Kid Ink - My Own Lane (Review)
Kid Ink My Own Lane

Mit 50.000 verkauften Einheiten in den USA und mehr als einer Handvoll namhafter Features kann Kid Ink durchaus zufrieden auf sein Major Label-Debütalbum zurückblicken. Auch musikalisch scheint der junge Kalifornier den Zeitgeist zu treffen – reiht er sich doch nahtlos in die Garde neuer Rapper ein, die eher auf den Clubsound als auf Straßenbeats setzen.

Dass dieses Konzept auch einen künstlerischen Anspruch haben kann, möchte Kid Ink nun beweisen, und beginnt sein Album mit einem etwas schwammig klingendem Intro – Hello World heißt das Ding und lässt das überwältigende Gefühl vermissen, das ein Newcomer auf seiner ersten großen Platte vermitteln sollte. Der vom Pop-Rap-Experten Danja – wem das nichts sagt, mag seinen Katalog durchsuchen und staunen – produzierte Beat zum darauffolgenden The Movement treibt an und wäre definitiv der bessere Opener für das Album gewesen.

Und dann geht die Reise erst richtig los: Begonnen wird bei der bereits bekannten Single Show Me mit Chris Brown, auf dem DJ Mustard den inzwischen 20 Jahre alten Charts-Klassiker Show Me Love clever ins Jahre 2013 katapultiert.

Über die nächsten drei Tracks, auf denen man unter anderem Tyga und wieder Breezy zu hören bekommt, wiederholt sich der Versuch, noch mehr chartfähige Hits zu produzieren – funktioniert aber nicht, und das leider nicht zum letzten Mal auf My Own Lane.

Erst wieder, wenn Bad Boy-Member Los die Trap-Snares auf No Option zerlegt und eines der Alben-Höhepunkte Murda durch die Boxen dröhnt, wird es wieder hörenswert. Pusha T liefert nach einem wahnsinnig empfehlenswerten Album auch hier einen enorm starken Part ab – und Kid Ink muss aufpassen, dass er auf seinem eigenen Album nicht zur Nebenrolle degradiert wird.

Dagegen versucht er auf den restlichen fünf Songs etwas zu unternehmen, stolpert allerdings jedes Mal über die fehlende Originalität der Songs. So bleibt das einzige Alleinstellungsmerkmal der Tracks, welchen Featuregast er mit dabei hat: Auf No Miracles ist es Machine Gun Kelly, dem der Beat zwar auf den Leib geschneidert ist, allerdings auch kein Flow-Feuerwerk veranstaltet, zu dem er eigentlich in der Lage wäre.

An dieser Stelle ist die Standard-Version und damit das Gesamtkunstwerk als solches beendet – dabei bietet die Deluxe Edition noch ein paar interessante Tracks. Beispielsweise Money And The Power, auf dem Kid Ink endlich auch ohne fremde Hilfe dem Beat das Wasser reichen kann. Fragt sich nur, warum es dieser Song nicht ganz vorne in die Tracklist geschafft hat.

Ebenso die Kollaborationen mit A$AP Ferg und French Montana, sowie mit dem MMG-Duo Wale und Meek Mill. Beides äußerst überzeugende Tracks mit den wohl stärksten Beats des Albums. Seltsame Entscheidung, diese Juwelen außen vor zu lassen. Einzig der Versuch, die Fans zum Kauf der teueren Version zu locken, würde als Begründung Sinn machen.

Fazit:

Um ehrlich zu sein, klingt ein unrundes Album anders. Ein Kunstwerk ist My Own Lane trotzdem nicht. Beattechnisch bewegt sich das Album teilweise locker über dem Durchschnitt. Wann immer Kid Ink und seine Produzenten allerdings krampfhaft versuchen, ein zweites Show Me zu schaffen, schießen sie ein Eigentor. Andersrum ist es jedes Mal ein Höhepunkt, wenn sie sich für den typischen aktuellen Rap-Sound entscheiden.

Eines muss man ihm lassen: Wie Kid Ink im Interview mit uns erläuterte, hat er seine Featuregäste wahrlich optimal gewählt. Passendere Künstler hätte man den einzelnen Tracks nicht zuordnen können: Pusha T, Los, Meek Mill, Wale, Ferg und French Montana heben die Qualität des Albums mit ihren Parts und den dazugehörigen Songs deutlich an.

Da kommt Kid Ink selber leider noch nicht hinterher. Stimmlich und atmosphärisch trifft er zwar immer den richtigen Ton, dem aufmerksamen Rap-Hörer fehlt allerdings die Originalität und Spielfreude mit dem Flow. Für einen Kid Ink-Fan ist My Own Lane vermutlich das optimale Debütalbum. Wenn er es allerdings schafft, raptechnisch auf das Niveau seiner Gäste zu kommen und die R‘n‘B-Schiene Chris Brown zu überlassen, kann er in Zukunft seine Alben auch alleine tragen – schlechte Vorzeichen hat er nicht. Zumal er uns gegenüber für das kommende Jahr eine Zusammenarbeit mit Pharrell Williams und A$AP Rocky angekündigt hat. Vielseitig ist er jedenfalls. 

Bewertung: 5,5/10 

Auf Amazon kannst du in das Album reinhören:

[amazon B00GP8YIZ4 full]

Aria Nejati

Autoreninfo

Aria Nejati ist seit 2013 Teil des Hiphop.de-Teams. Neben seinen Artikeln und Reviews interviewte er schon US-Rapstars von 50 Cent über Ryan Leslie bis hin zu ScHoolboy Q.
Kategorie
Genre

Groove Attack by Hiphop.de