Raus aus der Schublade (JDs Rap Blog-Kolumne)

Gangster, Frauenfeindlichkeit, Schimpfwörter, Skandale, Gewalt, brennende Mülltonnen – die Liste rund um Rap-Klischees ist fast unendlich. Das ist das, was wir als Rap-Fan immer wieder zu hören bekommen. Meist von denen, die absolut nichts mit der Musik am Hut haben. Einigen begegnet es in der Uni, anderen auf der Arbeit oder in der Schule. Mittlerweile ist es mir persönlich zu anstrengend geworden, immer wieder dagegen anzureden. Die Leute wollen gar nicht verstehen, dass Rap mehr ist als das, was man in den RTL 2-News sieht. Rap ist mehr als die Skandale, mehr als die Frauenfeindlichkeit oder Gewalt. Nicht alle Rapper haben ein 120-seitiges Vorstrafenregister, auch wenn ihr das gerne glauben wollt. Wäre es nicht so, welche Grundlage hätte Euer Denken dann?

Sind wir besser?

Nun bin ich an einem Punkt angekommen, dass mich andere Leute viel mehr nerven. Die Kommentare von Nicht-Rap-Fans kann ich runterschlucken, dabei immer schön lächeln und nicken. Aber ich sage mal: Wir sind nicht besser. Es gab lange nicht mehr so viele Subgenres im Rap. Die Straßen- oder Gangsterrap-Fans kommen auf ihre Kosten, die Fans, die Unterhaltung lieben, bekommen ebenfalls feine Veröffentlichungen. Was haben wir noch? Die poppigen Klänge natürlich. Wie es geht, hat uns Cro vorgemacht, aber auch Sido schaffte es mit seinem neuen Album 30-11-80. Vergessen dürfen wir nicht Casper und Marteria, die ebenfalls unterschiedliche Genre mischen. Während es bei Casper etwas rockiger klingt, gibt es bei Marteria auch etwas poppige Klänge zu vernehmen. Alles super cool. Vielen gefällt das, mir gefällt das. Aber es gibt doch tatsächlich Leute, die sich nicht mit der Musik an sich beschäftigen, sondern damit, was sie nicht ist, oder wie man diese Art von Musik bezeichnen darf.

Wenn ich teilweise die Youtube- oder Facebook-Kommentare lese, könnte ich kotzen. Natürlich gefällt auch mir nicht alles und ich verurteile Dinge, weil sie wegen der falschen Absicht veröffentlicht werden. Aber ist es nicht cool, wenn es Leute gibt, die es feiern? Scheinbar nicht, denn die Leute haben oftmals so viel Zeit, sich darüber aufzuregen, was jetzt Rap ist oder nicht. Casper kein Rap, Marteria kein Rap, Cro sowieso kein Rap. Aaaaaaaaalter, wollen wir uns ernsthaft damit beschäftigen, was Rap ist oder eben nicht? Ist doch scheißegal! All diese Jungs haben Rap-Einflüsse – bei dem einen hört man es mehr, bei dem anderen weniger. Am Ende zählt doch nur, dass es Musik ist. Dem einen gefällt sie, dem anderen nicht.

Verdammte Scheiße, steckt die Leute nicht in eine Schublade, weil sie eine Röhrenjeans tragen oder nicht wie der 0815-Rapper klingen. Nur, weil sie nicht doubletimen oder auf einem 90er-Beat rappen. Rapper werden erwachsen, entwickeln sich weiter oder probieren andere Richtungen aus. Muss einem nicht immer gefallen, aber zumindest kann man Respekt gegenüber Dingen wie der Entwicklung von Sido zeigen.

Hand aufs Herz: Wer hat aufgrund des Auftretens den ein oder anderen Rapper schon in eine Schublade gesteckt und ihm am Ende des Tages für scheiße empfunden, weil er keinen klassischen Rap bringt?

Wir stecken also Rapper in Schubladen, ohne ihnen Chancen zu geben, und legen die überaltete Rap-Schablone auf. Wer nicht reinpasst, macht keinen Rap und darf sich auch nicht so nennen.  Jetzt schreibe ich schon wieder darüber, obwohl die Frage überflüssig ist wie Fußpilz. Macht Musik, feiert Musik und kümmert Euch doch darum, was Euren Geschmack trifft. Ende.

Fabian Thomas
Fabian Thomas

Autoreninfo

Fabian Thomas lebt in Köln und bloggt über Hiphop und Rap aus einer etwas anderen Perspektive. In seinem "JD's Rap Blog" geht es hauptsächlich um Newcomer und Deutschrap.
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