"Gigantischer Bluff" im Arafat-Prozess? Was Bushidos Glaubwürdigkeit infrage stellt
Bushido mit Zahnstocher

UPDATE vom 04. März 2022: Bushido konnte eine Einstweilige Verfügung gegen den stern erwirken. Das Magazin, darf nicht behaupten, Bushido hätte im Prozess gegen Arafat Abou-Chaker gelogen. Alles dazu findet ihr hier:

Steht der Prozess gegen Arafat Abou-Chaker auf der Kippe? Ja, wenn man einer aktuellen Veröffentlichung des stern folgt. Die Aussagen von Nebenkläger und "Kronzeugen" Bushido erscheinen nach Erkenntnissen des renommierten Nachrichtenmagazins in einem neuen Licht. Dafür sorgt ein den Ermittlungsbehörden wohl bisher unbekannter Gesprächsmitschnitt.

Bushido vs. Arafat Abou-Chaker: Kritik am Prozess wird laut

Im Kern dreht es sich bei dem Strafprozess gegen Arafat Abou-Chaker, um den Tathergang am 18. Januar 2018. Bushido und sein damaliger Geschäftspartner hatten etwas zu klären: An diesem Tag sei die Verhandlung zur "Aufteilung des gemeinsamen Firmenimperiums" angesetzt gewesen, wie der stern schreibt. Bushido folgend sind bei diesem Termin diverse Straftaten verübt worden. Es geht von Freiheitsberaubung über gefährliche Körperverletzung bis hin zu versuchter räuberischer Erpressung. Besonders einprägsam ist hierbei eine Erzählung, die immer wieder medial aufgegriffen wird. Bushido gibt an, von Arafat Abou-Chaker mit einer halbvollen Wasserflasche geschlagen worden zu sein. Ebenfalls ist im Prozess noch von einem größeren Wurfgegenstand die Rede. "Der Stuhl sollte mich treffen", schildert Bushido laut Spiegel vor Gericht.

Darüber hinaus lesen sich die in der Anklage festgehaltenen Erinnerungen von Bushido drastisch. Der stern beruft sich dabei direkt auf die Anklageschrift. Arafat Abou-Chaker soll demnach zu Bushido geflüstert haben: "Erst f*cke ich deine Mutter, dann f*cke ich deinen Vater, dann f*cke ich deine Kinder, und wenn ich damit fertig bin, f*cke ich dich."

Unter Jurist*innen häuft sich wohl die Kritik am bisherigen Verhandlungsverlauf. Der stern zitiert stellvertretend einen Professor für Strafprozessrecht. Dieser erklärt, dass man solche Tatvorwürfe eigentlich "in vier bis fünf Tagen verhandeln können" sollte. Es sei inzwischen unklar, was Ziel des Prozesses sei. Das Verfahren steuert gerade auf den 60. Verhandlungstag zu.

Da gemäß des stern jedoch in der "Berliner Halbwelt" heimlich aufgenommene Mitschnitte "Teil der Kultur" seien, könne sich nun eine entscheidende Wendung vollziehen. Eine Audiodatei liefert reichlich Hinweise auf den Ablauf der Geschehnisse am 18. Januar. Konkretere Angaben über die Herkunft des Mitschnittes liefern die Autoren nicht.

Bushido: Hat die Staatsanwaltschaft auf den "falschen Kronzeugen" gesetzt?

Bushido stellt den angeblichen Streit mit Arafat Abou-Chaker bisher als ein vierstündiges Aufeinandertreffen dar. Der stern will anhand der Aufnahme nunmehr wissen, dass dieses Gespräch nur "knapp zwei Stunden" dauerte. Das Nachrichtenmagazin bietet nun zwei Optionen: Entweder sei die Aufnahme "massiv gekürzt" oder Bushidos Aussage widerspreche "massiv der Wahrheit".

