DJ Kitsune - Back in the Mix
Bei den Hiphop.de Awards 2006 kürzlich zum besten deutschen DJ gevotet. Mitglied des DJ Squad von Shadys eigenem Radiosender Shade 45. Eine Einstellung bei Whoo Kids Shadyville DJ-Union. Eine erfolgreiche Mixtape-Serie, welche auf den Namen Victory hört. Und nur ein Name: DJ Kitsune.

Seit ca. acht Jahren im Game, mixte sich Kitsune schnell in die Reihen der Elite-Plattendreher in Deutschland. Damit nicht genug, er lancte auch sein eigenes Label Starting Line Up Records und beteiligte sich an so erfolgreichen Projekten, wie Jonesmanns Macht, Käse, Flow, Cash Mixtape sowie diversen Projekten von Curse und Pal Ones gefeiertem Pal Wolf Album.

Checkt das exklusive Hiphop.de Interview und erfahrt was bei DJ Kitsune ging, geht, gehen wird und gehen könnte. Und was gar nicht geht. Also geht und lest.

Hi Kitsune, das letzte Jahr war sehr turbulent für Dich. Rasuls Opium-Mixtapeserie hat durchweg positive Resonanzen bekommen, Pal One hat sein zweites Soloalbum fertig gestellt, welches bald veröffentlicht werden wird und Du bist zum Shadyville DJ aufgestiegen - wie erlebst Du all diese Etappen? Denkst Du in stillen Momenten darüber nach oder nimmst Du es viel mehr einfach hin?

Turbulent ist sicher das richtige Wort. Was in Deiner Aufzählung ja noch fehlt, ist das Curse Mixtape und die dazugehörige Tour, dass meine Mixtapes seit Dezember in den USA auf Handies runtergeladen werden können, sowie die vielen Flüge nach New York usw. Aber es hat sich gelohnt, 2006 hat mir enorm viel Aufwind beschert und mir viele Türen geöffnet. Um ehrlich zu sein, ist das meiste an mir vorbei geflogen und an manche Dinge wird man erst erinnert, wenn andere Leute einen drauf ansprechen. Und dann reagiert man immer überrascht: "Huch, ja, stimmt ja, ich bin ja bei den HipHop.de-Awards zum "Besten DJ National" gewählt worden." Sachen, über die man sich freut, aber der hektische Alltag lassen einen schnell weiterdenken. Es bleibt also ehrlich gesagt, meistens kaum Zeit um sich auf Lorbeeren auszuruhen.

Wie bereits erwähnt, bist Du mittlerweile in Whoo Kids Shadyville DJ-Union und liefst mit einem Mix auf Shade45. Gleichermaßen bist Du aber im Endeffekt nur den wirklichen Rapkennern in Deutschland bekannt, obwohl es wohl keinen deutschen DJ gibt, der derartiges zu verbuchen hat - wurmt es Dich manchmal, dass Du als DJ wohl nie den Stellenwert erreichen können wirst, wie es Whoo Kid in den Staaten geschafft hat?

Das würde ich so nicht unterschreiben. Man muss sich sicherlich eingestehen, dass die Umstände momentan nicht gerade einfach sind, schon gar nicht für DJs. Von daher bin ich auf der einen Seite dankbar für das, was ich erreicht habe und trotzdem noch nicht zufrieden. In diesem Punkt bin ich eher anders drauf: Je weiter ich gekommen bin umso mehr sehe ich die neuen Chancen und Möglichkeiten, sie sich dadurch ergeben und werden nur umso mehr hungrig. Und Sky's the limit, man darf sich nicht vorab schon im Kopf limitieren. Viele Leute haben auch mal gesagt "Wir kennen Europa, Afrika und Asien - das war's, mehr gibt es nicht.". Und sie sollten nicht Recht behalten.

Ist es - in diesem Zuge - für Dich eine Überlegung, das Produzieren aufzugreifen, um Dir ein zweites Standbein aufzubauen? Du wärst ja nicht der erste DJ, der diesen Weg ginge.

