Tua bricht die Stille (Interview)
Hallo Tua, mit  Stille ist ein Album erschienen, dass Tracks deiner älteren Werke Fast und Inzwischen, sowie neue Songs beinhaltet. Welche Idee steckt dahinter?
Die Idee dahinter ist, dass mir seit dem Release von Inzwischen 2008 über Deluxe Records ständig Leute geschrieben haben, dass sie die CD gerne noch kaufen würden. Die war aber schon ewig ausverkauft. Dann gabs ja noch diese komische Fast EP und als ich das mal wieder angehört habe, ist mir aufgefallen, dass die ganze Mucke super zusammenpasst und wie ein Album ist, das zwischen Nacht von 2005 und Grau von 2009 entstanden ist. Kann man Stille als eine Art zwischenzeitliches Best Of sehen?
Also ich sehe es eher als eine Möglichkeit, nachträglich noch in einem schöneren Rahmen aufzuzeigen, was ich in der Zeit an Musik gemacht habe. Wie kam es zu der Idee Stille zu releasen und die übrigen neuen Songs nicht für andere Projekte z.B. ein neues Album aufzubewahren?
Diese Songs sind eben in der Zeit entstanden und damals nur nicht auf Inzwischen gelandet, weil es als EP konzipiert war und da mit 8 Songs eh schon recht viel drauf war. Außerdem habe ich mir damals noch ein bisschen weniger zugetraut, die Songs waren mir zu weit draußen. Mittlerweile denke ich da anders und im Nachhinein komplettieren sie sehr gut das Soundbild aus der Zeit. Zu neueren Releases hätten sie aber nicht gepasst. Deine Alben oder EP Titel bestehen in der Regel aus einem knappen Wort. Was bedeutet der Titel Stille für dich, schließlich war es in letzter Zeit alles andere als still um dich?
Normalerweise entstehen diese Titel immer im Laufe der Albumproduktion und sind nicht Songtitel oder so was, sondern mehr ein Überbegriff für den Sound auf dem Album. Bei Grau kam das irgendwann und hat mir dann auch sehr geholfen, das Album fertig zu machen. Bei Stille ist es ja auch gleichzeitig ein Songtitel und ich denke, wenn man den Song hört, versteht man gut, was ich unter Stille verstehe. Manchmal ist Stille so verfickt laut, dass man taub wird.   Laut Presseinformationen hast du das Coverdesign in letzter Sekunde noch ändern lassen. Klingt nach einem Perfektionisten.
Ich bin was Mukke betrifft auf jeden Fall ein Perfektionist, aber da war es einfach so, dass ich das Coverbild sehr passend zum Titel fand und der wiederum ist ja recht spät klar geworden. 2009 war bestimmt ein sehr stressiges Jahr für dich. Neben deinem Album Grau und dem zweiten Orsons Album sowie jeder Menge Features, warst du auch viel live unterwegs. Dennoch gab es auch negative Aspekte wie die Schließung von Deluxe Records deiner ehemaligen Labelheimat. Wie fällt dein Resümee zum Jahr 2009 aus?
Also was DLX betrifft, stellt man sich das sicher schlimmer vor als es für mich ist. Ich war da ja eh nicht dauernd zugange, hab tausend Projekte gemacht und war auch immer irgendwie ein Teil von Chimperator . Da ist jetzt nichts Großartiges weggebrochen oder so, das war eh klar. Ich hatte ja auch im Vorfeld schon gesagt, dass ich nicht weiß, ob ich noch mal über DLX releasen würde, einfach weils weder für die noch für mich wirtschaftlich besonders viel Sinn gemacht hätte. Ansonsten war 2009 ein ziemlich schnelles Jahr. Am Anfang mein Album, dann die :D Tour mit Kaas, Kody und Vasee, dann das Kaas Album, wo ich ja fast alles produziert hatte, inklusive Winnendenskandal und dem ganzen Scheiß. Im Mai war ich dann mit K.I.Z. auf Tour, dann die Festivals, wir haben das Orsons Album produziert, ich war mit Samy auf Tour, dann mit den Orsons und schli eßlich haben wir noch an dem Chimperator Sampler rumgeschraubt. Nebenbei hab ich Zivi gemacht. Das war schon einiges, ich hab auf jeden Fall wenig gepennt. Aber es hat sich voll gelohnt, viele neue Türen sind aufgegangen, wir hatten über viel Spaß und es fühlt sich auch einfach gut an, auf so ein Jahr zurückzublicken und zu sagen: "Ja man, du bist ne Maschine alter." Kannst du dich an einen Moment erinnern, der dir besonders im Gedächtnis geblieben ist, sei es jetzt positiv oder negativ?
