Brother Ali - Nichts als die Wahrheit
Im US-Underground avanciert ein Label immer mehr zum Garant für ehrlichen Sound: Rhymesayers. Die wohl bekannteste Crew des Labels dürfte Atmosphere sein, die in der Vergangenheit mit Labelmate Brother Ali auch auf Deutschlandtour war. Der ursprünglich aus Michigan stammende Albino veröffentlicht nun mit "The Undisputed Truth", nach der "Champion"-EP und dem "Shadows of the Sun"-Debüt, sein zweites Album.
   
Wie geht's dir dir?

Echt großartig.

Wie war deine Reise und warst du zuvor schon mal in Berlin?


Es ist mein dritter Besuch in Deutschland und mein zweiter in Berlin.

Was hast du denn das letzte Mal hier gemacht?

Das letzte Mal hatte ich hier einen Auftritt mit Atmosphere, Sadat X und Greg Nice. Das war wirklich gut. Ich hab schon viele meiner Kollegen sagen hören, dass Deutschland ein sehr wichtiger Ort in Sachen Hip Hop ist. Sie reden davon, dass London, Deutschland und natürlich Paris die Orte sind, wo echter Hip Hop und alles was dazu gehört noch anerkannt sind. Nicht nur das Zeug, dass wir im Radio vorgesetzt bekommen, sondern dass die Leute hier den ganzen Lifestyle leben, Graffiti, Breakin und all das. Ich habe das schon jahrelang gehört und dann haben wir die Show hier gespielt. Atmosphere und ich sind ja noch relativ unbekannte Underground Artists, wobei Greg Nice und Sadat X legendäre Rapper der Mid-Nineties sind. Bei der Show waren 200, 300 Leute, die unsere Live Show echt gefeiert haben. Greg Nice hat fast sein gesamtes Set ohne Musik gespielt, nur Beatboxing und Accapella und das am Stück. Während des gesamten Konzerts gab es nicht einen der geraucht, geredet oder aufs Klo gegangen ist. Alle waren nur auf unsere Show fokussiert.
Entschuldige, dass ich die Sonnenbrille auf habe, aber das Licht ist wirklich grell und ich bin Albino und deshalb muss ich mich schützen. Ich schau dir aber direkt in die Augen.

Kein Problem. Für die Leute, die dich noch nicht kennen. Womit verdienst du dein Geld?

Ich verdiene mir mein Geld auf Tour. Ich bin bei einem Independent Recordlabel, Rhymesayers, und das heißt, dass wir kein Majorlabel hinter uns haben. Wir machen alles selbst. Unsere Alben machen uns in der Öffentlichkeit bekannt und dann machen wir unser Geld, indem wir auf Tour gehen. Besonders in den Vereinigten Staaten geben wir nicht nur Konzerte in den Großstädten, sondern überall. Orte, wo andere Musiker gar nicht spielen würden, aber uns ist dieser Kontakt zu unseren Fans und Supporters sehr wichtig. Wir machen ungefähr drei lange Touren jedes Jahr und so haben wir die Chance direkt mit den Leuten, für die wir Musik machen, zu kommunizieren. So machen wir das schon seit 10 Jahren und erst kürzlich hat uns ein Label angesprochen, dass sie die Distribution für uns in den USA und Europa übernehmen wollen. So kommen unsere Platten also auch in die Läden und jeder kann sie sich beschaffen. Das neue Album kommt dann auch am 10. April raus und von dem Tag an mache ich 53 Shows in 60 Tagen.

In den Staaten?

Ja, genau und hoffentlich werde ich dann im Herbst hierher zurückkommen. Wir werden dann noch ein paar Wochen in Kanada und Australien touren und dann noch mal zwei Monate in den Staaten.

Als ich dich zum ersten Mal gehört habe, fiel mir sofort dein Oldschool Style auf. Das hat mich an Legenden wie KRS-One oder Rakim erinnert. Aber wie würdest du deinen Style selbst beschreiben und wer hatte auf dich den größten Einfluss?

