Lores im Interview über sein erstes Tape, musikalische Einflüsse & warum er ein "Sinner" ist

Wo sind die Newcomer*innen in der deutschen Rapszene? Oder besser gefragt, wer steckt hinter den aufstrebenden Artists? Dieser Frage wollen wir zukünftig mit unserer Newcomer Interview-Reihe auf den Grund gehen. Dafür setzt sich unsere Redakteurin Veronika Vielrose virtuell auf die Couch, mit unterschiedlichen Artists, die unter dem Radar laufen – zumindest noch. 

Lores im Interview

Den Anfang macht Lores aus Aschaffenburg. Der Rapper ist zeitgleich auch sein eigener Produzent. Ahzumjot ist schon auf den Rapper aufmerksam geworden und wahrscheinlich auch der Grund, wieso unsere Redakteurin auf den Aschaffenburger gestoßen ist. Während eines "Raum 4" Streams des "Haifisch"-Rappers stellte Lores kleine Kostproben vor und bekam direkt Lob mit der zusätzlichen Aussage, man müsse definitiv zusammenarbeiten. Gerade seine ersten Singles brachten es dazu, dass Lores bereits in unsere Auflistung der 8 Deutschrap-Newcomer*innen, die du 2023 im Auge behalten solltest, aufgenommen wurde. Dazu gehörte unter anderem auch diese hier:

Wer auf trappige Sounds à la Lil Yachti, 808-lastige Instrumentals und technisch-versierte Reimketten steht, ist bei Lores eigentlich ziemlich gut aufgehoben. Aber am besten stellt er sich mit seinen eigenen Worten vor:

Lores: Ich bin Lores. Ich bin Rapper, Produzent und ja, was gibt's sonst über mich zu sagen? Ich mach' das Ganze jetzt seit ungefähr 10 bis 12 Jahren. Irgendwie so um den Dreh und hab' jetzt endlich meine erste Platte rausgebracht.

Veronika: Du hast ja bereits 2019 erste Sachen veröffentlicht und dann kam die Pandemie und es wurde schlagartig wieder stiller um dich. Hatte das mit der Pandemie zu tun oder hast du dich einfach nicht ready gefühlt?

Lores: Corona hat auf jeden Fall auch eine Rolle gespielt, aber ich glaube, es war mehr das Leben an und für sich. In den letzten Jahren ist super viel passiert, auch musikalisch. Es gab zusätzlich paar Unstimmigkeiten, die erstmal geklärt werden mussten. Aber letztes Jahr im Juni hatte ich so das Gefühl, endlich alle Altlasten und Schwierigkeiten, die mich davon abgehalten haben, irgendwas zu droppen, beseitigt zu haben und dann auch wieder angefangen Mucke herauszubringen.

Lores: Erstes Album und der Prozess dahinter

Veronika: Und dein Output ist ja auch enorm gestiegen. Du hast am 05.05. dein erstes Album „Kann denn Liebe Sünde sein…“ rausgebracht. Wie lang hast du tatsächlich an der Platte gearbeitet?

Lores: Ich glaube der älteste Song, der da drauf ist, müsste zwei Jahre alt sein. Also zumindest die erste Idee und der erste Text standen seitdem. Aber aktiv habe ich an dem Album glaube ich jetzt ein halbes Jahr gearbeitet. Sowas um den Dreh.

Veronika: Das meiste produzierst du dann ja auch tatsächlich selbst. Hast du dir für das Album noch Hilfe dazu geholt oder ist alles aus eigener Hand gebastelt worden?

Lores: Ne, also das komplette Album kommt eigentlich von mir. Ich glaube nur "Narzist" und "Kein Liebesbrief" waren so Beats, die ich noch so auf dem Rechner rumfliegen hatte. Dann hat auch noch ein guter Homie und DJ von mir Marcmoto bei zwei Tracks mitgeholfen und Ideen mit reingeworfen. Sonst ist alles aus meiner Feder.

