EstA – EstAtainment [Review]
Als Dozent der Absurditäten an der offiziellen Hochschule von Absurdistan bin ich natürlich ein Verfechter wahnwitziger Experimente. Werfen wir doch einfach mal einen beliebigen Namen in die Runde und benennen die ersten Dinge, die uns dazu in den Sinn kommen. Fertig? Los geht's: Baba Saad ! Begriffe wie Saadcore finden da ganz bestimmt den Weg an die vernebelte Oberfläche. Ersguterjunge möglicherweise, Diäten oder Halunkenbande . Manche trauen diesem Bremer ausnahmslos alles zu – von Hackerangriffen bis hin zu geplanten Attentaten wurde ihm jedenfalls schon fast alles unterstellt. Was ihm aber wohl so schnell niemand zugetraut hätte, wäre das Signing eines vielversprechenden Newcomers aus dem VBT -Umfeld auf seinem hausgemachten Label Halunkenbande ... beziehungsweise das, was davon übrig geblieben ist nach den Weggängen der letzten Zeit... beziehungsweise das, was es de facto überhaupt davon gegeben hat. EstA will nicht so Recht als Halunke durchgehen, aber auch Cro ist kein Schimpanse – so what? Die Teilnahme am VBT hängt ihm in seiner jungen Karriere wohl ähnlich nach wie allen grandiosen Freestylerappern das Gerücht, dass sie nicht in der Lage wären, ein durchdacht-rundes Album auf die Beine zu stellen. Erst die VBT -Finalniederlage gegen Klaus Bukkake seinerzeit, dann ein Label, dass für viele Kontroversen bekannt ist – die Ausgangssituation für sein vorliegendes Album hätte kaum desaströser ausfallen können! Sich dessen aber durchaus bewusst, spittet der Radaubruder auf dem Opener seines Debuts EstAtainment den Hatern motiviert vor die ungewaschenen Füße: " Das mit dem Battlen ist vorbei, ich schreibe jetzt Songs " – und gibt eindeutig die Richtung vor, eben " vom VBT ins Radio ". So nimmt der Saarbrückener seinen Gegnern schon von Beginn an gekonnt den Wind aus den Segeln. Souverän bringt er seinen Flow über die Zeit, sing-sangelt sich durch die Hooks der Platte – seine Routine und das Talent am Mic kann ihm nach dem Album niemand mehr ernsthaft absprechen. EstA bedient seine Hater und Supporter mit einer Mischung aus vor-Selbstbewusstsein-strotzenden Kampfansagen (" Lass sie reden "), aber eben auch gleichermaßen phantasielosen wie angebiederten Pseudo-Charthits, die einem Cro nacheifern, aber höchstens MC Fitti alle Ehre machen (und die dann zu allem Überfluß auch noch " Sommer " heissen) – mehr als nur grenzwertig. Es scheint so, als wäre hier versucht worden, es jedem Recht zu machen. Es ist für alle Eventualitäten gesorgt und für jeden Geschmack etwas dabei. Aufgrund dieser leider zahlreich vorhandenen Ausfälle wie beispielsweise dem stark an Lila Wolken erinnernden Track Dschungel (welcher in keinem Fall als Kavaliersdelikt durchgeht), wirkt das Album insgesamt doch gezielt konstruiert und auf Charterfolg ausgerichtet. Am Ende könnte hier unterstellt werden, dass möglicherweise einfach ein richtiger Halunke die Fäden zieht, dem Zufall soll hier eben nichts überlassen werden. Natürlich gibt es diverse Highlights, wenn EstA beispielsweise Allein gegen Alle geht oder mit seinem besten Freund M.I.C. über gemeinsame Sessions sinniert – der Rapper weiß seine Ursprünge offensichtlich zu schätzen. Leider bleiben die soliden Tracks eher die Ausnahme. Freunde des Rappers unterstellen EstA in der Folge wohl optimistisch-jugendlichen Leichtsinn und einen facettenreichen Geschmack, die sachkundigen Realisten der Raphörerschaft zählen hingegen nur die Tage, bis sich EstA vom Label distanziert und sich auf seine Stärken konzentriert. So richtig will dem Kuchen aber keiner trauen. Produziert wurde das gesamte Album von 2Bough , der an Beatmachine und Reglern gesessen hat und schon in der Vergangenheit für Saad Beats beigesteuert hat. Von seiner Musik hätte ich mir allerdings ein bisschen mehr Roughness und Eier gewünscht! So plätschern die Instrumentale, bestückt mit altbewährten Harmonien und gängigen Melodien, zwar gut gemeint aber dennoch extrem austauschbar dahin. An keiner Stelle bestechen die Beats mit besonderem Skill oder Innovation – eher Durchschnitt.

Fazit:

Insgesamt ist es am Ende dann wohl doch dem VBT -Hype zu verdanken, dass EstAtainment dann doch in die Charts eingestiegen ist. Natürlich ist EstA ein solider Rapper, mit Sicherheit beherrscht er die Grundlagen, um in Zukunft Fuß zu fassen. Ein überragendes Debüt hat er allerdings leider nicht abliefern können, zu aufgesetzt wirkt es in der Summe und zu angepasst und abgeschaut am Ende um wirklich neuen Wind in die Musiklandschaft zu bringen. In 2013 gehört auf jeden Fall ein bisschen mehr Finesse dazu, um ein derartig berechenbares Produkt als "den Shit" großspurig unter das begierige Volk zu bringen.

Bewertung:

Beats: 5 von 10
Texte: 7 von 10
Features: -
Flow: 8 von 10
Insgesamt : 6,7 von 10
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