Also, ich würde sagen, dass mich KRS-One mehr als jeder sonst beeinflusst hat. Ich bin mir sicher, dass ich wegen KRS-One heute der Mann bin, der ich bin,. Er hat mich in vielerlei Hinsicht beeinflusst. Er hat mich als Mensch beeinflusst, dass man intelligent und stark sein soll, selbstsicher und in mich selbst vertrauen soll. Als ich 13 war, gab es die "Stop The Violence" Sache mit dem Song "Self-Destruction" und dazu kam auch ein Buch raus. Also, es gab da dieses dicke Buch, ich weiß nicht, ob ihr das hier hattet und jeder Artist hatte darin seine eigene Seite. Darin gab es Statistiken über Kriminalität und Hip Hop und dann hat KRS dafür Vorlesungen an verschiedenen Universitäten gehalten. Als ich 13 war sind mein Bruder, der damals 10 war, meine Mutter und ich zu einer dieser Vorlesungen an der Michigan State University gegangen. Ich habe dann da gesessen und KRS hat über die Katholische Kirche, die Geschichte Amerikas, Afrika und über all das Zeug erzählt und ich dachte, er sei der klügste Mensch, der je auf der Welt gelebt hat. Er war wie Malcolm X für meine Generation. Am Ende konnte man Fragen stellen, also stand ich auf, ging zum Mikro und sagte: "Ich hab das Buch hier gekauft, ich liebe alles, was du machst. Könntest du mir das Buch signieren, wenn du alle Fragen beantwortet hast." Er meinte nur, dass ich auf die Bühne kommen soll. Er hat dort mein Buch signiert, mit mir geredet und mir eine Umarmung gegeben. Das hat mein Leben verändert.



Wo ich gerade im Leben bin, als Musiker, mit der Musik, und auf die Art und Weise wie ich sie schreibe, ist tief verwurzelt im Oldschool Hip Hop, Melle Mel, KRS, Chuck D, Rakim, Big Daddy Kane, Ice Cube. Je mehr ich über sie weiß und umso besser ich sie persönlich kennen lerne, stelle ich fest, dass sie so großartig sind, weil sie sich nicht verstellen. Was du auf ihrem Album hörst, so sind sie wirklich. Wir sollten nicht versuchen, wie sie zu klingen, sondern wir sollten wir selbst sein und unsere eigenen Erfahrungen und Gedanken und Gefühle, einfach so wie wir die Sachen sehen, in unsere Musik einbringen. Genauso real wie sie zu sein und genauso viel Style wie sie zu haben, aber nicht zu versuchen sie zu sein. Das ist es, was ich mache. Ich bringe meine ganz eigenen Gedanken und Erfahrungen ein. So ist Melle Mel wer er ist, weil er in einer Zeit aufgewachsen ist, als Crack zum ersten Mal die Bronx erreicht hat. Das ist nicht meine Geschichte ich bin aus dem Midwest, ein total anderer Ort, eine andere Zeit. Ich rede halt über mein Zeug, was nicht dasselbe wie seins ist. Ich rappe über meine Eltern, meinen Sohn, meine Famile, meine Ex-Frau, über Musik, mein Leben. Das ist es, was man tun muss. Die Leute machen sich solche Sorgen über Hip Hop. Wo es hingeht, ob Hip Hop stirbt. Ich denke das ist so, weil wir Angst davor haben wir selbst zu sein. Wir sind so darauf hängen geblieben, so wie unsere Helden zu sein. Wir vergessen, warum wir diese Leute so lieben. Wir denken von ihnen, wie von Jesus oder so. Wir nennen ihre Namen und hören ihre Platten so oft, dass wir vergessen haben, wieso wir uns überhaupt in sie und ihre Musik verliebt haben. Es war, weil sie Sachen gesagt haben, die sonst niemand zu sagen gewagt hat. Sie haben über einen Teil vom Leben geredet, den sonst niemand angesprochen hat. Es wäre doch blöd sie nachzumachen. Wieso sollte ich mir 15 Jahre später jemanden anhören, der auf Big Daddy Kane macht. Da ist es doch viel besser sich das Original zu geben. Ich will doch hören wer du bist und ob du etwas Neues bringst. Ich denke, dass ich Hip Hop etwas schuldig bin. Es hat mir selbst soviel gegeben und der einzige Weg etwas zurückzugeben, ist so real und ehrlich wie möglich zu sein. Dann kann ich nur hoffen, dass diese neue Perspektive etwas dazu beiträgt, um Hip Hop weiterzubringen.

