Tone - Im Laufe der Zeit
Hätte mir '94 jemand gesagt, dass Tone 2005 sein Solodebut veröffentlichte - ich hätte die Person wohl müde belächelt. Hätte mir die gleiche Person versichert, ich führte das Interview mit ihm - ich hätte ihn lauthals ausgelacht. Nun kam es soweit. Elf Jahre nach dem ersten Konkret Finn-Release kommt "Tony Tight" mit seinem Album "umme Ecke". Anlässlich dessen traf sich der Frankfurter Hüne mit mir in einem Stuttgarter Ristorante und beantwortete mir geduldig meine Fragen bei Pasta und Salat.  
  
Wirklich vermehrt öffentlich trittst Du derzeit das erste Mal auf. Zwar habe ich schon vorher vereinzelte Interviews (zum Beispiel im Prinz) gelesen, aber das waren eher "sporadische" Auftritte. Wenn ich mir die Interviews so durchgelesen habe, die mit Dir in letzter Zeit geführt wurden, liess sich immer ein ähnliches Schema erkennen - ermüdet das nicht? Vor allem, wenn man es nicht gewohnt ist, muss es doch noch um einiges anstrengender sein, die ewig gleichen, respektive ähnlichen Antworten aus dem Kehlkopf zu pressen.
Also, ich empfinde das nicht als ermüdend, sondern sehe es als Möglichkeit darüber zu reden, was mir persönlich wichtig ist. Und mein Album ist mir natürlich sehr wichtig. Das einzig ermüdende war das Autofahren auf dieser Promo-Tour, ansonsten ist das alles cool. Vor "Zukunftsmusik" gab's in Deutschland wohl kaum ein Album, welches so lange, so immens erwartet wurde. Die Erwartungen sind hoch, die Euphorie ist ungebändigt. Spätestens seit "Auf uns ist Verlaß" kennt Dich ein grösseres Publikum und wartet auf Solo-Material. Von Dir weiss man ja, dass Du sehr perfektionistisch an die Arbeit gehst - wurde diese Selbstkritik durch diese Erwartungen von Aussen zeitweise auch mit Druck vermischt? Nee, das gibt's bei mir grundsätzlich nicht, da ich - wie Du schon sagtest - schon sehr selbstkritisch bin. Und den angesprochenen Druck, den kann niemand toppen, weil ich ihn mir am stärksten mache. Diese Erwartungen waren für mich eigentlich immer ein positiver Faktor, der mich gepusht und gepowert hat. Dass die Leute sich nach so vielen Jahren noch immer freuen, dass da endlich was kommt, von dem Vogel der da so lange an seinem Zeug rumgearbeitet hat, immer nur hier und da mal auftauchte - das hat mich sehr motiviert. Und auch in meinem Gästebuch auf reimroboter.de , diese ganzen positiven Einträge, das ist für mich einfach nur eine Bestätigung. Auf dem Fourtress Tour-Tape konnte man in einige Lieder des Quartetts reinhören. Nun waren zwei Tracks auf Bintias Album und zwei weitere auf Deinem Album - was ist mit den restlichen Liedern? Auf dem Tour-Tape sind vereinzelte konkrete Fourtress-Songs dabei. Das war auch das Konzept der Tour, dass man auch gemeinsame Lieder macht und die dann auch performt und man gleichzeitig Solomaterial hat, welches jeder einzeln spielt und sich so als individuellen Künstler präsentiert. Dieses Snippet sollte den Leuten dann einfach einen Eindruck geben, was sie auf der Tour erwarten würde - so waren also auch zwei Songs meines Albums drauf. Das sind "Zu arm" und "Schick' mir 'nen Engel", mit Xavier. Um nochmal nach zu haken: für den offiziellen Release sind die Lieder nicht bestimmt? Eines Tages wird es ein Fourtress-Album geben und auf dem werdet ihr das ein oder andere Lied, was auch auf dem Snippet zu hören war finden. Gab es für die "elitäre" Auswahl der Features eigentlich einen Grund? Ich meine, einerseits eben die Frankfurt-Ecke, auch mit Protagonisten die dem Publikum weniger bekannt sein dürften, andererseits Bintia und Xavier von Fourtress, die Sängerinnen Pari Samar und Sophia - viele Leute hätten sich da ganz andere Namen vorgestellt, schon alleine weil sie naheliegend gewesen wären. Wo lagen für Dich die Kriterien bei der Selektion? Also ich muss sagen, dass ich da garnicht so konzeptionell rangegangen bin, für mich war einfach wichtig, auf gewissen Liedern die Menschen zu haben, die ich in meinen Visionen plötzlich sah. Wenn ich zum Beispiel "Versteckter Feind" vor mir liegen habe und spüre, dass ich dafür gerne Gesang hätte, dann schwebt mir da ab einem gewissen Punkt auch eine bestimmte Person vor. Und ich bin sehr froh und dankbar, dass es bei jedem Feature so geklappt hat, wie ich es mir vorgestellt habe und zwar so, dass derjenige Künstler meine Version des Liedes vollendet hat.  ------------------------------------------------------------------------ --------
"Das gemeinste Problem ist vor diesem Spiegel alleine zu steh'n. Und jemand den man nicht mehr lieben kann, dort weinen zu sehen. Komme nicht drum herum, endlich ein zu gesteh'n, dass ich nicht in der Lage bin den Kampf allein zu besteh'n..."
