Review: Freunde von Niemand – Willkommen im Niemandsland
Freunde von Niemand – für die Musiker und auch viele der Fans ist das nicht nur der Name des Labels, sondern eine Lebenseinstellung. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass auf dem Cover ein Hipster in Unterhosen vom Ast baumelt. Die Linie ist klar: weg vom gehypeten Mainstreamrap, hin zur Frankfurter Individualität. Wobei die Gruppe mehr bedeutet als der Einzelne, Fanbindung wird groß geschrieben. Wo sonst fahren gestandene Stars der Deutschrapszene mit ihren Fans zusammen im Bus auf das Splash und feiern drei Tage auf dem Zeltplatz? Inklusive Bengalos, Wodka-Bong und kiloweise Grünem im Gepäck? Freunde von Niemand tun das. Und auch, wenn Vega mit Böhse - Onkelz -T-Shirt die Bühne betritt, wird er fast ausnahmslos gefeiert. Zumindest im eigenen Lager, von Außen soll es auch Kritik wegen der angeblichen Nazi-Band auf dem Shirt oder wegen der aggressiven Metapher auf dem Cover gegeben haben. Jetzt ist es jedenfalls soweit: Das Label mit seinem exzentrischen Manager Hadi El-Dor , den Rappern Vega , Bizzy Montana , Bosca , Timeless und Migo sowie den Produzenten Johnny Pepp , Jumpa und Cristal machen sich auf, ein neues Kapitel im Deutschrap zu schreiben ( zur News vom 17. Juli ). Vorhang auf für den Labelsampler Willkommen im Niemandsland .   " Und deshalb sag ich euch: Willkommen hier im Niemandsland, wo die Zunge etwas locker sitzt " – Vega im Intro   Das Intro beginnt typisch, wie man es auch von Vega -Releases gewohnt ist. Still und melancholisch kommt eine Klaviermelodie daher, die urplötzlich von Vega s klagender Stimme gebrochen wird, bevor der Beat sich zu einem epischen Mix aus harmonierenden Streichern, Paukenschlägen, Trommelwirbeln und Chorsamples entwickelt. Bis dato nix Neues also, aber genau das ist es doch, was den Sound der Frankfurter ausmacht. Beständigkeit seitens der Künstler wird von den Fans mit tiefer Verbundenheit gedankt. Ähnlich düster geht es auch auf den anderen Vega -Tracks zu. Da wäre zum Beispiel Rap-Böhse Onkelz , ein bitterböser Battletrack, auf dem V über einen leeren, melancholischen Beat mit Chorvocals Bars voller Hass spuckt. Halt dein Maul Chab kommt ähnlich daher, sowohl auf musikalischer Ebene als auch in Vega s Part. " Fackeln ", die durch die " Fensterscheibe " fliegen und " Handschuhe ", die deinen " Hals " treffen. Dabei hätte der Frankfurter bei all dem Erfolg in der letzten Zeit doch kaum einen Grund, so sauer zu sein. Vor allem Timeless ' metaphernreicher Part weiß zu gefallen, denn er bietet keinen Standard-Battlerap. Auch Besser renn ist ein bitterböser Track mit einem düsteren Beat. Ein Bläsersample, dumpfe Paukenschläge und hektische Hi-Hats bieten hier eine finstere Atmosphäre, die Vega und Timeless gelungen umzusetzen wissen. Generell wertet der Kölner den Sampler mit seinen Liedern stark auf.   " Ich bin schon im Drogenrausch gebor'n. Es war kein Signing, Jungs, ihr habt 'nen Dämonen aufbeschwor'n " – Timeless auf Willkommen im Niemandsland   Auf La Vida Loca und Meine Musik zeigt sich Timeless von seiner besten Seite. Seine Parts sind abwechslungsreich geflowt, überzeugen mit perfekter Technik sowie gutem Stimmeinsatz. Gerade auf La Vida Loca erzeugt die teils gesungene Hook in Verbindung mit dem Sample, das man schon von Fler kennt, eine gelungene Atmosphäre. Mit Foto an der Wand und Sag mir nicht sind zwei Songs von Timeless und Bosca auf dem Sampler, die eine