Snaga und Pillath - Eine Frage der Ehre
Snaga und Pillath sind zurück. Anderthalb Jahre nach ihrem Signing bei 3P starten die beiden Ruhrpott Rapper einen neuen Anlauf bei Deluxe Records. Ihr zweites Mixtape Eine Frage der Ehre featured nicht nur acht Tracks aus der Zeit bei 3P, sondern auch Deluxe Records Ruhrpott-Kollege Manuellsen. Das neue Label, neue Themen und die Liebe zum Spiel sollen nicht nur die Zukunft der beiden, sondern möglichst die einer ganzen Region sichern.

Der frühe Donnerstag Abend in Gelsenkirchen. Während tausende Rap Fans in Deutschland in Zügen und überladenen Kleinwagen auf dem Weg nach Chemnitz sind, versorgen sich Snaga und Pillath am Kiosk mit Kaugummis für die Fahrt zum Splash. Die freundliche Buden-Frau möchte von Pillath wissen, ob das sein Gesicht ist, das er auf dem [Big Pun-]Shirt sportet. "Das is’ mein Großonkel aus Amerika. Jetzt ohne scheiß. Deshalb sehen wir uns auch ein bisschen ähnlich." - "Ja das Kinn und die Wangen und so..." Pillath peilt den Miet-BMW an, lacht und kommentiert nebenbei den Körperbau vorbeilaufender Frauen.


Knappe drei Wochen vorher bestätigten Deluxe Records ihren zweiten Neuzugang aus dem Ruhrgebiet. Zusammen mit Ex-German Dreamer Manuellsen werden Snaga und Pillath in Zukunft das Ruhrpott-Chapter des Hamburger Labels bilden. Zum Einstand erscheint am 11. August das Mixtape "Eine Frage der Ehre".

Weitere anderthalb Jahre zuvor: Snaga und Pillath geben ihren Vertrag mit Moses Pelhams Powerhouse 3P bekannt und releasen ihr erstes gemeinsames Mixtape, das ihnen Deutschland-weiten Fame bringt. Neben Plänen für ein noch 2005 erscheinendes Album steht auch ein Horndogz Mafia Album mit Illmatic, Kool Savas, Ercandize und Moses Pelham auf der Wunschliste.

Aber zurück in die Gegenwart: Der Deal mit 3P ging nie über das bereits zuvor fertig gestellte Mixtape hinaus. Das eigentlich bereits fertige Album wurde nie released. Die Horndogz sind heute eher ein weiterer Name für Snaga und Pillaths Crew, als ein konkretes Projekt mit All Star-Line Up. Snaga und Pillath sind zum zweiten Mal auf einem großen Label mit Major-Backing untergekommen und stellen sich zum zweiten Mal mit einem bereits zuvor aufgenommenen Mixtape vor. Mit dabei sind dieses mal Beats von Sti, Monroe, PhreQuincy, Brisk Fingaz, M3 & Noyd und Joe Rilla plus Parts von Dipset Rapper Bathgate, Valezkas Cousin Braheem, Manuellsen, Fard, 45er und Decino, der Snags und den Prinz des Potts auch als Backup/Kollege/Security auf den diesjährigen Splash begleitete.

Snaga und Pillath begannen ihre gemeinsame Karriere beim Underground Label Rec.On, an der Seite von Rappern wie Fard, F.R. und Großmaul Mr.Knight. Mit eben dem arbeitete Pillath im Jahr 2003 an einer gemeinsamen EP (Unsigned), für die auch ein Snaga-Feature eingeplant war. Pretty Snaga rappte bis dato noch auf Englisch. "Wir sind ins Studio gegangen und Snaga sagt plötzlich zu mir: 'Ich hab aber auf deutsch geschrieben' - Alter, ich war richtig angepisst. Weißte, was soll der Scheiß? Auf deutsch kann ich auch selber schreiben..."

Sowohl Snagas Part als auch die deutsche Version seines Styles überzeugten aber schließlich beide. Snaga legte den Grundstein für den Style, mit dem sie später erst Illmatic und Kool Savas, und anschließend Moses Pelham auf sich aufmerksam machten. Vorwürfe zu sehr nach Dipset oder Savas zu klingen, konnten in letzterem Fall das Original nicht von Kooperationen abhalten.

