Griot – Rethorisch Versierter Basler
Deutsche Leser dürften Griot aka Brewz Banna R.V. noch unter seinem bisherigen Namen Mory, kennen. Schweizer Leser dagegen, sollten inzwischen die Umbenennung im Kopf haben, da Griot spätestens seit seinem Nation Record-Diss in aller Munde war. Dass es aber nicht nur Beef gibt, über den man mit Griot reden kann, zeigen wir mit diesem Interview, denn auch wenn viele nur über Morys Beefs reden, hat er doch in letzter Zeit einige Mixtapes veröffentlicht und plant darüber hinaus in Kürze den Release eines zweiten 'richtigen' Albums. Darüber hinaus sollte man Griot nicht in eine Schublade stecken, dafür ist er zu groß und hat zu viele Styles am Start.

Griot – erklär uns doch bitte, wie es zur Umbenennung von Mory in Griot aka Brewz Banna R.V. kam und was hinter den Namen steht.

Ich wollte meinen Namen schon lange aus persönlichen Gründen, die ich eigentlich nicht nennen möchte, ändern. Griot macht von daher Sinn, da das Wort für eine Arbeiterzunft in Westafrika steht. Ein Griot ist ein Musiker bzw. Historiker, der Instrumente spielt und die Menschen in seinem Dorf mit ihrer Geschichte und ihren Vorfahren besingt. Ich hatte das im Booklet zum s'neue Testament bereits erwähnt. Mein Ur-Großvater war der Chef dieser Zunft in seinem Dorf und es gibt gewisse Regeln, wie, dass diese nur untereinander heiraten dürfen und dass dieser Titel eben auch nur an Familienmitglieder weitergegeben - also vererbt werden kann.

Was hat es mit Brewz Banna R.V. Auf sich?

Bruce Banner ist ja das Gegenstück zum Hulk. Also die Erscheinungsform des Hulks, wenn er der Professor ist. Ich hab dessen Schreibweise verändert und damit steht Brewz nicht nur für den Bruce, sondern auch für Brew, also Bier! R.V. Steht für Rhetorisch Versiert - das ist schlichtweg die Turboversion – wie ein Auto mit Kompressor (lacht).

Ich hab ja bei dir immer den Eindruck, dass du dich v.a. in einer Sache von deinen Kollegen unterscheidest, denn während alle so auf ihre Hometown setzen, kollaborierst du viel mit Zürcher Kollegen, hast dein Label in Zürich – supportest aber trotzdem deine Hometown Basel. Wie hat sich das für dich entwickelt, dass du als Basler deine Connection in Richtung Zürich ausgedehnt hast?

Ich repräsentiere Basel, weil das meine Hometown ist. Und was die Zusammenarbeit angeht, arbeite ich eben mit den Leuten zusammen, die mir passen. Ich bin damals durch eine Kollabo mit E.K.R. und durch Konzerte nach Zürich gekommen. Seinerzeit hatte ich noch kein Label für die PW Studios, dem Ort, an dem ich aufgenommen habe, und so hat sich das dann alles ergeben, dass ich über Serch zu No Code kam. Mir ist auch egal, von wo wer kommt!

Nach deinem letzten Album 's neue Testament kamen ja nur noch Mixtapes. Was hat dich dazu bewogen, vorerst nur Mixtapes zu veröffentlichen?

Darauf gekommen bin ich schon vor dem allerersten Release, den ich gemacht habe. Da habe ich schon im Alleingang ein Tape gemacht. Die Qualität war natürlich voll schlecht, was sicherlich auch an den begrenzten Möglichkeiten lag, die ich seinerzeit hatte. Nach dem Rosebett hab ich ebenfalls noch ein Tape veröffentlicht, was daran liegt, dass Mixtapes einfach schneller gemacht sind als ein Album und ich wollte natürlich weiterarbeiten.

