Falk Schacht und Tobias Schlegl diskutieren über Homophobie und Diskriminierung im Rap

Nach der ZDF-Sendung Aspekte vom 28. März 2014 schrieb der Journalist und Mixery Raw Deluxe-Moderator Falk Schacht einen offenen Brief an den Moderator der Aspekte-Show Tobias Schlegl.

Im Gegensatz zu Schlegl, der Homophobie und Diskriminierung gegenüber Frauen im Rap kritisierte, sieht Falk den Ursprung dieser Herabsetzung nicht im Rap, sondern in der Gesellschaft:

"Demzufolge ist nicht Bushido oder HipHop Ursache von solchen Gesellschaftlichen Problemen, sondern das Ergebnis dieser ungelösten Probleme."

Außerdem kritisierte Falk, dass man mit Marteria den falschen Gast für diese Art der Diskussion eingeladen habe:

"Was ich auch verkehrt herum finde ist jemanden wie Marteria einzuladen, der diese Art von Texten nicht schreibt, und ihn dann zu fragen warum andere solche Texte schreiben? Woher soll er das wissen? Dann ladet doch bitte Bushido ein und fragt ihn."

Den kompletten Post von Falk findest du auf Seite 2.

Einige Stunden später postete Falk erneut über seine Facebookseite die Antwort von Schlegl. Dieser sieht nicht die Gesellschaft als Ursache für Diskriminierung im Rap, sondern zielt auf die Weltansicht der Rapper ab:

"Als Freund und Fan des deutschen Hip-Hop kann ich es persönlich nicht begreifen, dass es im Jahr 2014 noch immer Texte gibt, die Schwule und Frauen beleidigen. Teilweise in extrem herabwürdigender Weise. [...] Das ist die offene Flanke des Hip-Hop. Noch immer. Und ich rede jetzt nicht generell vom Gangsta-Rap, sondern eben von jeder existierender Textstelle, die diskriminiert. Es wäre zu leicht, das damit zu rechtfertigen, dass die Gesellschaft eben so ist."

Auch auf das Argument von Falk, dass Marteria nicht geeignet sei für diese Art der Diskussion, ging Schlegl ein:

"Marteria ist ein talentierter und anerkannter Rapper. Ich wollte seine persönliche Meinung zu diesem Thema wissen. Zumal er sich im Songtext von OMG klar gegen Schwulenfeindlichkeit ausspricht."

Daraufhin gab es erneut eine Reaktion von Falk:

"Das HipHop sich auch selber seinen Problemen stellen muss habe ich nirgendwo verneint, aber der immer wiederkehrende Ansatz der Mainstream Medien mit dem Finger auf HipHop zu zeigen und einfach nur zu verurteilen, ohne die Verantwortung der Gesellschaft auch nur zu Hinterfragen, der nervt mich entsetzlich."

Diesen Post kannst du dir in voller Länge auf Seite 3 durchlesen.

Wie siehst du diese ganze Diskussion? Ist Schlegls Kritik berechtigt oder sollte man das Ganze eher locker sehen?

"Offener Kommentar an den Kollegen Tobias Schlegl und die aspekte Redaktion.

In der Aspekte Sendung vom 28.3.2014 wurde über HipHop in Deutschland und seine Einflüsse auf die Sprache und die Gesellschaft berichtet.

Dabei kam es auch zu einem Interview mit Marteria in dem Kollege Tobias Schlegl folgende Frage stellte.

"Es gibt ja andere Strömungen im HipHop, die schreiben immer noch schwulenfeindliche und frauenverachtende Texte. Es gibt da Zitate von Bushido:
Kleine Schwuchtel mit deinem Unterlippenpiercing.
Ein falsches Wort und deine Zunge spürt Rasierklingen.
Ist das Dummheit, Ignoranz oder Kalkül? Warum entstehen solche Texte?"

1.
Irgendwie habe ich in dem Moment das Gefühl bekommen, als wäre es völlig selbstverständlich von Künstlern zu verlangen, daß sie bessere Menschen sind als die Gesellschaft in der sie leben. Leider ist dieser Ansatz genau falsch herum gedacht wenn man verstehen will warum es zu solchen Rap Texte
kommt.

Der Kern solcher Texte liegt im gesamtgesellschaftlichen Konsens darüber, das Frauen und Homosexuelle immer noch nicht zu 100% dieselben Rechte genießen wie der Rest der Gesellschaft.
Also ist es auch ganz logisch das es Rapper gibt in deren Texten solche Ungerechtigkeiten auftauchen.

Es gibt ja auch genügend Politiker in deren Reden diese
Ungerechtigkeiten weiter Manifestiert werden.

