"The Marshall Mathers LP" ist Eminems bestes Album

Eminems Album "The Marshall Mathers LP" hat heute Geburtstag. Im Jahr 2000 ist die dritte Soloplatte des Rappers erschienen und quasi sofort zum Klassiker avanciert. Mittlerweile zählt "MMLP" nicht nur zu den erfolgreichsten Rapalben überhaupt, sondern wird auch als eines der besten Rap-Alben generell gefeiert. Was natürlich in erster Linie am schillernden Protagonisten des Albums liegt: Marshall Mathers persönlich.

Schon der Titel verdeutlicht die große Besonderheit der Platte: Eminem lässt Slim Shady in den Hintergrund treten, um Platz für Marshall Mathers zu machen. Wir kriegen zwar immer noch den absoluten Wahnsinn des Alter Egos zu spüren, dürfen aber auch vermehrt hinter die Fassade gucken. Was nicht unbedingt heißen muss, dass das weniger gruselig wäre – oder nicht genauso viel Spaß machen würde.

Wer dachte, nach der "Slim Shady LP" hätte Eminem all sein Pulver verschossen oder wäre irgendwie ruhiger geworden, wird schon innerhalb der ersten Sekunden des Albums eines besseren belehrt. Das Einzige, was Eminem dem "Public Service Announcement 2000" selbst hinzuzufügen hat, ist die Empfehlung, ihn doch zu verklagen, wenn es uns nicht passt, auf Albumlänge von ihm beschimpft zu werden.

"Kill You" macht sofort klar, was los ist

Dann ertönt "Kill You" aus den Boxen – was sich nach dem kurzen, verstörenden Intro als ein wütendes Monster von einem Song entpuppt, ein in die Luft gereckter Mittelfinger an alles und jeden. Ein einziger, ewiger Tabubruch, der im Gewand eines Tracks daherkommt.

Eminem mag vielleicht nicht mehr drüber rappen können, broke zu sein. Aber alles, wirklich alles andere scheint für ihn nicht das geringste Problem darzustellen. Selbst wenn es um so unfassbare Dinge wie die Vergewaltigung der eigenen Mutter geht.

"'Oh, now he's r*ping his own mother/Abusing a wh*re, snorting coke/And we gave him the Rolling Stone cover?'"

"You're goddamn right, b*tch, and now it's too late/I'm triple platinum and tragedies happened in two states"

Genie & Wahnsinn

Der erste Song auf Eminems "MMLP" steht exemplarisch für die ganze Platte. Eminem zieht sofort zu Beginn sämtliche Register, und zwar nicht nur inhaltlich. Klar, er droht der Allgemeinheit mit dem Tod und ballert sich dabei gnadenlos weg. Aber all die Drogen, Gewaltfantasien, mentalen Krisen und wüsten Beschimpfungen verblassen neben dem wahren Star des Albums: Eminems unfassbarer Reimtechnik und Delivery, seinem Flow.

"Kill You" steht vielleicht sogar dafür, wie Eminem allgemein mit Kritik umgeht. Auch auf "Revival" oder in "8 Mile" nimmt er seinem Gegenüber einfach den Wind aus den Segeln: Eminem zählt oft erstmal alle Kritikpunkte auf, die gegen ihn angeführt werden könnten – und zerlegt anschließend nicht nur die, sondern seinen Widersacher gleich mit. Und dessen Freunde und Familie. Mit Eminem ist wirklich nicht gut Kirschen essen:

"Shut up! Give me your hands and feet/I said shut up when I'm talkin' to you/You hear me? Answer me, or I'ma kill you!"

Nur unter Druck entstehen Diamanten

Die "Marshall Mathers LP" soll innerhalb von nur zwei Monaten komplett geschrieben, produziert und aufgenommen worden sein. Eminem bezeichnete die Schaffensphase später als "kreativen Exzess". Der Druck auf ihn war immens: Nach dem bahnbrechenden Erfolg mit der "Slim Shady LP" musste Eminem nachlegen. Wie wir alle wissen, ist ihm das tatsächlich gelungen.

"Stan" ist laut Eminem einer der wenigen Songs, die von Anfang an durchgeplant waren und nicht spontan im Studio entstanden sind. Ähnlich verhält es sich offenbar mit "The Way I Am", was Eminems Reaktion auf eine Label-Ansage gewesen sein soll, dass seinem Album ein Track mit Single-Potential fehle. Erst danach ist "The Real Slim Shady" entstanden, der letztlich als Hauptsingle ausgekoppelt wurde.

Mittlerweile werden über Songs wie "Stan" wissenschaftliche Abhandlungen geschrieben und der Begriff hat es sogar ins Oxford-Wörterbuch geschafft. Eminems Alben sind aus der Rapwelt einfach nicht mehr wegzudenken, aber dieses hier bildet nochmal die Ausnahme.

Eminem war bei "MMLP" auf dem Höhepunkt seines Schaffens

Eminem öffnet sich auf seinem dritten Album und gewährt uns wohldosierte Einblicke. Er verarbeitet aber nicht nur seinen neuen Superstar-Status samt aufdringlichen Fans und an ihn gestellten Erwartungen. Es geht auch um seine Ex-Frau "Kim", um seinen Einfluss auf das Musikgeschäft, seine problematische Kindheit, die Konflikte mit seiner Mutter und die mit der Öffentlichkeit im Allgemeinen.

Durch diese persönlichen Elemente wirkt der kontroverse, teils ironische und natürlich gnadenlos überzeichnete Rest nicht weniger brutal. Im Gegenteil: Der Kontrast tut dem Album gut und gibt dem Wahnsinn noch mehr Kontur. Das Persönliche verleiht der Platte so eine Vielschichtigkeit, die die "Slim Shady LP" noch nicht bietet.

Zugegeben: Auch "The Eminem Show" ist ein heißer Anwärter auf den Titel des besten Eminem-Albums. Aber da war der Sound für meinen Geschmack dann schon ein bisschen zu rund und alles ein leider weniger roh. Eminem klingt darauf auch nicht mehr ganz so hungrig, wie er es noch auf "MMLP" tut.

Es gibt hier schlicht das beste beider Welten: "The Marshall Mathers LP" bildet den perfekten Kompromiss. Eminem geht darauf reifer, persönlicher und reflektierter zu Werke, aber an der unglaublichen Wut und Intensität seiner Vortragsweise hat sich nichts geändert. An der gottgleichen Fähigkeit, Wörter zu reimen, natürlich auch nicht.

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