Kollegah im Interview - Zuhälter, Schauspieler, Moslem mit Herz
Passend zur Veröffentlichung von Kollegah s Zuhältertape Vol. 3 baten wir den selbsternannten Boss zum Gespräch. Du erfährst unter anderem welche Dinge Kollegah im Leben wirklich wichtig sind und wie er damit umgeht, dass seine Texte im Widerspruch zu seinem Glauben stehen. Zudem erfährst du, welche Eigenschaften Kollegah auszeichnen und warum es besser ist, die Rapszene nicht immer allzu ernst zu nehmen... Welchen Stellenwert nimmt Rap in deinem Leben ein? Ich habe Rap in meiner ganzen Karriere immer als Nebensache angesehen und habe nie komplett diesen Rapfilm gefahren und mich darauf versteift. Viele Rapper, die sich voll auf Rap fokussieren, vernachlässigen dadurch andere Sachen und wundern sich hinterher, warum sie keine Kohle mehr haben. Im Gegensatz dazu habe ich immer darauf geachtet, Geld zu machen und die Rapsache nebenbei. Natürlich nimmt das Ganze mittlerweile mehr Zeit in Anspruch als vorher, da mein Bekanntheitsgrad steigt und ich mehr Auftritte habe. Jetzt am Wochenende hatte ich beispielsweise einen Auftritt, wo ich für eine halbe Stunde auf der Bühne 1.300 Euro bekommen habe. Manch ein Angestellter verdient das in einem Monat, also ist das wirklich ein sehr guter Nebenverdienst für mich. Generell gesehen bekomme ich immer mehr zurück, als ich an Zeit investiere. Ich brauche auch für meine Alben kein Jahr, sondern immer nur 2-3 Monate, in denen ich dann aber auch sehr fokussiert arbeite. Ich habe zum Beispiel einen ganzen Monat Texte für das Zuhältertape Vol. 3 geschrieben, dass aber dann auch täglich zehn Stunden. Am Ende habe ich das Beste davon genommen und auf die Platte gepackt. Daran sieht man, dass ich nicht übermäßig viel Zeit in Rap investiere, aber dennoch geht es aufwärts. Momentan habe ich wirklich ein cooles Leben, habe viel Freizeit, Geld und mir geht es wirklich gut. Wie gehst du damit um, dass dich manche Leute für dümmer halten als du bist?
Das ist doch grade das Interessante. Auf den ersten Blick denkt man, dass ich einfach nur so ein Prollrapper bin. Wenn man sich dann aber näher mit meiner Musik beschäftigt merkt man: Oh, der ist ja schlau! Guck mal was der sich für Wortspiele ausdenkt und wie der sich ausdrücken kann. Der hat ja doch was in der Birne!!! Genau das macht mich aus, dass ist der Charme von Kollegah . Es ist schon sehr charmant, wie ich mit diesen zwei Aspekten kokettiere... (lacht)
Du sagtest vor kurzem in einem Interview, dass du schon einiges durchmachen musstest, aber du deine Probleme bisher immer im Alleingang bewältigt hast. Dazu benötigt man innere Stärke. Was verleiht dir diese Stärke?
Das ist schwer zu sagen. Ich denke, dass hat sich durch meine Kindheit und meine Jugend so ergeben. Ich hatte keinen richtigen Vater und ich konnte auch meiner Mama nicht immer alles erzählen. Das ist ja oft so, dass Söhne nicht immer so mit ihrer Mutter über alles reden können, wie das bei Töchtern geht. Ich habe eigentlich immer alles selber geregelt und das ist eine Sache, an die man sich gewöhnt. Ich komme damit sehr gut zurecht und wie man sieht, läuft es ja auch nach wie vor wunderbar. Welche Dinge sind dir im Leben wichtig und haben Bedeutung für dich?
Ich genieße mein Leben und finde jeden Moment in meinem Leben gut. Ich bin ein sehr gläubiger Mensch und der Glaube spielt eine sehr große Rolle in meinem Leben. Deswegen mache ich mir auch gar nicht soviele Gedanken darüber, was passieren könnte oder über das Schicksal an sich. Meine Einstellung ist, dass alles so kommt wie es kommt. Ich tue mein Bestes und versuche mich immer indem was ich tue zu verbessern. Der Rest kommt so, wie es vorherbestimmt ist. Deswegen gehe ich ganz locker durchs Leben und kann das im Moment auch genießen. Du sagst, der Glaube spielt eine sehr große Rolle in deinem Leben: Kann man deinen Glauben und deine Texte denn überhaupt unter einen Hut bringen?
