Massiv - Ich bin auch Hiphop! (Interview)
"Hiphop [ist] die einzige Musikrichtung, die wirklich verbindet, Kulturen vereint und die Kids auf der Straße erreicht. Es ist sehr wertvolle Musik." Massiv ist weg vom Major Label und will mit seinem am 6. November erscheinenden Album Der Ghettotraum in Handarbeit beweisen, dass er es alleine besser kann. "Die von Sony" sind für ihn "Clowns", er sieht sich heute "an dem Punkt, wo Bushido damals war, als er bei Universal unterschrieben hat". Für Wasiem Taha ist Massiv "ein Produkt" dass durch Provokation vermarktet werden muss. Während viele seine Karriere für so gescheitert, wie die Zeit bei Sony halten, ist er überzeugt, dass es jetzt erst richtig los geht.
Doch nicht nur von Sony Music fühlt  sich Massiv schlecht behandelt. Im Gespräch, dass wir mit ihm bei seinen Eltern in Berlin führten, geht es auch um die " splash! -Sekte", mangelden Zusammenhalt in der Rap Welt und die Medien, die Hiphopper in die Enge treiben. Das Wort Hiphop fiel sowieso ziemlich oft. Wenn man nach den Sido und Bushido Interviews der letzten Monate nun  Massiv zuhört, müsste die Zeit, in der Deutschrap und Straßenrap zwei Welten waren, eigentlich vorbei sein. "Das ist Hiphop, wir werden alle zu sehr in die Enge getrieben. Wenn wir selbst uns nicht helfen, dann wird das auch so bleiben." Auf deiner neuen Website war eine Flashanimation zu sehen, die es dem User erlaubt, auf dich zu schießen. Wenn man trifft, fließt Blut. Was war die Intention dahinter?
Bei meiner Person gibt es kein Mittelding, entweder man liebt oder man hasst mich. Ich wollte die Leute dazu einladen, einmal der Täter zu sein. Für mich fungiert das als Promo-Tool, da man dadurch automatisch gezwungen ist, meine News zu lesen. Es war auf jeden Fall eine super Idee von mir. Zuerst war geplant, dass man zwischen verschiedenen Waffen wählen kann, aber am Ende haben ich und mein Grafiker uns darauf geeinigt, nur eine Waffe zu nehmen. Da waren vorher zum Beispiel auch noch MGs geplant.
Es gibt ja bekanntlich einige Leute, die sich durch sowas provoziert fühlen. Hast du keine Angst davor dich selbst als Zielscheibe anzubieten?
Die Leute fühlen sich so oder so provoziert durch meine Person. Wenn ich noch einen draufsetzte, dann haben die nur noch mehr zu labern. Ich gebe denen im Prinzip genau das, was sie haben wollen. Ich bin ein Künstler, der die Leute entertainen will und ich denke, dass hier in Deutschland zu wenig entertaint wird. In den USA laufen wir den Times Square entlang und über meinem Kopf hängt ein 25 Meter langes Plakat von Kimbo Slice . Der Kerl ist ein Streetfighter der seine Straßenkämpfe in Hinterhöfen und Gärten von Blockwohnungen macht, aber in Amerika wird er gehypt und zum Star gemacht. Wenn ich sowas sehe, denke ich, dass in Deutschland was fehlt. Die Kultur muss offener für die Dinge werden, auf die Kids Bock haben. Ich denke schon, dass die Kids heutzutage unterscheiden können, was in Ordnung ist und was nicht. Die schauen sich auch Transformers 2 an. Da werden Leute brutal zerquetscht. Das ist dasselbe wie meine Musik. Du hast in New York deinen neuen Videoclip Eiszeit gedreht. Welche Eindrücke von der Stadt und ihrer Rapszene hast du sammeln können?
