OG Keemo & Retrogott retten deutschsprachigen Rap: Meine persönlichen Highlights 2018

2018 neigt sich dem Ende zu und das ist gut so. Die besinnliche Zeit des Jahres heißt auch: Zurückblicken. Das tun wir unter anderem in Gesprächsrunden auf YouTube. Du selbst kannst hier bei den Hiphop.de Awards 2018 für deine Lieblings-Rapper, -Alben und vieles mehr voten.

Aber auch die einzelnen Persönlichkeiten kommen zu Wort. Deshalb kann ich euch hier auch als freier Redakteur meine ganz persönlichen Favoriten präsentieren. Spoiler-Alarm: Mit den meisten Sachen, die allgemein so gefeiert wurden, konnte ich nur wenig anfangen. Aber wir wollen uns auf das Positive konzentrieren.

OG Keemo rettet deutschsprachigen Rap mit "Skalp"

OG Keemo und Funkvater Frank liefern eine der wenigen Überraschungen in Rap-Deutschland 2018.

Wobei: So überraschend war die hohe Qualität von "Skalp" nun auch wieder nicht – zumindest nicht für die, die "Neptun" schon kannten.

Jedenfalls drischt OG Keemo keine Phrasen, sondern liefert echte Gänsehaut-Momente. Die erstrecken sich vom Klepto-Hustle über entwaffnende Einblicke in die eigene Psyche bis hin zu lupenreinen Bangern.

Dementsprechend gehört "Skalp" samt sämtlicher Videos und dem Twitter-Grind von OG Keemo zweifellos zum Besten, Unterhaltsamsten und Unpeinlichsten, was das deutschsprachige Jahr 2018 zu bieten hatte.

OG Keemos "Vorwort" ist das beste Deutschrap-Intro des Jahres

OG Keemo und Funkvater Frank haben mit "Skalp" nicht nur eins der besten Releases 2018 abgeliefert, sondern gleichzeitig eins der epischsten Intros der letzten Jahre: OG Keemo gleitet durch die Straßen wie ein Mantarochen.

Retrogott & Hulk Hodn finden alle(s) wack

Retrogott und Hulk Hodn schaffen es tatsächlich, dass ihr eigentlich ziemlich aus der Zeit gefallener Sound erfrischend wirkt. Das liegt natürlich an den beiden Künstlern und ihrer Arbeit, vor allem aber an der restlichen Musik, die den Kontrast dazu bildet.

Während Hulk Hodn auf der Basis von Jazz und Funk Beats baut, lässt der Retrogott seinen Gedanken freien Lauf: Auf "Kontemporärkontamination" hagelt es wieder messerscharfe Betrachtungen der Szene, ihrer Protagonisten und deren Fans. Dabei operiert Retrogott konstant auf hohem Niveau – vor allem intellektuell.

Hier bekommen wir es mit jemandem zu tun, der auch mal rappt, dass er sich jetzt nicht mehr so sicher ist und erstmal nachdenken muss.

Mit "schlechtem Reggaeton-Verschnitt" kann er jedenfalls genauso wenig anfangen wie mit Influencern, blinden Konsumenten, angeblichen Dadaisten oder depressiven Millionären.

"Rapper wissen, dass sie wack sind, es stört sie nicht. Aber mich!"

Retrogott, Hulk Hodn - Kontemporärkontamination

Der Retrogott und Hulk Hodn haben ein neues Album am Start. Battle-Attitüde trifft auf Philosophie - wie Fans es kennen und lieben.

Ecke Prenz – Nachts im Thälmann Park

Ecke Prenz haben mit "Nachts im Thälmann Park" ein Instrumental-Album gedroppt, das hier einen ganz besonderen Platz einnimmt.

Großer Pluspunkt: Es kann schon mal nicht mit stumpfsinnigen Texten nerven. Stattdessen dreht sich hier alles um Atmosphäre, Samples und schlicht guten Sound.

Dabei werden Experimente und diverse Blicke über den Tellerrand hinaus gewagt, was gleichermaßen zu empfehlen ist. 

ECKE PRENZ - Nachts Im Thälmann Park

V.Raeter und Breaque droppen als Ecke Prenz ihr erstes gemeinsames Album. Auf dem Instrumentalalbum hört man neben Hiphop diverse Einflüsse, die sich neben Rhythmen, Bässen und Drums besonders in einer bunten Sample-Mischung manifestieren.

Honorable Mentions gehen raus an Ulysse, Megaloh (SaMTV Unplugged-Cypher!), Said & Brenk Sinatra ("HAQ"), Dendemann ("Keine Parolen") und Serious Klein sowie Tuas "Vorstadt".

Das beste Video liefert Die Achse mit "Angry German"

Okay, Fler und die Damagers haben sich auch Mühe gegeben, aber das abgefahrenste Video des Jahres 2018 kommt eindeutig von Die Achse.

Das Produzenten-Team hat nicht nur eine EP namens "Angry German" rausgehauen, sondern zum Titeltrack auch noch dieses unglaubliche Video fabriziert. Unbedingt bis zum Ende gucken:

Welche Videos du 2018 noch gesehen haben musst

Machen wir es kurz: Childish Gambino aka Donald Glover hat gleich zwei denkwürdige Videos rausgehauen, die überall in den Bestenlisten zum Jahresende auftauchen dürften:

Neben dem obligatorischen "This is America" zählt auch "Feels like Summer" zum Besten, was es da international so zu sehen gab in diesem Jahr.

