Optik Boom 2004
Am 12.01. läutete der "Optik Day" das noch junge Jahr für das Berliner Label Optik Records ein. Vom ABS'ler Ercandize erschien die "Dschungel"-EP, vom Kölner Freestyle-Chef SD die "Dirrrty"-EP und von Neuzugang Caput die EP "Sieben". Aus diesem Anlass sprach ich mit Labelchef Kool Savas am Mobiltelefon über seine neuen Signings, anstehende Projekte und ein Jahr, das im Zeichen des Augapfels zu stehen scheint.

Als wir uns das letzte Mal unterhielten, meintest du, dass du dich in der Rolle als Labelboss noch gar nicht eingefunden hättest. Hat sich das mittlerweile geändert?


Wir hatten inzwischen einige Releases. Außerdem hat sich alles dadurch verändert, dass ich mittlerweile mehr mit Künstlern arbeite, die in anderen Städten wohnen. Eko und Valezka waren ständig um mich herum. Dadurch, dass Caput, Ercandize und SD nicht in Berlin wohnen, sehe ich sie viel seltener und so kommt es, dass wir auch viel mehr über Releases und solche Sachen sprechen, wenn wir uns dann mal sehen. Ich habe mich also schon ein bisschen eingewöhnt, aber ich habe immer noch ein Problem damit, auch mal auf den Tisch zu hauen. Ich will schon, dass alles freundschaftlich abläuft. Ich habe keinen Bock auf Business-Getue. Ab und zu muss man die Dinge ein bisschen trennen, dann lasse ich die unangenehmen Sachen die Jungs im Büro tun.

Bist du denn durch die Vorfälle der letzten Monate, vor allem die Trennung von Eko und Valezka, noch skeptischer geworden?

Es sind halt zwei Leute nicht mehr dabei. Meine Grundskepsis hat sich auf jeden Fall verfestigt und ist ein kompletter Bestandteil meines Bewusstsein, wenn man das so sagen kann. Hat sich irgendwie total verrückt angehört gerade. (lacht) Menschen verändern sich. Manche haben einen komischen Charakter. Ich bin ja auch selbst nicht unbeteiligt an den Dingen, die passieren. Mein Problem ist einfach, dass ich auf die Musik bezogen ein sehr straighter Typ bin, was sich manchmal negativ auswirkt. Ich lasse mich ungern auf Kompromisse und Alternativen ein. Ich habe zehn Jahre hinter mir und weiß, wofür ich kämpfe. Für manche ist es dann schwer nachzuvollziehen und es kommt das Gefühl auf, dass ich bestimmte Sachen diktiere. So habe ich das aber meist nicht gemeint. Ich will Erfolg haben, aber dabei wirklich noch ein reines Gewissen.

Ich habe gelesen, dass du einen bestimmten Sound bei Optik haben willst, in den Eko nicht mehr hineinpasste. Was ist denn deine Vision dieses Optik- Sounds?

Ich denke nicht, dass wir alle einen ähnlichen Style oder einen bestimmten Sound haben müssen. Es soll einfach nur ein bestimmtes Feeling repräsentieren. Optik steht für einen eigenständigen Sound, der nicht an bestimmten anderen Dingen orientiert ist. Optik soll für Qualität stehen. Ich habe alle unsere Künstler über die Musik kennen gelernt. Jeder hat eine Geschichte, und ich will so jemanden wie Ercan natürlich in keiner Weise umkrempeln. Ich will die Leute für das, was sie schon darstellen. Bei Leuten wie Eko oder M.O.R. war es anders. Ich war der Erste, mit dem die fest zusammengearbeitet haben. Bei Eko habe ich einfach das Talent gesehen und versucht, meinen Einfluss auszuüben, weil ich eine Vorstellung hatte, was daraus werden könnte. Das läuft bei meinen neuen Künstlern aber ganz anders ab.

Bitte charakterisiere jeden einzelnen der neuen Optik-Künstler kurz! Zuerst Ercandize.

Ercan ist mir eine sehr lange Zeit nicht aufgefallen, weil ich im Ruhrpott mehr mit Laki und den Creutzfeld & Jakob-Jungs zu tun hatte. ABS habe ich mir nie so intensiv angehört. Das war halt konstanter, realer Hip Hop-Kram. Richtig aufgefallen ist er mir erst auf Costas [Illmatic von 3p, Anm. d. Red.] Album, wo ich gemerkt habe, dass er nicht mehr diesen Old School Style hat, sondern inzwischen viel batttlelastiger rappt. Ich habe ihn nach Berlin eingeladen, und er ist ein sehr lustiger Typ, aber bei der Arbeit zu 100 Prozent konzentriert. Das hat mich schon sehr beeindruckt. Das ist eine gute Basis. Und Ercan ist halt auch ein Typ, der qualitativ unglaubliche Sprünge macht. Das, was der vor drei Monaten gemacht hat, ist auf einem ganz anderen Level als das, was er jetzt macht. Er entwickelt sich ständig und ist eigentlich ein perfekter MC.

Nun zu SD, der immer so wirkt, als ob er ein bisschen neben der Spur liegt.