Als "Shadow On The Sun" rauskam, wurdest du in der Underground Hip Hop Community erstmals bekannt. Was bedeutet dir diese Platte heute?

Mir wurde dadurch viel beigebracht. Wir haben nicht erwartet, dass es so ein Erfolg wird. Ant war ein Held für mich und ich war einfach nur glücklich, mit ihm zusammen eine Platte machen zu können. Ich war glücklich, ein Teil von Rhymesayers zu sein. Wir haben einfach nur ein paar Songs gemacht, von denen wir dachten, sie wären tight. Was mich beeindruckt hat, als die Platte rauskam, war, dass die Songs, die die Leute mochten, nicht die MC Songs waren, sondern die Songs, wo ich über mein Leben gesprochen habe. Über den Song "Forest Whitaker" haben die Leute am meisten geredet. Der Song war dabei gar nicht ernst gemeint. Ich habe ihn nur gemacht, um Ant zum Lachen zu bringen. Ich habe über sehr persönliche Sachen geredet, Sachen über mich. Ich bin Albino, fett und ich kleide mich nicht besonders gut, aber es gibt Momente, wo ich mich wirklich fly fühle. Ich weiß, dass Ant das an mir mag, also habe ich den Song gemacht, um ihn glücklich zu machen. Das war dann aber auch der Song, den jeder auf meinem Konzert hören wollte. Ich habe mich dann immer umgeguckt und ich war der einzige Albino im Raum und ich habe mich gewundert, wieso diese Leute so darauf abgehen. Man muss einfach nicht durch genau dieselbe Sache gehen, um das zu verstehen, denn manchmal fühlt sich einfach jeder nicht cool genug oder so. Es ging einfach um das Gefühl und nicht um die exakten Worte. Das hat mich dann gelehrt, dass mehr Leute eine Verbindung fühlen können, wenn ich meine Gefühle stark im Song ausdrücke. Ich mag dieses Album immer noch sehr. Viele Leute sagen, dass mein neues Album großartig ist und mein altes scheiße. Ich denke, dass mein neues und mein altes Album großartig sind. "The Undisputed Truth" ist dein 2. Album. Was willst du damit erreichen?

Mein Leben hat sich seit dem Release von "Shadows On The Sun" stark verändert. Ich habe schon mit 17 Jahren geheiratet, ich war ein Ehemann und habe ein Kind, ich habe die High School nicht abgeschlossen, ich war nicht auf einem College, ich hatte es wirklich schwer zu überleben. Ich bin immer um fünf Uhr morgens aufgestanden, habe dann bis abends gearbeitet und abends bin ich entweder zu Ant oder in die Moschee gegangen. Kein Schlaf, stattdessen habe ich mich abgerackert und es ist nichts passiert. Als dann "Shadows On The Sun" rauskam, musste ich meinen alten Job nicht mehr weitermachen. Ich habe eine Show gemacht und die Leute haben die Texte mitgesprochen. Ich war auf Tour mit meinen Songs, meinen Freunden und habe endlich genug Geld verdient, um mit meiner Familie aus dem Ghetto rauszukommen und an einem netten Ort zu wohnen. Das hat meine ganze Sicht auf das Leben verändert. Ich konnte nun endlich so leben, wie ich leben wollte und als ich die Dinge näher betrachtete, konnte ich sehen, dass diese Ehe einfach nicht sein sollte. Es war auch so etwas wie eine arrangierte Ehe, es war einfach schlecht für mich und hat mich unten gehalten. Also habe ich mich dann scheiden lassen und konnte meinen Sohn behalten. Ich habe ihr alles gelassen und es war echt hässlich, sie wurde gewalttätig. Ja, ich habe einfach alles da gelassen, ich habe weder Kleidung noch Möbel mitgenommen. Mein Sohn und ich haben dann für eine Zeit in der Wohnung eines Freundes gewohnt. Ich musste zwar von ganz vorn anfangen, aber nach ein paar Jahren mache ich jetzt genau das, was ich will. Ich mache Musik, ich bin mit meinem Sohn zusammen, ich bin glücklich und das fühlt sich wie das Leben für mich an, so wie es sein soll. Ich wollte, dass meine neue Platte all diese Aspekte zeigt. Jeder Song auf dem Album ist ein Moment in genau dieser Geschichte und am Ende hörst du wie glücklich ich jetzt bin.

