Pigeon John: Drachensaat und Kinderarbeit (Interview)

Seit dem 29. Juli steht Pigeon John s Album  Dragon Slayer auch in deutschen Läden. Solo und als Mitglied von  L.A. Symphony uud Brainwash Projects  veröffentlicht der Mann aus L.A. schon seit Anfang des Jahrtausends Alben. Sein Label Quannum Projects steht für Qualität: zum Beispiel die von Blackalicious , Latyrx oder DJ Shadow . Pigeon John s erste Fußabdrücke im Sand des Rapstrands sind an derselben Stelle zu finden sind, wie die von Snoop Dogg und Ice Cube : dem Good Life Cafe , in dem die legendären Project Blowed Open Mics stattfinden. Sein Sound erinnert allerdings eher an  Asher Roth s College Rap. Trotz des Titels des aktuellen Albums hat Pigeon John auch weder etwas mörderisches an sich, noch eine Leidenschaft für Drachen - dafür aber eine für Madonna . Zumindest in jungen Jahren hing Pigeon gebannt am Radio, wenn Songs wie Borderline gespielt wurden. Neben Pop Musik, hörte er Jazz, bis er ganz auf dem Rapfilm hängen blieb.  Pigeon John erzählt uns, wie es sich anfühlt, wenn man mal eben, ohne finanzstarkes Majorlabel im Rücken, eine fünfstellige Anzahl von Platten seines Debütalbums vertickt. Außerdem sprechen wir über seine heutigen Werbedeals mit Marken wie Levi's , denen Kinderarbeit vorgeworfen wird.

Part 1: Pigeon John: "Wow, das hast du drauf, das kannst du machen."

Wie sahen deine ersten Schritte im Rap-Geschäft aus?
Bevor ich angefangen habe Rap zu hören, habe ich Jazz gehört. Dann habe ich irgendwann begonnen, meine ersten Rapsongs aufzunehmen. Damals haben wir das noch in Eigenregie gemacht, die Tracks auf Tape recordet und anschließend mit einem Doppeldeck-Kassettenrecorder vervielfältigt. Ein paar Jahre später fing ich dann an ins Good Life Cafe (Cafe in Los Angeles, in dem Open Pic Workshops und Auftritte veranstaltet werden – Anmerkung der Redaktion) zu gehen und begann dort als MC aufzutreten und zu freestylen. Danach habe ich begonnen meine ersten CDs zu veröffentlichen, damals noch independent.
Hast du die Releases mit deinem eigenen Geld finanziert?
Ja, damals habe ich keinen Plattendeal bekommen. Ich hab mit meinem ersten DJ Geld zusammengekratzt und von meinem ersten Album 1.000 Einheiten pressen lassen. Schlussendlich konnte ich sogar 11.000 Kopien verkaufen. Das war der erste Augenblick, in dem mir bewusst wurde: "Wow, das hast du drauf, das kannst du machen." Das war ein guter Start.
Wie du bereits erwähnt hast, bist du im Good Life Cafe aufgetreten. Das taten auch Leute wie Snoop Dogg, Ice Cube und Lenny Kravitz. Ist die Stimmung so beeindruckend, wie man es sich vorstellen kann?
Ja, definitiv. Die Open Mic Gigs im Good Life Cafe  werden ja von  Project Blowed Records veranstaltet. Die gibt es jetzt auch schon ein paar Jahre lang und die Veranstaltungen finden nach wie vor in L.A., in der gleichen Gegend wie zu Zeiten Snoop Dogg s statt. Es ist schön jetzt die zweite Generation dort heranwachsen zu sehen und zu beobachten, wie sie sich entwickeln.
Hast du immer Beifall geerntet?
Nein, nein, keineswegs. Das waren meine ersten Auftritte überhaupt. Aber auch wenn man ausgebuht wird, ist das was Gutes. Man lernt daraus und geht mit der Zeit mehr aus sich heraus.
Du hast also die Herausforderung des Good Life Cafe angenommen?
Ja, man! Es hat auf jeden Fall was gebracht.

