Abseits von "JBG 3", Fler & Co.: 10 ganz persönliche Highlights 2017

2017 neigt sich dem Ende zu – Zeit für Jahresrückblicke und Autorencharts. Auch fernab der ganz großen Blockbuster, Promophasen und Hypes hatte 2017 jede Menge zu bieten. Vorhang auf für meine ganz persönlichen zehn Highlights des Jahres 2017, in chronologischer Reihenfolge:

Megaloh & Trettmann – Herb & Mango

Das Jahr kommt langsam, aber sicher in die Gänge. Mit "Herb & Mango" liefern Trettmann und Megaloh schon früh eine meiner Lieblings-Veröffentlichungen des gesamten Jahres ab. Dass die zwei Künstler sich perfekt ergänzen, müssen sie eigentlich nicht mehr beweisen. Immerhin gab es schon vorher mit "Wer hat die Hitze?" und "Was solls" zwei absolute Hits von den beiden. Wie gut Trettmanns Gesang mit Megalohs Rap harmoniert, wie gut sich die Stimmen ergänzen und wie groß die Kitschkrieg-Produktionen ausfallen, kann man aber gar nicht oft genug betonen. Das einzige Problem: Die fünf Tracks  auf "Herb & Mango" sind einfach viel zu wenig. Wir wollen, ach was, wir brauchen mehr!

Vince Staples – Big Fish Theory

Vince Staples sollte eigentlich kein Geheimtipp mehr sein, trotzdem kennen den Rapper noch zu wenig Menschen. Deshalb nochmal in aller Deutlichkeit:"Big Fish Theory" gehört zu den besten, spannendsten und durchkonzeptioniertesten Alben, die dieses Jahr erschienen sind. Manchmal anstrengend, aber definitiv lohnenswert: Vince Staples schreckt auch vor Experimenten und großer Kunst nicht zurück. Sowohl inhaltlich und visuell, als auch bei der Beat-Auswahl. Dazu kommen Flow, Beobachtungsgabe und Gesellschaftskritik – jeweils für sich allesamt messerscharf und präzise.

Action Bronson – Blue Chips 7000

Action Bronson droppt mit "Blue Chips 7000" ungefähr das genaue Gegenteil von Vince Staples "Big Fish Theory": Eine lose Ansammlung an Songs, die nicht richtig zusammen passen wollen. Außer der Kategorie "Mixtape" gibt es kein übergeordnetes Konzept. Aber das spielt alles keine Rolle: Allein Action Bronsons Persönlichkeit, sein Humor und die pure Lust am Leben halten dieses Bündel zusammen. Wie schon auf den anderen Blue Chips-Tapes gibt es auch diesmal wieder die verrücktesten Beats und Samples, fernab von jeglichem Zeitgeist. Dass dabei im Endeffekt eher eine 'Stoner Rock meets Sting'-Platte (mit Raps) herausgekommen ist, stört nicht im Geringsten – eher im Gegenteil. Bronsolinho ist spaced out, stopft sich mit dem besten Essen der Welt voll, sorgt sich um den perfekten Teint, trimmt nebenbei Bonsais und klingt dabei musikalisch so offen und frei wie nie zuvor. "I'm down to die – you're scared to live!"

Kalim – Thronfolger

Kalim zeichnet auf "Thronfolger" weiter sein düsteres Bild und "spielt Räuber und Gendarme mit der SoKo". Das macht keinen Spaß, sondern geht dahin, wo es wehtut: Der Aufzug riecht nach Pisse, die Junkies brauchen Stoff und als Antwort auf 31er gibt es die brandneue 38er. Keine Spur von Gauner-Romantik, hier regieren Kälte und Härte, das Geld und die Drogen.  Was wir daraus lernen? "Realität ist Ansichtssache – ich verkauf K*kain in Plastikflaschen". Die Feature-Liste liest sich wie ein Who is Who der Szene:  Neben Xatar und Gzuz geben sich auch Maxwell, Gringo44 (Chapeau für "U8-Junkie sucht U7-Dealer"!), Luciano, Trettmann, Bausa und Ace Tee die Klinke in die Hand. "Deutschrap, hier spricht deine Zukunft!"