Ja und nein. Ich habe ein ganz gutes Ohr für Samples und ich weiß, was einen guten Song ausmacht. Doch es ist kein ausgesprochen konkreter Plan, jetzt Full-Time-Produzent zu werden. Da liegt es eher nahe, die Samples die ich finde, selber versuchen umzusetzen und das wird man vielleicht demnächst auch öfter mal hören.

Mit Victory hast Du die erfolgreichste Mixtapeserie in Deutschland gestartet, nun erscheint der dritte Teil. Du kannst dafür regelmäßig nicht nur die Elite der deutschen Szene gewinnen, sondern auch immer wieder amerikanische Exlusives und Hosts - dieses Mal Mulitplatinrapper Chamillionaire - auf deine Seite ziehen. Wo liegen eigentlich Deine Ansprüche und wen siehst Du als "Konkurrenz" an? Denkst Du diesbezüglich eher national oder siehst Du Dich in einer Reihe mit amerikanischen Mixtape-DJs?

Die Ansprüche messen sich ganz klar in erster Linie an mir selbst. Bei Mixtapes habe ich zwei analysierende Herangehensweisen, zwei Arten wie ich Mixtapes höre: eine emotionale und eine faktische. Die emotionale entspricht der Art wie alle Leute Musik hören - auf sich wirken lassen und schauen ob es einem gefällt oder nicht. Die faktische ist sehr trocken, dient aber dazu, sich nicht vom Hype verleiten zu lassen - ich gehe die Tracklist durch, schau wie viel Exclusives drauf sind, wer die gemacht hat, wie die Übergänge sind, wie die Shout Outs und Interludes verteilt sind, aber auch wie das Artwork ist, etc. Was das angeht bin ich Perfektionist und ich messe mich mit den Besten der Welt und zähle mich selbst zu eben diesen. Was meine Mixtapes angeht ist der Hauptanspruch natürlich der, immer neue Maßstäbe zu setzen und mich selbst zu steigern.

Seit dem ersten Mixtape dieser Art hat sich viel getan. Mittlerweile sind es ausschließlich Exclusives und Previews - wo liegt die Steigerung für das nächste Mixtape? Wird es jetzt immer amerikanischer, im Zuge der Eroberung des US-Marktes?

Der amerikanische Markt ist spannend und auch wieder doch nicht. Der Markt ist extrem übersättigt und auch wenn es wichtig für mich ist, dort statt zu finden, ist es natürlich sinnvoller den deutschen Markt zu bedienen, weil ich hier eine feste Größe bin. Dementsprechend werden sich die Mixtapes auch nie komplett nach Amerika richten. Zumindest nicht was Mixtapes angeht.

Neben Victory hattest Du auch noch eine monatlich Mixtapereihe namens Heat am Laufen, die die neuesten amerikanischen Clubtracks featurete - und zwar bevor sie jeder andere hier in Europa hat(te). Nun hat die letzte Auflage dieser Serie schon ein paar Tage auf dem Buckel - was hast Du für "Heat" noch vor? Geht es bald weiter oder war das eine Sache, die nur als kurzer Abschnitt gedacht war?

Heat wird auf jeden Fall weiter gehen. Diese-Mixtape-Serie ist wichtiger als man auf den ersten Blick denken mag und hat auch richtige Fans. Leider ist Heat immer das, was als erstes gestrichen wird, wenn die Zeit mal nicht reicht. Gerade im Dezember mit Curse-Tour, Mixtape-Awards, Victory 3 und den Feiertagen habe ich einfach keine freie Minute gehabt, da hat alles etwas drunter leiden müssen, selbst einem Pal One musste ich dann leider sagen: "Ich kann mich erst ab Anfang Januar richtig um Dein Album kümmern - ich lese zwar alle Deine Mails, aber kann mich nur bedingt involvieren..." In so Momenten tut es besonders gut, einen guten Business-Partner zu haben, der dann auch Teile von meiner Arbeit übernehmen kann.