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  Musste der Mensch "Tony Wolz" reifen, um ein Lied wie "Griff nach den Sternen" zu schreiben? Ich meine, zwar gab's auf "Reim, Rausch und Randale" auch schon Lieder wie "Bin nemmer der Tschab, der ich mal war", diese gingen aber in eine andere Richtung. Also, früher hätte ich ein solches Lied auf keinen Fall schreiben können. Die ganze Zeit und die ganze Entstehungsphase, waren auf jeden Fall auch sowas wie ein menschlicher Reifeprozess. Das war mehr als eine künstlerische Weiterentwicklung. Weil, ich glaube, dass jeder MC der sich weiterentwickeln möchte, das nicht nur auf skill-technischer Ebene kann, sondern er muss auch als Mensch irgendwie gewisse Dinge dazu lernen und den Mut haben, darüber zu sprechen. Und für mich war bei diesem Album von Anfang an wichtig, dass ich nicht nur sechzehnmal "Ich diss' Dich" in der zweitausendfünfer Version drauf habe, sondern mich als Menschen auf diesem Album zu reflektieren. In einem anderen Interview habe ich gehört, dass Dir das Training wichtig sei. Ist das ebenfalls sowas wie Frustbewältigung und im Gesamtkontext zu Deiner menschlichen Entwicklung zu sehen? Ist das vergleichbar mit dem Rappen? Hat das für Dich mit Stressabbau und Selbstdisziplin zu tun, oder ist es einfach ein "Hobby"? Mmmmh, das ist schon mehr als nur ein Hobby. Wenn ich - wie jetzt - mal drei Wochen lang nicht trainieren konnte, dann baut sich in mir so ein gewisser Druck auf. Ich brauch' das einfach um mich komplett wohl zu fühlen. Und ich würde auch auf jeden Fall sagen, dass das wie mit dem Rap ist - wenn ich lange nichts schreiben und einrappen kann, dann steht da auch so das Gefühl "Ey, mir fehlt was, da muss was raus" und so. Das ist also schon ein bisschen mehr als ein Hobby. "Mr. L - Lebenswerk", "Azad - Leben", "Ebony Prince - Mein Weg", "D-Flame - Daniel X - Eine schwarze Deutsche Geschichte" - derlei Alben(konzepte) sind in Frankfurt ja durchaus "üblich". Wie siehst Du Dich in diesem Gefüge und in welchen Punkten unterscheidet sicht ein "Zukunftsmusik" von derlei autobiographischen Werken - aus der gleichen Stadt, aus ähnlichen Kreisen? Ja, ich denke, aus einer Stadt zu kommen, dieselbe Sprache zu sprechen und dieselbe Musikart zu bevorzugen reicht noch nicht aus, um zu sagen, dass man etwas in eine Schublade stecken könnte. Deshalb würde ich mein Album mit den aufgezählten auch nicht unbedingt vergleichen. Für mich war die Herangehensweise auch nicht von vorneherein die, dass ich etwas biographisches schaffen wollte. Es war mir einfach wichtig, gewisse Lieder die sich über die Zeit angestaut haben, auf diesem Album zu haben. Das waren eben Teile meines Lebens. Auf meinem nächsten Album wird es dann aber auf jeden Fall Dinge geben, die mir jetzt passiert sind, bei denen ich aber erst in zwei Jahren in der Lage bin, sie so auf's Papier zu bringen, wie ich es für richtig halte. Ich würd' das Album also nicht als Historie, die ich so runtererzähle bezeichnen. Ich wollte einfach Lieder haben, die mich repräsentieren und so ist es eben zu dem gewachsen, was es nun letzt endlich wurde. Weshalb das Album "Zukunftsmusik" heisst, hast Du ja unzählige Male in anderen Interviews erklärt. Was mich vielmehr interessiert, ist die Frage danach, weshalb ein Album, welches für mich sehr organisch, sehr menschlich ist, von einem Cyborg oder wie man neuerdings sagt, einem "Robo-Sapiens" (dieser Ausdruck sorgt für allgemeine Erheiterung in der Runde; Anmerkung des Verfassers) geziert wird. Ja, aber wie gesagt, ist es auch eine Mischung aus Maschine und Mensch. Und die Maschine hat von dem Gesamtkörper ja nur einen minimalen Anteil. Und dieser Teil spielt einfach auf den Reimroboter, die Reimmaschine die ich gelegentlich bin, in mir an. Auf "Reimroboter" sprech' ich eben auch von mir in Bestform - was leider Gottes nicht jeden Tag der Fall ist. Die menschliche Seite überwiegt - wie Du sagtest - schon und wenn man sich das Bild ansieht... ...naja, aber wenn man das so terminatormäßig verstünde, dass unter dieser Haut generell eine Maschine wäre... Das KÖNNTE natürlich sein. Da ist dann einfach beides drin. (Tone grinst verschmitzt; Anmerkung des Verfassers) --------------------------------------------------------------------------------
"Natürlich hast Du Style, aber geil war er nie. Mein Style ist so geil wie die Chaien auf der Zeilgalerie..."