Veronika: Die Platte ist jetzt raus und du scheinst auch interessiert zu sein, was die Leute so feiern. Bei Insta hattest du letztens gefragt, was denn der Lieblingstrack vom Album sei, und da möchte ich natürlich wissen, welcher dein persönlicher Favorit von der Platte ist?

Lores: Ich glaube, "Narzist". Ich glaube, das ist für mich persönlich wie die logische Konsequenz aus allen Tracks vorher.  Weil im Endeffekt alles, was über die Platte thematisiert wird, da noch mal gebündelt zusammenkommt und ich da eigentlich erst so richtig darauf eingehe, was das alles mit mir gemacht hat bzw. wie ich mich eigentlich fühle. Das kommt auf der Platte hier und da vor, aber auf dem Track hast du mal so 'nen Moment, wo wirklich die Karten auf den Tisch gelegt werden und ich mir meine ganzen Sorgen von der Seele rede. Im Endeffekt hat der Song einfach einen hohen emotionalen Stellenwert für mich.

Veronika: Kann ich durchaus verstehen. Für mich war Narzist auch die logische Konsequenz aus der Platte und vor allem auch gut abschließend. Was in deiner Musik immer mal wieder vorkommt, ist der Begriff "Sinner". Du bezeichnest dich selbst als Sinner. Was zeichnet den Begriff für dich aus, dass du den so bewusst für dich beanspruchst?

Lores: Die Sache ist die: Für mich ist der Sinner-Begriff im Endeffekt das, wie ich den Inhalt meiner Musik in einem Wort gebündelt sehe. Ich spreche einfach über unglaublich viele Dinge, die passiert sind, die mich beschäftigen. Sachen, die ich in der Vergangenheit erlebt hab und ich verarbeite damit ja auch mehr oder weniger einfach meine Gedanken und Gefühlswelt und die Sache ist halt die, dass ich sehr oft an den Punkt komme, an dem ich mit mir selbst ins Gericht gehe. Deshalb auch der Sündenbegriff, weil ich mir meiner Sünden bewusst bin und weiß, dass es vielleicht nicht alles cool ist, was ich mache, es mich aber im Endeffekt zu dem macht, was ich bin. Deswegen spielt das auch so eine große Rolle für mich.

Veronika: Du gehst also selbst mit dir ins Gericht und öffnest dich damit ja auch einer Masse. Jetzt hast du gerade erst ein Album gedroppt. Wie geht es jetzt weiter? Ist jetzt erst mal entspannen oder war das erstmal der Startschuss? 

Lores: Ich würde es auf jeden Fall als Startschuss bezeichnen. Übers Jahr ist noch extrem viel geplant. Es geht, um ehrlich zu sein, nächsten Monat direkt weiter. Da sind schon ein paar Sachen in der Mache, die nächste Platte ist auch schon in den Startlöchern.

Lores über seinen Werdegang als Rapper und seine Einflüsse

Veronika: Woher nimmst du deine Einflüsse oder besser gesagt, gibt es für dich Vorbilder?

Lores: Also Kanye auf jeden Fall. Ich würde generell sagen meine Einflüsse kommen eher aus den USA, obwohl ich auch viel Deutschrap gehört habe und immer versuche im Thema zu sein. Aber ich habe eben viel Kanye gehört, viel Pusha T und eben auch Travis Scott. Generell viel Trap hat mich geprägt. Das Feld ist da breit. Dementsprechend kann man das jetzt nicht so konkret benennen. Ich habe mir halt alles genommen, was ich kriegen konnte, und daraus ist dann eben ein riesiger Melting-Pot entstanden. 

Veronika: Du bist seit 10 bis 12 Jahren dabei. Zählst du da sowohl das Produzieren und Rappen mit ein oder hattest du früher einen Fokus?

