Bligg - OkayDokey Interview
Bligg ist in der Schweizer Szene eine Ausnahmegestalt. Nicht nur, dass er der erste Rapper war, der es innerhalb der Schweiz in die Charts geschafft hat, er geht auch heute noch unbeirrt seinen Weg. Macht was er will und lässt sich nicht reinreden. Auch nicht, als er vor circa einem halben Jahr in der Schweiz mit “OkeyDokey“ eine Dual-Disc veröffentlichte. Wohlgemerkt schon bevor die großen Labels auf die Idee kamen, dieses Medium als Marketinginstrument einzusetzen, um den weiter steigenden Preis der Tonträger zu rechtfertigen. Während allerdings Majorlabels heute Dualdisc einsetzen, um den Fans noch die letzte Kohle aus der Tasche zu ziehen, sieht es Bligg eher als Goodie für seine Fans. Darüber hinaus kollaborierte er in der Vergangenheit mit Kool Savas, was in der Schweiz ebenfalls nicht unumstritten war. Genügend Gründe also, Bligg auf der Fahrt zum diesjährigen HipHop Open einige Fragen zu stellen, die er – zahlreicher Funklöcher zum Trotz – bereitwillig beantwortete.

Bligg, warum hast du nach Odyssey ein Mixtape und kein neues Album veröffentlicht? Also warum nicht abwarten bis zum Album?

Die Idee selbst kam während der Odysseytour. Wir, also mein DJ Cutmando, Sam B und ich, meinten, dass es mal an der Zeit ist etwas anderes zu machen. Die Grundidee war ein normales Mixtape mit Amibeats, wie es eben üblich ist. Es sollte einfach ein Release werden, den wir schnell veröffentlichen können – ohne großen Aufwand. Sam B und Cutmando haben aber in dieser Zeit sehr viele Beats produziert und so hab ich auch immer wieder aufgenommen. Da hat es sich dann einfach angeboten eine ernsthaftere Sachen als ein Mixtape zu veröffentlichen. Im Endeffekt hat es sich herauskristallisiert, dass “OkeyDokey“ immer weniger zum Mixtape werden würde. Das ist so ein wenig der Fluch, der über diesem Teil liegt, das es jetzt eher ein neues Album als ein Mixtape ist. Wir haben ja keinerlei Amibeats am Start, sondern fast nur neue Tracks – trotzdem hat es noch diesen Mixtapecharakter. Nennen wir es einen Zwitter zwischen einem neuen Album und Mixtape.

und wie kam es zum Dual-Disc-Format?

Auf der Tour hatten wir ein Kamerateam dabei, das im Prinzip alles gefilmt hat. Dadurch hatten wir einen Pott voll Filmmaterial am Start. Wir haben überlegt, wie sich das am besten verpacken ließe und da war das Dual-Disc-Format die beste Wahl.

Warum hast du eigentlich über MuVe und nicht über Nation veröffentlicht?

Das ist einfach zu erklären, das hat mit der Dual-Disk zu tun. Wir haben das Teil selbst produziert und haben selbst daran gearbeitet, bis es fertig war und haben schließlich nach einem Vertrieb gesucht, der das nach unseren Vorstellungen veröffentlicht. Ich bin als Künstler ja nicht bei einem bestimmten Label gesignt, sondern eher Freelancer. So kann ich mir bei jedem Projekt die für mich beste Lösung suchen. Es ist einfach so, dass uns diese Lösung via DVD eine weitere Disc gekostet hätte, was den Verkaufspreis in die Höhe getrieben hätte. Ein anderer Grund ist auch, dass MuVe viel schneller reagiert hat als Nation. Aber es gibt keinen Stress zwischen mir und Nation – da ist alles easy. Es ist nur so, dass MuVe für dieses Projekt die bessere Wahl war. Zwischen mir und Nation ist alles noch one love – kein Stress oder so...

Lass uns mal zu deinen beiden Kollabos mit Savas sprechen. Ist der aktuelle Song (“Rede nicht“) in der selben Zeit wie “KingSize“ entstanden oder habt Ihr Euch dafür noch einmal getroffen?

