Im vergangenen Sommer sorgte ein Vorfall für Aufregung, den der österreichische Rapper T-Ser öffentlich gemacht hatte: Als er und seine Crew in einem Park saßen, seien sie ohne für sie erkennbaren Grund von der Polizei kontrolliert und später des Parks verwiesen worden. Was die Betroffenen als rassistische Kontrolle wahrnahmen, deutete der Vize-Bürgermeister Wiens offenbar deutlich anders. Er verlieh den elf Beamtinnen und Beamten nun gar einen Preis. Dominik Nepp - so der Name des Politikers - wollte sich nach eigener Aussage "solidarisch an die Seite der Exekutive stellen". Diese seien zu Unrecht in die Kritik geraten. T-Ser teilte auf seiner Facebook-Seite nun ein Bild des Artikels:
T-Ser
All i wanna say is that they don't really care about us!
Die Ereignisse im Detail
An einem Sonntagmittag hatten sich der Rapper und das Team seines Labels überlegt, ihr wöchentliches Meeting wegen des guten Wetters statt im Studio in den Park zu verlegen. Sie suchten sich einige Bänke und ließen sich nieder. Wenig später näherte sich die Polizei und wollte die Ausweise der gesamten Crew sehen. Dafür - so stellen es T-Ser und sein Team dar - habe es keinen erkennbaren Grund gegeben.
Die Wiener Polizei erklärte, dass es im Josef-Strauss-Park immer wieder zu strafbaren Handlungen komme und es deshalb regelmäßige Schwerpunktkontrollen gebe. Das Team von Akashic Recordz, das überwiegend aus People of Color besteht, warf der Polzei Rassismus vor. Auch als die Kontrolle beendet war, seien die Beamten nicht weitergegangen. Wenig später holten sie gar Verstärkung, kontrollierten die Personalien der Gruppe erneut und verwiesen sie des Parks. Die Kolleginnen und Kollegen von Cosmo fassten die Ereignisse in einem Video zusammen:
Cosmo
Racial Profiling & Rassismus - das wirft Rapper T-Ser der Wiener Polizei vor. Die Beamten haben ihn und seine Kollegen bei einem Meeting im Park kontrolliert. Die Polizei spricht von...
#nichtmituns: T-Ser und Akashic Recordz wehren sich
Im Nachhinein veröffentlichte das Akashic Recordz-Team noch ein Video, in dem es ausführlich Stellung bezog und die Geschichte aus der eigenen Sicht erneut detailliert erzählte, um auf die in den Augen des Teams rassistischen Kontrollen aufmerksam zu machen. Unter dem Hashtag #nichtmituns verbreiteten sie es:
Den gleichen Hashtag nutzte T-Ser bereits kurze Zeit nach den Vorfällen, als er den Track "F.D.F" rausbrachte, auf dem er auf Rassismus der Polzei hinwies, den er immer wieder am eigenen Leib erfährt:
Diskussionen um Racial Profiling
Als Racial Profiling werden Aktionen von Polizei- und Ordnungsbehörden bezeichnet, die auf stereotypen und äußerlichen Merkmalen basieren. In einigen Ländern wie Großbritannien oder den USA ist die Praxis verboten. In Deutschland oder Österreich gibt es kein solches Verbot. Immer wieder wird es von Betroffenen und verschiedenen politischen Akteuren als Ausdruck des institutionellen Rassismus bezeichnet. Der Standard - eine Wiener Tageszeitung - interviewte T-Ser und einen Kollegen nach den Vorfällen. Dort geht es um die Erfahrungen, die People of Color immer wieder mit der Polizei machen, die Wahrnehmung der in ihren Augen rassistischen Kontrollen und das dadurch schwindende Vertrauen in die Polizei:
Rapper T-Ser: "Vertraue Gesellschaft tausendmal mehr als der Exekutive" - derStandard.at
Am Sonntag kam es im Josef-Strauß-Park im siebenten Bezirk zu umstrittenen Amtshandlungen der Wiener Polizei: Der Rapper T-Ser und Labelkollegen von Akashic Records, darunter Sidney und Meydo, hatten sich zu einem Arbeitstreffen im Park getroffen - und wurden von Beamten kontrolliert.
Der Wiener Vize-Bürgermeister setzt mit der Auszeichnung ein Zeichen
Die Reaktion von Dominik Nepp, der den Polizistinnen und Polizisten in seiner Funktion als Vize-Bürgermeister der Stadt nun demonstrativ einen Preis verlieh, wird das Vertrauen der Betroffenen in die staatlichen Institutionen kaum stärken. Statt Minderheiten, die von subjektiven Erfahrungen mit Diskriminierung im Alltag berichten, zuzuhören, versucht Nepp die Polizei als fehlerlos darzustellen, in dem er sich symbolisch mit einer Seite solidarisiert. Dass er explizit von "ungerechtfertigter Kritik" spricht, ohne der anderen Seite Raum zu geben, erweckt einen fatalen Eindruck.
Dominik Nepp ist Mitglied der rechtspopulistischen FPÖ. Insofern hatten sich die Betroffenen von ihm vermutlich ohnehin wenig erhofft. Die Auszeichnung "Das Goldene Wienerherz" wird Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Wien verliehen, die sich besonders verdient gemacht haben. Inwiefern eine einzelne Polizeikontrolle, bei der im Übrigen keinerlei verdächtige Gegenstände sichergestellt oder Handlungen festgestellt wurden, ausreicht, um einen solchen Preis zu erhalten, wird nicht klar. Vielmehr entsteht der Verdacht, Nepp gehe es schlicht um eine Parteinahme für die Wiener Polizei und darum, eine Diskussion um institutionellen Rassismus zu verhindern.
Ob ihm das gelingt und ob es ein öffentliches Echo gibt, wird sich zeigen. Möglicherweise hat Nepp aber einfach nur ein weiteres Beispiel für institutionellen Rassismus geliefert.