Es war unglaublich, es ist die Stadt der Städte. Wenn du in New York warst und nach Berlin zurück kommst, hast du das Gefühl, du landest in einem Dorf. Es war überwältigend zu den Wurzeln des Hiphops zurückzukehren. Ich war in Brooklyn, Queens, Harlem und habe mir wirklich alles angeschaut und mit verschiedenen Leuten vor Ort gesprochen. Auf meine weitere musikalische Laufbahn wird sich das auf jeden Fall inspirierend auswirken. Dort fangen plötzlich 40-jährige in der U-Bahn an zu freestylen. Daran siehst du, wie weit die Kultur dort ist. Ich habe einen Test gemacht und in einer Mc Donalds Filiale in Manhatten so laut gebrüllt, wie ich nur konnte. Es hat sich kein Mensch nach mir umgedreht. Dort ist es scheiß egal wie du aussiehst, wie du bist und was du machst, weil dort jeder seinen eigenen Film schiebt und macht was er will. Nur wenn du Glück hast, fällst du dort auf. Dass die Rapszene in ihrer Geburtsstadt weiter ist, als bei uns, überrascht ja nicht, aber woran mangelt es in Deutschland?
Wir feiern uns zu wenig. Stattdessen finden wir uns alle gegenseitig scheiße. Schau dir die BET Awards in den USA an. Lil Wayne betritt die Bühne, performt einen Song und schon stehen alle anderen auf und tanzen oder singen mit. Von P.Diddy bis zu MC Thomas aus New Jersey. Ich kann mir nicht vorstellen, dass hier irgendeiner zu einem Song eines anderen X-beliebigen Rappers mit dem Kopf nickt. Man hatet sich lieber, das ist Deutschland!
Bist du wirklich der Meinung, dass man das verallgemeinern kann? Keine Frage, die "Hateration" im Hiphop ist sehr krass, aber das ist nicht nur hierzulande so. Woher kommt dieser Hass überhaupt?
Die Hiphop Kultur ist hier in Deutschland noch nicht so weit. Nehmen wir Frankreich als Beispiel. Ich habe früher an der Grenze zu Frankreich gelebt. Wenn du dort in den Club gehst, läuft dort nur französische Rapmusik. Booba , Rhoff und Sefyu . Du feierst die Musik und gehst am nächsten Tag ins Geschäft und kaufst dir warscheinlich die neue Single oder das Album. Dadurch erhöht sich der CD-Absatz. Jetzt der Vergleich hier in Deutschland: Du gehst in die Disko, es läuft Lady Gaga s Pokerface . Du schaltest das Radio ein, es läuft Pokerface . Du schaltest den Fernseher ein und was läuft? Pokerface . Da ist es doch kein Wunder, dass Lady Gaga mit Geld um sich schmeißt, weil du am nächsten Tag in den Laden gehst und ihre Platte kaufst, anstatt die von Sido , Samy Deluxe oder Savas . Wir könnten hier alle zusammen viel mehr verkaufen, uns wurden nur die nötigen Plattformen weggenommen. Ich bin auch nicht der Meinung, dass Hiphop tot ist, aber wenn sich die komplette Rap-Industrie nur auf einen Sido oder Bushido konzentriert, die ein Jahr lang jedes Cover der Bravo Hip Hop zieren, dann ist doch klar, dass die beiden logischerweise immer noch gut verkaufen. Im Gegensatz dazu werden aufstrebenden Künstlern und Newcomern kaum Plattformen geboten. So tötet man Hiphop.
Was könnte jeder einzelne dafür tun, dass die Hatteration abnimmt und wir wieder ein größeres Gemeinschaftsgefühl aufbauen?
Jeder einzelene Rapper sollte seine Kollegen ein bisschen feiern, man sollte sich gegenseitig pushen, sich gegenseitig einladen und auf verschiedenen Platten gemeinsame Projekte starten. Man sollte wirklich aktiv gemeinsam versuchen aus dieser Krise rauszukommen, die ich persönlich gar nicht als wirkliche Krise sehe. Denn es gibt ja auch ein, zwei Leute die hier in Deutschland was zu sagen haben und diese Meinung, dass Hiphop tot ist, breit treten, um im Anschluss davon zu profitieren. Aber generell ist Hiphop die einzige Musikrichtung, die wirklich verbindet, Kulturen vereint und die Kids auf der Straße erreicht. Es ist sehr wertvolle Musik. Es gibt doch schon einige Künstler, die zusammen arbeiten...
