Warum "Red Dead Redemption 2" das beste Spiel des Jahres ist

Das Open World-Adventure "Red Dead Redemption 2" (Rockstar Games) ist mit minimalen Schwächen das Spiel des Jahres. Warum das so ist und was dich beim Zocken erwartet:

Unsere Geschichte beginnt mitten im Schnee und führt uns durch alle Jahreszeiten. Als Arthur Morgan sind wir Teil einer Gang von Outlaws. Wir rauben Banden aus, kümmern uns um unsere Freunde im Gefängnis und verschaffen uns Respekt. Genauere Details nenne ich dir lieber nicht – no Spoileralert also.

Clint Eastwood wäre stolz

Realismus ist der Begriff, der wahrscheinlich am häufigsten im Zusammenhang mit dem Action-Adventure genannt wird. Wer die Schönheit eines Spiels á la "The Witcher 3" schätzt, wird hier definitiv nicht enttäuscht. "Red Dead Redemption 2" ist wunderschön und weiß das auch. Jeder Busch und jedes Tier wirken so, als seien sie einzeln per Hand eingesetzt worden. Liebevolle Einzelheiten wie einen frierenden und hungernden Arthur, wenn man sich nicht anständig um ihn kümmert, erfreuen im Spielverlauf und machen einfach Spaß. Als krönenden Abschluss gibt das Game Platz zum Staunen und feiert sich mit einer epischen Kinoansicht. Tue ich auch. Wunderbar.

Präzisionslevel: Stück Seife

Der groß angepriesene Realismus hat jedoch auch seine kleinen und leicht nervigen Schattenseiten. Arthur ist ein bulliger Held, der dementsprechend natürlich nicht die Schnelligkeit und Präzision eines Ninjas besitzt. Er ist schnell aus der Puste und trottet langsam vor sich hin. Seine Waffen muss er sich von seinem Pferd holen und kann auch nur begrenzt viele tragen. Eigentlich feierlich, wie sehr uns Rockstar dadurch in dieses Spiel abtauchen lässt; dies ist für manchmal ungeduldige Zocker wie mich aber auch wahnsinnig nervig. In wichtigen Momenten fehlt hier einfach die volle Kontrolle über den Charakter und das kann auch mal frustrieren.

Was hat er gerade gesagt?

Rockstar schafft es auch bei "Red Dead Redemption 2", die Geschichte interessanter Charaktere zu erzählen, denen man gerne zuhört. Aus einer Bande Halunken werden im Laufe des Spiels vielschichtige Figuren, die alle ihre eigenen Motivationen haben. Realistisch wie das Spiel ist, sprechen diese natürlich auch hin und wieder sehr starken Slang. Trotz meines guten Englisch brauche ich die Untertitel, was nicht großartig stört, jedoch bei nicht kompletter Aufmerksamkeit gewisse Dialoglücken verursacht.

„Wie GTA, aber mit Pferden“ - Wirklich?

Feinheiten wie die Möglichkeit, mit Arthur Pferde zu stehlen (vom eigenen Pferd auf das zu klauende abspringen), Nebenmissionen am Wegrand und einem Fahndungslevel im Western-Stil sind amüsante Hommagen an das Großvater-Spiel des Entwicklers. "Red Dead Redemption 2" kann wegen seines Aufbaus durchaus mit GTA verglichen werden, vermittelt letztlich jedoch ein ganz anderes atmosphärisches Feeling und Spieltempo. Zynismus und Satire sind, anders als bei GTA, nur Nebensache.

Arthur Morgan ist ein richtiger Ehrenmann – wenn du das möchtest

"Red Dead Redemption 2" hat eine authentische Western-Welt entworfen, die man auch ernst nimmt. Ein zentraler Begriff im Adventure ist die Ehre. Wir werden belohnt oder bestraft, wenn wir uns Gut oder Böse verhalten haben. Wer sich besonders ehrenhaft verhält, wird besser behandelt und bekommt sogar Rabatt in Läden. Für welchen Weg du dich am Ende entscheidest, liegt in deiner Hand. Wirklich ehrenvoll wirst du aber eigentlich nie so wirklich. Verabschiede dich von dem Gedanken, niemanden verprügeln zu müssen. Deine Nebenjobs als Geldeintreiber und Kopfgeldjäger zwingen dich quasi dazu.

