Theophilus London - Timez Are Weird These Days
Theophilus London zeigt schon optisch, was er von unserer Welt hält: Timez Are Weird These Days heißt sein Album und seine Outfits sind nicht weniger bizarr als seine Welt. Runde, massive Sonnenbrillengläser samt Zuhälter-Gestell, das Velours-Jackett und die Hochwasserstiefel passen perfekt zum Albumtitel. Derart ungewöhnliche Namen wie Theophilus London veranlassten einen Calvin Cordozar Broadus, Jr. und einen Carlton Ridenhour dazu, sich Snoop Dogg respektive Chuck D. zu nennen. Aber dieser Geek-mäßig klingende Name passt zum Rapper Theophilus London . Und auch zur irgendwie aufgesetzt wirkenden Intellektuellen-Attitüde des 24-jährigen. Man würde ihn wohl dem alternativen Londoner Stadtteil Soho zuordnen, Theophilus lebt aber an der Geburtsstätte des Hiphops, in Brooklyn. Geboren wurde er in Trinidad. Die verrückte Welt machte ihn zu einem Musiker, der wie eine Symbiose aus Dizzee Rascal und Theo Huxtable wirkt. Während sich der eine auf Grime-Beats austobt und der andere inzwischen von der Bildfläche verschwunden ist, fühlt sich Theophilus auf Dance-tauglichen, elektrolastigen Beats mit Achtziger-Einschlag wohl. Das hört man gleich auf dem Intro Last Name London , auf dem der komplizierte Name verankert werden soll: "Last name London , the first name Theophilus , Theophilus , Theophilus " . Wenige Zeilen später wird Theo seiner kuriosen Erscheinung auch in seinem Handeln gerecht und prahlt damit, dass ein williges Mädchen sich vor ihrer Webcam auszieht und dabei seine Nike Air Schuhe trägt. Der mit Dance-Elementen gemischte Echolot-Sound lässt auch auf Love Is Real nicht nach, was thematisch passend ist, denn auf dem Track beschreibt Theophilus , wie er sich in eine Dance-Queen verliebte. Jealousy Girls Sängerin Holly Miranda liefert dazu eine wunderschöne Hook. Abseits der Aufforderungen "eine gute Zeit zu haben" und Leistungen, wie ein Mädchen dazu gebracht zu haben, sich vor einer Webcam auszuziehen und dabei die eigenen Sneakers zu tragen, ist Timez Are Weird These Days eine Verkettung von coolem, neuem, feierwürdigem Sound. Die bizarre Inszenierung erscheint manchmal wie ein Reißbrett-Entwurf, gleichzeitig bleibt man unsicher, ob das nicht dich eher Kunst als Kommerz ist. Denn Theophilus hat es geschafft, eine Brücke zwischen sanften und auf Inhalt setzenden Künstlern wie Kid Cudi , Kanye West und Drake und einem partywütigen, mit glatzköpfigen Frauen knutschenden Wiz Khalifa zu schlagen. Theophilus London s Rap ist behutsam und vorsichtig, nicht technikaffin, trotzdem selbstbewusst und mit einem Quäntchen Intelligenz. Das sind Attribute, die Theo in der Gesangskabine selbst verantwortet. Das Album wartet mit nur zwei Sängerinnen als Features auf. Zum einen Holy Miranda auf Love Is Real , außerdem Sara Quin vom Gesangsduo Tegan & Sara auf Why Even Try . Zwischenzeitlich treibt Theophilus in abgefahrene Gewässer. Er legt einen Jetzt-spreche-ich-auf-dem-Song-jetzt-singe-ich-auf-dem-Song-Rhythmus an den Tag. Hierbei kann man Parallelen zwischen Theo und Casper oder TV On The Radio -Sänger  Kyp Malone erkennen. Außerdem hat er einen ausgeprägten Sinn für Wörter: "Horse and carrots, ride round the riddler and rock chinchillas/ Girl I ain't going nowhere, sit here and play cops and robbers down by the moonlight" [ Wine and Chocolates ]. Trotzdemliefert er oft flache Texte: "I fell in love with a disco queen/ In the heart of the city at a bistro scene" [ Why Even Try ].Erstmal unverständlich ist, wieso statt Last Name London , das durch seinen unüberhörbaren Kommerz-Appeal als erste Single ideal gewesen wäre, Why Even Try zuerst veröffentlicht wurde. Das soll aber nicht unser Problem sein, Why Even Try ist ein guter Song.  Theophilus transportiert Hoffnungslosigkeit auf einem verführerischen Beat mit anmutigem Glockenläuten - das funktioniert, auch wenn es eigentlich nicht passt. Why Even Try macht nicht nur Spaß und Lust auf mehr, sondern bietet mit Sara Quin auch ein interessantes Feature. Einziger Haken: Die schöne Stimme Sara Quin s lässt sich nicht erkennen. Was klar für Theo spricht ist, dass er sich größtenteils auf sein Tun und ein kleines Produzententeam verlässt, statt auf etablierte Hit-Produzenten und ihre Stabsmitarbeiter. Dabei sind Ariel Rechstshaid , der auch schon für MURS produzierte, Jokke , Dave Sitek von TV on the Radio und John Hill ( M.I.A. - Teqkilla ). Mit ihnen liefert Theophilus London ein sanft, klirrend und leicht kitschig klingendes Album, bei dem Liebhaber von Medley-Sounds auf ihre Kosten kommen werden. Timez Are Weird These Days ist ein gelungenes Album, bei dem man weder auf die Idee kommt zu skippen, noch es illegal runterzuladen. Das liegt zum größten Teil an den tanzbaren Songs mit ihren bemerkenswert umgesetzten Start-Stop Grooves, die man zum Beispiel auf Wine and Chocolates hören kann. Kein bahnbrechendes und innovatives Konzept, aber beständig umgesetzt, ohne einen krampfhaften Eindruck zu machen.

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