Aber das sind doch immer dieselben. Man wartet doch eigendlich darauf, dass die alle in Rente gehen, wen interessieren die denn noch? Wenn wir ein sauberes Newcomer-Wachstum hätten, dann wären doch schon längst irgendwelche 19, 20-jährigen da, die Zugriff auf die gleichen Plattformen hätten wie die 34-jährigen, die heute an der Spitze sind. Selbst wenn die heute nicht mehr soviel verkaufen wie früher, haben sie immer noch die festen Plattformen, die eigendlich die Newcomer brauchen. Ihr Fame ist doch schon ausgebadet, was wollen die denn noch? Es gibt Leute die einen gewissen Namen haben, dann gibt es die ganz berühmten und dazwischen ist ein richtig krasses Loch.
In den USA ist diese Kluft nicht so groß. Dort können Newcomer schneller  einen sehr großen Hype bekommen. Im Moment beispielsweise Drake oder Kid Cudi.
Genau! Drake ist Newcomer und bekommt mehrere Cover auf den bekanntesten Magazinen und zusätzlich bekommt er Videofeatures von Eminem und Co. Dort ist es gang und gäbe, dass jeder auf den Zug aufspringt und ihn in seinem Hype unterstützt. Womit wir wieder bei deiner These angekommen wären, dass sich die Rapper hierzulande zu wenig unterstützen... Wie gehst du selbst mit mit dieser Negativität im Rap um?
Ich tue das, was jeder macht: Ich fahre meinen eigenen Film. Aber ich hätte auch Bock aufs splash! zu gehen. Ich rappe seit drei Jahren, habe einen übertriebenen Output und Songs, die in Deutschland kursieren. Ich bin ein polarisierender Künstler. Wenn ich etwas veröffentliche, dann hört es Deutschland. Ich habe Klickzahlen, die sprechen für sich. Trotz dieser Facts bekomme ich nicht die Chance dort aufzutreten. Ich werde gar nicht danach gefragt, ob ich das möchte. Selbst wenn die Leute mich dort mit Bier- und Wasserflaschen bewerfen würden, dann sei das mal mir überlassen. Aber wenn du dir das splash! anschaust, merkst du schnell, dass dort jedes Jahr dieselben Künstler am Start sind. Die Hälfte dieser Künstler sind noch nicht mal ansatzweise so polarisierend wie ich.
Woran liegt es, dass sie dich nicht einladen?
Sie sind der Meinung, dass das splash! Ein reines Backpacker-Ding ist. Einer der Streetrap macht muss sich auf jeden Fall gut mit Savas verstehen, damit er dort auftreten darf. Das ist eine in sich geschlossene Community, in die man nur sehr schwer reinkommt. Das kommt mir fast vor wie eine Sekte. Ich mache zwar Straßenrap, aber wer mich kennt weiß, dass ich auf dem Album viele nachdenkliche und politische Tracks habe, die die Backpacker-Rapper gar nicht bringen könnten. Kein Backpacker kann irgendein Kind aus dem Ghetto dazu bringen, sich durch seine Musik zu verändern. Da gebe ich dir sogar meine Unterschrift drauf. Um das zu tun habe ich meine Stimme und die nutze ich. Ich mache in der Hinsicht sehr viele gute Sachen, auf die man gar nicht guckt. Wenn man mir aber die Chance geben würde meine Musik auch auf solchen Plattformen wie dem splash! oder dem Hiphop Open zu performen, dann würde ich auf jeden Fall ja dazu sagen, egal wie das Publikum reagiert. Ich bin auch Hiphop! Ich bringe jetzt alle neun Monate ein neues, hochwertiges Album raus, mit sehr schönen Videos. Ich bezahle aus meiner eigenen Tasche, stecke Geld in die Videos und meine Plattformen. Ich habe mir einen großen Teil dieser Struktur selbst aufgebaut, dass sollte man respektieren. Doch selbst wenn ich mit Skateboard, Rucksack und schiefer Kappe rumlaufen würde - ich würde trotzdem nicht eingeladen werden. Ich kann mich nicht noch mehr anpassen, als Hiphop zu machen. Du würdest dir also auch von anderen Richtungen mehr Feedback wünschen.