Achja... das kann man nicht unter einen Hut bringen. Es ist eine Sache, die sich ganz klar widerspricht. Aber (kurze Pause)... naja. Da kann ich dir jetzt auch keine Rechtfertigung zu geben. Jeder macht auf seine Art und Weise Fehler und das ist halt ein Fehler, den ich mache. Diesen Fehler werde ich aber auch nicht mein ganzes Leben lang machen, denn diese Rapsache hat ja auch irgendwann ein Ende. Ich hoffe, dass ich nicht deswegen in die Hölle komme. Ich tue mein Bestes in allen anderen Bereichen meines Lebens und achte darauf, die anderen Sachen gut zu machen und ich habe ein gutes Herz. Ich bete jeden Tag und hoffe, dass ich das was ich an schlechten Sachen rappe, mit anderen Dingen ausgleichen kann.
Würdest du sagen, dass du mit der Zeit eine gewisse "I-dont-give-a-fuck"-Mentalität aufgebaut hast? Du machst generell einen selbstbewussten Eindruck auf mich, aber die Konfrontation mit der Hateration im Rapgame stell ich mir nicht immer einfach vor.
Ja, ich habe schon zu Anfang meiner Karriere diese "I-dont-give-a-fuck"-Mentalität gehabt. Ein gutes Beispiel ist mein splash! Auftritt im Jahr 2006. Da war ich auch absolut I-dont-give-a-fuck mäßig unterwegs. Ich hatte noch nie vorher einen Auftritt, war nicht richtig vorbereitet, war krank, aber bin dennoch auf die Bühne gegangen weil ich mir dachte: achja, das geht schon . Das Ganze ist dann aber richtig in die Hose gegangen. Danach war die Hateration natürlich riesengroß, aber es hat mir nicht wirklich was ausgemacht. Ich habe das ganze Rapgame nie wirklich ernst genommen. Ein labiler Mensch wäre vielleicht an dieser Situation zerbrochen und hätte sich nie wieder rehabilitiert. Mir hat das aber nichts ausgemacht, da ich genau wusste, dass ich zwar einen Fehler gemacht habe, aber es beim nächsten mal besser machen werde. Ich wusste einfach, dass alles gut wird wenn ich mich beim nächsten mal besser vorbereite und an mir arbeite. So ist es ja dann auch gekommen. Heute, ein paar Jahre später, bin ich einer der erfolgreichsten Rapper Deutschlands.
Mir gehen weder die Beefgeschichten nah, noch dass, was andere Leute im Internet über mich schreiben. Ich nehme das alles nicht ernst und es interessiert mich nicht. Ich bin mir vollkommen darüber bewusst, dass meine Einstellung die richtige ist. Sonst würde man sich über all das viel zu viele Gedanken machen. Welche deiner Eigenschaften lassen dich deiner Selbsteinschätzung nach erfolgreich sein, indem was du tust?
Zum einem bin ich ein sehr organisierter Mensch, aber generell ist es eigendlich ganz einfach: Ich weiß ungefähr was ich tun muss, um gute Promo zu machen und ich bin ein guter Rapper. Das reicht eigendlich schon. Wenn die Leute deinen Rap feiern und du gut bist, musst du nur noch dafür sorgen, dass jeder was davon mitbekommt. Der Rest läuft dann von alleine. Würdest du dich als Perfektionist bezeichnen?
Vielleicht denkt man manchmal, dass ich ein Perfektionist bin, wenn man meine Texte hört und analysiert, aber ich selbst würde das gar nicht so sagen. Der wahre Perfektionist ist Rizbo . Wenn wir im Studio sind und ich was einrappe, dass noch nicht so richtig sitzt, sagt er immer komm, rapp nochmal ein . Ich selbst bin da aber relativ locker und sage dann oft ach nee, dass passt schon so . Wie gehst du im Alltag mit deinem Dasein als Künstler um? Zu deinen Anfangszeiten war das Ganze ja noch nicht so krass, aber ich kann mir durchaus vorstellen, dass deine Privatsphäre mittlerweile durch deinen Bekanntheitsgrad leidet.