Kool Savas: Ich habe Snaga gefragt [ob er nicht zu Optik kommen will]. Er wollte damals aber sein Ding mit Abdel und so durchziehen. Er ist seinen Weg gegangen und ist erfolgreich, ich finde das in Ordnung.

Pillath: Jeder, der sagt, ich hör' mich nach Savas an, soll seine Mama ficken.

Trotz einem erfolgreichen Mixtape Release, vermittelte 3P allerdings nicht den Eindruck, Snaga & Pillath wirklich gesignt zu haben. Auf der offiziellen Website wurden sie lediglich unter "Friends" geführt, das Album, dass die beiden gerne im Sommer 2005 fertig gestellt hätten, erschien nie. Dem Eindruck, in der 3P-Stammelf einfach nicht gewollt worden zu sein, widersprechen die beiden aber.

Pillath: Ich habe nach wie vor großen Respekt vor Moses. Da gibt es kein böses Blut. Ich glaube nicht, dass der uns einfach abziehen wollte, der Deal, den er uns angeboten hat, war einfach das Maximale, das er bieten konnte - und das hat uns nicht gereicht, das Angebot von Deluxe war besser. Was das Business angeht, lasse ich mich nicht von Gefühlen leiten.

Snaga: Das ist alles freundschaftlich verlaufen. Wir haben mit Moses geredet, ihm das Angebot von Deluxe Records vorgelegt und er hat selbst gesagt, dass das ein sehr guter Deal ist.

Eine Frage der Ehre soll da weitermachen, wo Die Linke und Rechte Hand Gottes aufgehört hat: Punchline-zentrierte Tracks über unterhaltsame Themen wie Frauen, Geld und Gewalt bieten bestes akustisches Popkorn Kino. Dennoch schimmert zwischen den Lines, die deutschlandweit wohl niemand überbieten kann, dieses Mal häufig mehr durch. Lustige Tracks wie Oh mein Gott bekommen ernsthafte Konkurrenz von aussagekräftigeren Nummern wie Wir gegen den Rest der Welt.

"Im Leben bist du auch nicht immer nur gut drauf. Punchline-Rap hat uns groß gemacht und wir haben's auch besser drauf als jeder andere. Als Rapper ist es aber wichtig, sich weiter zu entwickeln und mehr als eine Sache zu bringen. Den Jungs aus meiner Stadt wollte ich auch etwas aus deren Leben geben. Wir wollten zeigen, wie das Leben hier abseits von Rap ist, weil uns das sehr am Herzen liegt." [Snaga]

Abseits von Rap ist das Leben in Gladbeck wie Gelsenkirchen nicht immer lustig. Jeder fünfte Gelsenkirchener ist arbeitslos, den anderen Städten in Deutschlands größtem Ballungsgebiet geht es oft wenig besser. Im letzten Jahr forderten einige Bürgermeister sinngemäß in Zukunft lieber einen Solidaritätszuschlag für als vom Ruhrgebiet zu erheben. Bilderbuch Beispiele für eine verkiffte Jugend mit der anschließenden, vieldiskutierten "Perspektivlosigkeit" finden sich hier genug.

"Gladbeck ist 'ne harte Drogenstadt. Ich war dreizehn, als sich das erste mal einer neben mir 'n Blech gezogen und es danach mir angeboten hat. Ich bin der erste, der sagt, ich bin kein Gangster, aber ich war ein Schlüsselkind und konnte in meiner Jugend machen, was ich wollte. Ich habe mit Leuten rumgehangen, die fünf Jahre älter waren. Ich war alleine, ich bin raus gegangen und da war irgendwie immer was los. Leider meistens mit Drogen." [Snaga]

Als der als Timm Zumbrägel geborenen Snaga zwei Jahre alt war, ließen sich seine Eltern scheiden. Er wuchs bei seinen Großeltern, zusammen mit drei Geschwistern und einem Onkel, in einem Gladbecker Zechenhaus auf.

