Schon seit mehreren Jahren ist der türkischstämmige Rapper Ezhel in Berlin beheimatet. Durch regelmäßige Zusammenarbeiten mit deutschsprachigen Hiphop-Künstlern dürfte er hierzulande den meisten Rap-Fans ein Begriff sein – allen voran durch "Lights Out", sein 2019 erschienenes Kollaboalbum mit Ufo361. Nur ein Jahr zuvor saß Ezhel aber noch hinter Gittern. Im Zuge des Stoked-Formats "Back on Track" blickt er auf diese "einflussreiche" Zeit zurück.
Ezhel hat im Gefängnis viel über das "Leben gelernt"
Ezhel erinnert sich an die Tage vor seiner Verhaftung im Mai 2018. Alles "ging so schnell", sagt er heute über die damalige Zeit. In seiner eigenen Erzählung sei er wie aus dem Nichts von der Polizei angerufen und zur Wache zitiert worden. Wie VICE berichtet, sei er ohne Anwalt zu einem darauffolgenden Gerichtstermin erschienen – im Glauben, lediglich eine Aussage machen zu müssen.
Das führte zu einer Festnahme. Der Vorwurf: "Anstiftung zum Drogenkonsum", ein Vergehen, das in der Türkei mit bis zu zehn Jahren Haft geahndet werden kann. "Ich hab' Cannabis gesagt", nennt Ezhel als Grund für seine Verhaftung. Auf "Geceler", einem seiner bekanntesten Songs, rappt er frei übersetzt in der Tat davon, wie die Lichter in der Nacht durch das Marihuana heller leuchten. Verherrlicht hat er den Konsum dadurch nach eigener Wahrnehmung aber keineswegs.
Trotzdem zeigt er eine gewisse Dankbarkeit für die Zeit hinter Gittern. Er sagt sogar, dass er "happy" sei, diese Erfahrung gemacht zu haben. Ezhel habe dort Drogendealer, Mörder und dergleichen kennengelernt – und dabei "viel über [das] Leben gelernt". Über das, was Menschen aus ihrem Leben machen, andersherum aber auch über das, was das Leben mit den Menschen machen könne. Seine eigene Vita hat das auf jeden Fall "verändert", gibt er zu verstehen.
Im Gefängnis sei er natürlich oft gefragt worden, warum er sitzen würde. Seine Antwort habe dabei oft für Erstaunen gesorgt. Dass jemand wegen Musik belangt werden würde, hätten viele seit Jahrzehnten nicht mehr gehört. Seine Situation habe einige an den Militärputsch in der Türkei im Jahre 1980 erinnert. Der führte seinerzeit zu einem autoritären Regime, das auch die Repression und Zensur von Musik umfasste.
Hier kannst du dir das gesamte Video anschauen. Ab Minute 13:16 geht es um seine Zeit im Gefängnis:
Ezhel: Die Hintergründe zu seiner Verhaftung
Allzu lange saß Ezhel nicht hinter Gittern. Festgenommen wurde er am 23. Mai 2018. Erst befand er sich in Untersuchungshaft, noch am selben Tag wurde er ins Gefängnis von Maltepe im Großraum Istanbul verlagert. Knapp einen Monat später, am 19. Juni desselben Jahres, ordnete ein Gericht die sofortige Freilassung des Rappers an. Man habe Ezhel kein rechtswidriges Verhalten nachweisen können. Auch Amnesty International setzte sich damals für den Künstler ein.
Während dieser Zeit gewann der Hashtag "#FreeEzhel" an Popularität in den sozialen Medien. Einige spekulierten, dass seine Festnahme eigentlich andere Ziele verfolgt hätte. Denn Ezhel hat in seinen Songs durchaus auch gesellschaftskritische Themen angesprochen.
Auf die Nachfrage von Zeit Online, ob seine Verhaftung politische Gründe gehabt hätte, antworte der Rapper gut ein Jahr später: "Das weiß ich nicht". Er glaubte jedoch, die türkische Regierung sei "durchgedreht", als sie verstanden hätte, dass viele Leute dank Rap "einfach sagen können, was sie wollen".
In dem neuen Interview mit Stoked erklärt Ezhel, dass er auch Jahre nach seiner Freilassung noch immer nicht in die Türkei zurück könne. Sollte das jemals wieder möglich sein, würde er in dort gerne ein großes Stadionkonzert spielen. Bis dahin bleibt er aber offenbar in Deutschland. In Berlin habe er schließlich eine "zweite Heimat" gefunden.