Das hört sich echt so an, als ob du ein Artist bist, der eher auf dem persönlichen Level arbeitet, als alles zu verallgemeinern.

Yeah, es ist echt sehr persönlich. Du hörst auf dem Album alle meine großen Momente der letzten fünf Jahre. Die Leute, die "Shadows On The Sun" gekauft haben und auf meinen Konzerten waren, haben all das möglich gemacht, also finde ich, muss ich ihnen etwas wiedergeben. Das bin ich ihnen schuldig. Jetzt kann ich sagen: "Seht euch an, was alles passiert ist".

Man darf hierbei nicht vergessen, dass du auch ein brillanter Battlerapper bist. Hast du deinen Schwerpunkt jetzt aufs Storytelling verlagert oder findet man auf deiner neuen Platte auch noch Battlerap?

Der erste Song "Whatcha Got" handelt davon, wie wichtig mir Hip Hop und das MCing ist und wenn jemand das nicht repräsentiert, verdient er es auch nicht, sich so zu nennen. Ich teile in dem Song ein bisschen gegen die Dudes aus, die gerade überall auftauchen. Hier ist ein Rapper, da ist ein Rapper, aber das sind halt keine MCs. Da gibt es einen Unterschied zwischen uns, die dem Hip Hop ihr Leben gewidmet haben und euch. Dann gibt es noch einen Song, einen Partysong, mit Prince Whipper Whip von den Fantastic Five, der heißt "Listen Up" und darin gehts auch um so etwas ähnliches. Dann gibt es den Song "Take Me Home", der nicht nur über das Rappen an sich, sondern über die Art, wie die Leute sich verhalten spricht und wie wir Hiphop als einen Lifestyle behandeln, mit Stolz. Also gibt es auch solche Songs auf dem Album, aber sogar die sind persönlich für mich, weil ich wegen dem Rappen verprügelt wurde, verhaftet, ich habe eine Narbe über meinem Auge und einen abgebrochenen Zahn wegen dem Rappen, ich habe eine Scheidung wegen dem Rappen, ich bin ein Moslem wegen dem Rappen, mein Leben basiert auf Hiphop. Das ist also auch alles persönlich, so ist Battlerap. Mann springt nicht einfach auf die Bühne und legt los, so geht das nicht. Man muss es leben.

Wann hast du die Leute von Rhymesayers zum ersten Mal getroffen?

Ich habe sie 1998 getroffen. Der Typ, der heute mein DJ ist, BK-1, hatte damals eine Radioshow im College-Radio und er spielte Independent Underground Rap und Oldschool Hiphop. Einer meiner Freunde erzählte mir von der Show, also bin ich zu ihm gegangen und habe mit ihm rumgehangen. Er hat dann irgendwann dieses Konzert mit den Rhymesayers veranstaltet und mich als Opener eingeplant. So habe ich die Jungs kennen gelernt.

Du kommst ja ziemlich gut mit deinem Producer Ant klar. Könntest du eure Producer / MC Beziehung mal beschreiben?

