Kaum ein Rapper hat es geschafft, sich Film-Awards in die Vitrine zu stellen. Der Einzige, der ihn tatsächlich für schauspielerische Leistungen erhalten hat, ist Dirty South-Wahrzeichen Ludacris. Der erste Schritt auf der Reise vom erfolgreichen Rapper zum ernstzunehmenden Schauspieler wäre damit abgehakt. Aber wie sieht es mit dem ungeschriebenen Gesetz aus, dass die Route zurück ins Musikgeschäft zum Scheitern verurteilt ist? Dem will Ludacris einen Streich spielen. Mit Ludaversal bringt er schon sein achtes Album und ist sich sicher, genügend Hunger für einige weitere Jahre zu haben...
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Hiphop.de: Dein neues Album Ludaversal erblickt nächste Woche das Licht der Welt. Es sind mittlerweile fast fünf Jahre seit dem letzten Album vergangen, das ist die längste Pause deiner Karriere. Wie fühlt es sich an, wieder zurück zu sein?
Ludacris: Es fühlt sich sehr gut an. Sehr, sehr gut. Es gab eine Zeit, da hab ich wirklich regelmäßig und hintereinander Alben rausgehauen. Es war sehr wichtig, mir mal diese musikalische Auszeit zu nehmen, um eine Menge Inspiration zu sammeln. Naja, und nebenbei habe ich natürlich noch drei Fast and Furious-Filme geschossen. (lacht)
Ich hatte bereits das Vergnügen, ins Album reinzuhören. Schon im Intro fängst du an, wild zu spitten. Ist das deine Art, die Leute daran zu erinnern, was du drauf hast? Hast du das Gefühl gehabt, dich beweisen zu müssen?
Ja, auf jeden Fall. Ich denke, man muss sich jedes Album neu beweisen. Mit dem achten Album und nach 15 Jahren im Geschäft ist es für mich besonders wichtig, weiterhin motiviert zu bleiben. Mit der Menge an neuer Musik, die ständig auf den Markt kommt, ist es auf jeden Fall wichtig, den Leuten ins Gedächtnis zu rufen, wer ich immer noch bin.
Ich habe mich vor wenigen Tagen mit Raekwon unterhalten. Der ist ja auch schon seit über zwei Jahrzehnten im Geschäft und versucht, mit seinem neuen Album erfolgreich in der neuen Szene Anschluss zu finden. Der Druck, als gestandener Künstler bei den jungen Fans erfolgreich zu sein, spiele aber im Studio keine Rolle, sagte er. Hast du das so ähnlich erlebt?
Oh, ja, das stimmt. Das kann ich so unterschreiben. Man sollte natürlich sowieso nicht so sehr darauf fixiert sein, es jemandem besonders recht zu machen – wenn man solche Vorstellungen hat, kann man nie aus dem Vollen schöpfen – aber ehrlich gesagt passiert das auch nie. Man blendet automatisch alles aus im Studio. Das Einzige, was man sich vielleicht von Zeit zu Zeit vor Augen führen sollte, ist es, immer eine Verbindung zu den Wurzeln des Hiphops beizubehalten und sich nicht allzu weit davon zu entfernen. Aber ansonsten gibt es nichts, was man befolgen müsste. Natürlich kann es passieren, dass man von neuen Künstlern und Sounds gewollt oder ungewollt beeinflusst wird, aber so komplett sollte es dein eigenes Klangbild ja nicht umkrempeln.
Was das Rappen angeht, war es ja schon immer allseits bekannt, dass du zu den saubersten und besten Technikern zählst. In den vergangenen Jahren mutiertest du aber auch zu so etwas wie ein Hit-Garant. Von Justin Biebers Baby über Tonight I'm Lovin' You bis hin zu All I Do Is Win oder den Taio Cruz-Hits. Eine ganze Menge Chartstürmer. Ist der Druck dieser Popkünstler, Hits produzieren zu müssen, auch auf dich übergesprungen, jetzt, wo man dich oft in dieser Rolle erlebt hat?