Natürlich, dass ist doch ganz menschlich. Es ist doch normal, dass du dich in einer solchen Situation wie der, die ich dir geschildert habe, in die Enge gedrängt fühlst. Die Leute schieben alle ihren Film, du machst dann als Konsequenz daraus das gleiche. Aber wenn dann irgendwas passiert, zeigen alle mit dem Finger auf dich. Wie du grade erwähnt hast, machst du viele tiefgründige Songs, die Hoffnung vermitteln sollen. Diese sanfte Seite von dir wird aber von den Medien kaum wahrgenommen. Fühlst du dich missverstanden?
Ja natürlich, weil die Medien Hiphop wirklich nur als Sache sehen, wo sie mit dem Finger draufzeigen können. Nehmen wir an ich mache ein Album, dass 17 Songs beinhaltet und nur einer davon ist hart. Auf den anderen 16 Tracks rappe ich über Liebe und Hoffnung. Wenn dann irgendwas passiert, zeigen sie nur auf die Textzeilen des einen Songs, der hart ist. Ich stell mir das ziemlich depremierend vor, wenn man gute Absichten hat, die aber nicht gesehen werden...
Ja, das deprimiert auch, aber wir sind Hiphopper und müssen damit leben. Das ist Hiphop, wir werden alle zu sehr in die Enge getrieben. Wenn wir selbst uns nicht helfen, dann wird das auch so bleiben. Bald erscheint dein neues Album Der Ghettotraum in Handarbeit. Du machst darauf den Straßenrap, den du zu Anfang deiner Karriere gemacht hast und willst damit einen neuen Hype auszulösen. Wie soll das gelingen? Straßenrap ist ja keine neue Erfindung mehr.
Straßenrap ist nicht ansatzweise tot, denn solange auch nur eine Person etwas zu sagen hat, kann man das nicht totschweigen. Es kommt nur darauf an, wer es macht und wie man es rüberbringt. Bevor ich zu Sony gegangen bin, habe ich auch alles selber gemacht. Jetzt bin ich nicht mehr dort und mache wieder das, was ich am Besten kann und was mich groß gemacht hat: Meine Fresse ganz weit aufreißen und so laut brüllen, wie ich nur kann. Und ich mache etwas, dass die anderen nicht machen: ich entertaine die Leute. Nehmen wir als Beispiel meine Homepage, von der wir zu Anfang gesprochen haben. Dadurch mache ich auf mich aufmerksam nach dem Motto: Hey ich bring eine neue Platte raus, komm und baller mich ab! Ob du mich liebst oder hasst, komm und lade das Magazin und knall ab! Ich lasse die Leute in eine Welt eintauchen, in der sie immer was zu labern haben. Alle denken immer man könnte gewisse Dinge nur tun, wenn man ein Major im Rücken hat. Viele denken auch, dass nur ein Major es schafft, dich als Künstler berühmt zu machen und dich auf das nächste Level zu bringen, aber so ist es nicht. Es war bei mir persönlich absolut nicht der Fall. Nachdem ich vom Major weg war, wollte ich mit einer Struktur antworten, von der jeder geschockt ist. Deswegen musste ich ein Video machen, wo jeder nach dem Ansehen die Fresse hält. Die Leute sollten sich denken: Aha, man braucht also gar kein Major um sowas auf die Beine zu stellen . Das habe ich für Hiphop getan! Ich habe die Messlatte jetzt hochgesetzt und versuche dadurch einen neuen Standard in der Szene einzuführen. Ich werde in der nächsten Zeit zeigen, dass ich dieses Level auch halten kann. Die Leute sind zur Zeit schockiert, selbst Leute die mich vorher gehasst haben, geben mir jetzt Probs. Das Video hat geschockt, die Homepage hat geschockt und jetzt wird mein Album schocken. Ich baue jetzt die Struktur und die Plattform für meine nächsten Werke auf. Eigendlich sollte Ghettotraum in Handarbeit auch über Sony