VVV

VVV, a song by KALIM on Spotify

Trettmann – #DIY

Trettmann und Kitschkrieg schaffen es mit "#DIY" mühelos, selbst die härtesten Kerle zu Tränen zu rühren. In den wirklich emotionalen Momenten der Platte steckt dann auch ihre größte Kraft, was auf den ersten Blick vielleicht überrascht. Aber selbst der hängengebliebenste Oldschooler (und damit meine ich mich) muss sich in Ehrfurcht und Demut vor dem verneigen, was "#DIY" geworden ist. Hier passt alles: Das Gespür für Melodien, für große Gefühle und eindringliche Worte, der rote Faden – sowohl inhaltlich als auch musikalisch – die unglaublich satte, runde sowie druckvolle Produktion und Trettmann selbst. All das zusammen macht "#DIY" zu einem Meistwerwerk, an das wir noch in vielen Jahren denken werden. 

Lakmann & Orange Field – Fear of a wack Planet

Wer Lakmann nicht fühlt und supportet, hat Hiphop nie geliebt. So oder so ähnlich fühlt sich das für mich an. Mit Orange Field hat er einen Produzenten gefunden, der ihm die perfekt passenden Beats auf den Leib schneidert. "Fear of a wack Planet" wirkt außerdem überraschend locker, leicht, sogar unbeschwert. Hier herrscht keine depressive Grundstimmung mehr, stattdessen hat Lakmann teilweise überraschend gute Laune. So soll es sein! Balsam für die Seele.

Veysel – Hitman

Veysel feiert nach drei Jahren mit "Hitman" ein Comeback, das es in sich hat. Da herrscht Einigkeit: Veysel läuft hier zu absoluter Hochform auf, trifft exakt den Nerv der Zeit und lässt seinem Gespür für Melodien einfach freien Lauf. Wie genau er den Code knackt und was ihn so einzigartig macht, habe ich hier schon mal ausführlich aufgeschrieben.

Retrogott – Hardcore

Der Retrogott hat ein altes Album wiedergefunden, das jahrelang unveröffentlicht auf irgendeiner Festplatte geschlummert hat. Zur Feier des Tages wurde das Ding nochmal neu abgemischt und einfach so komplett gratis veröffentlicht. Allein, dass "Hardcore" einen dicken, fetten Wackelpudding auf dem Cover trägt, erfüllt mein Herz mit Freude. Das Ding ist zwar ganz anders als das Lakmann-Album, in einer Hinsicht gleichen sie sich aber trotzdem: Das wirkt wie Balsam für die Seele. Außerdem ist mit der Freshness des Retrogotts natürlich immer noch "leichter zu rechnen als mit geraden Zahlen". Er hat einen sehr großen Style, lasst ihn durch!

Retrogott

Ich habe ein 2013 auf dem digitalen Fourtracker fertiggestelltes Retrogott Solo-Album wieder entdeckt. Das Album heißt „Hardcore" und teils sind die Songs von 2009/10. Raw Shit. Romeo Jesus hat noch...

Evidence – Throw it all away & Jim Dean

Evidence bringt endlich ein neues Album raus. Das erscheint zwar leider erst Ende Januar 2018, aber für mich als hundertprozentigen und uneingeschränkten Evidence-Fanboy stellen die beiden bisher veröffentlichten Musikvideos trotzdem absolute Highlights dar. "Weather Or Not" kommt dann safe nächstes Jahr nochmal komplett in dieser Liste vor.

Black Thought – Hot 97-Freestyle

Seitdem Black Thought sich bei Funk Flex die Seele aus dem Leib gerappt hat, höre ich mir den Hot 97-Freestyle fast täglich an. Man kommt zwar erstmal kaum hinterher, aber es  lohnt sich, das Ding auseinanderzunehmen. Wenn irgendwer deiner Freunde den Glauben an Rap verlieren sollte, spiel ihm diesen Freestyle vor:

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