Das Rick and Morty-Video von Run the Jewels ist nicht etwa ein Zusammenschnitt, sondern eigens von den Machern der Zeichentrickserie für das Musikvideo produziert.

Anderson .Paaks Video zu "Bubblin" ist vielleicht nicht gerade subtil, aber trotzdem genial:

Auf Vince Staples ist einfach immer Verlass: Sowohl sein Album "FM!" als auch das Video zu "Fun!" ballern wieder bös, salopp formuliert.

Honorable Mentions in Sachen Video gehen raus an Dendemanns "Keine Parolen", "Sicko Mode" von Travis Scott und Drake, "Jerome" von Atmosphere, Royce da 5'9'' und J. Cole mit "Boblo Boat" sowie nochmal J. Cole und 6LACK mit "Pretty Little Fears".

Meine persönlichen Lieblings-US-Alben des Jahres 2018

US-Rap macht gefühlt zum Glück wieder alles wett, was in Deutschland 2018 gefehlt hat. Als beinharter Evidence-Fan muss ich sein Album "Weather Or Not" hier natürlich aufführen.

Egal, ob auf Platte, im Interview oder live: Evidence ist und bleibt eine sichere Bank. Dabei bewahrt sich der Dilated Peoples-Rapper auch noch die nahbare, sympathische Art.

So zählt nicht nur das Album, sondern eben auch das Interview-Gespräch und sein Live-Auftritt zu meinen ganz persönlichen Highlights des Jahres.

"Niemand sagt mir, was ich zu tun habe": Evidence über persönliche Krisen, Vaterschaft & "Weather Or Not" (Interview)

Evidence besitzt die Fähigkeit, mit seinen Texten Menschen zu berühren, ohne uncool zu sein. Er rappt vielleicht nicht besonders schnell oder mit besonders komplexen Reimen, aber dafür aus Überzeugung und tiefstem Herzen. Offenheit, Intelligenz und ein unheimlich exaktes Sprachgefühl sprühen aus jeder Zeile. Dabei scheut das Dilated Peoples-Mitglied auch nicht vor düsteren Themen zurück.

In eine ähnliche Kerbe schlägt das neue "Mi Vida Local"-Album von Atmosphere. Dringende Empfehlung für alle, die sogenannten Grown Men-Rap mit Inhalten, Nachdenken und Augenzwinkern mögen.

Atmosphere - Mi Vida Local

Das 2016er-Album von Slug und Ant, 'Fishing Blues', war das letzte Kapitel in der Evolution von Atmosphere vom Hedonisten-Duo hin zu gereiften Vätern und Grown-Men-Rappern. Ein schöner Gedanke, dass die beiden endlich angekommen sind und ihren Frieden geschlossen haben, nach zwei Jahrzehnten gut dokumentiertem exzessivem Künstlerwahnsinn.

Ähnlich schlaue Musik macht auch J. Cole, der mit seinem "KOD"-Release einmal mehr bewiesen hat, was er kann. Inhalt, Flow, Technik, keine Features und trotzdem Platin – hier stimmt alles.

J. Cole - K.O.D.

Überraschend hat J. Cole sein neues Album im Rahmen von zwei Gratiskonzerten in New York und London angekündigt. Trotz zwei gelisteten Features kann der Dreamville-Chief wohl wieder ohne Features Platin gehen - Kill Edward klingt verdächtig nach Cole mit herunter gepitchter Stimme.

Dasselbe gilt auch für Vince Staples. Der liefert verlässlich jedes Mal aufs Neue pure Hitze. Dabei nimmt er kein Blatt vor den Mund und geht mit Vorliebe dort hin, wo es wehtut. "FM!" ist Pflicht.

Vince Staples - FM!

Vince Staples mit "FM!"

Action Bronson bleibt sich ebenfalls treu. Er hat mit "White Bronco" ein neues Release rausgehauen, das sich nur sehr schwer in Worte fassen lässt. Darum: Anhören!

Action Bronson - White Bronco

Von David Büchler am 28.09.2018 - 16:21 Liebhaberinnen und Liebhaber großer Kunst aufgepasst: Action Bronson...

Honorable US-Alben-Mentions: Freddie Gibbs mit seiner brachialen "Freddie"-EP sowie Mick Jenkins mit "Pieces of a Man".

Okay, so schlecht war das Jahr 2018 vielleicht doch gar nicht...

Was sind deine Favoriten?

Hier findest du die von meinen beiden Kollegen Jonas und Michael:

Alben, Storys, Moves: Was ich 2018 gefeiert habe

Weihnachtszeit ist Listenzeit! Es gibt Votings ( hier für die Hiphop.de Awards 2018 abstimmen), Jahresrückblicke ( hier gucken) und eben auch die Möglichkeit seine eigene bescheidene Meinung als Redakteur zu äußern. Diese Chance lasse ich mir nicht entgehen und lade alle ein, meine Filterblase zu betreten.

Von Fler über Cardi B bis Summer Cem: 7 persönliche Rap-Highlights 2018

Die letzten Tage des Jahres sind nicht nur die Zeit unserer Hiphop.de Awards und Jahresrückblicke in versammelter Runde, sondern auch der Autorencharts. Was haben die einzelnen Redakteure 2018 besonders gefeiert?

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