Der Grund für die Mixtapes nach dem neuen Testament war, weil ich natürlich auf mich aufmerksam machen wollte und natürlich auch gerne Geld für das nächste Album bekommen würden, sei es von einem Label oder vom Migros Kulturprozent, bzw. in Zürich gibt es noch den Kulturfonds, den es in Basel nicht gibt, da gibt es nur den Rockförderverein und da ist es natürlich schwer Kulturgelder raus zu schlagen. Darüber hinaus geben mir Mixtapes die Möglichkeit aktuell zu bleiben und die Möglichkeit Zeug von mir zu veröffentlichen ohne Features zu machen. Features hab' ich nicht so gerne und mit Mixtapes kann ich das gut umgehen. Gleichzeitig bin ich ständig im Studio und am schreiben und bleib so im Rhythmus.

Ein Album ist im Prinzip ein sehr großer Aufwand für mich – fast schon zu viel Aufwand für den Umstand, dass man nur 1.000 Stück verkauft – das ist sehr schade. Die besten Ideen behalte ich trotzdem für das Album!

Es ist ja aber trotzdem schade, dass bei der Game Over und auch bei der Beatleggers Vol. 2 Platte zum Einen einige Songs auf beiden Tapes Verwendung gefunden haben und zum Anderen die Laufzeit doch etwas kurz ist. Wäre da nicht noch Zeit gewesen, einige neue Tunes zusätzlich aufzunehmen?

Die Songauswahl für das 'Game Over' ist von mir getroffen und das 'Beatleggers' wurde von Sweap zusammengestellt, von daher ist es kein Problem für mich, dass da einige Tracks auf beiden Tapes zu hören sind. Ich denke auch, wir sehen das viel zu eng, denn bei US-Mixtapes ist es doch auch so, dass auf fünf Mixtapes sieben identische Songs drauf sind. Ich mein wenn du fünfzehn 50 Cent Mixtapes hast, dann sind ja auch auf auf jedem nur fünf exklusive Songs und der Rest wird verteilt.

Meine Mixtapes sind keine Mixtapes wie sie ein DJ zusammenstellt. Meine Mixtapes sind eigentlich Alben, die nicht mit eigenen Beats produziert wurden. Die Tapes haben die Laufzeit eines Albums und sollten auch nicht über 90min gehen - das wäre dann zu viel für den Hörer und zu viel Aufwand für uns.

Ist denn absehbar, wann was neues von dir kommt und wirst du wieder mit Jake zusammenarbeiten?

Zuerst kommt jetzt noch das 'Killertape', ein weiteres Mixtape. Die Tapes hab ich ja alle mit Sweap gemacht und ich denke, dass auch das Album zum Großteil von Sweap produziert werden wird. Ob eine Zusammenarbeit mit Jake zustande kommt, kann ich jetzt im Moment noch nicht sagen. Er hat zur Zeit viel zu tun und auch ich habe momentan nicht unbedingt viel Zeit.

Du hast den 'Nation Music Sampler gehörd und bisch hassig gworda' – warum?

Ich war beim ersten reinhören wirklich offen und dachte mir, dass ist ja cool, da sind lauter namhafte Gruppen drauf, die ich schon lange nicht mehr gehört habe. Im Endeffekt haben mich aber die Crews alle enttäuscht, weshalb ich 'hassig' geworden bin. Was mich dann vor allem aufgeregt hat war, dass sich alle aufgeregt haben, als ich am Anfang meiner Karriere so 'Ja, ich bin der Beste'-Dinger gedroppt habe. Wenn ich heute den Nation Music Sampler höre, dann muss ich feststellen, dass es Gang und Gebe ist, dass genau das, was ich vor Jahren gemacht habe, heute normal geworden ist. Ich meine, klar das ist eine Entwicklung, das kann man nicht ändern, aber ich hab' mich trotzdem darüber aufgeregt.

Auf der anderen Seite hat mich auch das Einseitige gestört. Man sagt etwas, aber man steht nicht ganz dazu und wenn du die Personen dann darauf ansprichst, sagen die zu dir, dass sie es nicht ernst meinen. Ich denke eben, dass du als Rapper Rap schon ernst nehmen solltest.

