Große Erwartungen - Top oder Flop?
Lil' Kims Entlassung          

   
Lil' Kim muss in den Knast! Bomben-Meldung! Schon vor ihrem Haftantritt überschlugen sich die Ansagen darüber, dass Kimberly Jones nach der Entlassung ein komplett anderer Mensch sein, die Diva-Attitüde ablegen und deepe, echte Musik machen würde. Viele personalisierten ihre Gefängnisstrafe schon als eine Art Materialismus-Exorzisten und erwarteten eine Lil' Kim mit prall gefülltem Textbuch und wichtigen Botschaften.

In der Tat schrieb sie während ihrer Zeit hinter Gittern über 200 Songs - doch gehört hat die bisher noch niemand so richtig. Als sie am 3. Juli 2006 frei kam, geriet sie erst mal in einen Labelzwist zwischen Atlantic und Interscope. Interscope wollte die Queen Bee in ihr Roster eingliedern, Atlantic Kim nicht ziehen lassen. So kam es zunächst zu gar keiner Veröffentlichung, was als ganz groß verspielte Chance gewertet werden muss. Mit ihrem Album "The Naked Truth" war sie kurz zuvor die erste Rapperin gewesen, die die volle Wertung von 5 Mics in der SOURCE bekommen hatte und der Hype um ihre Person war durch ihre Gefängnisstrafe ins fast schon Absurde gestiegen. Doch nach Monaten ohne neuen Album-Release in Sicht flachte das Ganze wieder ab und außer einer CD mit Dance-Remixen ihrer größten Hits und einer Wieder-Veröffentlichung von "The Naked Truth" kam nicht viel von der 200-Songs-Schreiberin. Ein gemeinsamer Mixtape-Track mit Papoose und Maino war da schon das höchste der Gefühle.

Fazit: FLOP

Eine der größten Enttäuschungen, die Label-Politics hervorbrachten: Hätte Kim direkt nach ihrer Entlassung ein weiteres Album veröffentlichen können, eine Platin-Plakette wäre ihr sicher gewesen. Hype und Image stimmten - nur die Labelbosse schoben dem Comeback einen Riegel vor.
Jay-Zs Comeback       Was für ein Abschied! Kollektives Zurückblicken auf eine Karriere ohne Fehler, das unfassbare "Black Album" und am Ende ein bis zum letzten Platz ausverkaufter Madison Square Garden. Shawn Carter Superstar. Im Hawaiihemd war er ins Game gekommen, als God MC verließ er es wieder.

Als Hova sein Comeback ankündigte, erwarteten nicht wenige einen absoluten Hit-Hagel auf Albumlänge. "Kingdom Come" der bedeutungsschwangere Titel des Werkes, das die Rückkehr des Königs auf seinen rechtmäßigen Thron einläuten sollte. Doch Pustekuchen. Kanye West und Pharrell, zwei der einflußreichsten Produzenten überhaupt, hinterließen statt Klassikern eher den Eindruck eines Schatten ihrer Selbst und vor allem Dr. Dre enttäuschte letztlich jeden. Eigentlich beginnt mit "Kingdom Come" sogar die Zeitrechnung, ab der die Vorfreude zu "Detox" offiziell in Angst umschwappte. Zudem muckten auf einmal sogar Leute wie Lil' Wayne auf, denen Rap ohne Jay-Z irgendwie einen ganzen Zacken besser gefallen hatte. Auch die Kritiken zum Album fielen wenig spektakulär aus. Wirklich schlecht fand die Platte niemand, zum Knaller wollte sie aber auch keiner erklären. Lauwarm.

Fazit: FLOP

Trotz Doppelplatin in den Staaten: "Kingdom Come" konnte die gewaltigen Erwartungen an sein Comeback nicht erfüllen. Ob Jay nun tatsächlich die Ära des Grown-Rap einführte, oder einfach nur das tat, was er immer tat, darüber werden sich die Leute noch in zehn Jahren streiten. sidos zweites Album          

   
Wer hätte zu frühen "Ansage"-Zeiten gedacht, dass das super-intelligente Drogenopfer aus Berlin einen Medienrummel solcher Größenordnung erzeugen könnte? Wer hätte 2003 schon ernsthaft erwartet, den Arschf***mann mit Collien Fernandes und Johanna Klum den Comet moderieren zu sehen? Eben genau niemand. Aber sido ging von 0 auf 3, ging Gold und überhaupt ging danach erstmal alles.

Nach dem Wahnsinn mit "Maske" folgten dann aber schnell unangenehme Fragen. Ob sido und das komplette Aggro-Label tatsächlich Bestand haben würden, oder lediglich für den Teenie-Schock zwischendurch gut waren. Der mittlerweile ins Rampenlicht gefolgte Fler konnte zwar ebenfalls für Kontroverse en masse sorgen, schnitt verkaufstechnisch aber schon schlechter ab als der Maskenmann. Somit verstärkte sich der Druck auf sido noch mehr, der zeitweise selbst sagte, sein nächstes Album entscheide über die Zukunft von Aggro Berlin.

