Nach Kultur-Lockdown appelliert Ahzumjot an Regierung: "Wir sind keine Clowns"

Ein neuer Lockdown ist seit gestern beschlossene Sache. Auch wenn es sich um eine Light-Version handelt, ist die Kulturbranche ähnlich schwer betroffen, wie durch die Corona-Maßnahmen im Frühjahr. Kinos, Theater, Konzert-Locations – alles wird ab dem 2. November wieder komplett dichtgemacht. Ein viral gegangenes Video des berühmten Jazz-Trompeters Till Brönner nimmt Ahzumjot nun zum Anlass, mit eigenen Worten auf die dramatische Situation für die gesamte Unterhaltungsbranche aufmerksam zu machen.

Kultur im Lockdown: Ahzumjot stellt Frage nach Systemrelevanz

In der Berichterstattung rund um Corona ist oft von "systemrelevanten Berufen" zu lesen. Damit gemeint sind zumeist die Jobs, die den Einzelhandel oder das Gesundheitssystem am Laufen halten. Dass dort nicht direkt die Kulturbranche aufgeführt wird, hat für Ahzumjot auch mit einer schrägen Selbstwahrnehmung zu tun. "Kunst und Kultur weiß selber nicht, was sie wert ist", erklärt er. Dabei begleiten Künstler*innen uns durch den Alltag – bieten emotionale Rückzugsorte und helfen in schwierigen Phasen des Lebens. Mit der permanenten Verfügbarkeit von Kulturangeboten im Online-Bereich entstehe aber der Eindruck, dass Kunst einfach selbstverständlich wäre.

Dieses Gefühl bekommt Ahzumjot ebenfalls anhand der Entscheidungen der Bundesregierung vermittelt. Große Konzerne etwa erhalten milliardenschwere Hilfspakete. Der Rettungsdeal mit der Lufthansa kostet den Bund Milliarden. Auch dem TUI-Konzern wurde ein Milliardenkredit bewilligt. Die Menschen aus der Kultur- und Kreativbranche hingegen können ihren Beruf nicht ausüben, driften in eine unverschuldete Arbeitslosigkeit ab oder müssen sich mit anderen Jobs über Wasser halten. Das auf den Weg gebrachte Programm "Neustart Kultur" wirkt im Vergleich zu den Konzernhilfen eher wie ein Tropfen auf dem heißen Stein. Ahzumjot führt als Beispiel für das Missmanagement, die Situation eines befreundeten Lichttechnikers an. Dieser hätte in einer Eisdiele jobben müssen, um über die Runden zu kommen.

"Nehmt uns verdammt nochmal ernst. Wir sind alles keine Clowns, die närrisch irgendwie über den Hof geistern und alle bespaßen und dann diese Schminke auch noch tragen, wenn wir abends nach Hause kommen und uns ins Bett legen. Nein. Wir brauchen Hilfe. Facts. Und ich will auch gerade nicht zu cool dafür sein, das zuzugeben. [...] Wir brauchen Konzepte und Hilfe, aber diese können einfach nicht nur noch von uns kommen."

Ahzumjot pflichtet Till Brönner bei

Der bisherige Überlebensplan der Bundesregierung zeichnet für viele aus dem Unterhaltungssektor eine düstere Zukunft. Dabei ist die gesellschaftliche Bedeutung von Kultur tagtäglich greifbar. Dass das Bedürfnis nach Ablenkung und Events in diesem Pandemiejahr besonders ausgeprägt ist, spiegelt sich nicht zuletzt in privaten Feiern wider. Kulturangebote, die mitsamt Hygienekonzept hier Abhilfe schaffen könnten, fallen für den November weg. Für Ahzumjot ist diese brisante Situation jedoch kein Grund, sich auf die Seite derer zu schlagen, die Corona als Erfindung einer machtgeilen Elite abtun. Er spricht sich stattdessen für die gängigen Maßnahmen aus: "Tragt eure Masken. Haltet euch an die Regeln. Macht keinen Scheiß."

Dennoch ist sein Statement auch eine Art Weckruf an die Kulturszene. Es gehe darum, gemeinsam die Stimme zu erheben. Hier ist er ganz bei Till Brönner. Dieser ergänzt in seinem millionenfach gesehenen Video, das die Branche ja nicht zum Selbstzweck existiere, sondern jede Menge bares Geld erwirtschafte. Er spricht von 130 Milliarden, die in der Veranstaltungsbranche umgesetzt worden sein und bezieht sich dabei wohl auf eine Studie aus dem Juni.

"Kultur ist kein Luxus, sondern ein Menschenrecht und spült Geld in die Kassen des Staates".

Bei einer Kundgebung vom Aktionsbündnis #Alarmstuferot in Berlin traten gestern der Frontmann der Toten Hosen Campino und Schlagerstar Roland Kaiser ins Mikrofon. Ebenfalls nicht, um sich auf die Seite von Verschwörungsideologen zu schlagen, sondern um von der Politik nachhaltige Maßnahmen einzufordern, die den Menschen in der Unterhaltungsbranche eine Perspektive bieten. Auch dieser Zusammenschluss von Künstlern aus ganz unterschiedlichen Richtungen zeigt, dass so eine Krise nur als Kollektiv zu bewältigen ist.

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