Vergiss die Perfektion

Für mich als PC-Zockerin werden die Kämpfe in "Red Dead Redemption 2" trotz längerer Spielzeit einfach kein Genuss. Das Spiel ist kein Shooter und möchte auch kein Shooter sein. Das ist jedoch gewöhnungsbedürftig und man sollte sich zumindest darauf einstellen. Der Controller wurde mir in gewissen Situationen zum Feind und führte mich selten zu einem perfekten Ergebnis. Das will das Spiel jedoch auch gar nicht und verzeiht einem im schlimmsten Fall einen schwammigen Kampfstil und eine schlechte Deckung.

Looten im Rentner-Style oder: Spiel mir das Lied vom Loot

Ein Punkt, der nach einem erfolgreichen Western-Fight zum Augenrollen verleitet, ist das Looten. Realistisch wie das Spiel ist, lässt uns Rockstar jeden einzelnen Feind gemächlich anheben, um ihm dann seine Wertsachen entwenden zu können. Bei einem Leichenfeld von 10-15 Personen wird das Ganze leider zu einer ewig langen Aktion, die uns die üblichen Loot-Methoden (drüberlaufen und eine Taste drücken) weinerlich vermissen lassen. 

Beschütz dein Pferd!

Ein Bereich, von dem ich niemals gedacht hätte, dass er so umfangreich sein kann, ist Arthurs Beziehung zu seinem Fortbewegungsmittel: seinem Pferd. Striegeln, Füttern, Stylen – all das ist für Liebhaber von vielen Details ein prima Zeitvertreib. 

Während Arthur nach dem Tod respawnt, ist unser Pferd nach nur einer tödlichen Begegnung mit anderen Banditen sofort unwiderrufbar weg. Der Tod meines ersten Pferdes Yung Boi hängt mir heute noch nach – es brach mir das Herz und brachte mich sogar dazu, genervt die Playstation auszuschalten. Aber auch nur für ein paar Stunden. 

Schnell durchgezockt? Vergiss es!

Für Gelegenheitszocker und Ungeübte wird sich das Adventure wahrscheinlich an gewissen Stellen als frustrierend entpuppen. Es vergeht sehr viel Zeit, in der man von Mission zu Mission zu (sch)reitet. Nicht umsonst befinden wir uns mit "RDR 2" in der größten entwickelten Open World in der Geschichte von Rockstar. Wer hier aber etwas Geduld mitbringt, wird nicht enttäuscht. Underrated Tipp an dieser Stelle: Für lange Strecken lohnt sich der Griff zum Portemonnaie für Reisen mit Zug und Kutsche.

Materialien craften, Spiele zocken, Tiere jagen – abseits der Hauptmission bietet das Spiel genug Material für eine tagelange Entdeckungsreise verteilt über die gesamte Map. Hier wird man von Rockstar bis zu einem gewissen Punkt belehrt und dann irgendwann sich seiner Selbst überlassen. Das Spiel möchte es dir auch nicht mehr erklären. Geh' selbst auf die Reise und mach' dir deine eigene Version.

Großer Umfang, lebendige Welt und beeindruckende Grafik - "Red Dead Redemption 2" bietet das perfekte Gesamtpaket für jene, die gerne in ein Spiel abtauchen möchten und bildet dabei ein völlig neues Genre. Abschließend lässt sich sagen, dass es trotz kleiner Kritikpunkte auf hohem Niveau nicht umsonst der Titel des Jahres ist und sich deswegen absolut zu Recht auf allen Bestenlisten wiederfinden wird.

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