte sich da einiges aufgestaut.

Uns kann es nur recht sein: Wenn Haftbefehl ein neues Album droppt, steht deutschsprachiger Rap kurz still. Nur Wenige haben einen derartigen Onkel-Status inne und nur Wenige verstehen es, so hart zu polarisieren und so ungeschönte Zeilen aus dem Ärmel zu schütteln. Das ist einerseits natürlich cool, weil Haftbefehl so einzigartig ist, andererseits schwer auszuhalten, weil diese Lücke schwer zu füllen ist. Neue Räubermusik in Kooperation mit Haus- und Hofproduzent Bazzazzian kann also gar nicht früh genug kommen.

(David Molke)

RIN – tba

Nach dem Debütalbum "EROS" und den Experimenten auf "Planet Megatron" legte RIN mit "Nimmerland" Ende 2019 sein bislang stimmigstes Release vor. Dass er dabei vom Radio-Ohrwurm ("Keine Liebe") bis zum zeitgemäßen Rap-Banger ("Vintage") alles mitnimmt, könnte natürlich auf Kosten des Gesamtbildes gehen. Die unverkennbare 00er-Jahre-Nostalgie im Sound und den Lyrics gibt der LP aber zu jeder Zeit einen klaren roten Faden und bietet gleichzeitig einer ganzen Generation großes Identifikationspotenzial.

Dieses Jahr erwartet uns der Nachfolger und man kann davon ausgehen, dass der Bietigheimer auch 2021 mit Hits in alle Himmelsrichtungen schießen wird. Good News für alle Fans: Die geleakten Hörproben "Ljubav 4 Life" und "Kleinstadt" lassen vermuten, dass der Vibe sich nicht allzu weit von "Nimmerland" entfernen dürfte. Die erste Single "Dirty South" geht in eine ähnliche Richtung wie "Vintage" und stützt daher diese Vermutung. Shawty, popkulturelle Referenzen und Liebe für die Kleinstadt stehen nach wie vor im Mittelpunkt von RINs Welt, in der er nur allzu gerne die Zeit stillstehen lässt.

(Clark Senger)

Ramo – Vergossenes Blut trocknet nie

Einer der vielversprechendsten Deutschrapper der letzten Jahre kommt aus Offenbach und heißt Ramo. Das Signing von Massivs Label Qualität'er zeigt Deutschrap aktuell, wie harter Rap zu klingen hat. Der 26-Jährige liefert mit seinen Tracks ein so ungeschönt düsteres Bild der Straße, dass ein Vergleich zum wohl bekanntesten Offenbacher Deutschlands nicht abwegig erscheint.

Daran, dass Ramo dieses Jahr mit "V.B.T.N." an sein Erstlingswerk "Digital Kokain" aus 2020 anknüpfen kann, zweifelt wohl niemand. Kaum einer weiß seine Fans immer wieder aufs Neue mit echtem Rap zu begeistern wie er. Ob mit der Nachdenklichkeit eines Mannes, der auf der Straße das Leben und seine Schattenseiten kennengelernt hat ("Vergossenes Blut trocknet nie"), oder komplett brachial auf "Kaktus" gemeinsam mit Bonez MC – an Authentizität mangelt es nie.

Ramo ist kein Fake-Gangster, der auf Mafiapate macht. Er berichtet über das tagtägliche Leben am Block. Den Schmerz, der in dieser Ehrlichkeit liegt, kann man nicht synthetisch reproduzieren. Der muss gelebt werden.

(Till Hesterbrink)

SSIO – tba

SSIO zieht das Tempo im Vergleich zu seinem sonstigen Release-Rhythmus an. Zwischen "0,9" (2016) und "Messios" (2019) lagen fast vier Jahre, aber der Nachfolger steht wohl schon in den Startlöchern. Die Stärken, die den Bobinner Obitttibicker in den frühen 2010ern zu einem der beliebtesten deutschsprachigen Rapper gemacht haben, hat er sich bis heute bewahrt.