Es gab persönlich ein paar behinderte Momente, die auch aus dem ganzen Zeitmangel und dem Sprinttempo entstanden sind. Ich musste irgendwo Abstriche machen und konnte nicht so für jeden da sein, wie ich es gerne gewesen wäre. Das wird sich auch erstmal nicht mehr ändern, aber so ist das eben. Darüber freut sich natürlich nicht zwangsläufig jeder in deinem Umfeld. Wenn man Prioritäten setzt gibt's halt auch immer Verlierer. Die positivsten Sachen hab ich auch nicht bei der Musik erlebt, obwohl da natürlich massenweise Klassiker-Momente dabei waren, sondern beim Zivildienst. Ich war da in einer Einrichtung für Jungs, die grade aus dem Knast gekommen sind und denen man dort hilft, wieder auf die Beine zu kommen. Da sind wirklich die besten Sachen passiert, Alter. Musik hin, Musik her, da konnte ich echt mal was bewegen. Außerdem waren die Sozis dort halt mal die Allerbesten. Überleg mal, wie oft ich weg war. Das geht auch nicht einfach so. Wie hast du die weitgehend überragende Kritik für dein Album Grau wahrgenommen? Lassen dich dann negative Kommentare wie die von Bushido kalt?
Also über seine Kommentare freu ich mich. Da gewinne ich nur dran. Was den ein oder anderen so betrifft, abgesehen davon, dass es da wirklich wenig gibt, bin ich eh nicht so der Diss-Track-Rap-Beef-Idiot. Wenn das persönlich wird, bin ich da gern so wie ich aufgewachsen bin. Man sieht sich ja bestimmt irgendwann und dann ist sowieso immer Ruhe, weil sie merken: " Oh der ist ja gar nicht so wie ich immer bei den Orsons dachte. Ups, der poliert mir ja die Fresse." Du hast sehr erfolgreich bei den Vodafone HipHop.de Awards abgeschnitten. In der Juice wurdest zu den 20 besten deutschen Mcess gewählt. Welche Rolle spielen Awards für dich und wie hast du reagiert, als du von den Preisen erfahren hast? 
Ich freu mich und das gibt mir die Bestätigung, dass ich einiges richtig mache. Weißt du, zu mir sind so oft Leute gekommen, die gesagt haben: "Du könntest es dir locker einfach machen, mach das mal bisschen simpler, mach dies nicht, das nicht." Ich hör aber nicht drauf, sondern mach es nur noch detaillierter und komplizierter. Ich glaube, die Leute verstehen langsam, dass es eine Art Tua-Musik , einen komplett eigenen Stil gibt, der schwer ist, in ein paar Worte zu fassen, den man aber sofort erkennt. Ich denke das macht mich als Künstler aus. Dass es da sicher einfachere Wege über Images, Aussehen oder irgendwelche Promoaktionen gibt, weiß ich auch, aber mir geht es einfach um die Musik. Für alles andere, wo ich mich locker mache, hab ich die Orsons . In der Juice wurde ein interessante Aussage bezügliches deines Albums Grau getätigt: "In einer imaginären, perfekten Welt jedoch wäre sein wunderschönes Album "Grau" mindestens Gold gegangen. Wort drauf." Spielt der finanzielle Aspekt für dich eine wichtige Rolle und ist es nicht bedauerlich, dass Aspekte im Hiphop wie Kreativität und Talent nur noch eine untergeordnete Rolle spielen?