Man, weißt du, ich sehe das eigentlich anders herum. Ich hatte bereits den ganzen Erfolg mit Awards und Verkäufen, weswegen man Druck verspürt, den nächsten großen Hit zu landen. Deswegen kann ich das jetzt ganz beruhigt abhaken und brauche mich nicht darauf zu versteifen, eine bestimmte Art von Song zu machen. Jetzt im Moment möchte ich nur noch darauf konzentrieren, was ich selbst wirklich möchte. Und natürlich, was sich meine echten Fans für Musik von mir wünschen. Das Album sollte als Ganzes genießbar sein – von vorne bis hinten. Irgendwie muss man ja diesem Trend entgegenwirken, dass Fans nur einzelne Songs kaufen. Es muss schon etwas Besonderes am Album sein, weswegen man sich das Gesamtwerk zulegt.
Als du vor einiger Zeit die Single Rest Of My Life mit Usher und David Guetta gedroppt hast und ich das Video zum ersten Mal gesehen habe, war ich mir sicher, dass es der nächste weltweite Club-Hit wird. Alles sah wie maßgeschneidert dafür aus. Warum hat es dann im Endeffekt nicht so sehr Fahrt aufgenommen, wie du es dir gewünscht hättest?
Die Single war ursprünglich für den Film Fast & Furious 6 gedacht, deswegen wurde es nicht so sehr als Ludacris-Produkt gepusht. Der Film wurde ja zum großen Teil in London gefilmt, deshalb hatten wir uns bei dem Song für dieses EDM-Gefühl mit David Guetta entschieden. Im Nachhinein wäre es vielleicht doch ganz cool als Ludacris-Single gewesen. Dass der Song nicht endgültig durch die Decke gegangen ist, zeigt vielleicht, dass es doch mehr benötigt als "nur" den richtigen Hit.
Jetzt mal genug von dem Gerede über Hitsingles. Wenn du auf Ludaversal deine Rap-Passagen auspackst, ist immer noch alles beim Alten. Die Stimme, deine Intonation, Flows und Reimschemata – alles auf sehr hohem Niveau. Ist das etwas, was du ganz natürlich kannst? Oder musst du wie ein Sportler erstmal wieder warm werden und die Form wiederfinden?
Es ist von beiden etwas. Man muss schon trainieren, das steht auf jeden Fall fest. Ob es jetzt lyrischer oder technischer Art ist, Üben ist immer wichtig, um auf Trab zu bleiben. Aber selbstverständlich ist es auch ein natürlicher Teil von mir. Damit wurde ich geboren. Wenn man nicht das Talent dazu hat, wird es sehr schwierig, nur mit Training auf ein gewisses Niveau zu kommen. Genauso auch anders herum.
Wie sehr hilft es einem außerdem bei der Entstehung eines Songs, wenn man solch talentierte Sänger wie Usher und Miguel im Studio hat, die Ohrwurmhooks aus dem Ärmel schütteln?
Es ist ungemein einfacher, auf jeden Fall. Eine gute Hook gibt immer den besten roten Faden eines Tracks vor. Die Mischung macht es aber aus. Ich denke, ich habe eine gute Mischung aus Sängern und Rappern auf meinem Album, damit es nicht zu langweilig wird oder die Leute darüber meckern, dass ich zu viele Sänger auf den Hooks habe. (lacht) Darauf habe ich geachtet.
Für New Yorker Rapper ist es in den letzten Jahren immer mehr zum Thema geworden, dass ihr Sound vom Süden inspiriert ist. Viele echauffieren sich darüber, dass der typische New Yorker Sound dadurch verloren geht. Aber mal ehrlich: Für den Süden ist es doch nicht weniger nervig, wenn euer Style ins weite Land exportiert wird und alle es nachzumachen versuchen?
