Common - Backpack Forever
Common war eigentlich schon in den Zirkel jener Conscious-Rapper gerückt, die man trotz aller Mühen vom großen Durchbruch abschreiben wollte. Zu sperrig schienen seine Soundvisionen für den Massenmarkt und die 90er-Intellektuellen Woll-Uniform tat für sein Bild in der Öffentlichkeit das Übrige. Dann jedoch kam Kanye West, "Be" und eine Chartpostion auf Platz 2. Großes Kino also. Nun steht "Finding Forever" in den Plattenläden und soll trotz des endzeitlichen Titels erst den Anfang seiner Karriere bedeuten.

In dem Video zu deiner neuen Single "The People" sieht man, wie du eine Straße runtergehst und alle möglichen Leute auf dich zukommen. Waren das gecastete Leute, Freunde von dir oder kamen die einfach so als sie Common in ihrer Nachbarschaft sahen?

Ich bin einfach nur dort lang gelaufen und die Leute kamen zu mir und gaben mir Liebe. Das bin einfach nur ich wie ich durch diese Straße gehe, wie eine Dokumentation. Es war ein tolles Gefühl. Der Videodreh hat so um die acht Stunden gedauert, aber für diese Szene haben wir gerade eimal 20 Minuten gedreht, woraus jetzt der Großteil des Videos geworden ist. Aber darum geht der Song ja auch: It's about the people.

Im selben Song nennst du Kanye West den neuen Premo. Was macht Kanye zum DJ Premier von heute?

Er hat einen sehr rauhen, klassischen Hiphop-Sound, soul-lastig und wirklich eigen. Wenn du zu Kanye gehst, weißt du das er die Sachen genau auf dich zuschneidet. Ein klassischer Boom-Bap-Sound, aber gleichzeitig groß und kraftvoll. Für mich ist Kanye einer der größten Produzenten seiner Zeit.

Hattest du für dein neues Album eine Hauptinspiration oder ein übergeordnetes Thema, nach dem du dich bei der Produktion gerichtet hast?

Ich habe es "Finding Forever" genannt, weil ich ein Vermächtnis hinterlassen wollte. Ich dachte darüber nach, wie es wäre wenn ich gehen müsste und darüber, was uns außerhalb des Lebens auf unserer Erde erwartet. Und das war mein Hauptthema für das Album, zeitunabhängige Musik, zeitlose Arbeit zu hinterlassen.

Das klingt fast so, als wäre "Finding Forever" eine deiner letzten Platten...

Nein, es ist erst der Anfang, Mann!(lacht)

Wieviele Songs hast du für "Finding Forever" aufgenommen?

So ungefähr 17 Songs. Auf der endgültigen Platte sind aber nur 12 davon enthalten. Dein letztes Album "Be" war ja sehr erfolgreich. Glaubst du, es war gleichzeitig auch dein wichtigstes Album?

(Überlegt) Ich denke jedes Album war wichtig. Ich glaube aber "Electric Circus" war das wichtigste. Durch diese Platte haben die Leute erkannt, dass Common ein Künstler ist, der das macht, was er selbst auch machen will und selbst wenn es ihnen nicht gefiel, haben sie es trotzdem respektiert. "Be" war ein weiterer, wundervoller Schritt meiner Karriere, der mich außerdem einem neuen Publikum vorgestellt hat. Aber manchmal sind es eben eher die Dinge, die nicht die größte Beachtung bekommen, die dich als Künstler definieren. Aber warte noch mal, warum dachtest du gerade "Finding Forever" wäre mein letztes Album?(lacht)

Naja, es klang als ob du bereits das Ende deiner Karriere vor Augen hättest... als ob du noch einmal etwas ganz Besonders hinterlassen wolltest.

Danach strebe ich die ganze Zeit wenn ich Musik mache! Das ist mein Ziel, klassisches Material abzuliefern. Weißt du, ich habe keine Ahnung, wie man Hits macht, ich könnte es versuchen, aber ich versuche lieber Klassiker zu hinterlassen. Das mache ich eigentlich immer, aber diesmal habe ich es durch den Albumtitel auch offen erklärt, dass ich zeitlose Musik, zeitlose Kunst machen will.

Polow da Don (Produzent von unter anderem Richboy und Fergie, Anm. d. Verf.), sagte du könntest weit erfolgreicher sein, wenn du deine Botschaften über eingängigere Beats rappen würdest. Ist das eine Option für dich?

(Überlegt) Ich rappe einfach gern auf das, was ich selber gerne höre. Das ist wirklich schon alles. Ich mache Musik, die ich selber liebe. Ich glaube, dass die Leute das mögen und meine Musik ernst nehmen. Das Schöne an Hiphop-Musik ist ihre Vielfalt, manche Cats rappen über Pop-Beats und sie fühlen sich gut dabei. Ich rappe auf Boom-Bap-Beats und es fühlt sich gut an. Ich könnte nicht so rappen wie einige andere, aber es ist gut, dass es sie gibt. Das ist die Schönheit der Vielfalt im Hiphop. Im Moment gibts es kaum jemanden ohne eigene Reality Show. Leute wie Nas & Kelis oder Lil' Wayne werden bald auch damit an den Start gehen. Würdest du so etwas auch machen, wenn ein Fernsehsender mit der Idee auf dich zukäme?

Also... hmm... nein. Also ich genieße meine Privatspähre eigentlich schon sehr. Ich drücke mein Leben ohnehin schon durch meine Musik aus und lasse
die Welt so daran teilhaben. Meine Musik ist wie ein Blick in mein Leben, also da steckt schon auch Fantasie mit drin und äh... aber nein, ich würde
nie eine Reality Show machen (lacht).

Wär das eher was für Kanye?

Nee, glaube ich eher nicht. Er bringt ja jetzt eine Show raus, die ist auch Reality-orientiert, aber in verschiedenen Sketchen, mehr wie eine improvisierte Comedy-Show.

Seit Jay-Z in den 90ern oder G-Unit in den letzten Jahren, sagt jeder Jiggy-Rap sei nur vorrübergehend groß und werde bald wieder durch Conscious-Rap ersetzt. Im Moment ist jedoch Fabolous an der Spitze der Charts und außer Kanye West konnte kein anderer Conscious-Künstler solche Erfolge wie die Jiggy-Fraktion feiern. Wird Conscious-Rap überhaupt zurückkommen, oder ist er es sogar schon?

Conscious Rap ist immer da, Mann. Es ist konstante Musik. Es wird nicht ständig im Mittelpunkt stehen. Es ist alles sehr underground und organsiert durch einfache und alltägliche Menschen. Aber es waren die Massen, die die Black Panthers oder Malcom X unterstützt haben. Conscious-Musik ist eben eine andere Bewegung, es wird nicht immer Mainstream sein. Manchmal können Conscious Rapper das aber erreichen, wie Kanye zum Beispiel. Er hat es erreicht, so wie Stevie Wonder oder Marvin Gaye es erreicht haben, sie haben die Massen von sich in Kenntnis gesetzt.

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