Savas war für die beiden Features drei Tage lang in Zürich und da haben wir an einem Tag die beiden Songs aufgenommen. Danach haben wir die noch etwas ausgebaut, weshalb beide Tracks nicht mehr die Originalversionen sind, sondern eher Remixe. Wir haben aber beide Songs in einem Zug aufgenommen.

Wie siehst du darüber hinaus die Diskussionen darüber, dass das Feature "gekauft" wurde?

Das Problem ist doch, dass es sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz nicht auf einem hohen professionellen Level abläuft. Es ist doch in Ordnung, wenn man Geld mit seiner Musik verdienen will. Ich meine, wenn Savas drei Tage lang von Berlin nach Zürich kommt, dann ist das doch nur in Ordnung, wenn er dabei etwas Geld verdient. Ich meine klar bezahle ich ihm Geld für das Feature, weil im Endeffekt macht er doch nur seinen Job und muss am Ende vom Monat auch seine Miete bezahlen.

Die Leute, die sich darüber aufregen, sind doch die, die selbst Act sind und selbst nichts hinbekommen. Das sind auch die Kids, die in irgendwelchen Foren irgendwelchen Quatsch schreiben. Ich hab auch mal gelesen, dass ich Savas 5000 Franken bezahlt habe - alles Bullshit. Er hat mir einen sehr guten Preis gemacht, wir haben zwei Songs aufgenommen. Bei einem Konzert im Palais Xtra ist Savas extra aus Berlin mit seinem Auto angefahren und hat dafür nichts bekommen - wenn ich da solche Spekulationen höre, könnte ich mich aufregen. Ich weiß auch nicht, woher sich die Leute die Frechheit herausnehmen, irgendwelche Dinge die nicht im geringsten der Wahrheit entsprechen zu behaupten. Ich versteh auch nicht was die ganze Diskussion soll. Ich meine das kommt doch nur von Leuten, die das ganze eher hobbymäßig betreiben und niemals auf einen professionellen Level kommen werden.

Also sind das deiner Meinung nach so Typen wie aus dem "10 Stutz-Skit"?

Ganz genau my man!!! (lacht)

Wie kam es eigentlich zu dem "Bonx it pon me"-Remix? Ich meine kennst du wirklich eine Frau die so drauf ist, wie die Lady die du dort besingst?

(lacht laut) Oh Mann - ja ich kenne wirklich eine Frau, die so ähnlich abgegangen ist. Natürlich habe ich es im Song sehr überspitzt damit der Song auch einen gewissen Witz hat. Aber es ging schon in diese Richtung.

"Bonx it pon me" lief im letzten Jahr stark im Radio und obwohl ich die Ganglords gut kenne, wusste ich nicht, dass der Tune von den Ganglords ist. Ich hab mir dann den Song geholt und hab mir den Riddim selbst auseinandergeschnippelt und wieder zusammengesetzt und hab mir so meinen eigenen Remix gebastelt. Der Song lag dann fast ein Jahr bei mir auf der Festplatte und für dieses Projekt wollte ich den drauf haben. Ich hab dann auch bei den Ganglords angefragt...

Und was haben die Jungs gesagt?

Ich weiß nicht, was sie genau darüber denken, aber ich glaube, dass es nicht ganz die Umsetzung ist, die sie sich vorgestellt haben.

Was ist das eigentlich, was wir bei Radio Doppel-G zu hören bekommen? Sind das Songs die noch kommen werden oder ist übriggebliebenes Füllmaterial?

Ganz genau! Ich habe für dieses Tape an die 40 Songs vorproduziert und bei einem richtigen Album hätte ich sicherlich einige der Sachen nochmal überarbeitet und so ist "Radio Doppel-G" im Prinzip das, was übriggeblieben ist von Songs, für die ich noch keine Hookline hatte oder bei dem mir noch eine Strophe oder so gefehlt hat.

Würde es dich eigentlich reizen auch mal eine ganze DVD zu machen?