erscheinen, aber dass habe ich schnell abgesagt als ich merkte, dass es in die falsche Richtung läuft. Anstatt das Releasedate zu verschieben, habe ich mir gedacht, dass ich genau jetzt den Leuten zeigen kann, dass ich dazu fähig bin, in einer solch kurzen Zeit eine eigene Struktur aufzubauen. Viele, die vom Major weggehen , fallen erstmal für zwei, drei Jahre in ein tiefes Loch und überlegen, wo sie signen möchten und schleimen dementsprechend rum, um eine neue Plattform zu bekommen. Aber ich sage dir: Man braucht keine Plattform, außer sich selbst – das ist mein Motto. Wenn man das nicht selbst auf die Reihe bekommt, dann soll man aufhören. Mir soll auch keiner mehr erzählen, dass er alles aufgegeben hätte, denn ich habe wirklich alles aufgegeben. Das schwöre ich dir sogar auf meine Mutter. Ich habe wirklich alles aufgegeben. Es ist nicht alles so heiti teiti wie es aussieht. Ich habe für das Eiszeit Video aus meiner eigenen Tasche bezahlt und das war alles andere als wenig. In Deutschland wirst du durch Musik kein Millionär, aber ich bin trotzdem bereit gewesen, mehr als 200% in mein neues Werk zu investieren, anstatt mich zurückzuziehen und von meinen Ersparnissen zu leben. Ich habe mir gedacht, dass ich grade jetzt in dieser Situation aus der Versenkung rauskommen muss, um den Leuten zu zeigen, dass Hiphop lebt. Dafür muss man etwas opfern. Du kannst keine dicken Ketten anziehen, die du dir bei Ebay ersteigert hast und einen auf coolen Rapper machen, ohne etwas dafür zu tun. Selbst wenn dich von 100 Leuten 99 haten , musst du weiter machen, denn irgendwann kippt die Bilanz. Das verhält sich wie eine Waage. Mich haten viele Leute, aber seit ich dieses Video gemacht habe, geben mir genau diese Leute Probs. Das ist meine Genugtuung. Man hatte bei Sony auch immer das Gefühl, als wenn sie dort nicht so richtig wüssten, was sie mit dir anfangen sollen...
Die von Sony haben mich nur in die Enge gedrängt, Meetings mit mir gemacht und meine CDs ins Regal gestellt – das war alles. Wenn es nach denen gegangen wäre, wäre ich heute Backround Tänzer von Detlef D! Soost .
Am Anfang war alles cool. Die waren in München, ich in Berlin und ich hatte ein paar PR-Berater, die sich um mich gekümmert haben. Als ich einen Monat, bevor mein erstes Major-Album erschienen ist, angeschossen wurde, haben sie mich komplett fallen gelassen und sich nicht mehr um mich gekümmert. Das wäre ihnen eine Nummer zu groß, meinten sie. Von der obersten Etage sagten sie mir, ich dürfte mich nicht dazu äußern und falls ich es doch täte, wäre es Vertragsbruch. Ich durfte mich also weder verteidigen, noch wurde mir ein Pressesprecher zur Seite gestellt. Das Ganze entwickelte sich hinterher in die Richtung, dass ich acht Monate keine Interviews mehr geben konnte mich noch nicht mal mehr zu meiner Musik äußern durfte. Null Interviews, null Plattformen – die CD wurde einfach nur ins Regal gestellt. Für Sony war das gut, denn um Massiv herum konnte nichts passieren. Aber wer Massiv kennt, der weiß, dass Massiv ein Produkt ist. Du musst provozieren, du musst an die Front und du musst die Kids erreichen. Ich bin ja nicht ein Kilo Karotten, dass man für den Haushalt braucht. Man muss mich bewerben und man muss sagen was auf der Platte ist, wer da drauf ist und warum man diesen Song aufgenommen hat, wie man auf die Idee gekommen ist, einen Song namens Blutsbruder zu machen. Die Platte nur ins Regal zu stellen, reicht