Es basiert auf den richtigen Sachen. Wir lieben einfach die selben Dinge an Musik, wir sind sehr enge Freunde und er ist der Grund, dass ich mache was ich mache. Er kennt mich und all die verschiedenen Aspekte meiner Persönlichkeit und er hat es zu seiner Aufgabe gemacht, diese all den verschiedenen Leuten näher zu bringen. Er macht die Musik, die mich richtig rüberkommen lässt. Er bewegt mich dazu neue Sachen zu machen. Wie mit dem Song "Forest Whitaker" mit dem ich ihn halt glücklich machen wollte. Viele meiner Songs entstehen auf diesem Weg. Er ist wie ein großer Bruder für mich und wenn ich die Songs mache, fällt es mir einfach persönlich zu sein, weil wir einfach auf so einer persönlichen Ebene sind. Wenn mehr Leute so wären, würden sie auch bessere Alben machen. All unsere liebsten Hiphop-Alben wurden so gemacht. Auch wenn es nicht zwei Leute sind, aber lass es eine Gruppe von fünf Leuten sein. (Greg: Eric B. & Rakim) Yeah, GangStarr, Pete Rock & C.L. Smooth, Jungle Brothers, Public Enemy, Ice Cube & Sir Jinx, (Greg: …Snoop Dogg & Dre). Genau. Es ist nicht immer nur ein MC und ein Producer. Es kann auch ein ganzes Team sein, aber sie müssen alle das ganze Projekt im Kopf haben. Die Leute machen das aber nicht mehr. Sie haben Produzenten, die den MC nicht einmal kennen. Er schickt einfach nur den Beat und kümmert sich gar nicht darum, wie das Album klingt. Er will einfach nur den besten Beat auf dem Album machen und sein Geld kassieren.

So sieht es leider aus. Ich bin mir nicht sicher ob du es schon erwähnt hast, aber was war der größte Wendepunkt in deinem Leben? Ich meine, positiv gesehen.

(nach einer langen Denkpause) Es gab eine Menge dieser Momente. Ich bin wirklich gesegnet so viele gehabt zu haben. Mit Hiphop in Kontakt und dann darin verwickelt zu werden, war einer von ihnen. Ein Moslem zu werden war eine wirklich wichtige Sache. Meinen Sohn zu haben war eine sehr wichtige Sache. Das erste Mal auf Tour zu gehen war echt eine große Sache. Im Sommer habe ich wieder geheiratet und das war eine sehr große Sache. Das Album jetzt gemacht zu haben fühlt sich irgendwie sehr gut an. Es war das erste Mal, dass ich wirklich ein spezifisches Ziel im Auge hatte. Dieses Album und diese Tour fühlen sich so an, als hätte ich lange darauf hin gearbeitet. Ich hatte echt viele wichtige Wendepunkte.

Wo siehst du dich heute in der großen Welt des Hiphop? Was können die Leute aus deiner Musik ziehen, wenn sie dein Album hören oder dich live sehen?

Ich komme aus einer wirklich authentischen Gegend. Im Hiphop ist es an der Zeit neue Gebiete zur erkunden, um neue Perspektiven zu schaffen. Was ich mache ist nicht wirklich super experimentell, aber ich will einfach das alles von einem anderen Standpunkt aus erzählen und das dann sehr gut machen. Ich fühle mich nicht, als wäre ich übertrieben wichtig für Hiphop oder wenigstens laufe ich nicht herum und sage, dass ich ein Geschenk Gottes für Rap bin. Aber ich bin mir dessen, was ich tue, sehr sicher. Ich weiß worüber ich rede und ich präsentiere etwas, dass anders, einzigartig und real ist. Ich sage Sachen, die heute noch nicht gesagt werden. Es zeige eine Seite eines Artists, die noch nicht im Hiphop gezeigt wurde. Manche Leute erzählen mir Sachen, wie ich sei der beste MC, den es gibt. Ich weiß nicht, so sehe ich das nicht, darüber denke ich nicht einmal nach. Ich versuche die beste Version meiner selbst zu sein und ich fange gerade erst damit an. All die Möglichkeiten schwirren in meinem Kopf umher, Sachen, die ich tun kann und es ist wirklich aufregend. Was hältst du von der Qualität der Rapplatten, die heutzutage in die Billboard Charts einsteigen?