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  Du hast bereits angesprochen, dass danach noch ein Album kommen wird. Also wirst Du nicht wieder für zehn Jahre verschwinden... ...also, ich glaube, wenn ich die Geschwindigkeit bei behielte, hätte ich ein ziemliches Problem. Weil, mir bei meinem dritten Album dann die Zähne auf der Bühne ausfallen würden. Ich hab' da auf jeden Fall geplant, ein bisschen anders ran zu gehen. Der Knoten ist geplatzt - also, ich denke, das wird schon ein Bissi schneller laufen. Keine Angst. "Rock Diz" (D-Flame, Düsman, Sugarcane, Tone; Anmerkung des Verfassers) war eine Zeit lang ja auch ein Thema. Ist es noch ein Thema? Nicht wirklich. Es war eben ein Zusammenschluss von mehreren Künstlern und der Gedanke ging eben so in Richtung Label und ma' gucken und so. Aber auf was wir uns jetzt konzentrieren, das ist "Ulteamate" (A-Bomb, Combad - beide früher "Asiatic Warriors - und Feedback - früher "Konkret Finn"; Anmerkung des Verfassers) mein Produzententeam, das auch mein gesamtes Album produziert hat. Nun kommt die eigentlich obligatorische Frage, die man einfach stellen MUSS, wenn man Tone interviewt: wie sieht's mit Konkret Finn aus? Irgendwann nochmal ein Thema? Ääääähm, also...als der Ingo und ich uns damals getrennt haben, war immer so des Ding, dass wir gesagt haben "Sag' niemals 'nie'...", aber da jetzt was in nächster Zukunft zu erwarten - diese Hoffnung möchte ich wirklich nicht in den Raum stellen. Aber - wie gesagt - man weiss NIE was passiert (Tone grinst wieder wie ein Schuljunge, der sich freut dem Lehrer einen Streich gespielt zu haben; Anmerkung des Verfassers). Ok, da man ja nie weiss was passiert, könntest Du uns doch sagen was passiert - zumindest mit Dir in der nahen Zukunft. Mit mir passiert als allererstes mal, dass das Album am 8.8. veröffentlicht wird. Um ehrlich zu sein, viel weiter darüber hinaus denk' ich jetzt noch nicht. Was noch ansteht und worauf ich mich sehr freue, das ist das "Fourtress"-Album und 'ne Fourtress-Tour. Natürlich auch ein weiteres Album, worauf ich mich auch freue, daran dann mit Vollgas zu arbeiten. Aber zeitliche Dinger kann ich dazu noch nich sagen, jetzt geht's erstmal komplett um "Zukunftsmusik" - straight in your fuckin' face. "Straight in your fuckin' face" hättest Du jetzt die Möglichkeit eines Schlusswortes. Für Deine Letzten Worte - wobei, für die "letzten Worte" hoffentlich nicht, aber die abschliessenden zumindest. Die hoffentlich nicht letzten Worte sind: ich freu' mich, dass es jetzt endlich soweit ist und ich den Leuten, die lange darauf gewartet haben, mich nicht vergessen haben und sich gefragt haben "Wann kommt der Vogel endlich mit seinem Album um die Ecke", dass ich denen jetzt sagen kann "Zukunftsmusik, 2005 - so un' net anners!"  
 
  Vielen Dank für das Interview!
 
 
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