In seiner Musik werden die klassischen Straßenrap-Themen seit jeher durch seinen Humor aufgelockert, der immer wieder in einzigartigen Punchlines mündet, die reihenweise von der Fangemeinde gefeiert werden. Darauf bleibt seit "Spezial Material" Verlass. Parallel dazu ist der Sound in den letzten Jahren deutlich wilder geworden und liefert SSIO dadurch nicht nur Steilvorlagen für die Post-Corona-Konzertära, sondern auch einen frischen Input für seine Soundwelt.

Bislang gibt es weder Titel noch Release Date, aber nach dem Release von Xatars „Hrrr“ Anfang Februar dürfte sich der AON-Fokus bald verschieben. Mit "Flebix", "Beinchen" und "TBC" dürften wir schon drei Single-Auskopplungen kennen, die bestätigen: Der Mann hat zu Top-Konditionen Nachschub für die Fan-Gemeinde in der Bauchtasche!

(Clark Senger)

Kalim & Nimo – tba

"Ich und mein Bruder Nimo droppen ein verdammtes Kollabo! F**kt euch alle, Digga!" – Man konnte Kalim die Vorfreude deutlich anmerken, als er in Corona-Lockdown #1 die Info mit seinen Fans im Livestream teilte. Der ursprüngliche Plan des beiden war offenbar ein Release 2020, aber das hat bekanntermaßen nicht geklappt. 2021 könnte es nun Realität werden, denn erst vor wenigen Tagen gab es das Update: Das Album soll zu 50 % fertig sein.

Kalim & Nimo kündigen mehr als ein Kollaboalbum an

Für viele Deutschrap-Fans ein Anlass zur Freude in Zeiten der Krise!

Wer die Konstellation schon bei Singles wie "Lowrider", "Cash da" oder "Bis um 3" gefeiert hat, kann sich unter Umständen sogar auf eine ganze Trilogie freuen, wie Nimo damals im Stream hinzufügte. Dass die Chemie stimmt, konnte man also schon einige Mal hören und sehen.

Bei den besten Kollabos werden nicht einfach Skills und Styles summiert, sondern sie ergeben zusammen etwas Neues. Bei Nimo und Kalim ist durch die unterschiedlichen Charaktere und Rapeigenschaften definitiv das Potenzial für ein solches Projekt vorhanden, das mehr als die Summe seiner Teile ist und 2021 seinen Stempel mitten ins Gesicht drücken kann.

(Clark Senger)

Bausa – 100 Pro

Bausa meldet sich dieses Jahr womöglich zum letzten Mal auf Albumlänge. Nach "100 Pro" könnte er sich als einer der Köpfe hinter TwoSides mehr auf seine Rolle als Labelchef konzentrieren. In jener Funktion werden schon jetzt durchaus Erfolge gefeiert – vielleicht habt ihr schon mal etwas von einem gewissen Apache 207 gehört.

Für das Karriere-Outro wird allerdings noch mal ordentlich aufgefahren. Das aus 20.000 € bestehende Cover und die bislang veröffentlichten Singles lassen darauf schließen, dass hier jeder auf seine Kosten kommt. Während "Selfmade Babylon" Bausa von seiner nachdenklichen Seite präsentiert, wird auf "Centre Court" zusammen mit RIN und Ufo geflext, als gäbe es wahrlich kein Morgen für Baui.

Zu hoffen ist aber natürlich, dass Bausa uns noch lange erhalten bleibt. Auch wenn seine Musik vielleicht nicht für jeden Rap-Fan etwas ist, sollten die meisten wohl eingestehen: Baui ist alles in allem ein unglaublich vielseitiger Künstler und bereichert den Rapkosmos nicht nur mit seiner Musikalität. Er hat lyrisch viel mehr zu bieten, als oberflächliche Hörer*innen entdecken. Und Ohrwürmer kreieren sich auch nicht von selbst – wenn einer ein Händchen hat für Songs, die im Kopf bleiben, dann ist es der Bausa.

(Till Hesterbrink)

Apache 207 - tba

Apropos Apache. Der das Tanzbein schwingende Riese aus Mannheim hat seit Ende 2018 eine explosionsartige Karriere hingelegt, wie man sie in Deutschland selten gesehen hat. Hit nach Hit nach Hit hat Apache 207 nicht nur die Rapszene, sondern generell die deutschsprachige Musikwelt hops genommen, wie man heute so schön sagt. "Roller" ist der meistgestreamte deutschsprachige Song überhaupt auf Spotify.