In der Eingangsfrage sprach ich bereits Pals neues Album an. Du selbst bist ja nicht nur DJ, sondern auch Label Executive, was geht eigentlich in Dir vor, wenn Dir einer Deiner Künstler ein neues Werk vorlegt - tritt da der DJ in Dir hervor, der aus Erfahrungswerten bewertet, ob, respektive wie das Album von der Masse angenommen wird? Forderst Du Dir ein Mitspracherecht ein und agierst somit als Quasi-Executive Producer oder genießen Deine Künstler da vollen Handlungsfreiraum?

Den DJ kann ich natürlich nicht abschalten, aber das ist ja eigentlich nur etwas positives, dass man es gewohnt ist, sich Gedanken zu machen, was der breiten Masse gefallen könnte und was nicht. Dennoch darf man nicht vergessen, dass diese Meinung ja nicht immer gleichermaßen anzuwenden ist. Ein Pal One ist nicht drauf ausgelegt, Clubs zu rocken. Nicht dass uns das stören würde, wenn die Leute seine Songs in den Clubs spielen, aber er passt seinen Sound jetzt auch nicht so an, als wenn es sein primäres Ziel ist. Deshalb darf man sein Album auch nicht daran messen, ob es im Club abgehen würde oder nicht, oder ob 3er-BMW-Fahrer es pumpen würden. Pal kennt seine Zielgruppe ziemlich genau und auf die muss sein Album geschneidert sein. Wenn ich also meine Meinung abgebe, dann zu dieser Zielsetzung. Und ein Mitspracherecht habe ich als die Person, die ein Album veröffentlichen soll ja sowieso - ich will ja nichts rausbringen, was ich nicht gut finde. Ich rede Künstlern aber nicht in ihre Produktionen hinein. Unsere Label-Philosophie ist eine andere. Wir sind davon überzeugt, dass ein Künstler sein Album am besten promoten und pushen kann, wenn er zu 100% davon überzeugt ist. Unser Ziel als Executive Producers ist es also, Hilfestellungen zu geben, um dieses perfekte Produkt mit jedem Künstler zu entwickeln.

Die Mixtapeszene hat nach dem Vorfall mit DJ Drama einen bizarren Skandal und somit die erste wirkliche Eskalation des Schattendaseins, zwischen Legalität und Bootlegging erlebt. Wie stehst Du zur Doppelmoral der Majors, die einerseits auf die Mixtape-DJs angewiesen sind, um ihre Künstler zu hypen und sie gleichermaßen als finanziellen Schaden verfluchen?


Eine sehr vielschichtige Diskussion und man muss da in viele Details gehen um zu verstehen, wie sich alle Parteien verhalten. In meinem Blog blog.hiphop.de/djkitsune habe ich einen sehr guten Artikel aus der New York Times gepostet, der die Fakten ziemlich treffend zusammenträgt. Ich weiß nur, dass dieser Fall die US-Labels und die DJs sehr hart getroffen hat und dass dort eine große Verunsicherung herrscht. Sollte Drama diesen Fall aber gewinnen können, sehen wir einer neuen Ära ins Auge, in der DJs eine gefestigte Stellung in der Musikindustrie erreichen. Sollte Drama den Fall verlieren, ist das zumindest in den USA das Ende der großen Mixtape-Jahre. Traurig ist es, dass die Labels keinerlei Support bieten, weil sie es sind, die die RIAA bezahlen, damit sie DJs hochnehmen, und damit auch Kontrolle darüber hätten. Fakt ist: DJs und Bootlegger sind zwei verschiedene Gruppierungen und dass muss auch auf rechtlicher Basis festgehalten werden. Leider ist das momentan nicht so, und in meinem beschränkten juristischen Urteilsvermögen dürfte Drama ohne den Backup der Majors jedes Gerichtsverfahren verlieren.



