Review: Ali As – EMWIMO

Fast fünf Jahre sind seit den letzten Soloreleases von Ali As vergangen – und einiges hat sich verändert. Neben dem Dollarzeichen im Namen hat der Münchner auch einiges an Gewicht verloren und sich selbst musikalisch neu erfunden: weg vom Punchline-lastigen Battlerap, hin zu tiefgründigeren Themen mit mehr Aussage. Zumindest aber platzt der Kalender in musikalischer Hinsicht aus allen Nähten, denn für 2013 hat Ali As gleich drei Projekte angekündigt . Neben einem Soloalbum gegen Ende des Jahres soll auch ein Bandalbum von Kellerkommando erscheinen, einem Projekt, das wie Blumentopf in 2011 traditionelle bayrische Blaskapellenmusik mit Rap verbindet. Wie das Ganze live klingt, kannst du hier im Blog auf Hiphop.de nachlesen. Bevor allerdings die zwei Alben erscheinen, legt Ali As die EP Ey Mann, wo is‘ mein Output? , kurz EMWIMO ( auf Amazon vorbestellen ), vor.

" Wenn wer fronten will, sollte ich ihn jetzt vorwar'n/ Es geht richtig schön daneben so wie Escortdam'n/ Aus Sexportal'n/ Diese Männer hängen mir noch nicht genug an fremden männlichen Geschlechtsorgan'/ " – Ali As auf Schwarze Limousinen


Trotz des neuen Stils bleibt sich Ali As in einer Hinsicht treu: gerappt wird hier technisch auf allerhöchstem Niveau. Pointierte Texte, fließende Wechsel im Flow, Punchlines, ellenlange Reimketten und variierende Themen treffen hier auf einen amerikanisch anmutenden, sehr sauber produzierten Sound, der irgendwo zwischen Wiz Khalifa , Chiddy Bang und A$AP Rocky angesiedelt ist.

Auf EMWIMO , dem Intro zur gleichnamigen EP, stellt sich Ali die Frage " Ey, wo ist mein Output? " und spricht damit nach fünf Jahren sicherlich einigen Fans aus der Seele. Zerhackte HiHat-Pattern, atmosphärische Synthies, eingängige Harmoniewechsel, Claps und chromatische Snarerolls bieten hier einen modernen Soundteppich für Ali As , der im Übrigen die Hook singt – und das auch noch gut. Muss man ja hervorheben heutzutage. Dass Rapper die Hook singen, kommt immer öfter vor, dass sie es jedoch auch gut machen, ist leider nicht immer der Fall. Mit Billy Bob ft. Felix Krull und Pretty Mo sowie Lucy geht e s soundtechnisch ähnlich weiter. Während das Video zu Lucy ja schon eine Weile im Netz rumschwirrt, ist Billy Bob eine lustige Ansage an alle hässlichen Männer mit schönen Freundinnen. Schön von oben herab wird hier was weggehatet und als klassischen Fallbeispiel wird der amerikanische Schauspieler Billy Bob Thornton herangezogen, der unter anderem das Mutterschiff Angelina Jolie betankte. Muss man respektieren, hands down. Felix Krull zeichnet sich jedenfalls für eine harmonische Hook verantwortlich, während Pretty Mo s Part vor Ironie nur so strotzt.

" Sie könn‘ munkeln, quatschen, im Dunkeln tappen/ Mit der Wahrheit kann man sich hier keine Kumpels machen/ Auch ich rede ohne Plan, doch erzähl's mit so 'nem Charme/ Dass ich Glatzen Kimonos verkauf' in Regenbogenfarb'n/ " – Ali As auf Maneki Neko


Dass Ali As aber auch anders, tiefgründiger kann, zeigen die sozialkritischen Tracks Jagd/Flucht , Ich treffe dich dort und Maneki Neko ft. Tu -motherfucking-genius- a . Hier wird der Egoismus der Menschheit und materialistische Grundgedanken sowie die Oberflächlichkeit und die Gleichgültigkeit der Gesellschaft kritisiert. Gerade die beiden erstgenannten Tracks zeichnen sich durch ruhige, verträumte Beats aus, die atmosphärische Klangflächen und starke Percussionelemente bieten. Textlich fallen besonders Maneki Neko und der zweite Part von Jagd/Flucht auf, die reimtechnisch alles zerstören:

