Hipster Rap – Legerer Habitus dank Majordeal im Gucci-Bag
Lange ist es her, dass ein Trend mal nichts mit Gangstern und verschiedenartig getuneten Autos zu tun hatte. Nun sind sie da: die Hipster Rapper. Unverkrampft, en vogue, gut gelaunt, eitel, avantgardistisch, respektlos. Wir erklären dir wer alles in die neue Schublade passt, wo all das herkommt und wo die Parallenen zum europäischen Electro Hype des Jahres 2008 liegen.
Hipster Rap Audios: Mickey Factz , The Cool Kids , The Knux , Kid Cudi Hipster Rap Videos: CRS , The Cool Kids , The Knux , Kid Cudi Die MTV-Awardshows waren schon immer für Überraschungen gut: bis dato nie für möglich gehaltene Duette von Popikonen und ihren Zöglingen im Geiste, Eminem-Armeen oder einen Curtis Jackson, der aus einem riesigen Pimp Cup steigt – you name it. Ebenfalls eine MTV-Veranstaltung war es, die im November 2006 der Welt einmal mehr Kanye West s Arroganz vor Augen führte und im selben Atemzug zwei Franzosen die ungeahnte sowie uneingeschränkte Aufmerksamkeit des gesamten Popzirkus bescherte. "I haven't seen your video. My video costs a million dollars, Pamela Anderson was in it. I was jumping across canyons", tönte ein angetrunkener Mr. West unaufgefordert. Die Electro-Heroen Justice und die Simian Mobile Disco waren das, lieber Kanye, und der Low-Budget-Clip zu ihrer Ode an die ewige Treue in zwischenmenschlichen Gefilden ( "We Are Your Friends" ) positionierte sich mal eben ganz geschickt vor dem West'schen - zwar teuren, aber eher lieblos dahingerotzten - Retroklumpatsch "Touch The Sky" in Videoform. Knapp zwei Jahre später war die frankophobe Fehde fast vergessen und ein gellender, ja geradezu eklatanter Aufschrei ging durch die Electro-Massen, als eben jener Kanye West Anfang 2008 Daft Punk s "Harder, Better, Faster, Stronger" flippte. Plötzlich war es cool, nicht nur über die neusten Saigon -Freestyles zu diskutieren oder sich auf Jams den Weedqualm ins Gesicht pusten zu lassen. Die Foren waren auf einmal voll von vermeintlichen Openmindern, die die neuen Schnittmengen der Kulturen schon immer geahnt haben wollten und sich plötzlich als Dubstep-Experten oder NewRave-Jünger erster Güte outeten. Hiphop hatte ein neues Genre: den Hipster Rap. Er brachte ein Faible für die Haute-Couture, Offenheit in puncto musikalischer Erzeugnisse und sympathischen Größenwahn mit sich. Und heimlich, still und leise formierte sich neben eher unbewusst agierenden Vorreitern wie Kanye West , Pharrell Williams oder Lupe Fiasco – zusammen die Soupergroup CRS - eine Garde an Jungspunden, die dem Ganzen nochmal einen oben drauf setzten. So zum Beispiel auch Wale . Der Young Gunner aus Washington D.C. sorgte vor kurzem mit einem Remix zur mittlerweile wohl wirklich totgespielten Electro-Sause "D.A.N.C.E." von uns-Justice für Aufregung. Neben Endorsement-Deals mit 10Deep, The Hundreds, Stüssy und anderen Fashion-Brands, hat der Junge mittlerweile auch einen Deal mit Interscope im Gucci-Bag. Das "Mixtape About Nothing" wurde dann auch gleich gemeinsam mit 10Deep gelaced. À propos: mit 10Deep kann noch einer der Neodandys ganz gut: KiD CuDi . Denn das Klamottenlabel greift dem aus Cleveland stammenden, und mittlerweile in New York ansässigen, Nachwuchsspitter bei seinem am 17. Juli erscheinenden Mixtape "A Kid Named CuDi" unter die Arme. Bisherige Kollabos mit Pitbull oder Wale machen Lust auf mehr. Fans guter Electromusik dürfte außerdem der "Day'n'Night" -Remix der italienischen Knöpfchendreher von Crookers in der Hirnrinde kleben geblieben sein. Fernab von massentauglichem Electromischmasch rekurrieren Künstler wie The Cool Kids das Soundbild gehörig und gehen wieder zurück zu den Wurzeln. Tracks der Cool Kids verstehen sich als Hommage an die gute alte Zeit und drücken dem Spiel ihren 2.0-Stempel auf, welcher dem Ganzen einen neo-oldschooligen und dennoch genuinen Beigeschmack beschert. Auf minimalistischen 808-Klangteppichen werden die Vocals heruntergeschraubt und Minimalsm trifft die Chopped'n'Screwed-Ästhetik des dreckigen Südens. Die "The Bake Sale" -EP folgt gleichfalls der Devise, dass weniger eben manchmal mehr ist. Oder besser: BMX statt Benz. Denn wer sich mit den minutiös in der Blogblase platzierten Machwerken von Mikey Rock und Chuck Inglish mal genauer auseinandersetzt, stolpert nur so über Querverweise auf tiefergelegte Drahtesel, ausgedehnte Shoppingtouren und Partyhopping par