Part 2: Pigeon John über Madonna, Kinderarbeit und Persönlichkeitsstörung

 
Ich hab auch eine Herausforderung angenommen: Ich habe mir die Titel deiner bisherigen Alben angeschaut und versucht, zu verstehen, was du meinst, wenn du eine Platte "Pigeon John is Dating Your Sister" oder "Pigeon John sings The Blues" nennst.
Ich denke nicht, dass diese Titel einen bestimmten Hintergrund haben. Zum Beispiel  Pigeon John Is Clueless (2002 erschienene LP - Anmerkung der Redaktion) ist mir eher zufällig eingefallen und der Titel gefiel mir einfach.
Du hast nicht nur interessante Albentitel, sondern auch einen interessanten Künstlernamen. Ich las, dass dein Name etwas mit Jesus zu tun hat. Jesus soll aus seinem Auto ausgestiegen sein, dir einen tote Taube in die Hand gelegt haben, nachdem Jesus weitergefahren ist, ist die Taube wieder auferstanden und du wusstest, dass du Pigeon John heißen musst.
Ja, genau so lief das ab.
Okay. Und die wahre Geschichte ist..?
Das ist die wahre Geschichte...
Du hast es während eines Interviews vorgezogen, dich, vor laufender Kamera, auf eine Toilette, statt auf einen Stuhl zu setzen. Wessen Idee war das?
(lacht) Ähm, das weiß ich gar nicht mehr, ich erinnere mich nicht mehr daran, wessen Idee das war. Aber so was kann hilfreich sein, denn manchmal muss man sich einfach frei fühlen. Zieh dich nackt aus und lauf durch die Gegend, fühlt sich super an!
Werde ich mal ausprobieren. Du hast mal erwähnt, dass du als Teenager, zu deiner Skaterzeit, Madonna gehört hast. Für einen Rapper eher ungewöhnlich. Hörst du ihre Songs auch heute noch oder gehörst du jetzt zum Lady Gaga Camp?
(lacht) Madonna habe ich gehört, als sie ihr erstes Album (Madonna – Anmerkung der Redaktion) raus gebracht hat. Ihr Song, wie hieß der noch gleich? Borderline ?

Ja.

Der war genial! Ich habe Madonna im Radio gehört, auf dem damals beliebtesten Rap und Pop-Radiokanal. Die haben auch Madonna gespielt. Hiphop hatte damals auch noch keinen wirklichen Markt. Damals gab es in den Billboard Charts noch keine Hiphop Alben. Mir ist aufgefallen, dass du dich fast ausschließlich von weniger bekannten Acts featuren lässt. Hat das einen bestimmten Grund?
Da sind viele junge, aufstrebende Künstler, die auch aus dem Good Life Cafe Umfeld stammen. Die werden weder im Radio gespielt, noch tauchen sie im Fernsehen auf, deswegen arbeite ich gerne mit ihnen zusammen. So was hält mich frisch und inspiriert mich. Etwas anderes, das du auch gerne machst, sind Werbekampagnen.
Ja, ich bleibe Untergrund und mache auch Musik mit Acts die nicht Mainstream sind und auf der anderen Seite, mache ich auch Werbekampagnen. Zum Beispiel für Levi's.
Ja.
Suchst du dir deine Geschäftspartner eigentlich gewissenhaft aus?
Ich bin mir nicht sicher, was das angeht. Ich finde Chucks , Vans und Levi's cool. Ich liebe es, mich wie zu High School Zeiten gekleidet zu sein und das mache ich auch bis heute.
Warum ich frage: Ein deutsches Fernsehteam fand heraus, dass in einer Fabrik, die für Levi's produziert, scheinbar Kinder unter 14 Jahren arbeiten. Kennst du solche Berichte?
Nein. Das ist schrecklich. In der Regel bin ich über die Abläufe, die im Hintergrund laufen, nicht informiert. Ich bin natürlich absolut gegen Kinderarbeit!
Zurück zur Musik: Wird es bald eine Deutschland Tournee geben?
Ja, ich denke schon. Ich werde im Herbst nochmal in Deutschland sein. Um die Osterzeit 2012 werde ich dann hoffentlich wieder ein paar Konzerte in Deutschland spielen und mit deutschen Acts auftreten. Kennst du die Musik deutscher Rapacts?
Nein, bis jetzt kenne ich keinen. Ich bin das erste Mal in Deutschland. Ich habe aber gehört, dass es in Deutschland eine riesige Hiphop-Szene gibt, die auch viel für deutschen Hiphop macht. Ich kann es kaum erwarten, auch in Deutschland was zu machen. Zum Beispiel Konzerte zu spielen um dann mit deutschen Rappern auftreten zu können.

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