SD ist auf jeden Fall ein sehr spektakulärer Typ, und er ist sozusagen der Star des Labels, ohne die anderen dadurch abwerten zu wollen. SD hat einfach eine herausstechende Persönlichkeit. Er ist sehr groß und guckt immer sehr böse. Man weiß nie, was er denkt. Manchmal hat man das Gefühl, er hört einem gar nicht zu, aber er ist in Wirklichkeit hochkonzentriert und merkt sich alles, was du sagst. Auf der anderen Seite kann man sich über ihn ständig kaputtlachen. Ich glaube, dass SD die gesamte deutsche Hip Hop-Welt umkrempeln könnte, wenn er wollte. Als er mir seine EP gegeben hat, habe ich sie mir im Auto auf dem Heimweg angehört und bin absolut durchgedreht. Ich habe geschrieen, weil ich so begeistert war. SD ist einfach ein Burner-MC. Mehr kann man zu ihm nicht sagen.

Dann noch etwas zu Caput, bitte.

Caput ist der erste Artist, den wir durch eine Demo-Aktion gesignt haben. Am Anfang wusste ich nicht so recht, was ich von seinem Kram halten sollte, weil ich ihn auch noch nicht kannte. Dieses ganze Tupac-Ding und seinen Namen fand ich erst mal seltsam. Ich dachte: Was fährt der da für einen Film? Als ich ihn kennen lernte, hat mich begeistert, was für ein offener Typ er ist. Er hat einen sehr eigenen Sound, vor allem sein Geschmack, was Beats angeht, ist sehr eigen. Ich dachte zuerst, dass er sein Tupac-Ding für immer genau so durchziehen wollte, aber als er mit SD, Ercan, Amar und mir in Berlin gechillt und aufgenommen hat, da hat er kopfmäßig noch mal ein paar Sprünge gemacht. Er hat sich auf das Spitter-Ding eingelassen, auf Double- und Triple-Rhymes, und er ist auch auf jeden Fall ein Arbeitstier. Die EP "Sieben" ist ja schon ein bisschen älter. Die Leute draußen werden so etwas noch nie gehört haben, aber trotzdem hat er sich in der Zwischenzeit schon wieder weiterentwickelt. Er ist jedenfalls einer, an dem sich die Geister scheiden.

D ann gab es die Meldung, dass Azad auch noch eine EP mit dem Titel "Phoenix" bei euch veröffentlichen sollte. Was ist daraus geworden?

Zuerst wollten wir diese EP machen. Das Problem war dann nur, dass Azad und ich ja auch gerade unser gemeinsames Album aufnehmen [unter dem Titel „One“, Anm. d. Red.]. Außerdem hat er ein ganzes Album mit seiner Crew "Warheit" aufgenommen. Und da Azad seine Musik sehr ernst nimmt, fehlt einfach die Zeit, um die EP quasi nebenbei fertigzustellen. Wenn er etwas herausbringt, will er, dass das Ganze wirklich gut ist und seinen Stand repräsentiert. Er will nichts mal eben schnell raushauen, sondern sich lieber Zeit lassen. Schade, aber ich kann das absolut verstehen. Also wird das mit der EP leider nichts.

Optik ist als Sub-Label vom Major BMG strukturiert. Was sind die Vor- und Nachteile?

Wir haben dadurch weder großartige Vor- noch Nachteile. Als ich meinen Bandübernahmevertrag bei der BMG unterschrieben habe, wollte ich halt einen Vorschuss bekommen, um das Label überhaupt starten zu können. Das hat auch funktioniert, aber es war auch nicht so viel, dass es für große Sprünge gereicht hat. Wir konnten gerade mal das Büro einrichten und eine Ladung Merchandise herstellen. Zu dem Zeitpunkt war das gut, weil ich das Geld nicht hatte. Natürlich arbeiten wir cool mit der BMG zusammen, und wenn die Interesse an einem unserer Acts haben, dann bin ich gern bereit zu verhandeln, aber sonst gibt es keine wirklich großen Vorteile. Reingeredet wird uns jedenfalls von den BMG-Leuten nicht. Seitdem ich bei BMG bin, wurde mir wirklich noch nie gesagt, wie ich meine Musik zu machen hätte. Alles waren meine eigenen Entscheidungen, und das ist auch in unserem Vertrag festgehalten worden. Das ist auch die einzige Möglichkeit für Subword, vernünftig mit so vielen Künstlern zu arbeiten.

Es kommen ja noch einige weitere Releases auf Optik Records.

Erst mal kommt eine Best-Of-Mix-CD von mir mit dem Titel "Euer bester Freund", weil ich oft gesehen habe, dass sich die Leute selbst so Tapes mit ihren Lieblings-Featureparts und Sampler-Tracks von mir zusammengeschnitten haben. Jetzt hat DJ Katch Money aus Frankfurt so etwas für mich zusammengestellt. Dann kommt von mir noch ein Remix-Album mit dem Titel "Die besten Tage sind gezählt" und ein Best-Of-Mixtape von Ercandize. Das Producer-Album von Melbeatz kommt im Frühjahr, und später wahrscheinlich auch noch ein Optik-Album. Dafür wollen wir uns allerdings richtig Zeit nehmen. Ich habe so viel gearbeitet in letzter Zeit, weil ich einfach die Lust am Rappen so richtig wiedergefunden habe. Das ging mit meinem Album letztes Jahr los. Vorher hatte ich keine Themen, über die ich schreiben konnte, aber seit dem Album will ich wieder so viel rappen wie möglich. Ich arbeite wie ein Ochse. Nach dem Album mit Azad setze ich mich an mein zweites Soloalbum.

Dann auf jeden Fall viel Glück und alles Gute für Optik Records.

Danke, Mann. Und danke für das Interview.

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