Der Drogendealer-Picasso: Lucki Eck$
Lucki Eck$ Quelle: Lyrical Lab

Chicago, once again. Was auch immer man dort vor 20 Jahren in die Nuckelflaschen gefüllt hat, die Stadt in der Mitte der USA bringt momentan mehr Talente hervor, als jede andere. In Die Kunst, scheiße zu singen haben wir uns mit den Wurzeln des geilen, stumpfen Rumgejaules beschäftigt, das aktuell vor allem der Star aus Chicagos Drill-Szene, Chief Keef, repräsentiert.  Weiter gings mit einem Artikel über Lil Herb, einen lyrisch starken Waffennarren. Auch andere machen grade von sich reden: Chief Keefs Jungs (die Glory Boyz), Vic Mensa, Rockie Fresh aus  Rick Ross' Maybach Music-Gruppe, Lil Durk von French Montanas Coke Boys oder Chance The Rapper.

Außer Talent, haben die Jungs nichts gemeinsam. Vielleicht bedingt durch die zentrale Lage der Stadt, wurde im Radio Chicagos meist Musik aus allen Himmelsrichtungen gespielt. Ihre Rap-Regierungszeit hatte die Stadt nie. Einen eigenen Sound? Eine Zeit lang stand sie für melodischen High Speed Rap à la  Do or Die und Twista. Später für Kanye Wests Chipmunk Soul, den heute Chance the Rapper ein wenig weiterführt. Nun also Lucki Eck$, den du auf den nächsten Seiten dringend kennenlernen musst.

Lucki Eck$ darf mit seinen 17 Jahren in den USA noch keinen Alkohol kaufen, ist aber schon richtig tight. In den vergangenen Monaten lief sein Mixtape Alternative Trap in der Redaktion rauf und runter. Inzwischen ist es nicht mehr ganz neu, wenn es um Talente aus Chicago geht, darf er aber nicht fehlen.

Lucki Eck$ sagt, seine Musik ist "lyrischer, als der ganze wilde Scheiß der grade angesagt" ist. Vor allem klingt sie anders. "Alternativ" nicht im Sinne des seltsamen Begriffs "Alternative Rap", mit dem man nicht-Gangster-Rap von Chicagoern wie Common, Kanye West oder No I.D. manchmal nennt. Aber mehr alternative als nach Trap. Man fühlt sich danach vielleicht genauso high, wie nach Trap- oder Drill-Konsum, aber von anderen Drogen. Sein Freund und Stammproduzent Hippie Dream, Plu2o Nash, der in den Credits nicht genannte Clams Casino und ein paar andere liefern... was eigentlich?

Manche vergleichen ihn mit Earl Sweatshirt oder MF DOOM. Mit ein paar Songs von Rockie Fresh, wie Nobody, kann man es vielleicht vergleichen: Auch langsam, sphärisch, die angetäuschte Dubstep-Bassline wäre Lucki Eck$ aber vielleicht schon zu energetisch. Drakes Too Much vielleicht? Der ist auch langsam und sphärisch. Drake übernahm den Song von Sänger und Pianist Sampha aus London. Der erinnert stimmlich an Mit-Engländer James Blake; übrigens ebenso wie die Beats, die Lucki Eck$' pickt, etwas von dem Electronica-Genie haben. Kanye West (Hallo, Chicago) nannte Blake seinen Lieblings Musiker und wünscht sich eine Kollabo. Was auch immer hier passiert, James Blake scheint etwas damit zu tun zu haben.

Hippie Dream choppt für Lucki Eck$' Song Alternative Trouble einen Song der Londoner Ambient-Band Daughter. "Ambient" ist auch ein passendes Wort für Lucki Eck$' Beats. Atmosphäre, melodische, unaufdringliche Tropfsteinhöhlenklangwelten, die so unaufdringlich wie interessant sind. In diese Hippie-Welt nölt und lacht Lucki Eck$ dann seine Drogendealer-Lyrics, Wortspiele und Humor inklusive. Und trotzdem klingt es melancholisch.

Chance the Rapper hört privat auch lieber "freaky-ass, weird-ass white-people music" von Beirut oder Joanna Newsom. Gleichzeitig lief Waka Floka Flame im Club, als Chicagos Jugend sich zum ersten mal in den Club mogelte. Vielleicht kommt man so auf den Chicago-Sound. Das Internet machts möglich.

,,People outside Chicago think that all the rappers support each other. But all the rappers actually hate on each other, you feel me. And escpecially me, I get a lot of it because a lot of rappers that's in Chicago they've been rapping for a long time. I guess I kinda like, I'm blowing up fast so they don't like it."  (gegenüber Noisey)



Chicago gilt als die Stadt mit der größten Rassentrennung in den USA. Außerdem hat die Stadt Probleme mit Armut und Kriminalität. Als Reaktion wurden nach dem Jahr 2000 die Hochhausghettos der Stadt abgerissen. Zehntausende wurden umgesiedelt. Der radikale Plan sorgte vielleicht mit dafür, dass Chicago heute keine homogene schwarze Community hat und jede Rap-Crew ihren eigenen Film fährt. 2012 stieg die Mordrate laut New York Times abermals um ganze 38 Prozent. Den Spitznamen "Chiraq" bekam die Stadt zu dem Zeitpunkt, als dort mehr Amerikaner starben, als im Irakkrieg. Hier findest du eine Doku über Gewalt und Rap in Chicago. Aber lies ruhig erst mal weiter, wir kommen dann auch zum Punkt.

Leidend vorgetragene, ausgefuchste Dealerlyrics. Das kommt dabei raus, wenn man als Jugendlicher in Chicago mit Lil Waynes Carter 2 aufwächst. Wer Bock auf Englisch-Nachhilfe hat, kann hier die Lyrics con Everything Out$ide mitlesen. So langsam er auch rappt, die Lines sind oft zu abstrakt und um-die-Ecke-gedacht, um sie als Deutscher direkt zu raffen. Wenn man sie rafft, sind sie umso besser. Earmilk.com bescheinigt dem Album sogar, die "Charakterstudie eines Drogendealers" zu sein:

"This is trap music for the thinking man. [...] Pusha T coined the phrase 'drug dealer Picassos' seemingly for this precise moment. There is no project more fitting of the description."

Vor Hippie-Musik muss man also nicht wirklich Angst haben, der Inhalt der Texte ist ein ziemlicher Gegensatz zum smoothen Sound. Was dann auch das Gesicht des Mafiüberbosses Lucky Luciano auf dem Cover von Alternative Trap erklärt. Auf einem Hintergrund von kitschigen Blumen. Halt die Verbildlichung von Luckis wirscher Kiffer-Kopfkino-Musik.

Was sagst du, ist Lucki Eck$ so geil, wie wir meinen? Schreib einen Kommentar!

Mehr über die erwähnten Artists findest du, wenn du runterscrollst. Hier gehts zum Mixtape Download:

Lucki Eck$ - Alternative Trap

 

 

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