Chima - Im Rahmen Der Möglichkeiten

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Zuerstmal sei eines gesagt: wer in Kategorien denkt, der sollte seinen Verstand abschalten bevor er bei diesem Album auf "Play" drückt. Diese CD muss gefühlt werden. Denn wer nach dem Hören des eröffnenden Stückes "Druck" der Meinung ist, ihn erwarte ein Album überfüllt mit Melancholie und Existenzängsten, dem zeigt das darauf folgende "Wundervoll", wohin es auf dieser LP geht. Betonköpfe und Kunstanalytiker werden in ein Vakuum geworfen, welches es ihnen unmöglich macht ihre Massstäbe an zu legen. Denn auf diesem Album fliesst ein ganzes Leben ein. Das Leben des Chimaobinna Enyiakanwanne Onyele.
    
Und genauso exotisch wie der Name des Protagonisten, klingt auch dessen Musik. Versteht mich nicht falsch, dieses Album eröffnet keine Einblicke in ferne, ethnologische Zirkel. Viel mehr ist es ein Gegenpol, es stellt sich bewusst gegen Klassifizierung, ohne dass es ein Demonstrant in der temporären Musiklandschaft sein MÖCHTE. Viel mehr ist es die Natur dieses Albums, welche jedem als anders in's Ohr stechen wird. Wer vermag es denn sonst schon, eine Liebesbeziehung mit einem Titel wie "Zähneputzen" zu beschreiben, um anschliessend mit der Unterstützung eines überragenden Xavier Naidoos die Liebe zur Musik, den Stellenwert der Musik in der heutigen Gesellschaft und dem eigenen Leben zu beschreiben?

Vor allem "Zähneputzen" entwickelt durch seine alltäglichen Sprachbilder einen solchen Symbolwert, dass jeder Metaphoriker sich schamerrötet in der Ecke schämen wird - "Ständig von Kindern reden, zusammen Zähne putzen. Du kannst kein Auto fahren und es ist geil...". Es ist egal, ob Chima die "Ellenbogen-Mentalität" kritisiert, wie er das auf "Mein Nächster" tut oder auf "Kreis" darum bittet, doch einmal alles zu vergessen und zu einem "Tanzlied" aufspielt, welches ganz neue Züge entwickelt. Eine Unabhängigkeitserklärung der etwas anderen Art. Es ist - wie gesagt - egal, welches Thema der "Frankfurter Bub" anspricht, nie wirkt es erzwungen, belehrend oder kopflastig. Leichtigkeit beflügelt dieses Album - und Chima nutzt diese Flügel mit seinem Gesang. Ach, ich habe noch garnicht angemerkt, dass Chima auf diesem Album fast ausschliesslich singt? Gut. Wieso sollte ich auch?! Genauso wenig, wie ein Musikstil die Kunst des Frankfurters einengt, täte es eine Vortragsform und das macht eine weitere Besonderheit dieses Albums aus.

Wer wollte sich auch an derlei Dingen aufhängen, wenn er "Immer noch" hört und ein Lied über eine beendete Beziehung hört, welches ungemein positiv und motivierend klingt. "Ich hab' Familie, ich hab' mein Glück in Dir - und doch, ich hol' Dich nicht zurück..." singt Chima getreu dem Motto "auch der schönste Käfig bleibt ein Gefängnis". Wenn dann die finalen Takte des Albums meine Boxen verlassen und "Vorbei" mich in ein bitteres Liebesszenario in Mitten von Enttäuschung und Fehlern transportiert, wenn es Chimaobinna Enyiakanwanne Onyele ein zwölftes Mal schafft, mich in seine Welt zu ziehen und mich doch in meiner belässt, dann bleibt mir nur ein Fazit: überwältigend.

Bewertung:
5 von 6

Fazit:
Meine Damen und Herren, das Jahr zweitausendundfünf hat einen weiteren Höhepunkt. Was Chima uns auf diesen zwölf Liedern präsentiert ist nicht revolutionär - jedoch nur, weil eine Revolution sich durch einen gewaltvollen Umschwung definiert. Viel mehr ist "Im Rahmen der Möglichkeiten" die Evolution eines Genres. Dieses Album ist wegweisend. Hier trifft Big L auf Reinhard Mey, Prince auf Jimmy Hendrix - hier definiert sich Musik so, wie sie es im Rahmen der Kunst sollte: undefinierbar. Sie ist frei. Chima, vielen Dank für dieses Album.