Wenn dem so ist, dann stehen in Berlin auch weiterhin goldene Zeiten an: sein zweites Solo-Album "Ich" wurde bereits nach zwei Tagen mit Gold ausgezeichnet und toppte damit seinen Vorgänger um Längen. Neben dem rein kommerziellen Erfolg lohnte es sich für ihn auch in anderer Hinsicht, denn mit mit den Singles konnte er weitere Korrekturen an seinem Bild in der Öffentlichkeit vornehmen, die ihn jetzt nicht mehr als Gangster, sondern vornehmlich als Entertainer wahr nahm.

Fazit: TOP

Image-Korrektur, Status-Festigung und verbesserte Verkäufe - sido hat mit seinem Nachfolge-Album auf voller Linie überzeugt.
  Bushidos Girlband: Bisou          

   
Bushido gründet eine Girlband. Wie bitte? Tatsache. Aus drei Verlierern einer Castingshow eine neue Mädchen-Band zu schustern, hatte man jetzt nicht zwingend auf dem Schirm. Geschäftsmann Anis Ferchichi, auch bekannt als Staatsfeind und Endgegner, tat aber genau das und signte die drei ausgeschiedenen Popstars Finalistinnen Eliana, Elvira und Kristina auf sein Label ersguterjunge. Bisou war geboren.

Als Gegenentwurf zur Popstars-Siegerband Monrose geplant, entschied man sich die Sängerinnen auf deutsch singen zu lassen. Der Song "Die erste Träne" wurde als erstes Video der Gruppe veröffentlicht. Über fast 100.000 Klicks nach zwei Wochen bei Youtube kann man sich zwar freuen, wirklich Platten verkaufen tat das aber auch nicht. Das Album fand nicht die erhoffte Aufmerksamkeit und an Monrose' Nr 1 Hit "Shame" kamen sie mit ihrer eigenen Single erst recht nicht an.


Fazit: FLOP

Ein etwas unglücklicher Karrierestart für die ersguten Mädchen. Das letzte Wort ist aber noch nicht gesprochen: der erhoffte Chart-Erfolg könnte nur ein Bushido-Feature entfernt liegen.


  Kool Savas & Azad - ONE          

   
Ein Kollabo-Projekt war bereits angekündigt, als Savas in seinen Tracks noch 'N***a' sagte und Azad bei 3p sein Glück suchte. 2005 war es dann soweit: Der King of Rap und die Faust des Nordwestens gemeinsam und auf Albumlänge. Savas hatte zuvor von seinem "Besten Tag" dank des dazugehörigen Remix-Albums mittlerweile weit über 100.000 Einheiten verkauft und war vom Underground-Hype zum TV Star geworden. Auch Azad hatte sich nach oben gearbeitet und über sein eigenes Sublabel bei Universal das Album "Der Bozz" in die Top Ten der deutschen Charts geschossen.

Der Zeitpunkt für ONE war also denkbar günstig gewählt. Beide genossen sowohl Status in der Szene als auch Bekanntheit in der Pop-Welt. Nach gutem Anlauf mit "Monstershit" folgte dann mit "All 4 One" der große Run auf die Charts (Single #3). Ergebnis: Konzert-Live-Übertragung von Viva, Auftritt bei TV Total und am Ende (bis dato) nur ganz knapp an Gold vorbei. Der im selben Jahr von Eko los getretene Abrechnungs-Beef lenkte zudem auch Monate nach Veröffentlichung noch die Aufmerksamkeit auf Savas und somit auch ONE.

Fazit: TOP

Timing, Erfolg, Qualität: Hier stimmte alles.


New Yorks Next Generation           


Jae Millz, JR Writer, Papoose, Ransom: Vor einiger Zeit noch wurde jeder von ihnen mindestens ein Mal als dieser eine Typ bezeichnet, der New York wieder zurück bringt. Dieser eine Typ, auf den der Rotten Apple nun seit gefühlten Ewigkeiten wartet. Unzählige Videos von unzähligen Battles beherbergen die zahlreichen Online-Videotheken und auch auf den Mixtapes sind die Scharen ambitionierter YouTube-Spitter im Überfluss vertreten.

Das Problem: Mit ihren siebenminütigen Marathon-Raps bringen sie jeden anderen MC in Verzückung, die breite Masse an Candy Shop-gezeichneten Gelegenheitshörern kann mit derartigen Style-Exkursionen allerdings nichts anfangen. Die Verkäufe bleiben aus und NYs Next Generation darf weiter am Block spucken. Einzig Mims kann momentan auch außerhalb der Stadtgrenzen Erfolge feiern, wird aber schon vor Veröffentlichung einer zweiten Single als One Hit Wonder abgestempelt.

Fazit: FLOP

Bis jetzt konnte sich keiner der neuen Yankees in der Öffentlichkeit durchsetzen. Papoose bekam zwar einen Millionen-Deal bei Jive, bleibt uns aber nach wie vor ein Album schuldig. Abwarten.


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