"Row Zero": Neues Buch nimmt Machtmissbrauch in der Musikindustrie unter die Lupe

Vor etwa einem Jahr machte die damals 24-jährige Shelby Lynn Vorwürfe gegen Rammstein-Frontmann Till Lindemann öffentlich. Im Zuge dessen ging es auch immer wieder um die sogenannte Row Zero – ein Bereich zwischen Bühne und Crowd, in den angeblich Frauen gelassen wurden, um teilweise noch während der Auftritt Sex mit einem Artist zu haben, so die Schilderung. Die Journalisten Lena Kampf und Daniel Drepper haben nun ein gleichnamiges Buch veröffentlicht, in dem sie die Ergebnisse einer Investigativrecherche zum Thema Machtmissbrauch in der Musikindustrie darlegen. Es geht um Vorwürfe, um Labels und auch um Deutschrap.

"Row Zero": Neues Buch über die Musikindustrie veröffentlicht

Für ihr Buch haben Kampf und Drepper mit mehr als hundert Menschen aus der Musikindustrie gesprochen. Ihr Ergebnis: Die einst romantisierte Vorstellung von "Sex, Drugs & Rock'n'Roll" ist nichts als ein Mythos. In Wahrheit soll das Ganze ein fast schon industriell anmutendes System der Ausbeutung sein.

Dazu gehören neben den Tätern vor allem auch die Mitwissenden und die Strukturen, die quasi ohne Kontrolle gewähren lassen. Von "eine[r] Art Organisationsversagen" ist die Rede. Von Labels, die Artists bei Fehlverhalten keine oder nicht nennenswerte Konsequenzen aufzeigen. So ist in einem Kapitel davon zu lesen, dass Gzuz bei einer Party von Universal Music angeblich "eine Mitarbeiterin sexistisch beleidigt und andere beschimpft" haben soll. Die Pressesprecherin von Universal bestätigt diesen Vorfall, gibt aber an, dass der 187-Rapper sich im Nachgang persönlich sowie schriftlich entschuldigt habe Zukünftig werde Gzuz nun statt von Vertigo/Capitol von Chapter One betreut. Ex-CEO der Universal Music Group in Deutschland, Tim Renner, kommt in dem Buch ebenfalls mehrfach zu Wort – nur zu Till Lindemann will er nichts sagen. Das "ist als Pointe übrigens fast lustig", fasst Autorin und F.A.S.-Feuilletonchefin Julia Encke für die FAZ treffend zusammen.

Aber nicht nur vonseiten der Industrie lasse man Artists oft freie Hand, heißt es in "Row Zero", es wird auch auf die Fans verwiesen. Rammstein beispielsweise ist erfolgreich wie eh und je. Das sei auf die Rezeption der Konsumenten zurückzuführen:

"Gewalt gegen Frauen in Rock und Rap ist nicht einfach nur das hässliche Resultat einer toxischen Welt, sondern ein Marketing-Tool."

In einem der späteren Kapitel wird Nika Irani interviewt, die Influencerin, die vor einigen Jahren Vorwürfe gegen Samra laut gemacht hatte. Da ihr inzwischen jedoch gerichtlich verboten wurde, diese Anschuldigungen öffentlich zu wiederholen, gibt es dahingehend kaum neue Erkenntnisse. Kurz nach dem Interview mit Nika Irani, das im Herbst 2023 geführt wurde, stellt die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren gegen Samra ein.

"Row Zero: Gewalt und Machtmissbrauch in der Musikindustrie" ist ab sofort über den Eichborn Verlag erhältlich.

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