Klar spielt der finanzielle Aspekt eine Rolle. Ich mach das hauptberuflich. Wie lange macht ein Bäcker Brötchen, wenn er nicht dafür bezahlt wird, bei aller Liebe, aber das geht halt nicht. Wir werden alle nicht jünger und müssen Miete, Krankenversicherung oder eine Familie bezahlen. Wäre natürlich toll, wenn das einfacher wäre, aber jetzt geht es grade und deswegen bin ich ganz zufrieden. Dann kann ich auch weiterhin grenzenlos idealistische Projekte machen. 2010 steht neben einer weiteren Tour auch der 11 Jahre Chimperator Sampler an. Denke ich an andere Sampler wie die Deluxe Sachen vor deiner Zeit oder die Aggro, Optik oder ErsGuterJunge Sampler, verbinde ich damit Übernahmeparolen und aggressiven Sound. Was können die Fans von eurem Sampler erwarten, da ihr nicht in dieses Schema passt? 
Es gibt typische Labelsamplerdinger, die ich hasse, aber auch jede Menge unkonventionelle Tracks und ein paar Orsons -Klassiker, die die Orsons  Fans glaube ich lieben werden. In den Interviews zu den Orsons Alben wurde schon desöfteren verdeutlicht, dass ihr sehr unterschiedliche Künstler mit unterschiedlichen musikalischen Auffassungen und Vorlieben seid. Auf dem Sampler sind nun sechs verschiedene Künstler unter einen Hut zu kriegen. Wieviel Tua kann der Fan dann überhaupt noch auf einem Sampler hören oder ist die Kompromissbereitschaft gar nicht derart stressig wie es sich viele vorstellen?
Doch ist sie. Ich werde ja auch bei den Orsons laufend verrückt. Aber es ist sicher auch nicht so einfach, mit mir derartig Musik zu machen, dass ich irgendwelche Zügel aus der Hand geben muss. Kommen wir noch einmal zurück zum Thema Labelsituation. Wie zufrieden bist du, nach dem Aus von Deluxe, bei deiner neuen Heimat Chimperator? Ist es manchmal nicht stressig mit derart vielen Künstler auf einem Label zusammen zu arbeiten? Bei Deluxe war die Situation zeitweise nicht gerade davon begünstigt, dass Samy viele so Acts gesingt hat...
Chimperator
ist mein bestes Label bis jetzt. Ich bin froh, dass das so zusammengewachsen ist. Niko und Basti sind einfach die Besten, Steffen Posner , der unser Booking macht, ist eine Maschine, ich bin umgeben von Leuten, deren Musik mich inspiriert und wir sind definitiv auf dem Weg in ganz andere Gefilde. Sind trotz der Labeltrennung in Zukunft Tracks mit Ali und/oder Samy geplant?
Im Moment ist nichts geplant, aber ich denke, dass sich da sicher noch einiges ergeben wird. Ich habe im letzten Jahr mit Kaas über einen weiteren Bassquiat Sampler gesprochen. Er meinte, dass man nichts ausschließen soll, die musikalischen Auffassung aber sehr unterschiedlich sind und lediglich ihr beide euch vorsichtig annähern könnt. Wie stehst du dieser Idee gegenüber? 
Von mir aus können wir so etwas gerne mal wieder machen, aber derzeit fehlt einfach komplett die Zeit. Ich hab so viele Projekte um die Ohren, Elektroalbum, Vasee und Tua Album, neues Orsons Album, neuen Solokram. Da kann ich mir jetzt nicht noch mehr aufladen.
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