So ist es nunmal. Hiphop war schon immer so. Wenn man danach strebt, Trendsetter zu sein, dann muss man sich auch damit abfinden, dass eine Menge Leute deinen Style nachmachen werden, wenn er einmal erfolgreich ist. Dann geht es darum, sich etwas Neues einfallen zu lassen. Das war für uns im Süden schon immer eine Selbstverständlichkeit, wir haben uns nicht so sehr für andere interessiert. Wir haben schon immer was Eigenes mit den Sounds und der Art und Weise zu Rappen gemacht.
Einer der jenigen Künstler, die dem Süden treu bleiben und trotzdem eine Menge neues Zeug probieren, ist Big K.R.I.T., der auch auf deinem Album ist. Es ist ja auch nicht das erste Mal, dass ihr zusammenarbeitet. Siehst du dich dort dem Nachwuchs des Südens in einer gewissen Art verpflichtet, ihnen unter die Arme zu greifen?
Ja, schon ein bisschen. Dabei muss man aber natürlich immer auch darauf achten, dass man nicht blind jemanden unterstützt, nur weil er aus der gleichen Gegend kommt. Es muss auch die Qualität stimmen und mich in irgendeiner Weise ansprechen. Auf Big K.R.I.T. trifft das alles zu. Wie du schon sagst, haben wir schon oft zusammengearbeitet. Ihn auf mein Album zu packen, war eine logische Folge und meine Art, ihm zu helfen, weiterhin die Anerkennung zu kriegen, die er verdient.
Sprechen wir mal über deinen anderen Beruf: Oft hört man ja die Kritik, dass Musiker, die sich dem Filmgeschäft widmen, nie mehr zu alter Stärke in der Musik finden. Wenn wir ehrlich sind, ist es ja auch in den meisten Fällen die Tatsache. Wie hast du die persönliche Erfahrung erlebt? Ist das Einleben in neue Charaktere nicht sogar musikalisch und kreativ eine Chance, sich zu öffnen?
Das Vorurteil, dass Musiker zum Schauspieler werden und dann die Musik links liegen lassen oder nicht mehr so ernst nehmen, stört mich ehrlich gesagt ein bisschen. Ich möchte dem ganz klar entgegenwirken. Auch, wenn ich jetzt für drei Filme nicht am Start war, wird man das Album hören und direkt merken, dass mein Hunger noch da ist. Genau wie damals, als ich angefangen habe. Wie du schon sagst – die Erfahrung, in die Rolle eines Charakters zu schlüpfen und den Kopf aus dem eigenen Leben zu ziehen, gab mir mehr Inspiration als mich von der Musik wegzutreiben.
Fast zeitgleich zu deinem Album kann man sich in den USA auch Furious 7 in den Kinos anschauen. Was für ein fantastisches Timing, war das absichtlich? Zumindest aus deiner Sicht.
Dass beides gleichzeitig kommt, ist wirklich nur Zufall. Das Timing ist irgendwie zusammen auf die gleiche Woche gefallen, das war nicht beabsichtigt oder geplant. Aber natürlich wundervoll für mich, weil ich direkt zwei Dinge feiern kann. Und ich kann mich natürlich auch nicht darüber beschweren, dass beides einander irgendwie auch promotet. (lacht)
Ist es der letzte Film des Fast & Furious-Franchises, oder kommt da noch was? (Fanfrage von Tahir Genetikk auf Facebook.)
Das werden wir sehen. Abwarten, abwarten...
Alles klar, Luda. Ich bin gespannt, wie es sich mit Ludaversal entwickelt. Ist das jetzt das Ludacris-Comeback oder schaust du nur kurz im Rapgeschäft vorbei?
Hell yeah. Es wird auf keinen Fall wieder vier oder fünf Jahre dauern, bis ich ein neues Album bringe. (lacht) Es ist tatsächlich so etwas wie eine Wiedergeburt. Der neue und alte Ludacris zusammen. So in etwa. Ich freue mich sehr. Das Filmgeschäft wird die nächsten Jahre zwar ein wenig darunter leiden müssen, aber dafür gibt es mehr Musik von mir. Das bin ich den Fans schuldig!
Besten Dank für deine Zeit – und viel Erfolg!
Danke dir, peace!
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Interview: Aria Nejati
Foto: YouTube