" Ich hör die Leute reden über die neu'sten Themen/ Gesteuerte Wesen äußern Thesen zum Steuerwesen/ Teure Wägen, teure Gegend, teure Läden/ Teure Spesen, heute leben neun von zehn wie 'n Häufchen Elend/ Verkäufe zählen, Euros fehlen/ Des Teufels Generäle wollen eure Seelen, Freudentränen und Träume stehlen/ 'Ihr seid ihnen treu ergeben'/ Hör ich den Säufer neben mir im Bus, die Leute gähnen/ " – Ali As auf Maneki Neko


Problem: Durch den hohen technischen Anspruch an sich selbst geht Ali As inhaltlich quasi in hüfthohem Wasser tauchen. Er beschreibt zwar aktuelle Phänomene und Problematiken der Gesellschaft, zwängt sich allerdings durch die mehrsilbigen Reimketten in einen lyrischen Käfig. Aber  das macht der gute Ali ja bewusst, er möchte ganz sicher nicht der neue Conscious-Stern am Raphimmel werden, also kaschiert er den Curse ’schen Zeigefinger wie auf Neuzeithippie dezent mit " 1000-Dollar-Jeans " und " Gürtel von Louis oder Gucci ". Leinwandhelden stellt so etwas wie Ali s persönliche 'Kopf hoch'-Hymne dar. Auf einem schnelleren, verträumten Beat mit indianisch anmutendem Gesangssample in der Hook rappt Ali darüber, dass das Leben kein Kinofilm ist, man für seine Träume zu kämpfen hat. Prädikat: moralisch wertvoll. Mit HHH2 ft. Marsimoto und MoTrip und Schwarze Limousinen finden sich hingegen zwei klassische Representer auf der EP. Gerade auf letzterem Track zeigt Ali , dass das Leben schnell vergänglich ist – erst recht, wenn man sich mit ihm anlegt:

" Du rappst wie 'n Gorilla, der grad paar Hot Wings frisst/ Ich rapp' wie Godsilla, der grad 'n ganzes SWAT-Team frisst/ Man stoppt ihn nicht, ich hab den Job im Griff/ Ich komm' mit Schlachtern an im Falle du bringst Ochsen mit/ “ – Ali As auf Schwarze Limousinen


Fazit:

Ali As feiert ein auf zehn Tracks limitiertes und dadurch recht kleines Comeback, aber hier hält es sich wie mit Frauenunterwäsche: weniger ist mehr! Wie schon am Anfang der Review vorweggenommen, bietet das Release eine Menge Abwechslung in jeder Hinsicht. Gerade was Reimtechnik und Flowvariation angeht, ist das Release mehr als beeindruckend. Schön ist auch, dass die Zeiten vorbei sind, in denen Ali As monoton Punchline an Punchline reiht. Stattdessen wirkt der Künstler ausgereifter, erwachsener und reflektierter – was natürlich nicht heißt, dass es keine lustigen Vergleiche mehr gibt (" Ich genieße hohes Ansehen wie ein Spanner im Baum! "). Auch die Produktionen auf EMWIMO sind überdurchschnittlich gut. Elias von den Goofiesmackerz , David Lauren , Joshimixu , Monroe und Dj Vito haben hier alles richtig gemacht. Bei den Featuregästen gibt es auch keine Ausfälle. Gerade MoTrip und Tua gefallen besonders gut. Mein Fazit an alle Fans von technisch anspruchsvollem Rap: Gönnt euch, ihr habt es euch verdient. Für die Unentschlossenen haben wir hier nochmal das Snippet .

Bewertung:

Beats: 9 von 10
Texte: 9 von 10
Features: 8 von 10
Flow: 8 von 10
Insgesamt : 8,5 von 10

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