"Mit Elf, Zwölf bin ich zu meiner Mutter gezogen. Sie arbeitet täglich acht, neun Stunden und gibt wirklich ihr Leben dafür, dass Brot auf den Tisch kommt."

Als Jugendlicher war Snaga so tagsüber auf sich allein gestellt. Auch wenn er dafür zwei Jahre länger brauchte als vorgesehen, beendete er die Schule mit Abitur. Anschließend wurde er arbeitslos. Mangelnde Möglichkeiten waren dafür vielleicht weniger der Grund, als seine Abneigung gegen einen "normalen Job" mit Vorgesetzten und festen Regeln.

Später studierte Snaga Film und gründete mit zwei Freunden aus Dortmund die Produktionsfirma Timaxx Entertainment Seine Zukunft sah er aber ab seinem achtzehnten Lebensjahr erstmal woanders: nicht Rap war die erhoffte Zukunft des heute 28-jährigen, der erste Kampfsport, den er für sich entdeckte, war Muay-Thai. In den kommenden sechs Jahren brachte er es zu dem Spitznamen Snaga (was auf serbo-kroatisch soviel wie Kraft bedeutet) und einer Einladung zur Nationalmannschaft. Auf gutem Weg zu einer Profi-Laufbahn, teilte ihm sein Arzt dann mit, er solle "in Zukunft lieber mal langsam Treppen steigen und nicht unbedingt anderen beim Umzug helfen." Snaga hatte einen Herzfehler. "Ich war erstmal fertig mit der Welt. Ich habe auf den Rat der Ärzte geschissen und weiter fünf mal die Woche trainiert. Aber irgendwann in einem Kampf habe ich einfach gemerkt, dass die Kondition nicht mehr so da war wie früher. Damit war die Boxkarriere beendet."

Ein paar Kilometer weiter südlich wuchs um vier Jahre zeitversetzt Snagas späterer Rap-Partner Oliver Pillath auf, flog von Gymnasium und Realschule und machte seinen Abschluss schließlich auf der Hauptschule. Wie so viele, die eigentlich mehr gekonnt hätten als sie am Ende in den Händen halten, plante er Abitur und Studium auf dem zweiten Bildungsweg, landete aber erst einmal beim Arbeitsamt, wo man von diesen Plänen scheinbar wenig hielt. Die angebotene Gerüstebauer-Ausbildung schien Pillath wiederum mit seiner Höhenangst schwer kompatibel zu sein. "Die Schlampe wollte mir das einfach nicht glauben und hat mir das Arbeitslosengeld gestrichen. Seitdem war ich nie wieder beim Arbeitsamt. Stattdessen wurd' halt gehustlet und nebenbei ein bisschen Rap gemacht. Dann wurde mehr gerappt und weniger gehustlet, heute bin ich kurz davor, dass es nur noch um Rap geht." Wahr werden soll der German Dream nun bei Deluxe Records, dem Label, das Samy Deluxe zu einer der Top Adressen des deutschen Rap machen möchte. Neben den Hamburger Acts Illo und Headliners stehen sie hier auch an der Seite des Mülheimers Manuellsen.

Pillath: Ich sehe, was Labels angeht, immer zuallererst das Business-mäßige. Samy ist der Strahlemann der deutschen Hiphop Szene und bei seinem Namen gehen einige Türen auf. Manuellsen kennen wir schon seit ein, zwei Jahren.

Snaga: Wir haben ihn nicht erst bei Deluxe Records kennen gelernt, er hat eher geholfen den Kontakt herzustellen. Das ist auch so ein Pott Ding, wir haben uns kennen gelernt, kamen aufeinander klar und wollten einfach gute Musik zusammen machen. Durch diesen Zusammenhalt kamen wir überhaupt erst in unsere neue Label Situation. Es ist uns auch wichtig, dass das Deluxe Records Ruhrpott ist. Wir bringen den Pott zurück. Wenn wir seit zwei Jahren davon labern, den Pott zurück zu bringen, müssen wir das jetzt natürlich auch machen, dann können wir kein Deluxe Records All Star Album raushauen. Es wird eher wenig Features geben und auch dabei werden wir auf das Ruhrpott Ding achten.

Zusammen mit Manuellsen und Ercandize, der momentan zusammen mit Monster Korree an einem eigenen Ruhrpott Label (Assazeen) arbeitet, auf dem unter anderem Lakmann und Brenna & Desasta erscheinen sollen, bilden Snaga und Pillath zur Zeit die erste Reihe der MCs, die in Zukunft den Ruhrpott zurück ins Geschäft bringen wollen. Ein Platz auf dem neuen Ruhrpott Label Assazeen, das bisher nur in Ercs Plänen existiert, war aber schon aus Zeit Gründen kein Thema.

Snaga: Wir haben jetzt über anderthalb Jahre nichts releast. Jetzt ist es einfach...

Pillath: Höchste Eisenbahn.

Das gleiche gilt wohl für die Rückkehr des Ruhrgebiets. Die Repräsentation der über fünf Millionen Einwohner ließ in den letzten Jahren eher zu wünschen übrig. Gerade da hilft es, wenn Hoffnungsträger wie Snaga & Pillath mehr als Punchlines auf ihren Beats platzieren. Selbst wenn genau die ihre größte Stärke darstellen.

Snaga: Zwei Wochen bevor ich Wir gegen den Rest der Welt gemacht hab', habe ich einen alten Kollegen wieder getroffen. Da habe ich wieder gesehen, wie es mit mir hätte laufen können. Verticken, in den Bau gehen, wieder raus kommen und weiter verticken. Und sich dabei selbst der beste Kunde sein... Ich saß bei dem in der Wohnung, vor mir wieder ein Berg Schnelles, also Pepp, daneben Gras, etwas Dope und im Sessel pennt irgendeiner, obwohl die Musik voll aufgedreht ist... Zwei Wochen vorher hab' ich den Kollegen bei TalkTalkTalk gesehen, weil der gerade alle Talkshows durchmacht. Es ist echt schon verrückt hier. Wir sind keine Gangster, aber wir sind auch keine Jungs die ihr Leben im Kinderzimmer verbracht haben.

Pillath: Ich hab in meiner Jugend mit ganz verschiedenen Leuten rumgehangen, die alle irgendwie zusammen kamen, meistens über's Kiffen. Du hast deine 30 Leute gehabt, alle kannten sich, manchmal haben sich zwei geboxt, die anderen 28 haben geschlichtet und man hat sich wieder vertragen. Generell ist der Ausländer-Anteil ziemlich hoch bei uns, was ich mittlerweile sehr positiv sehe. Ich habe mit Deutschen, Russen, Türken, Arabern, Polen,... ach, mit jedem rumgehangen. Ich habe sogar heute noch zwei Kollegen, die Gabbers sind. Nicht diese typischen Lonsdale-Gabbers, eher so Büro-Gabbers, die am Wochenende dann komplett durchdrehen. Ich hänge mit jedem rum, der auf meiner Wellenlänge ist, mir ist egal, was der für Musik hört und was sein Lebensinhalt ist.
Mit Gabber hatten wir aber sonst gar nichts zu tun, nicht musikalisch und vor allem nicht mit diesen ganzen Drogen Geschichten. Ich habe mir bis auf LSD, Schore und Heroin auch alles reingepfiffen. Ich kann auch keinem erzählen, dass es kein geiles Gefühl wär' auf Koks zu sein oder dass das alles keine geile Zeit war. Aber auf die Dauer bringt dir das nichts und ich trink inzwischen nicht mal mehr Alkohol.

Snaga: Ich kann mit dieser ganzen Techno Scheiße überhaupt nichts anfangen. Die Drogen haben einfach so viele Leute gefickt, die ich kannte. Die sind heute Wracks. Ich kann an dieser ganzen Szene nichts gutes finden. Ich find' das scheiße.

Decino: Heute ist der Pott auch was feiern angeht ganz weit vorne. Da kannst du andere Rapper gerne fragen. Wenn die einmal im Pott feiern waren wissen die, wo die Musik spielt.

Pillath: Frag mal Fler. Der war bei uns im Le Prestige und als Crunk gespielt wurde, kam der gar nicht mehr klar. Der stand mit seinem Handy im V.I.P. Bereich und hat gefilmt um seinen Kollegen zu Hause zu zeigen, wie geil es hier ist.

Snaga: Mit Deutschrap hatte das hier aber, als ich noch jünger war, gar nichts zu tun. Da gab's vielleicht Fanta Vier oder so, aber das war nicht unsere Realität. Als ich vierzehn, fünfzehn war, kamen dann die ersten Hood-Filme raus, Boyz N The Hood, Menace II Society... da waren wir dann alle voll auf dem Gangsta Film. Mit fünfzehn war ich in Düsseldorf auf 'nem Ice Cube Konzert, kurz nachdem der The Predator herausgebracht hatte. Da war sowieso alles vorbei. Danach habe ich nur noch Westcoast Sachen wie Cypress Hill oder NWA gehört und selbst angefangen zu rappen.
Den Ruhrpott Lifestyle für jemand anderen zu beschreiben ist schwer. Ich bin ja nur hier. Ich wohn ja nicht nebenbei noch ein Jahr in Berlin oder in Hamburg.

Pillath: Ich würde sagen, das ist erstmal das einfache Leben. Größtenteils sind alle cool und freundlich zueinander, es gibt schon ein krasses Wir-Gefühl. Wie ist das Leben hier... einfach, simpel... stumpf, manchmal.

Decino: Ich bin auch öfter in Berlin, da gibt's auch viel Straße, viele Ghettos. Das gleiche gibt's hier auch, es gibt gute und schlechte Gegenden. Straße ist Straße. Aber im Ruhrpott gibt es halt sehr viel kleine Städte, die zu einem großen Pott zusammengewachsen sind. Es gibt sehr verschiedene Leute, die sich aber nicht gegenseitig abfucken und an einem Strang ziehen.

Pillath: Ich glaube schon, dass das Wir-Gefühl hier am krassesten ist. Bevor ich zum Beispiel mit Manuellsen nach Mülheim gekommen bin, war ich da noch nie. Aber ich wurde noch nirgendwo so mit offenen Armen empfangen. Du kommst dahin und hast das Gefühl, du kennst die Leute schon seit 10 Jahren, weil das einfach so freundliche Jungs sind.

Neben dem vielleicht unverkrampfteren, direkteren Umgang der Leute miteinander prägen den größten Vorort Deutschlands auch Leidenschaften wie Fußball und getunete Autos. Abgesehen von der eigenen Art der Menschen gibt es hier vielleicht nichts, was es woanders nicht gibt - dem Wort Ballungszentrum entsprechend, verdichten sich aber die verschiedenen Phänomene, bis sie am Ende doch deutlich herausscheinen.

Decino: Was die Auto-Szene angeht, wird der Ruhrpott von keiner Region getoppt. Ich war in dem Game drin, ich habe illegale Rennen gemacht, all so was. Glaub mir, nirgends gibt's das so wie hier. Hier sind die kaputtesten Straßen, mit den größten Löchern und die Leute haben die tiefsten Autos. Aber man fährt halt 'n Umweg, weißte wie ich mein' Alter... Es gibt schon eine Menge Leute, für die das ihr Leben ist.

Pillath: Fußball ist auf jeden Fall wichtig. Kennst du den Film Fußball ist unser Leben? Das ist wirklich so, für viele ist das ihr Leben. Als wir für vier Minuten Meister waren, habe ich noch im Parkstadion gearbeitet. Ich glaube, das war das letzte Mal, dass ich ein bisschen geweint hab'... nicht jetzt so wie ein Mädchen, richtig geheult, aber...

Snaga: Sicher!

Pillath: Fußball hat einfach eine sehr hohe Bedeutung hier. Ich weiß auch nicht, warum das so ist. Du kennst das von der Kindheit an.

Snaga: Mein Vater hat mich, als ich sieben Jahre alt war, zum ersten Mal mit auf Schalke genommen. Sowat vergisste ja nich.