Ich finde das DVD-Format super interessant. Ich würde sehr gerne einmal eine ganze DVD machen. Ich habe auch schon einen kleinen Film gedreht, aber es ist halt auch immer eine Budgetfrage. Ich meine es geht immer um Aufwand und Ertrag und selbst in Deutschland rechnet sich nicht jede DVD. Die Schweiz ist da einfach noch etwas kleiner, weshalb sowas gut überlegt sein möchte. Lust vom kreativen her, hätte ich auf jeden Fall, aber kostenmäßig dürfte es schwer zu realisieren sein. Ich hätte auch Lust mal ein Drehbuch für einen Film zu schreiben. Ich bin auch ein großer Filmfan und hole mir regelmäßig DVDs.

Aight, dann lass mich mal ganz Yellow Press-mäßig nach deinen Lieblingsfilmen fragen.

Der ganze Mafiascheiß (lacht) Good Fellas, Scarface, Der Pate - das sind so viele. Ich fand auch City of God sehr geil - aber mein Geschmack ist breit gefächert.

Back zu "OkeyDokey" - wie kam es zu diesem Suizidtrack?

"Gang nöd" entstand in Zusammenarbeit mit dem Schweizer Fernsehen, die in anbetracht der hohen Suizidrate in der Schweiz reagieren wollten. Also trotz des hohen Wohlstandes in der Schweiz ist die Suizidrate rekordverdächtig hoch. Es ist halt auch so, dass die Medien nicht darüber berichten, wenn sich Kids das Leben nehmen, weil sich dadurch ja andere Kids animiert fühlen könnten, sich auch das Leben zu nehmen. Also eine solche Berichterstattung hätte keinen abschreckenden Effekt und da hat man eben überlegt, wie man die Kids erreichen könnte. Ich fand es auch eine gute Sache und hab bei dem Projekt nichts verdient. Okay, die haben die Produktion für den Videoclip übernommen, aber den Song selbst habe ich 4 free gemacht und wollte lediglich die Rechte an dem Song behalten. Als wir jetzt bei "OkeyDokey" waren habe ich auf die vielen Nachfragen reagiert, weil es den Song auf keinem Album gab, darum habe ich den Song auch auf das Teil gepackt.

Du bist ja stolz auf den Erfolg, den Schweizer Rap hat - wie hast du also die Diskussion um Kuchikäschtlis Goldalbum aufgenommen?

Das ist ja genau das, was mich abfuckt. Wenn man bei uns erfolgreich ist, wird man erstmal gehatet. Ich meine, wenn irgendein Künstler in Bolivien oder sonstwo auf diesem Planeten, oder in einem Land, in dem es einem nicht so gut geht, wie in Deutschland oder der Schweiz, Erfolg hat, da feiert die ganze gottverdammte Stadt mit. Ich meine Kuchikäschtli ist jetzt nicht mein persönlicher Geschmack und ich würde das nicht unbedingt im Auto hören, aber ich habe Respekt für diese Jungs, weil die was geschafft haben. Im Endeffekt bringen sie so das ganze HipHop-Biz in der Schweiz weiter. Genauso Stress, der ja ebenfalls sehr erfolgreich ist. Ich gönne ihnen das. Ich meine ich war ja auch der erste, der in der Schweiz gechartet ist und ich bin heute nicht mehr der, der am meisten verkauft und im Endeffekt liegt dieses Gewicht nicht mehr nur auf meinen Schultern, sondern es verteilt sich jetzt mehr. You can hate it or love it, aber ich fand es wichtig, das in meinen Lyrics zu sagen.

Es ist doch auch so, dass du, wenn du negatives in die Welt trägst, dass du auch negatives zurück bekommen wirst. So ist es nicht nur im Rapgame, sondern im Leben allgemein. Wer das mal begriffen hat, der ist auf einem guten Weg. Wer es nicht begreifen will, der trägt nur dazu bei, dass das ganze Gehate weiter geht. Der Ursprung der ganzen Sache ist doch, dass man Spaß dabei hat und man sollte auch Spaß dabei haben und nicht dämlich rumdissen. Es gab ja auch einige Leute, die versucht haben mich anzupissen, aber warum sollte ich mich auf deren Niveau herablassen? Klar, wenn mir jemand persönlich nahetreten würde, dann würde ich schon zurückschießen, aber ich provozier sowas nicht. Ich habe genügend Battletracks in meinem Leben gemacht. Ich meine ich habe vier Alben veröffentlicht, aber ich habe es noch nie für nötig empfunden einen Namen zu droppen und das obwohl ich 90% des Schweizer Raps wirklich Kacke finde. Trotzdem ist es mir wichtig zu sagen, dass wenn jemand Erfolg hat, dass ich ihm das auch gönnen kann, auch wenn ich ihn musikalisch nicht mag. Musikalischer Erfolg verdient auf jeden Fall auch Respekt. Weißt du, wenn nicht irgendwann einmal jemand Erfolg gehabt hätte, dann könnte man heute keine Festivals wie z.B. das Splash oder das HipHop Open genießen. Im Endeffekt profitieren doch auch die Kids davon, die einen haten. Viele Kids vergessen das gerne, aber ich glaube ich schweife jetzt zu sehr vom Thema ab kann das sein?