Manche Sachen sind richtig gut. Auch wenn die Musik nicht wirklich smart oder lyrisch ist, vermittelt sie ein gutes Gefühl. Ich liebe 50 Cent. Ich denke, dass 50 Cents erstes Album ein Classic ist, wenn man das Feeling betrachtet, dass dabei rüberkommt. Ich mag T.I. und ich mag Rich Boy. Ich mag Ludacris, naja, ich würde sogar sagen, dass ich ihn liebe. Auch wenn diese Sachen nicht das ganze Paket sind, aber die Sachen sind einfach dope. Für mich ist das einfach gute Musik. Da gibt es wenige, die führend sind und unglaubliche Sachen machen. Alle anderen machen die dann nach und schaffen es nicht einmal ansatzweise auf dieses Level zu kommen. Es gibt einfach keine Balance. Es gibt nur einen Standpunkt, eine Art von Musiker und man sieht nicht den ganzen Rap. Es gibt so viele Leute, die im Rap andere Sachen machen und sagen, aber die sieht man nicht an der Spitze. Das ist das Problem. So bin ich aufgebracht, dass The Roots nicht noch beliebter sind. Wenn The Roots, Mos Def, Common und solche Leute mehr auf MTV, BET und im Radio gespielt würden, würde es, wie ich meine, eine Menge Leute geben, die diese Musik lieben. Man kennt sie zwar, aber einem werden die anderen Sachen zu sehr aufgedrängt. Wenn man alles ein bisschen auflockern würde, würden andere Artists genau so viele oder noch mehr Platten verkaufen.

Meinst du, du könntest so einen Impact auf eine größere Masse machen? Wenn man mal an einen Major Label Deal denken würde?

Das könnte ich. Der einzige Grund, wieso ich als ein Artist existiere, ist wegen der Verbindung zu meinen Fans. Ich nenne sie auch nicht Fans, sondern ich denke, dass sind eher Leute, die unsere Sache unterstützen. Ein Fan ist so jemand, der ausflippt, wenn er Michael Jackson sieht. Supporters sind Leute, die dein Album downloaden und es trotzdem kaufen. Dann gehen sie zu einem unserer Konzerte und unterstützen uns. Egal was wir in der Musikindustrie erreichen wollen. Es kann nur mit der Hilfe und in Verbindung mit unseren Supporters geschehen. Wir haben einen Distribution-Deal mit einem Teil von der Warner Brothers Company. Da geht es nur darum, dass unsere Platten in die Läden kommen, so dass die Leute auch an die Musik rankommen, wenn sie sie wollen. Als wir das früher alles selbst machen mussten, hatten wir nur Verbindungen mit Independent Läden in vielleicht 30 Städten der USA. Wenn da ein Fan in Iowa ein Album von uns kaufen wollte, gab es dort keinen Laden, der Independent Musik verkauft. Jetzt kann man unsere Platte in großen Läden, wie Target oder BestBuy, kaufen und wir versuchen sie echt billig zu machen, 8 oder 9 Dollars. Das stellt sich nicht zwischen uns und unsere Supporters, sondern hilft. Ich habe auch keine Angst mich in größeren Maßstäben zu präsentieren, solange das nicht die Beziehung mit meiner Supporter Basis kaputt macht.

Mit wem würdest du dann gern zusammen arbeiten, wenn Geld keine Rolle spielen würde?

?uestlove. Ich finde, er ist zur Zeit der beste Producer in der Musikindustrie. Es gibt viele andere, die auch großartig sind. Timbaland ist großartig, Dr. Dre ist unglaublich. Es wäre wirklich dope mit Premier oder Marley Marl zu arbeiten, aber wenn ich mir einen aussuchen und mit ihm ein Album machen könnte, dann würde das ?uestlove sein.

Was denkst du, wird dir und deinen Labelkollegen die Zukunft so bringen?

Das Label ist jetzt schon seit 10 Jahren mit dabei und jedes Jahr sind wir gewachsen. Wir versuchen immer das Beste aus allem zu machen. Als Rhymesayers nur auf lokaler Ebene bekannt war, versuchten wir die Besten lokalen Acts zu haben. Immer wenn wir gewachsen sind, versuchen wir den Leuten soviel wie es nur geht für ihr Geld zu geben. Wenn du also ein Album kaufst, hast du nicht nur zwei, drei gute Songs und der Rest ist nur Füllmaterial. Wir geben dir ein komplett ernstes Album, eine DVD. Wenn du ein Konzert siehst, werde ich nicht nach 10 Minuten von der Bühne verschwinden. Ich werde Songs von jedem, nicht nur dem neuen Album, machen und danach reden wir mit dir, signieren Dinge, hängen mit dir ab. Es wird immer eine echt gute Sache sein, ob es schnell oder langsam wächst, oder einfach so bleibt. Eines weiß ich, solange wir real mit uns selbst und unserer Musik bleiben, solange wir alles geben, werden wir auch ein positives Feedback bekommen. Der Einzige, der uns schaden kann, sind wir selbst. Niemand ist unser Boss. Wir haben alles selbst aufgebaut. Keiner kann uns sagen, was wir tun sollen, also kann uns auch keiner kaputt machen. Nur wenn wir aufhören es zu wollen, kann alles kaputt gehen. Aber wir wollen es schon so lange, dass wir jetzt auch nicht mehr aufhören.