Siehe die Kanzlerin die Probleme mit der Gleichstellung von Homosexuellen hat, aber gleichzeitig fast die absolute Mehrheit erlangt.

Demzufolge ist nicht Bushido oder HipHop Ursache von solchen
Gesellschaftlichen Problemen, sondern das Ergebnis dieser ungelösten Probleme.

2.
Was ich auch verkehrt herum finde ist jemanden wie Marteria einzuladen, der diese Art von Texten nicht schreibt, und ihn dann zu fragen warum andere solche Texte schreiben? Woher soll er das wissen?
Dann ladet doch bitte Bushido ein und fragt ihn.

Welche Meinung dazu habt ihr? Liken & Teilen ist erwünscht."

"Reaktion von Tobi Schlegl (aspekte Redaktion) auf meinen offenen Kommentar zur Aspekte Sendung vom 28.3., den ihr hier noch mal nachlesen könnt - http://on.fb.me/1he6Fvt

Meine Antwort auf Tobi Schlegls Reaktion steht unter seinem Text.
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Tobias Schlegl schreibt:

Lieber Falk-Schacht,

Dankeschön für Deine ausführlichen Anmerkungen. Ich will Dir erklären, warum ich das etwas anders sehe. Als Freund und Fan des deutschen Hip-Hop kann ich es persönlich nicht begreifen, dass es im Jahr 2014 noch immer Texte gibt, die Schwule und Frauen beleidigen. Teilweise in extrem herabwürdigender Weise. Zitate erspare ich mir an dieser Stelle. Das ist die offene Flanke des Hip-Hop. Noch immer. Und ich rede jetzt nicht generell vom Gangsta-Rap, sondern eben von jeder existierender Textstelle, die diskriminiert. Es wäre zu leicht, das damit zu rechtfertigen, dass die Gesellschaft eben so ist.

Natürlich ist das immer auch ein politisches Problem, aber genau da sollte und muss die offene Gesellschaft voran gehen. Politik reagiert immer nur.

Die Frage war also ganz ehrlich gemeint: "Warum gibt es solche Texte noch immer?" Ich will es verstehen. Da es auch heute noch diffamierende Texte im Hip-Hop gibt, muss diese Frage auch erlaubt sein. Wie die Gesellschaft, muss sich auch der Hip-Hop unbedingt mit diesem Thema auseinandersetzen.

Marteria ist ein talentierter und anerkannter Rapper. Ich wollte seine persönliche Meinung zu diesem Thema wissen. Zumal er sich im Songtext von "OMG" klar gegen Schwulenfeindlichkeit ausspricht. Somit hat er sich selbst auch schon mit dem Thema auseinandergesetzt und hat etwas zu sagen. Wie sieht also seine konkrete Haltung zur schwulenfeindlichen und frauenverachtenden Texten aus? Das hat mich interessiert. Nicht mehr und nicht weniger. Marteria ist Teil der Szene und hat dadurch Einblicke, die ich nicht habe. Auch deshalb ist es berechtigt, ihn darauf anzusprechen.

Ich persönlich hoffe auf eine Zeit, in der ich solche Fragen nicht mehr stellen muss.

Grüße!!!

Tobias Schlegl
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Hier nun meine Antwort:

Hi Tobias,

ich persönlich hoffe auch auf eine Zeit in der solche Fragen nicht mehr gestellt werden müssen. Das nur Vorweg, damit klar ist das wir an dasselbe Ziel wollen.

Die Frage an Marteria ist natürlich erlaubt, und ich stelle auch nicht dein ehrliches Interesse an der Antwort in Frage. Und natürlich hat Marteria mehr Einblick als Du in die Szene. Aber dieses sehr komplexe Thema über einen Text aufzuschlüsseln den Marteria nicht geschrieben hat, aber eigentlich nicht mal mehr als 2 Min. Zeit zum sprechen zu haben, weil Marteria eigentlich für euch sofort Live auf der Bühne spielen soll, stellt dann leider doch die Frage nach der Ernsthaftigkeit des Zeitmanagements.

Wenn man denn ernsthaft tiefer gehen will, was das Thema betrifft, dann solltet ihr euch in einer neuen Sendung die entsprechende Zeit nehmen um das genauer herauszuarbeiten, sonnst ist es leider nur gut gemeint.

Das HipHop sich auch selber seinen Problemen stellen muss habe ich nirgendwo verneint, aber der immer wiederkehrende Ansatz der Mainstream Medien mit dem Finger auf HipHop zu zeigen und einfach nur zu verurteilen, ohne die Verantwortung der Gesellschaft auch nur zu Hinterfragen, der nervt mich entsetzlich.

Eure Meinung interessiert mich wie immer. Liken & teilen erwünscht."

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