Lores: Ich war am Anfang mehr auf Produzieren fokussiert. Das habe ich so bis ich circa 15 gemacht und dann langsam mit dem Rappen angefangen. Also ich habe schon immer Texte geschrieben, aber mit dem Aufnehmen habe ich dann später erst gestartet.

Veronika:  Du bist ja ziemlich früh dann zum Produzieren gekommen. Wie kam das zustande?

Lores: Das Ding bei mir ist, dass Musik bei mir schon immer ein großes Thema war. Meine Eltern haben immer Musik gehört. Ich wurde auch direkt mit Rap sozialisiert. Ich glaube, der erste Song, den ich jemals gehört habe, müsste „Gin and Juice“ von Snoop Dogg gewesen sein. (lacht) Dementsprechend war das schon immer Teil von meinem Leben. Dazu kommt mein älterer Cousin. Der hat früher auch Musik gemacht und ich habe halt immer ein bisschen zu ihm aufgeschaut. Ich war bei ihm eigentlich immer dabei, wenn er irgendwelche Sessions mit Freunden hatte und die gemeinsam Musik gemacht haben und ich fand es halt immer irgendwie geil. Das hat dann dazu geführt, dass ich selbst gesagt habe: "Ich habe da Bock drauf" und im Internet gegoogelt habe, wie das Ganze so funktioniert. Irgendwann war es so, dass ich auf Fruity Loops gestoßen bin, mich da eingearbeitet hab und ja der Rest ist mehr oder weniger Geschichte. (lacht)

Veronika: Und hast du von Anfang an mit deinen Freunden geteilt, was du da bastelst, oder brauchtest du etwas Zeit, bist du der Meinung warst, das anderen zeigen zu können?

Lores: Ich war, glaub’ ich, schon immer sehr transparent damit. Ich weiß noch, am Anfang bin ich immer zu all meinen Freunden gegangen und hab denen gesagt "Ey, ich mache jetzt Musik." und hab immer alles rumgezeigt. Ich war am Anfang auch vielleicht etwas zu sehr davon überzeugt (lacht und zeigt Gänsefüßchen). Aber ich bin eigentlich echt immer locker damit umgegangen. Ich habe auch schnell angefangen, die Sachen zum Beispiel bei Soundcloud hochzuladen. Da bin ich dann auch bisschen in diese Type-Beat-Geschichte abgerutscht.

Veronika: Hast du beim Produzieren irgendwelche Vorbilder?

Lores: Safe! Ich würde sagen mit eins der größten Vorbilder ist Kanye. Seine Herangehensweise war immer crazy und jede Arbeit war immer was komplett anderes. Er hat sich auch komplett von dem weg entwickelt, was er früher gemacht hat und ich fand das super crazy. Auch wie er versucht hat immer andere Aspekte und Einflüsse mit einzubringen und im Endeffekt den Hörer damit zu überraschen. Abgesehen davon war ich ein ziemlicher Timbaland Fan.

Veronika: (lacht) Wer nicht?

Lores: (lacht) Ja eben! Wer nicht? Ich fand seine Beats auch immer so nice. Die waren immer tanzbar, aber gleichzeitig rough. Die Produktion war ja auch komplett experimentell, was man sonst wo nicht gehört hat. Man wusste einfach immer direkt, dass das ein Timbo-Beat ist.

Veronika: Stimmt schon, Timbaland hat krassen Wiedererkennungswert. Ist ja auch ähnlich mit Pharrell und seinen vier Schlägen zu Beginn eines Beats.

Lores: Ja man. Pharrell wäre sonst auch noch so meine dritte Inspiration gewesen. Die drei sind auf jeden Fall die wichtigsten.

Wie sich das ganze anhört, könnt ihr nicht nur in auf Lores Album "Kann denn Liebe Sünde sein..." hören. Wie er selbst sagt, sitzt der Aschaffenburger Rapper nicht untätig rum. Einen weiteren Eindruck in Lores musikalische Welt kann man auf seiner neuen Single "Mantra" hören: 

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