Produzenten in Deutschland: Erfolgreich, ohne Stars zu sein
In den USA sind Produzenten große Stars. Da fallen Namen wie Timbaland , Dr. Dre oder Swiss Beatz , die oft bekannter sind als die Rapper, mit denen sie arbeiten. Deutschland bietet das perfekte Gegenteil, hier werden Produzenten seit Jahren an vielen Stellen vernachlässigt, obwohl ihnen ein großer Anteil am Erfolg der Alben zukommt. Der beste Flow und die tollste Geschichte sind auf einem schlechten Beat unhörbar. Sich Acapellas anzuhören ist mal interessant, doch ohne Beat fehlt etwas: die Stimmung. Nicht nur die Medien, auch Rapper und Labels erwähnen Produzenten oft gar nicht oder nur in einem Nebensatz. Sie werden nicht böswillig weggelassen, sondern schlichtweg vergessen. Es ist eben seit Jahren so und war nie anders. Woran liegt das? Ignoranz? Große Rapper-Egos? Eine ungebildete Szene? Schlampige Journalisten? Sind die Produzenten nicht herausragend genug? Müssten sie sich stärker vermarkten?

Die Problematik der deutschen Produzenten

So schlecht können unsere Produzenten nicht sein, das hört man nicht nur, man sieht es auch an Auslandserfolgen von Produzenten wie Gee Futuristic , X-plosive Shuko , Pokerbeats Crada , Phat Crispy oder Serious Sam . Beats von deutschen Produzenten kann man auf Alben von Booba , Rohff , Drake oder Talib Kweli hören. Pokerbeats schickt seine Beats selbst nach Spanien, China oder Australien. Dass es auch am Nachwuchs nicht fehlt, zeigen Drumkidz , Exzact , Jumpa-Beatz oder auch Richie . Die Qualität ist da, doch warum gab es nie einen großen Durchbruch? Warum ist die US-Szene der deutschen so sehr voraus? Ich habe mich mal umgehört und bekam als Reaktion " vielen Produzenten fehlt der eigene Sound ". Ist dem wirklich so? Denke ich an ein paar Namen in Deutschland, so fällt mir schon eine grobe Richtung ein. Braucht man überhaupt einen erkennbaren Stil? Ist es nicht von Vorteil, offen für diverse Richtungen zu sein, sich Künstlern anpassen zu können und damit ein breites Spektrum anzubieten? Doch man versteht auch die Kritiker die sagen "ganz so wie in den USA ist es nicht!" Denkt man an G-Funk, denkt man an Dr. Dre . Was wäre die Parallele dazu in Deutschland? Bei uns bringt man mit allen großen Bewegungen ausschließlich Rapper in Verbindung. DJ Premier oder Pete Rock haben eine New-Yorker-Ära geprägt, Dr. Dre nicht nur G-Funk, sondern auch die Karrieren von Snoop Dogg und Eminem . Welcher deutsche Produzent ist so relevant, dass jeder Newcomer an seiner Seite direkt zum Star avanciert?

A producer who can rap and control the micro

Vielleicht sind Produzenten gemeinsam stärker, sie scheinen sich ja durchaus gut zu verstehen. So baute X-plosive beispielsweise schon mit Gee Futuristic und Abaz Beats, auch Dirty Dasmo und Jamil zeigten sich bereits gemeinsam verantwortlich für Produktionen. Immer häufiger setzen sich Rapper auch selbst an die Regler, bauen die Beats für ihre Alben oder zeigen sich für andere als Produzent. Beispiele sind im Straßenrap Amar, Chakuza und Bizzy Montana , bei Tua oder Cro . Jemanden wie Kanye West , der zuerst als Produzent- und dann als Rapper bekannt wird, haben wir noch nicht, aber vielleicht führt der Weg zum ersten Star-Produzenten ja über die Rapper. Wenn in Zukunft jeder Rapper meint, er wäre auch Produzent, wird das die Produzenten nicht begeistern. Man will ja auch nicht jeden Produzenten rappen hören. Die erwähnten Kandidaten haben allesamt bewiesen, dass sie auch ihr Zweithandwerk verstehen. Nur den Produzenten hilft das nicht. Sollten sie zum Mic greifen? Na ja, man kann sich drüber streiten, ob das bei Dr. Dre , Timbaland und Swiss Beatz wirklich die besten Idee war. Auch wenn es sie ohne Zweifel zu Stars gemacht hat. Dr. Dre s Line "You never been on a ride like this befo' - with a producer who can rap and control the micro" hat wohl Snoop Dogg für ihn geschrieben. 

Produzenten-Alben

Produzenten treten immer wieder selbst in den Mittelpunkt und veröffentlichen Mixtapes, EPs und ganze Alben. Neuere Beispiele dafür sind Monroe , 7inch , Dirty Dasmo , Snowgoons oder Cutheta . In der Vergangenheit waren damit auch Plattenpapzt oder Melbeatz erfolgreich. Doch eine Wahrheit bleibt: Produzenten-Alben verkaufen sich nicht so wie die von Rappern. Der Grund dafür liegt wohl auf der Hand: Produzenten sind keine Stars, noch nicht. Doch vielleicht ist das in einer Musikrichtung, die nun mal um das gerappte Wort kreist, auch gar nicht möglich.

2 Turntables and a mic

Führt der Weg zur Aufmerksamkeit eher über exklusive Zusammenarbeiten mit einzelnen Rappern? Früher war es nicht unüblich, dass Rapper in Gruppen mit einem festen DJ/ Produzenten auftreten. Eric B & Rakim , Dr. Dre und Snoop Dogg , Eins Zwo , Dynamite Deluxe . Auf ganzer Albumlänge kann ein Produzent erst richtig zeigen was er kann. Die Alben profitieren, weil sie ein eigenständiges und homogenes Soundbild verpasst bekommen. Deutsche Rapper haben erkannt, dass man nicht für jedes Album große Namen aus den USA verpflichten muss. Viele ihrer Fans hören mittlerweile ja ohnehin keinen US-Rap mehr. Anstatt wahllos bei allem was Rang und Namen hat Beats zu shoppen, erkennen viele wieder den Vorteil darin, sich nur einem Produzenten anzuvertrauen. Celo & Abdi ließen  Hinterhofjargon ausschließlich von M3 produzieren, Laas Unltd. stellte ein komplettes Album mit 7inch auf die Beine, KAAS veröffentlichte ein Album mit Dirty Dasmo , das Label Freunde von Niemand beschäftigt aller Voraussicht nach bald drei In-House-Produzenten. Genetikk gehören zu den interessantesten Newcomern und bestehen aus einem Produzenten und einem MC. Noch wird niemand auf die Frage "Was macht Celo & Abdi aus?" M3 antworten oder beim Stichwort " Freunde von Niemand " " Johnny Pepp !" schreien. Der Weg ist aber sicherlich richtig.

Besserung in Sicht

In der Produzentenszene in Deutschland steckt noch viel Potenzial. Mit weiteren Zusammenarbeiten, mehr Aufmerksamkeit durch die Künstler und Presse und vielleicht einer Prise mehr Selbstdarstellung ist sowohl national als auch international sehr viel möglich. Die Weichen scheinen gestellt das Aufmerksamkeitsdefizit der Produzenten zu beenden. Was meinst du?

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