Es hat sich sehr vieles mit der Zeit verändert und das kommt zum größten Teil auch dadurch, dass mich jeder Jugendliche, der schonmal was mit Rap zutun hatte, auf der Straße erkennt. Wenn ich durch die Stadt gehe, werde ich die ganze Zeit angesprochen und muss Fotos machen aber ich finde das cool und nehme mir gerne Zeit für die Leute, die meine Musik feiern. Wenn ich mal keine Lust dazu habe, sage ich das auch sofort, aber generell gesehen sehe ich das alles sehr locker. Ich finde das auch viel besser als wenn man irgendein Anonymer ist, den keine Sau kennt und der in der Masse untergeht. Es macht mir Spaß im Mittelpunkt zu stehen. Es gibt doch bestimmt auch Leute auf der Straße, die versuchen dich zu provozieren indem sie dich dumm von der Seite anmachen. Wie gehst du damit um?
Das passiert mir komischerweise ganz selten. Wenn man sich überlegt, was ich für einen polarisierenden Battlerap mache, denkt man ja automatisch, dass ich auf der Straße die ganze Zeit angemacht werde. Mich wundert es selbst, dass das nicht oft vorkommt und ich damit so gut wie keine Probleme habe. Wenn es dann aber doch mal passiert, gibt es sofort eine Schlägerei, aber dann ist auch wieder gut. Mit anderen Worten: Du lässt dich leicht provozieren...
Ich habe da leider eine ganz kurze Leitung wenn mich jemand respektlos behandelt oder provoziert. Ich ticke dann relativ schnell aus und das hat mir schon viele Probleme bereitet. Glücklicherweise passiert es wie gesagt nur sehr selten, dass mich Leute dumm von der Seite anmachen.

Stichwort Schauspielerei: Wie ernst ist es dir mit der Sache?
Ich will das unbedingt anfangen, aber momentan habe ich da leider nicht die Zeit zu. Aber eins steht fest: Ich bin der geborene Schauspieler, da muss auf jeden Fall was passieren. Okay, vorausgesetzt du findest die Zeit: Was wären deine ersten Schritte im Business? Du hast ja bestimmt nicht vor, bei Richterin Barbara Salesch zu sitzen.
Das ist eine schwere Frage. Ich hätte auf jeden Fall keine Lust im Theater rumzuhampeln, ich möchte ein seriöses Angebot haben. Regisseure und Produzenten sollen sich einfach bei mir melden und mir ihre Angebote schicken.  Du strebst an, dich Zukunft mehr in Richtung Storyteller Tracks zu bewegen und könntest dir  vorstellen, generell mehr von deiner wahren Persönlichkeit preiszugeben. Wie kam es zu dieser Entscheidung und kostet es dich Überwindung?
Ich habe im Laufe meiner Karriere zwar ab und zu ein paar persönliche Tracks aufgenommen, aber im großen und ganzen habe ich vier Jahre lang immer das Gleiche gemacht. Irgendwann wird das selbst für mich langweilig und jetzt habe ich Lust, etwas Neues auszuprobieren und neue Themen zu behandeln.
Ich habe Battlerap auf ein solch hohes Level gebracht, dass ich es selbst nicht mehr toppen kann und  Zuhältertape Vol. 3 toppt nochmal alles, was ich bis jetzt in dieser Richtung gemacht habe. Mir ist es sehr wichtig, mich als Künstler stetig weiter zu entwickeln und in Zukunft möchte ich generell etwas persönlicher werden. Als ich mit dem rappen anfing, habe ich mir schon Gedanken darüber gemacht, ob es besser sei, nichts von mir preiszugeben. Mittlerweile habe ich aber kein Problem mehr damit. Ich werde es auf eine coole Art und Weise machen und das ich persönlicher werde heißt ja nicht, dass ich ein komplett anderer Rapper-Typ werde. Wenn ich deinen besten Kollegen darum bitten würde, deinen Charakter (den wahren) mit wenigen Worten zu beschreiben, was würde er sagen?
Er würde sagen, dass ich ein sehr humorvoller, loyaler Mensch bin und auf jeden Fall ein sehr gutes Herz habe. Und er würde sagen, dass ich immer für meine Familie und meine Freunde da bin wenn sie mich brauchen und das ich ein korrekter Junge bin. Und was würdest du über dich selbst sagen?
...das Gleiche! Na dann seid ihr ja da im Einklang!
Genau!

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