Chingy - Hate it or Love it
Howard Baily Junior ist keine einfache Sache. Erst neulich führte ich mit einem etwas übereifrig engagierten Kollegen eine Diskussion über das neue Album von Chingy und ohne die Intervention von zahllosen Flaschen Bier wäre diese Diskussion in eine handfeste Schlägerei ausgeartet. Macht genau das den Reiz von Chingy aus? Dieses polarisieren? Dieses entweder ganz oder gar nicht Gefühl? Zählen wir die Fakten, liebst du ihn oder hasst du ihn? Hate it or Love it.

Love it weil,

die Kontroversen um Chingy Champions League sind und irgendwie ist er ja Raps Julia Roberts. Die gab in Three Days Of Rain ihr Broadway Debüt und die Kritiker fielen über sie her als wären sie Lemminge vor einer Klippe. Chingy geht es so ähnlich. Ein stark gefeiertes Debütalbum, dann der Weggang von seinen Entdeckern und nach herber Kritik eine anstandslose Rückkehr ins alte Camp inklusive WTF Blicken seiner Fans. Widersprüchlich erscheinen Chingys Aktionen, ja gelegentlich sogar lassen sie an der Geistesklarheit dieses Rappers zweifeln.

Doch diese Widersprüche machen eine Person erst interessant. Schließlich sind es diese komprimierten Gegensätze, die eine Auseinandersetzung mit dem Character einer Person notwendig machen. Chingy jedenfalls scheint das Seminar zu "Wie werde ich medienwirksam - in 10 Schritten" aufmerksam verfolgt zu haben, kloppte er z.B. folgendes Zitat über seine MySpace Seite raus: "It’s not like I’m trying to prove anything. For me, it’s all about trying to make good music for everybody around the world. The one thing I wanted to do on my new disc Hate It or Love It was to try and dig a little deeper. I’m older now, and I want to talk about more things than money and cars." Wo nun der Widerspruch ist? Schmeissen wir doch mal einen genaueren Blick auf die Tracklist seines neuen Albums. Track drei schleppt den Namen           
Chingy         
    Check My Swag mit sich. Die erste Single heißt Fly Like Me und ist Song Numero Quattro auf Hate it or Love it. Weitere Tracks heißen All Aboard (Ride It) und Spend Some $. Klar, niemand nimmt in irgendwelchen dunklen Hinterzimmern verfasste MySpace Promo Texte noch ernst, aber das oben genannte Zitat ist eine einschneidende Änderung in Chingys gewohntem Textwriting. Glaubt er, dass niemand genau hinhören wird, nachdem er so einen Spruch raushaut? Oder ist es gar Absicht um Kontroversen zu streuen, damit die Hörer endlich wieder Diskussionsstoff haben, während sie sich die Wartezeit auf das Album mit Sackhaarzählen und Keksgebäck pimpen vertreiben? Oder nur eine geschickt konstruierte Falle um uns Journalisten nach blöden Fragen über seine Rückkehr zu Disturbing tha Peace abzuhalten? Oder ist alles nur eine 9/11´esque Verschwörung? Manche meinen auch, Chingy sei gar kein Rapper. Who knows? Fakt ist, dass jede Äußerung Chingys weiteres Öl ins eh schon hell lodernde Feuer ist. Aber genau dafür lieben wir ihn doch.

Fragen über seine Rückkehr zu Disturbing tha Peace dürften aber trotzdem gestellt worden sein. Schließlich lieben wir ihn dafür, dass er auch versöhnliche Töne anschlagen kann. Vergeben und Vergessen, so steht es in der Bibel geschrieben und bei all der christlichen Nächstenliebe verwundert es nicht, dass Chingy selbst über die Geldprobleme, die zu seinem Weggang führten, hinwegsehen kann. "This is the first time we hear about his accusations, in a tabloid or through different media outlets, so all respect is lost. He keeps saying it’s cool. It’s not cool. … It’s completely over." sagte damals ein sichtlich angepi***er Ludacris. Warum Chingy letztendlich wieder bei DTP gelandet ist, bleibt Blog-Spekulanten und I-Net Gerüchten zu begründen überlassen. Chaka Zulu und Ludacris scheinen aber noch Geld zu riechen, sonst hätte man das vermeintliche Problemkind wohl kaum wieder ins Boot rekrutiert.

Sein neues Album soll es zeigen. Es wird wohl so etwas wie eine Abiturklausur sein, nachdem man schon einmal wiederholt hat. Jetzt oder nie. Chingy muss mit seinem Album einfach verkaufen, andernfalls wird er für DTP wertlos sein. Ist Chingy out? Hat er seine besten Tage hinter sich? Den Hatern würde es gefallen. Denn sie hassen ihn. Hate it statt Love it. Und das mit Grund:         
    
    

        
    
Hate it weil,

Chingy eben Chingy ist. Chingy ist ein Ladiesguy und das nicht im Sinne von diesen thailändischen Ladyboys die dir für 5 Euro Dinge(r) zeigen, von denen du nicht mal wusstest dass es sie gibt, sondern Ladiesguy im Sinne von Rapper für die Ladies. "Many of my fans are women," sagt Chingy über Fly like me, "so I wanted to create a track that spoke directly to them.". Ungefähr so originell wie Pokemons im Jahr 2007. Hiphop Hörer die immer noch nicht wissen, dass 90 % der Songs aus Chingys Backkatalog straight für Brüste geschrieben wurde, sollte sich lieber ein neues Hobby suchen und so hassen wir, dass Chingy seine Innovation beim Eintritt ins Spiel an der Garderobe abgelegt hat. Natürlich reichen diese Ansagen noch nicht, um Chingy vollends zu haten. Here we go again: "Those who are attacking rap need to take a closer look at the commun­ities that produce this music. They are ignoring the real problems like poverty and poor school systems, then they blame the very people who are the victims. Rappers aren’t creating these problems, we’re just telling the world about the dramas we see." Gestellte Sozialkritik am System die abertausendste. Chingy ist nicht gerade für seine soziokulturelle Ader bekannt und wenn dicke Ärsche in dem Jeans die einzigen Dramen sind, die Chingy sieht - Damn, dann wäre ich gerne er. Aber dieser Frauenrap scheint bei Chingy Gewohnheit zu sein. Doch wir hassen Gewohnheit. Wenn wir schon mehrere Euronen für ein Album ausgeben, wollen wir doch Weiterentwicklung und nicht auf der Stelle treten in vierter Ausführung oder?

Fazit: Hate it or Love it. So schmierig dieser Titel auch klingt, er trifft den Maulwurf auf den Kopf. Entweder du liebst Chingy oder nicht. Durch die thematische Eingleisigkeit und der Simplissität der Tracks ist eine Symbiose aus Cool und Wack undenkbar. Dafür hören sich die Tracks zu gleich an. Magst du einen, magst du alle ist das bewährte Chingy Prinzip und genug Käufer gibt es ja. Warum etwas an der Formel ändern, schließlich macht zuviel Salz die Suppe auch nicht besser, ya dig? Es bleibt was es ist. Chingy macht immer noch heftig Party und auch wenn auf Hate it or Love it ernstere Töne angeschlagen werden, dürfte es ihm kaum gelingen, neue Konsumenten zu erschließen. Dafür ist Chingy einfach zu sehr Chingy. Und dafür lieben wir ihn. Oder hassen?
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