'Ihr feiert unser Debüt, ich find’ ihr feiert zu früh, denn der Wind wendet so schnell, um sich zu freuen ist es zu kühl. Eigenlob stinkt, ich bin auch bescheiden, wenn ich trink.' Wo findet man in heutigen Hiphop noch eine solche nüchterne und rationale Selbsteinschätzung, die nicht vor Überheblichkeit und Selbstüberschätzung strotzt. Das schlägt sich auch in der Intention der beiden Rapper Stress und Trauma wieder. 'Warum schreibt ihr?' – 'Ich schreib um Euch mehr zu geben als die meisten und nicht ein falsches Leben vorzuleben wie die meisten'. Ihren bisherigen Lebensweg, ihre persönlichen Tiefschläge und Höhenflüge bringen sie treffend auf den Punkt. Kein Gepose, sondern entwaffnende, schlichte Ehrlichkeit zeichnen Tracks wie 'Das ist für dich', 'Erklär mir mal' und besonders 'Ein Tropfen (vom) Leben' aus.

Musikalisch hat man ebenfalls sorgfältig gearbeitet. Sehr dicke Dinger kommen von Roey Marquis, auf dessen Beats sich Stress und Trauma ziemlich sicher bewegen. Als logische Konsequenz gehören 'Augen' und ganz besonders 'Anders' zu den besten Tracks dieser Platte. Brisk Fingaz trumpft ebenfalls mächtig auf und hat es unter anderem mit 'Wendepunkt', 'Seht Rap jetzt an' und 'Der letzte Funken' geschafft, lässig verspielte und doch durchkonstruiert wirkende Beats zu schustern. Man verzeihe mir diese Überleitung, aber auch DJ Shusta hat sich bewährt und das passende Soundgewand für die Abrechnung mit dem 'Labelgame' gebastelt. Wenn es 'Big Minden' heißt, dann ist auch Curse nicht weit, der zusammen mit Italo Reno einen guten Part auf der astreinen Hawkeye Produktion 'Ich wüsste gerne' abgeliefert hat.

Von Zeit zu Zeit bilden aber die Hooklines die Achillesferse der Tracks, die ein wenig zu unprägnant und unausgeglichen wirken. Doch ist dies letztlich auch eine Geschmackssache und so trübt es nicht den durchweg positiven Eindruck. 'Big Minden Vol.II' ist eine Standortbestimmung für Stress und Trauma. Und gewiss muss man sie ab jetzt ziemlich weit oben suchen. 'Bei uns stimmt alles. Style, Stimmung, Delivery und Flow', heißt es auf 'Anders'. Da gibt es nichts hinzufügen. Prädikat: wertvoll. Big Minden? – Mit Sicherheit!

Bewertung:
4,5 von 6

Fazit:
Stress und Trauma haben eine hervorragende Platte hingelegt, mit einem ehrlichen, unverfälschten Rapstil und lockeren Beats von Roey Marquis II, Brisk Fingaz und weiteren viel versprechenden Produzenten. Eine Platte, die zwar als Mixtape deklariert wurde, aber mit Album-Qualität