Lil Deso, der kleine Bruder von Deso Dogg, ist bei B-Lash und MC Bogy im "100% Realtalk Podcast" zu Gast und spricht dort über den Weg seines großen Bruders. Er berichtet, wie er die Entwicklung von Deso Dogg wahrgenommen hat und zeichnet den Weg des verstorbenen Rappers zum Islamischen Staat nach.
Lil Deso über die Radikalisierung & Entwicklung von Deso Dogg
Lil Deso berichtet, dass er ursprünglich wenig bis gar nichts von der Radikalisierung seines Bruders mitbekommen hat. Von dessen Plan, nach Syrien zu reisen und sich dem IS anzuschließen, habe er nichts gewusst. Deso Dogg hätte ihm lediglich gesagt, dass er nach Ägypten reisen würde, um dort mehr über den Islam zu lernen. Von Ägypten aus sei er aller Wahrscheinlichkeit nach erst nach Libyen und dann über die Türkei nach Syrien gereist.
Die Welt hatte damals berichtet, dass sich 2012 insgesamt "etwa 20 Personen aus der radikalislamischen Szene" nach Ägypten abgesetzt hatten, nachdem es in Deutschland zu Razzien gekommen war. Darunter auch Deso Dogg. Dort hätten sie sich um den verurteilten Terroristen Mohamed Mahmoud und das von ihm gegründete islamistische Netzwerk "Millatu Ibrahim" geschart. Gegen Denis Cuspert, so Deso Doggs bürgerlicher Name, war vor dessen Ausreise nach Ägypten ein Haftbefehl ausgestellt worden. Bei einer Wohnungsdurchsuchung wurde eine Sprengstoffweste gefunden, die von ihm angefertigt worden sein soll. Im September 2012, knapp drei Monate nach seiner Ausreise, veröffentlichte Deso Dogg ein Video, in dem er die Bundesrepublik Deutschland zum "Kriegsgebiet" erklärt und ankündigt, den Dschihad nach Deutschland zu bringen.
Lil Deso erklärt sich die Entwicklung seines Bruders so: Irgendwo auf seinem Weg nach Syrien habe es einen schwerwiegenden Streit zwischen zwei nicht näher benannten Lagern gegeben. Infolge einer "emotionalen Entscheidung" habe sich Deso Dogg dann einem dieser "Lager" angeschlossen. Damit dürfte der Islamische Staat, beziehungsweise dessen Anhänger, gemeint sein. Dies habe Lil Deso von einem gemeinsamen Freund erfahren, der ebenfalls vor Ort war und "diesen Weg nicht gegangen" ist. Von einer Radikalisierung seines Bruders vor dessen Ausreise nach Ägypten spricht er nicht.
Die drei Gesprächspartner sind sich trotz der Berichte über Deso Doggs Radikalisierung in Deutschland sicher, dass seine ursprünglichen Beweggründe für den Anschluss an den IS eigentlich positiv gewesen sein müssten. Er habe immer wieder deutlich gemacht, dass er den Leuten vor Ort helfen wollte und dass ihn das dort herrschende Leid antrieb.
Lil Deso will 2013 einen Wandel in seinem Bruder erkannt haben, nachdem Deso Dogg bei einem Luftangriff verletzt und teilweise gelähmt wurde. Das sei "ein ganz wichtiger Knackpunkt" gewesen. In der darauffolgenden Zeit soll Deso Dogg deutlich militanter geworden sein. Habe Lil Deso zuvor noch Bilder gesehen, wie sein Bruder der Bevölkerung versucht habe zu helfen, sei er danach nur noch bewaffnet und mit Militärkleidung zu sehen gewesen. In einem nach der Verletzung veröffentlichten Video rief Deso Dogg in Deutschland lebende Muslime dazu auf, mit ihren Familien auszureisen und zeigte sich hoffnungsvoll, ein Märtyrer zu werden.
Wie zuvor erwähnt, hatte Deso Dogg bereits im Jahr vor seiner Verletzung per Videobotschaft gedroht: "Ihr werdet nicht mehr in Sicherheit leben. Ihr setzt Millionen und Milliarden ein für den Krieg gegen den Islam. Und deshalb ist dieses Land hier, die Bundesrepublik Deutschland, ein Kriegsgebiet."
Deso Dogg soll in E-Mails angeblich Reue gezeigt haben
Der nächste Wandel, von dem Lil Deso spricht, soll dann ungefähr 2016 stattgefunden haben. Es soll angeblich eine E-Mail von seinem Bruder existieren, in der er erklärt, den eingeschlagenen Weg zu bereuen. Lil Deso habe diese E-Mail selbst noch nicht gesehen, suche derzeit aber danach. Insgesamt sollen zwei Personen aus Deso Doggs Bekanntenkreis solche Mails erhalten haben. "Diese E-Mails existieren laut deren Aussagen."
"Aus dem Jahr 2016 gibt es eine E-Mail von ihm, wo er gesagt hat: 'Bruder, ich bin jetzt hier. Diesen Weg, den ich gegangen bin, war die schlechteste Entscheidung, die ich getroffen habe in meinem Leben. Aber ich bin jetzt hier und kann an der Situation nichts ändern.'"
Er geht davon aus, dass sein Bruder womöglich selbst getötet worden wäre, wenn er versucht hätte, sich vom IS abzuwenden. Anfang 2018 soll Deso Dogg bei einem Drohnenangriff ums Leben gekommen sein. Nachdem es in den Jahren zuvor bereits mehrere Todesmeldungen über ihn gegeben hatte, die sich jedoch als falsch herausstellten, wurde diese Meldung auch Lil Deso über Bekannte bestätigt. Der Leichnam konnte jedoch nicht geborgen werden.
Zum Schluss können sich B-Lash und Lil Deso darauf einigen, dass es trotz allem egal ist, was die Intention eines jeden Einzelnen war und ob man selbst Gräueltaten begangen hat oder nur dabei war. Am Ende gebe es für die Taten des Islamischen Staates und dessen Anhängern keine Entschuldigung und das könne man auch nicht relativieren. Mit ihrem Talk würden sie lediglich den Weg Deso Doggs ergründen wollen.
Das ganze Gespräch könnt ihr euch hier anschauen:
Wer sich tiefgehender für Deso Dogg und seinen Weg zum Islamischen Staat interessiert, dem ist der Funk-Podcast "Deso - Der Rapper, der zum IS ging" zu empfehlen. An diesem Projekt hat Lil Deso ebenfalls mitgewirkt: