Sabrina Setlur - SABS im Interview
Zum Release ihrer zweiten Singleauskopplung nahm sich Sabrina Setlur Zeit, mit mir über ihr Album und eben die neue Single zu sprechen. Natürlich ließ ich es mir auch nicht nehmen, sie zu ihrer Teilnahme am Grand Prix zu befragen, was in einer angeregten Diskussion endete.

Dein mittlerweile viertes Album, "SABS", ist ja jetzt schon einige Zeit draußen. Wie sind die Reaktionen dieses Album?

Ach, ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich im Grunde genommen sehr zufrieden bin. Die Reaktionen sind sehr positiv und die Menschen freuen sich, dass "SABS" draußen ist und dass ich wieder auf Tour gehe - also super positiv.

Hast Du dir irgendwelche Reaktionen explizit gewünscht oder hast Du mit irgendwelchen Reaktionen gerechnet? Ich hab nämlich nicht nur positive, sondern auch ein paar negative Kritiken gelesen.

Weißt du was: Ich bin für mich selber froh, dass ich das Album gemacht habe und ich wollte es so machen und von daher, wenn es Kritiken gibt und die muss es ja auch geben, muss man damit leben können.

Wie wichtig sind Dir Kritiken?

Sagen wir es mal so: wenn ich mit dir persönlich jetzt spreche und Dir meinen Eindruck gebe oder dir meine Antworten gebe, dann würde es mich natürlich auch freuen, wenn du positiv schreibst. Wenn du aber jetzt sagst "ok das Gespräch ist so kacke verlaufen, die Olle is voll arm und dazu finde ich ihr Album auch noch arm", dann kann ich daran nichts ändern. Ich kann mich nicht bei dir einschleimen. Natürlich hat jeder seine voreingenommene Antwort, also wenn jemand einfach denkt "das Album ist scheiße, ich hol mir jetzt einfach nur noch meine Bestätigung dafür ab", dann ist das natürlich schade, aber dann ist das so.

Du bist ja auch für die Eins Live-Krone nominiert, was ja ein Zuhörer-Preis ist. Was bedeutet Dir diese Nominierung?

Zum einen ist es für mich persönlich natürlich eine Freude, aber zum anderen ist es auch der Dank an wirklich alle, die daran beteiligt waren, dass das Album überhaupt für mich möglich war. Es fängt da wirklich bei meinen Eltern an und hört beim Presswerk auf. Von daher ist es eine Nominierung an alle oder für alle.

Mich hat gewundert, dass Du nominiert bist, weil du ja lange Zeit musikalisch nicht präsent warst. Da gibt es ja Künstler, von denen hat man kontinuierlicher was gehört in den letzten Jahren.


Es stimmt nicht, dass ich nicht lange Zeit present war. Ich hab mir eine Auszeit genommen, die sich jeder Mensch gönnen darf und vor zwei Jahren habe ich mich schon mit dem Moses hingesetzt und am Konzept des Albums gearbeitet. Dann war ich anderthalb Jahre im Studio. Also kann man sagen, dass ich einfach meine Zeit genutzt habe, um das Album zu produzieren und es gibt Menschen, die sind 6-7 Jahre weg, arbeiten an einem Album und da schreit kein Hahn danach. Ich denk einfach nur, dass es für die Medien, die unheimlich viel von mir gedruckt haben, nichts mehr gab, es gab kein Futter mehr für die. Deswegen scheint es so als wäre ich die ganze Zeit weg gewesen, aber eigentlich war ich gar nicht weg.

Musikalisch gesehen aber doch eher schon.

3 Jahre. Und? Ist doch nicht viel. Also ich hab vor 3 Jahren meine letzte Veröffentlichung gehabt und das ist schon ok, wenn man anderthalb Jahre an seinem Album arbeitet - ich denke das ist machbar.

Wie erklärst Du Dir eigentlich das große Interesse an Deiner Person? Kein anderer deutscher MC (ob männlich oder weiblich) ist so präsent in den Medien, auch oder schon gar nicht mit unschönen Geschichten.

Ja, ich würde das gar nicht an der Musik festmachen, sondern einfach an den Menschen selber und da kann ich dir dann widerrum nicht sagen, warum sich Leute für Sabrina Setlur interessieren. Das weiß ich nicht, da müsstest du die dann fragen, die sich dafür interessieren.

Du bezeichnest SABS ja auch als 1000mal persönlicher als Deine vorherigen Produktionen. Ist es nicht auch immer ein kleines Problem ein Album sehr persönlich zu gestalten? Bietet es den Medien nicht vielleicht auch eine gewisse Angriffsfläche, wenn sie so tief in Dein Innerstes blicken können?

Ja, aber in erster Linie geht es wirklich, wie es ja in einem Track von mir sehr schön dargestellt ist, um mich. Also, ich bin das Wichtigste und was ich sagen will, was ich sagen möchte und was raus muss, das kommt dann raus. Da denkst du dann nicht daran, wem du Angriffsfläche bieten könntest und wem nicht. Du denkst in erster Linie wirklich nur an dich. Kommen wir mal auf die Features in Deinem Album zu sprechen, die sind ja alle von 3P-Künstlern. Wie kommt das? Es ist bei 3P eigentlich häufig so, dass die Features Label-intern sind.

Das stimmt nicht so ganz. Auf dem letzten Album waren Brixx und Cora E. drauf. Der Illa hat "Freunde der Sonne" mit DJ Katch, DJ Release und mit Savas gemacht und der Moses ist auch auf vielen anderen Projekten drauf. Es sieht immer so aus und bei mir war es halt so, dass ich gesagt habe "ok, es ist mein Album, ich hab jetzt erstmal was zu sagen". Dann denkst du "ok, ich kann das, was ich schreibe nicht so ausdrücken mit einem Gesang wie es Cassandra zum Beispiel machen kann". Dann fragst du natürlich eine Cassandra und eine Franzi, ob sie nicht Lust hätten auf deinem Album zu singen und du bist natürlich in dem Moment super dankbar, dass du solche talentierten Menschen hast, die daran mitwirken wollen, dass etwas großartiges entsteht. Bei Moses war es so: wir haben angefangen es zusammen zu konzeptionieren, also war es dann für mich auch eigentlich selbstverständlich, dass er dann auch mal drauf rappt bzw. sein Ding zu sagen hat und da wir sowieso die Texte geschrieben haben, ist die Zusammenarbeit natürlich offensichtlich und Illa hat sowieso immer was zu sagen, ob du willst oder nicht.

Mit wem würdest Du denn gerne mal zusammenarbeiten, wenn sich die Möglichkeit ergeben würde?

Daran denk ich jetzt gar nicht im Moment.

Deine zweite Singleauskopplung ist "Liebe". Glaubst Du wirklich an das Prinzip, das die Welt verbessert werden könnte, wenn nur jeder etwas netter wäre.

Ich glaube fest daran. Du kannst es einfach ausprobieren, indem du morgens, wenn du aus dem Haus gehst, jemandem, der dir auf der Strasse begegnet, einfach einen wunderschönen guten Morgen wünschst, so dass es dem auch viel besser geht in dem Moment. Der denkt sich dann natürlich bestimmt "ok, was ist jetzt mit der los, aber hey, die hat mir guten Morgen gesagt, das wird ein guter Tag". Ich glaube einfach daran und der Mensch wird es an jemanden weitergeben, auch wenn es nur ein kleines Stück ist, aber ich glaube man sollte soviel mehr geben können.

In dem Film "Das Glücksprinzip" ist das aber nicht so ganz aufgegangen, weil die Menschen eben nicht alle nett sind.

Ja, am Ende. Das ist aber meistens so. Wir reden ja hier auch über die Realität und die Realität sieht natürlich auch meist anders aus als deine Hoffnung.
Es wäre aber schlimm, wenn ich nicht daran glauben würde.

Das Video zu dieser Single ist ja sehr freizügig und auch sehr pur...

Ja, ich denke einfach, dass Kleidung zum Beispiel auch Tarnung ist und das Video sollte einfach die Verletzbarkeit des Menschen darstellen. Wie verletzlich wir im Grunde genommen alle sind und wie gleich wir auch alle sind, wenn wir pur und natürlich sind. Das wirklich das einzige, was wir in uns haben und weitergeben können, ist Liebe.

War es dann Deine Idee so ein Video zu drehen?

Ehrlich gesagt, nein. Das war eine zusammengewürfelte Idee von dem Regisseur und ich denke auch von 3P. Also ich hab mir bestimmt nicht überlegt, dass ich mich da nackt hinsetze. *lacht*

Aber ihr hattet kein Problem damit?

Im Endeffekt überhaupt nicht. Ne, auch nicht am Anfang des Drehs. Das war ganz anders. Das war wirklich so, dass wir alle die Liebe auch gespürt haben, auch von dem Team und auch drumherum. Es hat für uns einfach im Endeffekt auch das widergespiegelt, was wir gerappt haben.

Ganz pur wird Dich dann wahrscheinlich auch ein Fan erleben dürfen, wie ich gerade gelesen habe. Es gab da eine Wette zwischen dir und Moses und Du wirst nun bald 24 Stunden mit einem Fan verbringen. Wie kam es dazu, worum genau ging es in der Wette?

Es gibt 5 Millionen Wetten zwischen mir und Moses. Ehrlich, über jeden kleinen Mist haben wir Wetten. Wenn ein Lied im Radio läuft und wer es nicht sofort erkennt, der verliert schon. Es kann wirklich was banales sein wie "heißt es jetzt "Q12" oder "Q10"", solche Schwachsinnigkeiten eben. Diese Wette war so eine Wette "ich wette, du bringst es nicht 24 Stunden mit einem wildfremden Menschen zu verbringen ohne ihn zu kennen" und dann hab ich gesagt "eben doch". Und das ist jetzt mein Wetteinsatz.

Wird das nicht komisch sein mit einem wildfremden Menschen?

Absolut. Da hab ich mich auch wiedereinmal auf was eingelassen, aber ich denke, das wird eine Erfahrung sein. Ich weiß nicht, auf was ich mich da einlasse, ich bin aber ein Mensch, der spontan ist und der auch sowas spannendes gern mag. Ich bin da sehr gespannt, denn es kann ja jemand sein, der 60 oder 70 ist und es kann aber auch jemand sein, der vielleicht 9 oder 10 ist. Bleibt das ganze eher eine interne Sache, die niemand zu Gesicht bekommt oder wird es eventuell so big Brother mässig aufgezogen, wo Euch dann ein Kamerateam begleitet?

Also ich denke schon, aber wie das jetzt genau abläuft weiß ich nicht. Keine Ahnung, da hab ich mir jetzt persönlich noch keine Gedanken gemacht, aber ich denke schon, dass es Bilder geben wird. Allerdings ist es ja auch gerade das Spannende. Wenn jeder sehen kann, wie es ist, dann brauche ich es ja nicht verlosen. Also ich denke, wenn man das auf Kamera aufnimmt oder wenn man das verfolgt und es alle sehen können, dann ist es natürlich so von wegen "warum hab ich das jetzt verwettet? Dann hätte ich doch einfach ne Kamera nehmen können und mich selber 24 Stunden filmen können".

Auf dem Album gibt es dieses nette kleine Interlude "bis ich wieder rappen will", auf dem man dich dieses Kinderlied singen hört...

Ja, total falsch und auch wirklich in mich gekehrt. Das war so eine Sache, ich war 8 Stunden im Studio und zwischen Tür und Angel hab ich das dann irgendwie vor mich hingeblubbert. Ich hab wirklich nicht gesungen, sondern extrem falsch gesungen, einfach weil ich fertig war und der Moses fand es einfach sehr charakterisierend für mich, wie ich halt bin, wenn man mich einsperrt. Da fang ich halt an irgendwas vor mich hinzusingen - der Text stimmt nicht, hauptsache ich mach irgendwas und will aber eigentlich rappen.

Also könntest Du dir nicht vorstellen vielleicht doch mal ein Kinderalbum aufzunehmen oder überhaupt mal ein ganz anderes musikalisches Genre zu bestreiten?

Im Moment ehrlich gesagt nicht. Ich hab ja Gesangsstunden genommen, aber ich denke einfach, dass ich meine Gefühle nicht im Gesang ausdrücken kann, sondern eher im Rap. Aber wer weiß, vielleicht werde ich in 10 Jahren eine Rockröhre sein, wenn ich dann aber trotzdem meine Tracks und meine Texte performen kann, wie auch immer ich das dann tue, dann bin ich glücklich.

Wie siehst Du die Veränderung der Hip Hop-Szene in den letzten Jahren?


Natürlich nehm ich sowas wahr und mach mir so meine Gedanken, aber im Grunde genommen ist mir so meine eigene Hip Hop-Entwicklung einfach wichtiger. Inwiefern hab ich mich weiterentwickelt? Welcher Flow? Wer flowt im Moment geil? Das ist bei mir halt wirklich der Moses und der Illmat!c. Das ist halt meine HipHop-Szene, die ich mir angucke, wobei ich auch wieder diese Gruppierung hasse und deswegen auch gar nicht auf diesen Vergleich eingehe oder auf irgendwas eingehe "ok das ist Hip Hop, das ist nicht Hip Hop". Ich sag halt einfach, ich mach das was ich mach und wie das da draußen jemand nennt, ist mir völlig Wurst.

Mit welchen Gefühlen siehst Du die weibliche Hip Hop-Szene?

Ich seh Rap oder meine Musik nicht als Geschlechtsteil an oder geschlechtsspezifisch, sondern ich seh es an als jemand, der Musik macht, als einen Mensch, der Musik macht in erster Linie. Ob das Männlein oder Weiblein ist, ist mir egal. Wenn es mich berührt ist das schön. Warum jetzt aber weniger Frauen da sind, das kann ich Dir nicht beantworten.

In Bezug auf die Szene, liegt natürlich die Frage nach Deiner Teilnahme bei "Popstars" nahe. Viele haben gesagt, dass sowas nicht kredibel ist...

Was ist denn heute schon kredibel? Wer hat überhaupt das Recht zu sagen was kredibel ist und was nicht? Also ich wollte mir das einfach von einer anderen Seite mal angucken, weil ich einfach von einer anderen Ecke komme. Ich seh auch anders wie man Musik produziert, wie man ein Album produziert, wie man Tracks macht, warum ich mich als Künstler halte. Ich denke aber, dass Popstars da sind, um die Menschen zu entertainen und das hat natürlich auch seine Berechtigung. Dann gibt es da noch die ganz aktuelle Sache mit dem "Grand Prix". Ich habe bei der Meldung zuerst gedacht es wäre schon der erste April, weil das für mich überhaupt nicht zusammenpasst.

Ja, also ich muss ganz ehrlich sagen, ich war gestern bei MTV und die haben das auch alle zuerst gar nicht so unter "Grand Prix" eingestuft, aber soweit ich das mitgekriegt habe, ist das wirklich ein ganz neues Konzept und ich finde, das ist eine tolle Idee und warum nicht sowas unterstützen? Wir machen das ja für eine gute Sache.

Haben die Dich also angesprochen, ob Du daran teilnehmen möchtest?

Ich nehme mal an, ja. Also ich bin ja nicht die einzige. Die Beginner sind da, Laith Al-Deen und da kommen bestimmt noch einige dazu.

Scooter, Overground und Wonderwall werden noch teilnehmen. Ist das cool für Dich? Eigentlich ist es ja ein Schlagerwettbewerb und ich bin der Meinung, dass man den Schlagerfans ihre Plattform lassen sollte.

Ja, aber wo ist denn da ein Schlager dabei? Da ist ja kein Schlager dabei, bei den Leuten, die Du aufgezählt hast und wenn doch kein Schlager dabei ist, dann ist es doch kein Schlagerwettbewerb.

Ja, das ist doch das Traurige meiner Meinung nach.

Gut, da musst du dich an den Herrn XYZ wenden und sagen, dass du den alten "Grand Prix" wieder zurückhaben willst.

Ist es also insofern ok für dich, da mitzumachen, weil eben kein Schlager mehr dabei ist und weil auch die Beginner dabei sind und weil es eben ein komplett neues Konzept ist? Deswegen unterstützt du das?

Ja, aber ich möchte zu dieser Sache noch sagen, dass ich einfach denke, dass das Konzept neu und einfach innovativer geworden ist. Ich finde das Konzept gar nicht so schlecht. Das sind alles eigenständige Künstler, die für sich stehen und es ist doch auch mal eine schöne Sache, wenn man auch so jemanden ins Land schicken kann. Ich meine, die Künstler aus anderen Ländern, die die da meistens mitgemacht haben, machen seit 20 Jahren Mucke da und keiner hier in Deutschland kennt die, aber da sind die schon Star und das Lied, das die da gehört haben ist auch schon zwanzig mal gelaufen. Ich finde den Gedanken ganz einfach schön, dass Leute, die auch wirklich Talent haben, ihr Talent dann zeigen können. Ich sag ja nicht, dass Schlagersänger nicht ihre Legitimation haben oder ihr Können nicht beweisen können, aber wenn die dabei wären, dann wären die halt dabei. Es gibt immer Menschen, die mögen das und das und das und dafür können sie ja auch anrufen. Also es ist nicht eine Sache, dass ich sage "scheiß auf Schlager", aber hey, ich wurde gefragt und ich mach da einfach mit und wenn du mich wählst, dann wählst du mich und wenn nicht, dann nicht. Hey, ich find's einfach eine schöne Sache. Also ich denke schon, dass es auch cool ist, den anderen europäischen Ländern mal zu zeigen, dass in Deutschland auch mehr geht als Schlager, aber irgendwie hab ich auch ein Problem damit, weil in den letzten Jahren gab es dieses Schlagerrevival und das war irgendwie deren Sache und das wird denen ein bisschen weggenommen. Naja, aber ich finde auch, egal was du tust, es wird immer diesen alten Touch haben, aber man muss auch mal bereit sein neue Wege einzuschlagen. Ich meine, wir bleiben doch nicht auf der Strecke stehen und auch wir Menschen entwickeln uns ja weiter. Wir müssen auch mit neuen Dingen konfrontiert werden und jetzt hat es nunmal diesen Beigeschmack und entweder es verliert sich oder man kommt wieder dahin - das wird man sehen.
   
Das obligatorische Schlußwort entfällt an dieser Stelle, da wir uns nicht richtig aus der Diskussion lösen konnten. Meine Kindheit und die alljährlichen "Grand Prix"-Fernsehabende haben mich eben doch geprägt - irgendwie.

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