Ich habe jetzt noch eine Frage zu "Odyssey" oder besser gesagt zu "Single". Da wurde ja viel darüber diskutiert, dass du dort über deine Ex-Freundin Emel rappen würdest. Wie hast du diese Diskussionen aufgenommen? Nervt einen sowas?

Ja ziemlich! Im Endeffekt sind das doch nur Songs die ich schreibe. Wir sind doch die Generation von Menschen, die in ihrem Leben mehr als eine Beziehung haben. Ich kenne niemanden in meinem Alter, der nicht weniger als zwei oder drei Freundinnen gehabt hat. Das ist evtl. auch sowas wie eine Gesellschaftskrankheit und die wollte ich auch mal anspielen. Weißt du so dieses: Du hast mich betrogen und jetzt gebe ich zum Trotz Vollgas.

Der Song erschien zufällig in der Zeit, als ich mich von Emel getrennt habe. Da war es schon naheliegend, dass die Leute da einen Zusammenhang suchen wollten. Das hat mich schon sehr genervt. Also nicht nur wegen mir, sondern v.a. wegen ihr. Ich meine das ist doch auch scheiße, wenn man ständig gefragt wird: "Hey sag mal dein Ex-Freund, rappt der da über dich?" Ich habe in Interviews immer wieder versucht zu erklären und habe es auch auf meiner Website klargestellt. Normalerweise gehe ich nicht auf solche Themen ein, aber hier hielt ich es für nötig. Ich meine, wenn es so wäre, dann hätte Emel sicherlich keinen Track mit mir auf "OkeyDokey" gemacht. Wir waren drei Jahre zusammen und meine erste erfolgreiche Single, habe ich ihr zu verdanken. Ich meine wir sind immer noch Freunde und es ist alles cool mit uns. Sie arbeitet derzeit auch an einem Album auf hochdeutsch und wenn der Song wirklich über sie gegangen wäre, dann hätte sie niemals mehr im Leben mit mir gesprochen. Der Song ist schon ziemlich tough.

Apropos produzieren? "OkeyDokey" ist ja von Cutmando, Sam B und dir produziert - was geht mit Lexx?

OkeyDokey entstand im Prinzip innerhalb von nur drei Monaten und just in dieser Zeit war Lexx extrem beschäftigt. Ich meine wir sind immer noch sehr gute Freunde und hängen immer noch gemeinsam ab, aber oft deckt sich der Zeitplan von uns beiden nicht. Für mein nächstes Album werde ich mir auf jeden Fall auch einige Produzenten ins Haus holen. Ich will auch in eine etwas andere Richtung gehen. Ich würde z.B. auch gerne die Beathoavenz anfragen bzw. auch andere Producer in Deutschland anfragen. Ich finde, die Produzenten in Deutschland sind jetzt auf einem Niveau, wo ich sage: Okay da hätte ich gerne einen Beat!

Was können wir also in Zukunft erwarten? Gibt es für das neue Album schon einen Terminplan?

Es kann sein, das schon ziemlich bald was kommt, aber ich mache ungern Versprechen, die ich nicht halten kann. Ich hätte auch mal Lust über meine Homepage so eine quasi Radioshow via Stream zu machen, aber im Moment sammle ich verschiedene Ideen.

Das letzte Wort sei deines:

Seid lieb zu einander hört auf mit diesem Beefin' Shit
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