Der Track hat ja richtiggehend Kreise gezogen. Der Höhepunkt war sicherlich erreicht, als du in deinem Video den Namen Rennie's verbrannt hast, was für hitzige Diskussionen gesorgt hat. Hast du das verfolgt bzw. hat dich überhaupt interessiert, was die Leute gedacht haben?

Was die Leute denken, interessiert mich im allgemeinen wenig. Ich habe natürlich von Freunden gehört was da ging. Dass die Sache so Wellen geschlagen hat, hat mich erstaunt aber ich finde es gut – evt. rüttelt es mal ein paar Leute auf. Im Endeffekt habe ich es mitbekommen, habe es aber nicht so verfolgt, denn letztlich lasse ich mich davon beeinflußen und das ist nicht mein Ziel.

In diesem Zusammenhang bist du ja in verschiedene Schubladen gesteckt worden. U.a. habe ich z.B. die Aussage gehört, dass du, wenn du Deutscher wärest ein AggroBerliner wärst – was hälst du von solchen Aussagen?

Also wer sowas behauptet, der hat mein Zeug nicht richtig gehört (lacht). Ich denke Aggro Berlin ist auf recht tiefem Niveau! Ich muss für mich unterscheiden, ob ich ein Mixtape oder ein Album mache. Wenn du ein Album machst, dann solltest du ein Konzept haben, tiefgründige Songs haben und v.a. auch vielfältiges Zeug präsentieren können. Auf einem Tape kannst du dagegen draufpacken, was so kommt. Für ein Albumtrack brauche ich mindestens die doppelte Zeit als für einen Mixtapetrack, weil ich mir für ein Album entsprechend Mühe gebe – ich geb' mir sehr viel Mühe für ein Album.

Ich habe vor kurzem erst wieder mein Album gehört, seit recht langer Zeit, und ich war erstaunt, dass da einige Aussagen drauf sind, wobei mich eben auf solche Dinge nie jemand anspricht.

Denkst du, dass die Leute versuchen dich in eine Schublade zu stecken und dann einfach nicht sehen wollen, dass du auch andere Seiten hast? Denkst du das die Leute damit Probleme haben einen Künstler in mehrere Schubladen zu stecken – muss es immer eine Schublade sein?

Ja, ich seh das ähnlich. Ich denke aber nicht, dass das ein Problem der Schubladen ist, sondern vom Denken allgemein. Entweder ist es so oder so – man macht sich einfach nicht die Mühe, da nehme ich mich selbst nicht aus. Wenn es mich nicht wirklich interessiert, dann schau ich es mir auch nur kurz an und bilde mir meine Meinung. Wenn es aber etwas Wichtiges ist, sollte man sich schon intensiv mit der jeweiligen Thematik befassen, sich das Zeug genau anschauen, richtig reinhören und sich Gedanken machen. Ich weiß natürlich nicht, ob ich selbst interessant genug für die Leute bin, es würde mich aber freuen, wenn es nicht nur auf Schubladendenken rauslaufen würde.

Viele Leute sehen ja auch immer nur den Rapper Griot und nicht den Menschen. Trennst du strikt zwischen dir als Privatperson und Griot?

Ich denke im Rap sollte man, v.a. wenn man über Realness diskutiert, eben genau das nicht machen. Also eine Trennung zwischen Person und Rapper! Ich finde, wenn du nur eine Rolle spielst, dann ist das einfach nicht ehrlich! Medienmäßig würd' ich schon eine Linie ziehen. Ich würde niemals ein Kamerateam zu mir nach Hause einladen oder solche Dinge – das sollen andere Leute machen. Ein Griot-Cribs wird man sicherlich nicht hören und auch Interviews mit Familienmitgliedern lehne ich strikt ab. Wenn ich rappe, bin das schon ich – natürlich ist einiges überspitzt und auf den jeweiligen Song angepasst, aber im Endeffekt läuft es auf eine Person heraus.