Lokalpatriotismus schien Snaga & Pillath schon immer wichtig zu sein. Anstatt lediglich in jeder 150sten Line einmal Schalke zu sagen, vermitteln Tracks wie das angesprochene Wir gegen den Rest der Welt aber auch langsam eine klareres Bild des Lifestyles, den die beiden nach eigener Aussage repräsentieren wollen. Gerade Snaga zeigt zum Beispiel auf seinen 40 Bars (Runde 2), dass er in der Lage ist, grauen Alltag auf ernste Weise widerzuspiegeln, ohne dass darunter sein Style oder die Qualität der Songs in irgendeiner Weise leiden müssten. Wenn bereits "Freestyles" neuerdings unverkrampfte Deepness bieten, scheint klar zu sein, wo die Reise auf dem bald vielleicht wirklich kommenden Album Aus Liebe zum Spiel hingehen soll.

Snaga: Wir hatten ja fast schon ein Album fertig. Wobei wir, wenn wir ehrlich zu uns sind, auch sagen müssen 'gut dass es nicht so gekommen ist'. Unser Album soll ja ein Klassiker werden und soweit sind wir noch nicht. Wir wollen ein zeitloses Album machen. Dazu gehört es auch, zeitlose Themen zu haben. Ein Album ist etwas ganz anderes als ein Mixtape. Da muss nicht jede Line der Über-Kracher sein, aber man muss jede Line fühlen. Das ist wichtig. Egal, ob das dann gerade lustig, traurig oder sonst was ist.

Pillath: Am Anfang haben wir gerade Leute wie Moses, Illmatic und Savas kennen gelernt, waren mit denen unterwegs und haben alles kaputt gespittet. Da war alles gerade einfach lustig. Irgendwann kehrt dann auch der Alltag ein. Unterm Strich kann man sagen, dass das Album reifer, erwachsener und ernster wird als die beiden Mixtapes.

Snaga: Auf jeden Fall.

Pillath: Acht oder Neun Songs, die wir für das Album schon hatten, haben wir jetzt für das Mixtape genommen, zwölf oder dreizehn bleiben dann aus der Zeit noch, von denen mir wieder acht nicht mehr gefallen. Zwei kann ich davon außerdem nicht nehmen, weil der Typ, der mir die Beats verkauft hat, die gar nicht selbst gebaut hatte. Sein Crew Kollege zahlt dafür jetzt die Konventionalstrafe von 9000 Euro. Für das neue Album haben wir jetzt zwei, drei fertige Songs plus bereits gepickte Beats von Monroe und Disco Polo. Wir machen uns da aber auch keinen Zeitdruck, wir haben jetzt ja erstmal ein Release. Dann gucken wir mal, dass wir dieses Jahr noch ein Album zusammen bekommen.

Snaga: Finanziell hat sich Rap bisher noch nicht so wirklich ausgezahlt, aber ich weiß genau, dass der Zahltag kommt, wenn wir so weitermachen. Zufrieden bin ich finanziell ehrlich gesagt sowieso nicht. Wenn ich mir angucke, dass ein Ballack in England zehn Millionen kriegt, dafür dass er einen Fußball durch die Gegend tritt, warum soll ich nicht zehn Millionen für meinen Rap bekommen? Es ist halt nicht die Infrastruktur da und es hören nicht so viele Rap wie Fußball gucken. Für uns ist jetzt einfach erstmal die Zeit, in der wir hart arbeiten und so viel machen wie möglich.

Pillath: Das neue Mixtape kommt ja gerade erst raus, da kommt also noch die Abrechnung. Dann gibt es bald endlich Merchandise und ein Vorschuss wird auch noch ausgezahlt. Momentan sind wir in einer Phase, wo wir warten müssen, aber ich mache mir da keine großen Gedanken.

Snaga: Als wir angefangen haben, haben wir ja auch nicht gleich gesagt "wir machen jetzt die großen Scheine". Wir wollten erstmal einfach geile Musik machen. Aber wir waren uns ziemlich sicher dass, wenn wir gute Musik machen, irgendwann auch der Zahltag kommt. Du musst einen Schritt nach dem anderen gehen und der erste Schritt ist immer gute Musik zu machen. Dann kommt der Rest, ein Label finden und so weiter.

Pillath: Egal was du machst, wenn du es mit Herz und Seele machst, wirst du am Ende immer belohnt. Egal, ob das durch Geld ist, oder anders. Da glaube ich auf jeden Fall dran.

Groove Attack by Hiphop.de