Dass dabei immer noch darüber diskutiert wird, ob ein Dude der rappt, seine Legitimation hat, in der Rapszene stattzufinden? Geschenkt! Er hat mehr als einmal unter Beweis gestellt, wie sehr er flexen kann. Das selbstbewusste Abfeiern der sich häufenden Erfolgsmeldungen ist ebenso Hiphop Attitude wie der geerdete Humor mit jeder Menge Selbstironie.

Auch wenn der Nachfolger zu "Treppenhaus" (2020) noch nicht angekündigt wurde, stehen die Zeichen gut für neuen Output. Mit "Angst" gab es pünktlich zum Jahreswechsel Ansagen von der Spitze des Games, die weder vermuten lassen, dass der Mann seinen Hunger bereits gestillt noch dass er genau weiß, wo er eigentlich hin will. Miro Klose lässt grüßen.

(Clark Senger)

Gzuz – tba

"Leben auf dem Drahtseil – das' 187" – Die Line aus Gzuz' Track "Optimal" von 2016 bringt die Präsenz der Hamburger Strassenbande so gut auf den Punkt wie wenige andere. Mit einem Fuß im Knast, mit dem anderen dick im Geschäft. Damals war es LX, der auf Freigang einen Gastauftritt im Video hatte, in dessen "Kollektiv" macht Gzuz sich schon mal für den Zellenalltag bereit.

Letztes Jahr wurde Gzuz zu 18 Monaten Haft verurteilt, der Antritt zu dieser Strafe (für u. a. Drogenbesitz, Körperverletzung und Verstöße gegen das Waffengesetz) dürfte 2021 anstehen. Bonez kündigte kurz nach der Bekanntgabe des Urteils an, dass zuvor "SAFE" noch ein Gzuz-Album kommen soll.

Er scheint das fast schon routiniert wegzustecken und das Beste aus der Situation zu machen. Ähnlich wie bei Schwesta Ewa Anfang 2020, wird es auch für Gzuz ein No-Brainer sein, den Fans etwas zum Streamen während der Haftzeit zu hinterlassen. Die Aufmerksamkeit der unumstößlichen 187-Fanbase ist ihm in der aktuellen Lage noch sicherer als ohnehin. Läuft es optimal, macht er weiterhin sein Schnapp.

(Clark Senger)

Kollegah & Asche – Natural Born Killas

Um kaum einen Rapper gab es in den letzten Tagen so viel Wirbel wie um Asche. Mois stellte die Lebensgeschichte und damit etliche Lines des Kollegah-Signings auf den Prüfstand, dieser reagierte mit einem ausführlichen Track, auf den wiederum Reaktionen der unterschiedlichsten Parteien folgten.

Das bevorstehende Album geriet dabei etwas in den Hintergrund. Schade eigentlich, denn dass Asche mit Rap überzeugen kann, stellt er regelmäßig unter Beweis gestellt. Wer die bislang veröffentlichten Singles aus dem Album mit Kollegah gehört hat, weiß wohl, dass Ende Januar wahrscheinlich ein kompromissloses Album auf uns wartet, auf dem aller Erwartung nach mit Punchlines nur so um sich gefeuert werden dürfte. Technisch spielen schließlich beide in der absoluten Oberliga des deutschen Raps.

Mit Asche scheint Kollegah dabei auch endlich sein perfektes Signing gefunden zu haben. Der Rapper aus Bochum ist kein junger Wilder mehr, den Kolle im Zaum muss. Asche steht Kollegah ebenbürtig gegenüber, sodass die beiden sich problemlos die Bälle hin und her spielen können. Abseits der ganzen Gerüchte und Tumulte wird "Natural Born Killas" wahrscheinlich ein Schmankerl für alle, die klassischen Punchline-Rap mit technischer Finesse der alten Schule vermissen.

(Till Hesterbrink)

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Groove Attack by Hiphop.de