"Die Möglichkeit der Unvernunft", Jan Böhmermanns aktuelle Ausstellung im Berliner Haus der Kulturen, hat in den vergangenen Wochen für einige Diskussionen gesorgt – insbesondere durch die Absage des für den 7. Oktober geplanten Auftritts von Chefket. Kulturstaatsminister Wolfram Weimer hatte zuvor in einem offenen Brief kritisiert, dass der Rapper auf Instagram in einem Trikot zu sehen war, das den gewünschten Staat Palästina ohne Israel abbildete. Im Gespräch mit dem Spiegel äußert sich Chefket nun erstmals selbst zu den damit einhergehenden Antisemitismus-Vorwürfen.
Chefket verteidigt sich: "Ich sehe da keinen Antisemitismus"
Chefket wird in dem Interview ganz konkret auf sein Trikot angesprochen: "War Ihnen nicht bewusst, dass man das als Leugnung des Existenzrechts Israels lesen kann?" Der 43-Jährige bezieht klare Stellung.
"Ich sehe da keinen Antisemitismus. Ich sehe auch in meiner Solidarität mit Palästina keinen Antisemitismus."
Denn dass er mit seinem Trikot auf das dortige Leid aufmerksam machen wolle, bedeute im Umkehrschluss nicht, dass er sich damit automatisch auch gegen die Menschen in Israel positioniere. Generell warnt Chefket davor, den Antisemitismus-Begriff zu inflationär einzusetzen: Judenhass sei eine reale Gefahr, die dadurch nicht an Bedeutung verlieren dürfe.
Abseits von der aktuellen Debatte habe er sich ohnehin schon immer "für Menschenrechte und gegen Völkermord" ausgesprochen. Für Chefket gehöre es schlicht zur Hiphop-Kultur dazu, sich gegen Unterdrückung jeglicher Form aufzulehnen. Das Trikot zu tragen sei deshalb aus seiner Sicht auch kein Fehler gewesen. Die weitere Diskussion überlässt er denjenigen, die er in dieser Sache für befugter erachtet als sich selbst. "Ich bin Rapper, kein Historiker", gibt er zu verstehen.
Jan Böhmermanns Ausstellung läuft noch bis zum Sonntag, den 19. Oktober. Den Auftritt wird er aber definitiv nicht nachholen, versichert Chefket. Dafür sei die gesamte Situation mittlerweile "politisch zu aufgeladen".
"Von meiner Seite aus ist das völlig vom Tisch. Ich kann das nicht machen."
Wolfram Weimer, der selbst im Aufsichtsrats des HKWs sitzt, kritsierte in einem offenen Brief an die Intendanten des Hauses den geplanten Auftritt von Chefket. Dabei ging es ihm nicht nur um das Trikot selbst, dessen Motiv nach Auffassung der Bundesregierung als antisemitisch wahrzunehmen sei, sondern auch um den angepeilten Termin der Show. Chefket sollte am 7. Oktober spielen – also an dem Tag, an dem sich der Angriff der Hamas auf Israel zum zweiten Mal jährte.
Jan Böhmermann & Wolfram Weimer diskutieren über das Thema
Im Rahmen der Ausstellung hat in dieser Woche ein Live-Gespräch zwischen Jan Böhmermann und Wolfram Weimer stattgefunden. Ursprünglich sollte sich dabei alles ums Thema "Technik killt Kultur?" drehen. Die öffentlichkeitswirksame Konzertabsage war dabei der sprichwörtliche Elefant im Raum, der hier natürlich nicht ignoriert wurde.
Wie unter anderem der SWR berichtet, habe Böhmermann sich dort eingestanden, dass es besser gewesen wäre, "an diesem Tag kein Konzert zu planen". Gleichzeitig ist er der Meinung, dass die Kunst "über jeden Antisemitismus-Zweifel erhaben" sei. Den Auftritt von Chefket habe er demnach gar nicht absagen, sondern auf einen anderen Termin verschieben wollen.
Darüber hinaus hat Böhmermann seinem Gesprächspartner vorgeworfen, die Debatte mit seinem offenen Brief politisch aufzuladen. Weimer hätte ihn einfach anrufen können, habe stattdessen jedoch "autoritär reinregiert", wie der Tagesspiegel ihn zitiert. Die neueste Ausgabe vom ZDF Magazin Royale, die ausnahmsweise direkt im Haus der Kutluren der Welt produziert wurde, kommt daher auch nicht ohne einen Seitenhieb gegen den Kulturstaatsminister aus.
Nach der Absage an Chefket sind auch die anderen Musik-Acts, die bei der Ausstellung auftreten sollten, von ihrem geplanten Auftritt zurückgetreten. Detailliertere Informationen dazu findest du hier:
