Stuttgarts Rap-Ikonen vereinen sich gegen "Querdenker 711"

Covid-19 bringt Deutschland weiter außer Atem. Erst gestern zeigte sich in Leipzip mal wieder, dass sich auf den Corona-Demos nicht nur Menschen herumtreiben, die Kritik an den Maßnahmen der Bundesregierung üben wollen. Rechtsextreme mit Hitlerbärtchen auf ihrer Maske, "Reichsbürger*innen" und Verschwörungstheoretiker*innen ziehen die nachvollziehbaren Sorgen vieler Menschen in den Dreck und versuchen, die aufgeheizte Situation für sich zu vereinnahmen. In Stuttgart wehrt sich dagegen ein Zusammenschluss etlicher Persönlichkeiten, zu denen auch viele Rapper zählen.

Kolchose wehrt sich gegen "Querdenker 711"

Ins Leben gerufen wird die Initiative von der Kolchose, einem lockeren Zusammenschluss von Künstler*innen, der in den 90ern gleichbedeutend mit der Stuttgarter Rapszene war. Die Vorwahl 0711 war und ist bis heute so eng mit dem Kollektiv und seinen Überzeugungen verknüpft, dass sie sich gegen die Vereinnahmung wehren wollen, die den Eindruck der stillen Zustimmung einer ganzen Stadt vermittelt.

Auf der Website kolchose.tv ist ein offener Brief zu lesen:

"In den 1990er Jahren, der goldenen Ära der deutschen Hip-Hop-Kultur, wurde aus 0711, der Vorwahl Stuttgarts, ein Symbol für eine weltoffene, verbindende und tolerante Stadt. Seit Dekaden steht 0711 für ein Stuttgart der Solidarität und der Gemeinschaft, für ein Konzept von Stadt, [in dem] Menschen unterschiedlicher Nationalitäten und Hintergründe friedlich miteinander leben. Die Inhalte und Bestrebungen der Initiative 'Querdenken 711' stellen diese Idee von Gemeinschaft in Frage. Die Initiative benutzt und gebraucht ein Symbol, das für das Überwinden von Grenzen und Unterschieden steht, für ihre spalterischen Zwecke. In Zeiten, in denen unsere Demokratie zerbrechlich wirkt, gefährden die sogenannten 'Querdenker 711' den sozialen Frieden."

Zu den Unterzeichner*innen gehören Max Herre, Kaas, Maeckes, Jopez (Jugglerz), Chimperator-Chef Sebastian Andrej Schweizer, Mitglieder von Fanta 4 und den Massiven Tönen sowie andere Kulturschaffende, Unternehmer*innen, Journalist*innen, Menschen aus der Gastronomie und, und, und. Es sind also viele dabei, die selbst unter den Maßnahmen teils existenziell leiden:

"Die Corona-Maßnahmen kritisch zu hinterfragen, ist wichtig. Auf Demos Seite an Seite mit Reichskriegsflaggenträgern zu marschieren, ist dagegen untragbar."

Das Zitat zeigt auch, dass man bei diesem Reizthema – und ganz generell bei vielen gesellschaftlichen Phänomenen – Graustufen erkennen muss. Das Bild ist nicht nur schwarz oder nur weiß. Kritisch zu sein und sich gleichzeitig von denjenigen abzugrenzen, deren Ideologien nicht ansatzweise mit der eigenen Einstellung vereinbar sind, ist ein möglicher Weg. Auch wenn es nicht der gemütlichste sein mag.

Das komplette Statement und die Liste aller Unterzeichner*innen findet man auf kolchose.tv.

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