excellence – das ganz normale Leben von Hipster-Jugendlichen eben. Ein solch zurückgelehnter Habitus zieht natürlich schnell Sympathisanten nach sich. Konzerte neben den ganz Großen und Lounge-Gebrabbel mit DJ A-Trak brachte dem Duo dann auch gleich einen Deal bei dessen Label ein, eine Tour mit M.I.A. ergab sich als schöner Nebeneffekt. Juveniler Leichtsinn, bewusste Nerdyness und rotzige College-Arroganz als Erfolgskonzept? Durchaus. Denn es funktioniert auch bei den Kidz In The Hall . Während das Erstlingswerk der beiden, namentlich "School Was My Hustle" , unterging, scheint man mit dem Nachfolger "The In Crowd" alles richtig gemacht zu haben. Die designierte Single "Drivin' Down the Block" recyclete ganz dreist Masta Ace 's Klassiker "Born to Roll" und bedient sich obendrein noch Outkast 's "Elevators (Me & You)" - ein Paradebeispiel für den unbeschwerten und doch respektvollen Umgang mit dem klassischen Material der Old- und Trueschool. Das beherrscht auch Mickey Factz ganz gut. Seit dem Jahreswechsel lässt der MC aus der Boogie Down Bronx allwöchentlich einen Leak auf die Blogosphäre los. Musikalisch wird dabei quasi alles gerippt, was nur geht. Egal ob eine Heimatland-Hommage mit Schmuse-Crooner D'Angelo oder der eine oder andere SebastiAn -Rework. Für sein anstehendes Album hat er unter anderem die Zusammenarbeit mit der Popkombo Chester French , dem Paradiesvogel Curtis Santiago und Gym Class Hero Travis angekündigt – Kreuzüberscheiße. Mit Genreübergreifendem ist auch noch jemand ganz anderes unten: der erwähnte A-Trak , seines Zeichens Mitglied der Ye'schen Entourage und einer der engsten Berater in puncto Beatwahl für Mr. West. Alain Macklovitch, der im zarten Alter von 15 Jahren den DMC-Titel gewann, produziert für die Diplomats genauso wie für die Hanseaten von Boys Noize oder schon genannten KiD CuDi und jettet zwischen Gigs auf der ganzen Welt zusammen mit DJ Mhedi und Busy P von Ed Banger (Labelheimat von Justice ) durch die Gegend. Und wenn er nicht gerade die Hinterhöfe und Festivals dieser Welt bespielt, macht er immer noch gute Musik. So auch für Kid Sister , dem einen oder anderen vielleicht schon durch "Pro Nails" mit Kanyeeze aufgefallen. Als Schwester eines der beiden Flosstradamus -DJ's war es nur eine Frage der Zeit, bis der Serato-Affin A-Trak auf die 28-jährige Aufmerksam wurde. Und die neue Brut steht schon in den Startlöchern, formiert sich auf MySpace und LastFM, um sich so den Weg auf die iPods zu bahnen: da wären zum Beispiel The Knux aus Hollywood. Das renitente Duo hat einen Deal mit Interscope in der Tasche und ein bisschen 8-Bit-Musik im Sampler; paart man das ganze noch mit Live-Instrumenten und Flanellhemden hat man eine vage Ahnung davon, was uns auf dem Debut "Remind Me In 4 Days" diesen Sommer erwartet. Izza Kizza hat mit der Pop 2.0-Größe Timbaland sicher nicht die schlechteste Schirmherrschaft erwischt. Auf Ausschussmaterial, das Frau Furtadto und Miss Madonna nicht catchy genug zu sein scheint, spittet der Junge wie nichts Gutes. Ergebnis: die 19-Track starke, von MashUp-Mogul Nick Catchdubs zusammengestellte, Mischkassette "Kizzaland" . Neben der textlichen Ebene, tut sich, aber auch musikalisch etwas. Beatschmiede wie Jay Electronica bekommen Honig von Mos Def ums Maul geschmiert und können ihre Produktionen mittlerweile auf millionenschweren Alben, wie NaS "Untitled" platzieren. Vermutlich sind der geöffnete Geist und der daraus resultierende Eklektizismus schlicht und einfach das Resultat einer Generation die Ende der 80er/Anfang der 90er Jahre aufgewachsen ist, und somit die volle Breitseite des trashigen Popzirkus mit all seinen Vor- und Nachwehen, NewWave-Wellen oder Eurodance-Spierenzchen, durchlebt hat. Eine parodierte Vergangenheitsbewältigung, die Pastiche des HipPop in Version 2.0. Dabei geht es vielleicht gar nicht so sehr um eine bestimmte Art von Musik, sondern mehr um die Eier, Genregrenzen zu überschreiten, die bis dato für zwei völlig unterschiedliche Paar Sneakers gehalten wurden. Darüberhinaus entfliehen die Neonerds dem Schubladendenken: das Bild des Throwback-sportenden Hustlers vom Block wird komplett ausradiert. Stattdessen zeichnen Stylebewusstsein und musikalische Vielschichtigkeit ein emanzipiertes Bild des Rappers im Jahr 2008. Hipster Rap Audios: Mickey Factz , The Cool Kids , The Knux , Kid Cudi
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