bei weitem nicht. Während meiner Zeit bei Sony gab es beispielsweise auch Anfragen von Johannes B. Kerner oder Günther Jauch . Das alles wurde von Sony abgesagt. Diese Plattformen wurden mir einfach gestrichen, obwohl ich gerne alle wahrgenommen hätte. Ich hatte eine gute Basis und genügend Angebote, die mir geholfen hätten, den nächsten großen Schritt zu machen. Jetzt möchte ich den nächsten großen Schritt auf eigene Initiative machen. Musik ist mein Leben und ich möchte noch mehr Menschen damit erreichen, als ich es ohnehin schon tue. Umso mehr Leute ich erreiche, umso mehr Platten kann ich verkaufen und umso mehr Geld kann ich machen. Soviel Geld machst du mit Musik nicht. Es ist wirklich so, dass du viel selbst investieren und viele Opfer bringen musst. Deswegen ist es auf jeden Fall sehr wichtig für mich alles wahrzunehmen, was ich angeboten bekomme. Die von Sony waren ein Haufen Clowns die keine Ahnung hatten. Ich möchte auf jeden Fall unterstreichen, dass Deutschland Hiphop-mäßig im Major-Bereich echt absturz ist. In Frankreich bekommen Leute Major-Deals die dir erzählen, wie sie dir die Waffe in den Mund schieben. Hier bekommt keiner mehr Major-Deals, weil keiner mehr auf Hiphop baut. Es liegt an uns die Struktur wieder vom Independent Vertrieb her aufzubauen.  
Du wirst oft mit Bushido verglichen. Was unterscheidet euch beide voneinander? Stört dich dieser Vergleich?
Meine Vergangenheit ist jetzt die Majorsache und das Ghettolied . Ich habe viel gesehen, erlebt und gelernt. Ich bin jetzt an dem Punkt, wo es richtig anfängt. An dem Punkt wo Bushido damals war, als er bei Universal unterschrieben hat. So sehe ich mich in diesem Vergleich. Ich fühle mich noch jung, frisch, bin 26, habe großen Output und bin sehr hungrig. Ich sehe mich in den nächsten zwei, drei Jahren auf jeden Fall ganz oben, wenn ich jetzt straigt weiterarbeite. Der Vergleich mit Bushido stört mich nicht, denn er macht sein Ding und ich mache meins. Ich fahre aber einen komplett anderen Film als er.
Welche Rolle spielt Religion für dich in deinem Leben? Viele deiner Texte lassen sich leider nicht damit in Einklang bringen...
Religion spielt für mich eine sehr wichtige Rolle. Ich bin Palästinenser, Muslim und man macht zur Zeit die wichtigsten Sachen wie Ramadan und vielleicht Freitags beten. Aber ich werde mich auf jeden Fall mehr damit befassen, wenn ich ein bisschen sündenfreier bin. Ich meine mit "sündenfreier" nicht, dass ich ein übertriebener Alkoholiker bin oder Drogen nehme, sondern dass ich weiß, dass ich mit der Musik die ich mache auf jeden Fall für die ein oder andere Sünde sorge.
Denkst du denn, dass dich dein Künstlerdasein menschlich verändert hat?
Nein. Wer mich kennt weiß das auch. Ich bin noch viel lockerer als die Leute draußen, die breitgepumpt rumlaufen. Ich bin wirklich übertrieben auf dem Boden geblieben, es gibt gar keinen Grund abzuheben. Gar nicht. Der einzige Grund abzuheben wäre, wenn ich im Lotto gewinne und drei Meter hoch in die Luft springe. (lacht)
Wie sieht denn so ein ganz normaler Tag in deinem Leben aus? Wenn man von deinen Texten ausgeht, müsste das ja ziemlich actionlastig sein...
Ein ganz normaler Tag sieht so aus, dass ich morgens aufstehe, trainieren gehe und dann ins Studio. Mir bleibt wirklich keine Zeit mehr für irgendwelche Raubüberfälle und das tut mir auch leid für meine Fans. (lacht)
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