30 Jahre VIVA: Anfang und Ende vom deutschen Musikfernsehen

Ein wichtiger Teil deutscher Musikgeschichte hat heute Geburtstag: VIVA würde 30 Jahre alt. Von 1993 bis 2018 ist der ehemalige Musiksender durch die deutschen Wohnzimmer geflimmert. Dabei war VIVA mal mehr, mal weniger erfolgreich.

Happy Birthday: VIVA wird 30

Alles hat am 01. Dezember 1993 angefangen. Zu der Zeit war VIVA tatsächlich auch der einzige Musiksender Deutschlands, denn Konkurrenzsender MTV hat erst 1997 seine Deutschland-Sparte an den Start gebracht. Bis dahin war MTV nur englischsprachig und in wenigen deutschen Haushalten empfangbar. Das erste Musikvideo, das auf VIVA gezeigt wurde, war tatsächlich auch ein deutschsprachiger Rap-Song: "Zu geil für diese Welt" von den Fantastischen Vier schallte durch alle damals zuschauenden deutschen Haushalte.

"Zu geil für diese Welt" ist auch der Titel der neuen ARD-Dokumentation über die Geschichte von VIVA. Teil der Doku sind unter anderem die ehemaligen VIVA-Moderator*innen Markus Kavka, Nils Bokelberg und Collien Ulmen-Fenrandes. Im Interview mit Zeit Online haben die drei über die Geschichte des Musiksenders aus Köln gesprochen. Dabei geht es auch darum, was VIVA von dem Stil von MTV abgegrenzt hat, wie Nils Bokelberg berichtet:

"MTV hat immer auf Coolness gesetzt. [...] VIVA hat nicht einmal versucht, edgy zu sein. [...] Wir waren also ein bisschen albern, ein bisschen peinlich, aber damit auch sehr nah dran am Publikum."

MTV hätte laut Markus Kavka sogar bestimmte Genres und Acts wie Eurodance, Kelly Family oder Modern Talking nicht gespielt, weil der amerikanische Sender es "uncool" fand.

Die "nahbare" Art von VIVA habe zum frühen Erfolg geführt, der auch viele deutsche Moderator*innen auf die große Bühne gebracht hat: Stefan Raab, Heike Makatsch, Matthias Opdenhövel, Klaas Heufer-Umlauf, Palina Rojinski, Oliver Pocher und viele mehr sind durch ihre erste Station VIVA berühmt geworden und sollten später die deutsche Fernsehlandschaft der 2000er und 2010er prägen. 

Der Erfolgs-Effekt von VIVA auf die deutsche Musiklandschaft war laut Markus Kavka ebenfalls deutlich sichtbar, es "wurde viel Kreativität freigesetzt". Vor allem die Entwicklung von Deutschrap am Ende der 90er-Jahre hätte von VIVA profitiert, so Kavka. Interviews mit Rappern haben auch für einige virale Momente in der Laufbahn des Musiksenders geführt. Vor allem Clips aus den frühen Interviews mit Bushido haben auf YouTube mehrere hunderttausend Klicks sammeln können.

Mitte der 2000er folgte jedoch die Übernahme durch Viacom, die Mutterfirma von MTV, Nickelodeon und Comedy Central und Co. - und damit auch der langsame Niedergang des Kölner Musiksenders. Eigenproduktionen wie "VIVA Live" und "Get The Clip" wurden im Laufe der Jahre immer mehr durch eingekaufte Sendungen und Wiederholungen von MTV, Nick oder Comedy Central-Shows ersetzt. Auch der Aufbau des Senders habe sich mit der Übernahme von Viacom stark verändert, wie Collien Ulmen-Fernandes der Zeit berichtet. Auf ein mal sei es nur um Quoten und Umfrageergebnisse gegangen:

"Als VIVA vom MTV-Besitzer Viacom übernommen wurde, ging die Marktforschung los. [...] Da hieß es wirklich: 'Die 12- bis 29-Jährigen finden dich zickig. Die mögen deine Frisur nicht.' Und nach diesen Gesprächen wurde radikal ausgesiebt."

Die Einführung vom Erfassung von Einschaltquoten sei laut Ulmen-Fernandes "der größte Fehler des Senders" gewesen. VIVA habe kurz darauf "langsam seine Seele verloren", da man sich zu sehr mit Datenangaben und Zielgruppenanalysen beschäftigt habe.

Ab 2014 sendete VIVA schließlich nur noch halbtags und wurde ab 17 Uhr durch Comedy Central ersetzt. Viel Platz für Musikfernsehen blieb neben Wiederholungen von Viacom-Shows und eingekauften Serien nicht. 2018 schloss VIVA endgültig seine Pforten und endete genau so, wie es vor 30 Jahren anfing: mit dem Video zu "Zu geil für diese Welt".

Bleibt nur noch zu sagen: Alles Gute und Rest in Peace, VIVA!

Wie wichtig VIVA für Deutschrap war, könnt ihr hier lesen:

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