Gleichermaßen stellt sich mal wieder oder besser gesagt immer noch die Frage: woran liegt es, dass Deutschland keine Mixtapeszene im Stile der USA auf die Beine bekommt? Liegt dies Deiner Meinung nach eher an den DJs oder an den Rappern? Oder siehst Du die Ursache gar bei den Konsumenten?


An den Konsumenten liegt es mit Sicherheit nicht. Wenn es gute Produkte gäbe, würde sie das sicherlich auch ansprechen. Den Rappern kann man auch keine Schuld geben, wenn man mal davon absieht, dass es helfen würde, wenn man die zahlreichen nicht gemixten Vorab-Alben nicht Mixtape nennen würde. Es hat sicherlich was damit zu tun, dass die Stellung der DJs momentan nicht die beste ist und dass auch nur wenige DJs in Mixtapes ein gutes Promotion-Tool sehen. Und ein weiterer Grund ist wahrscheinlich auch die mangelnde Qualität, es gibt ja nur eine Handvoll DJs, die ein gutes Mixtape auf die Beine stellen können.

Bevor ich Dich nach den anstehenden Projekten in 2007 frage: Victory ist nun an der Stelle, an der Forces of Natures damals war, die Trilogie ist vervollständigt. Zeit also für eine Zwischenbilanz, wenn Du daran zurück denkst, wie Du damals den Entschluss gefasst hast, Victory zu beginnen und Dir Deine Vorstellungen darüber machtest, dachtest Du an das, was nun letztendlich dabei heraus gekommen ist? Und falls nicht: inwiefern weicht das Ergebnis nun davon ab?

Die Erwartungen waren auf jeden Fall gering. Victory 1 war damals eine Mischung aus Lebenszeichen geben und mal schauen, was so alles möglich ist. Die Resonanz darauf war toll, vor allem aus den USA und Victory 2 war eine logische Konsequenz - es ging da auch darum das ganze auf ein neues Level zu hieven. Der Sponsoring-Deal mit Konami war neuartig für Mixtapes in Deutschland, und ab diesem zweiten Teil war der Name dann doch schon sehr rumgekommen. Während die Forces Of Nature-Serie vor allem bei den Fans einen guten Namen hat, ist Victory bei den Künstlern eine Institution. Das große Ziel ist es nun, mit allen kommenden Mixtapes die Fusion aus beidem zu schaffen. Insofern sind die Erwartungen übertroffen worden und bilden nun die Plattform für neue Ziele.

Gerade habe ich es schon angedeutet, abschließend noch ein paar Worte zu dem, was Du für dieses Jahr als DJ Kitsune und als Mitinhaber von Starting Lineup Records auf dem Zettel hast. Was erwartet uns 2007 von Eurer Seite?

Am 23. März erscheint Pal One's zweites Solo-Album Fokus: Rap, das wird das nächste große Projekt. Mit Rasul gehen wir gerade die nächsten Pläne durch, Kaled Ibrahim ist gerade in den letzten Zügen mit seinem Demo und unser Produzenten-Talent Crada ist ebenfalls fleißig, neben Jobs für Rasul, Samy Deluxe, Reno, Chakuza und Olli Banjo stehen bereits weitere Aufträge von großen deutschen Namen fest. Da wird sich auch sehr viel tun in der nahen Zukunft. Und was Mixtapes angeht, bin ich gerade noch am ausloten, was die nächsten Schritte sind. Ein Victory 4 kann ich mir diesmal schon recht bald vorstellen, aber auch eine Fortsetzung zu dem Zwei-Länder-Projekt Transit Line ist längst überfällig.

Ganz am Ende steht natürlich wieder das obligatorische Schlusswort - sag' was zu sagen ist!

Danke für den Support von HipHop.de, danke an die Leute die für mich bei den HipHop.de-Awards gestimmt haben, ohne dass ich auch nur einmal dazu aufgerufen habe. So ein Erfolg freut umso mehr. Und für alle, die es noch nicht mitbekommen haben: Meine neue Website ist endlich fertig und ein wahres Prachtstück geworden, go check it out.

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