willkommene Abwechslung darstellen. Auf ersterem Track behandelt Timey eloquent das Thema Ex-Freundin und benutzt dabei bildhafte Metaphern, während Bosca über die eigene Jugend, begangene Fehler, durchzechte Nächte und fehlende Hoffnung rappt. Sehr schön gemacht. Wenn der Beat schlägt kommt da schon etwas härter um die Ecke. Auch hier sticht Timeless positiv heraus. Bosca ist auf Willkommen im Niemandsland zudem mit zwei Solotracks vertreten, die beide musikalisch etwas ruhiger ausgefallen sind. Feinde von jedem erinnert etwas an Vega , was Stimmeinsatz und Wortwahl angeht und dennoch hat es etwas Eigenes. Voller " Hass " battlet er die Szene und hat " kein' Funken Respekt ". Auf Sterne zählen zeigt er sich von seiner ehrlichen Seite, der Track ist sehr persönlich geworden. Technisch perfekt rappt Bosca über sein Leben, erklärt, warum er kein Image hat und sich seine Songs oftmals ähneln. Der Titeltrack zum Album featuret Vega , der mal wieder voller Hass Bars spuckt und ein paar lyrische Schellen an einen bekannten Blogger verteilt, Timeless , der mit dem stärksten Part überzeugen kann und Punchlines technisch versiert zum Besten gibt, sowie Bizzy Montana , der ebenfalls gefällt.   " Jede Line klatscht wie Insekten gegen Frontscheiben " – Bizzy Montana auf Willkommen im Niemandsland   Mit War es das wert hat auch der Müllheimer einen Solotrack. Der Beat ist düster, leer und besitzt hohe Chorvocals und viele Percussionelemente. Inhaltlich ähnelt dieser Track Bosca s Part bei Foto an der Wand . Entscheidungen werden hinterfragt und Bizzy prangert an, dass Ehre für Kohle und Statussymbole verkauft wird. Sehr schöner, nachdenklicher Track. Auch der Song Kein Licht zusammen mit Bosca ist gut geworden. Eine melancholische Klaviermelodie und leichte Streicher bieten hier einen musikalischen Teppich, den beide Rapper gut zu nutzen wissen. Migo findet sich ebenfalls auf dem Sampler wieder und überzeugt auf Schloss aus Sand mit markanter Stimme und gut gesungener Hook. Thematisch beschreiben Migo , Bizzy und Bosca den Status des Labels. Ihre Musik " traut " sich " über Grenzen " und sie zeigen " selbst Thor, wo der Hammer hängt ". Gutes Ding. Bei Freunde von Niemand rappen übrigens auch die Produzenten. Wer hat solche Combos? 3 Uhr nachts ist ein sehr stark gerappter Track von Johnny Pepp , der sich um Lifestyle, Geld-machen und Kopfkrisen dreht. Der gebürtige Holländer rappt technisch gut, hat sogar leichte Doubletimeelemente in seinen Parts.  

Fazit:

Alles in Allem lässt sich sagen, dass dem Frankfurter Label ein guter Sampler gelungen ist. Die Beats von Cristal , Johnny Pepp , Cubeatz , Jumpa , Pokerbeats und Freshmaker & Shadyblack sind ausnahmslos qualitativ hochwertig produziert. Auch die Rapper selbst überzeugen. Vega wirkt thematisch etwas eintönig, liefert aber eben genau das, was die Freunde von Niemand ausmacht.  Bosca erinnert an einigen Stellen an Vega , dennoch hat er etwas Eigenes geliefert. Auch Bizzy Montana kommt mit gewohnt guten Parts und Timeless ist – meiner Meinung nach – eh der Newcomer des Jahres; kaum ein Rapper bietet inhaltlich so einen breiten Horizont und auch technisch macht ihm so schnell keiner etwas vor. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich alle Charaktere gut zu einem Gesamtbild zusammenfügen, mit dem Kauf von Willkommen im Niemandsland kann man kaum etwas falsch machen.

Bewertung

7 von 10


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