Der stern legt vermehrt Argumente für die zweite Variante vor. Auf der Audiodatei gebe es beispielsweise keine Einschüchterungsversuche durch Arafat Abou-Chakers Bruder Yasser zu hören. Mit "So. Und jetzt wirst du hier erst wieder lebendig herauskommen, wenn du uns die Wahrheit gesagt hast", soll dieser seinerzeit laut Bushido ins Gespräch eingestiegen sein. Der stern schreibt dazu: "Alle begrüßen sich freundlich."

Auch die bereits zitierten Beleidigungen gegenüber Bushidos Eltern kommt dem stern zufolge nicht vor. Ganz im Gegenteil: Arafats Umgang mit dem Berliner Rapper wird von den Autoren der Story als "respektvoll" beschrieben.

Nach circa 30 Minuten sei außerdem zu vernehmen, wie ein Kellner den Raum betritt und Getränke abstellt. Ein Raum, der laut Bushido abgeschlossen gewesen sein soll. Später habe eine "gefürchtete Milieugröße" an der Unterhaltung teilgenommen. Auch dieser sei ohne den Sound eines sich drehenden Türschlüssels einfach dazugestoßen. Arafat Abou-Chaker habe den Verdacht gehabt, dass Veysel Kiliç den "Platz als Beschützer und engster Freund Bushidos" einnehmen wolle. Es sei zum Streit gekommen. Jedoch nur zwischen Arafat Abou-Chaker und besagtem Veysel Kiliç. Bushidos Stimme sei dabei nicht zu hören. Im März 2018 hatte Bushido öffentlich erklärt, dass er sich von Arafat Abou-Chaker getrennt habe.

Der stern charakterisiert das gesamte Meeting als "emotionales Treffen", bei dem es um "verletzte Gefühle" gegangen sei. Verhandlungen um Geld oder das eingangs erwähnte Firmenimperium hätten sich nicht abgespielt. Von einem Schlag mit einer halbvollen Wasserflasche oder gar einem geworfenen Stuhl fehle auf der Datei jede Spur.  Regelrecht versöhnlich fiel dem stern folgend auch der Abschied aus. Mit "deutlichen Schmatzgeräuschen" (mutmaßlich Küsse) seien die Parteien auseinandergegangen.

Das heimliche Aufzeichnen von Gesprächen ist strafbar. Es ist unüblich, solche Aufnahmen vor Gericht als Beweis zuzulassen. Aus Sicht des stern kann die Audiodatei dennoch zur "Aufklärung des spektakulären Falls beitragen". So bestehe die Möglichkeit, dass Bushido das Gericht und die Staatsanwaltschaft "fundamental belogen" habe.

Eine Manipulation der Tonaufnahme schließt der stern mithilfe eines Experten nahezu aus. Sein Befund nach mehr als drei Wochen mit dem Material: "Wir können bei allen verwendeten Analysemodellen keine Indizien dafür finden, dass hier etwas herausgenommen oder hinzugefügt wurde."

Der stern will zudem wissen, dass sowohl der Kriminalpolizei als auch der Staatsanwaltschaft diese Audioaufnahme "offenbar bislang nicht bekannt" gewesen sei.

Bushidos Aussage vor Gericht könne sich somit als ein "gigantischer Bluff" herausstellen. Der stern sieht in diesem Fall ein "Strafverfahren wegen uneidlicher Falschaussage" auf den EGJ-Chef zukommen.

Arafat Abou-Chaker könne hingegen darauf spekulieren, das Gericht als freier Mann zu verlassen. Vieles spreche demnach dafür, dass die "Zielperson Nummer eins der Berliner Strafverfolger" in dem geführten Prozess unschuldig sei, so der stern. Mit Bushido habe man schlichtweg auf "den falschen Kronzeugen" gesetzt.

Den kompletten Artikel gibt es online auf sternPlus.

Update: Inzwischen hat Bushido auf die Berichterstattung des stern reagiert. Alles dazu findest du hier:

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