Du hast vorhin erwähnt, dass du versuchst Featurings zu vermeiden – gibt es trotzdem jemanden, mit dem du gerne zusammenarbeiten wolltest?

(lacht) Nein, im Moment gibt es niemanden – ich hab mich da zu sehr verkrampft, im Moment und muss versuchen mich diesbezüglich lockerer zu machen. Ich habe aber früher den Eindruck gehabt, dass Featurings zustande kamen, weil sich die Leute gut verstanden haben, heute ist es aber im Prinzip nur noch so, dass Zusammenarbeiten aus Marketinggründen zustande kommen. Wenn jemand heute ein Album kaufen möchte, dann schaut er doch oft zuerst, wer auf dem Album drauf ist. Ich will aber, dass die Leute mein Album nicht wegen dem oder dem kaufen, sondern wegen mir. Aber evt. seh ich das zur Zeit einfach zu verkrampft und mach mich bald diesbezüglich lockerer!

In der Schweiz wird ja nach wie vor mit sehr viel Herzblut über die Straßen diskutiert – warum bitte, muss man deiner Meinung nach ständig über die Streets diskutieren? Ich denke es gibt doch in jedem Land gewisse Ecke, in dem der Begriff seine Berechtigung hat. Warum diskutiert die Schweiz so stark über dieses Thema? Muss man über dieses Thema wirklich diskutieren?

Nein, ich denke nicht, dass man über die Frage ob wir Straßen haben oder nicht, diskutieren muss, denn für mich ist es klar. Mir ist es auch nicht klar, warum andere Menschen nicht einsehen wollen, dass es in der Schweiz Straßen gibt!

Denkst du, dass es auch daran liegt, dass es in der Schweiz vielen Leuten zu gut geht und diese Leute es einfach nicht wahrhaben wollen?

Ich glaube nicht, dass es daran liegt. Natürlich wollen es diese Leute nicht wahrhaben, aber ich denke nicht, dass es am Wohlstand liegt. Meist sind es ja auch Kids unter 18, die es nicht wahrhaben wollen. Ich habe es selten erlebt, dass jemand über 20 eine solche Haltung hat, weil man in dem Alter immer jemanden kennt, der mit der Thematik zu tun hatte. Ich denke es sind auch Ecken, die man kennt, wenn man nicht aus Zürich ist.

Was erwartet uns in Zukunft, außer dem Killertape, von dir?

In erster Linie Konzerte, da ich einfach genug Songs aufgenommen habe in letzter Zeit. Sei es für das Fuck off-Tape, dass leider nie erschienen ist, das Game Over, das Beatleggers oder das Killertape - eigentlich wäre es Zeit für das nächste Album! Ich bin aber noch in einem Projekt, das in einem Theater spielt, bei dem in Kürze die Premiere ist. Ansonsten bereite ich eben das Album vor.

Welchen Stellenwert räumst du Mixtapes ein. Das geht ja von 'Säule des HipHops' bis hin zu 'schnellem Marketingtool'. Welche Bedeutung misst du den Mixtapes bei?

Also ganz so mit 'Säule des Hiphops' – das seh' ich nicht ganz so. Das hat immer so etwas religiöses aber ich habe früher durch einen Kollegen immer die neuesten Mixtapes von Tony Touch, Clue oder Ron G. bekommen und da waren eben immer Sachen drauf, die hier kein Mensch kannte. In New York haben Mixtapes schon einen immensen Stellenwert und da unterscheiden sich auch die Songs noch von den Alben, weil das meist alles demselben Konzept folgt. Mixtapes sind einfach rauer und stellenweise auch nicht die Überqualität, aber sie geben einen sehr guten Einblick in den Untergrund.

Morgen spielt Basel gegen Zürich – wer gewinnt?

Basel!

Das obligatorische Schlußwort:

Hört Euch das Zeug richtig an und kauft Euch alles, was von uns rauskommt!

Wir danken für das Interview!
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