Mal eine ganz andere Frage. Du bist Moslem: Meinst du, dass du Nachteile in der amerikanischen Gesellschaft hättest, wenn du kein Rapper wärst und dir dein Geld mit etwas anderem verdienen müsstest? Oder gibt es viele Vorurteile, außerhalb der Hiphop-Community, gerade weil du ein Rapper bist?

Weißt du, der Islam wird überall falsch verstanden. Ein Moslem zu sein lässt sich in etwa mit einem Hiphop-Head vergleichen. Immer wenn du ein Magazin aufschlägst, den Fernseher anmachst, um herauszufinden wie Hiphop ist, wirst du denken, dass Hiphop nur Kriminalität, Sex und Geld ist. Viel Hiphop ist Kriminalität, Sex und Geld, aber wir wissen es besser. Wir wissen, dass Hiphop auch diese unglaubliche Sache ist. So verhält es sich auch mit dem Moslem sein. Im Fernsehen und in den Mainstream-Medien, besonders in den USA, werden wir von unseren Medien belogen. Die Medien versuchen nichts darüber hinaus rauszufinden, als was ihnen die Regierung erzählt. Dann wirst du denken, dass der Islam nur aus extremen Radikalen und Menschen, die Frauen hassen, besteht. Es gibt Radikale und es gibt Sexismus, aber wir wissen es besser. Wir wurden gesegnet, den Islam so zu sehen, wie er wirklich ist. Wie ich persönlich damit umgehe? Ich versuche ein gutes Beispiel zu sein und zu zeigen, wie ich den Islam kenne und Hiphop. Das Einzige, was man den Leuten mit auf den Weg geben kann, wenn sie etwas wirklich wissen wollen, dann sollen sie sich selbst bilden. Man kann nicht erwarten, dass man von Film und Fernsehen und den großen Zeitungen gebildet wird. Und noch weniger über eine Jahrhunderte alte Religion oder irgendetwas über Kultur. Wenn dir das nichts ausmacht und du nicht mehr sein willst, als ein Produkt vom Fernsehen und dem Fernsehen so ausgeliefert zu sein. Aber wenn du mehr als das sein willst, musst du halt selbst ein bisschen Research machen. Ein Problem von uns Moslems ist wahrscheinlich, dass wir anderen Leuten nicht mitteilen, wie wir wirklich sind, an was wir wirklich glauben und wie wir leben. Wir sind auch nicht aktiv genug, um die Probleme zu korrigieren. Es gibt wirklich große Unterschiede zwischen dem Koran, dem Leben Mohammeds, salla-llahu alaihi wa salaam, und den Dingen, die wir als Gemeinschaft machen. Es ist hart für Leute uns mehr zu respektieren, wenn wir nicht genug tun und uns nicht selbst genug korrigieren. Meine Freunde zum Beispiel. Wenn sie hören, dass Moslems so und so sind, dann sehen sie das nicht so, weil sie mich kennen und sie wissen seit Jahren wie Moslems sind. Aber wenn es ihnen nie erklärt wird, haben sie ja keine andere Chance, als das zu glauben, was sie hören.

Alright. Letzt Frage. Gibt es da noch etwas, was du deine deutschen Fans wissen lassen willst?


Ja! Ich finde, sie sind unglaublich. Wir in Amerika hatten schon immer Hiphop vor Ort und es ist leicht da ranzukommen, also sehen wir es als selbstverständlich an. Hier in Europa dagegen, aber besonders auch in Deutschland, weil der Sprachfaktor noch dazu kommt, wird Hiphop mehr anerkannt und so verdient ihr es auch mehr. Das finde ich echt fresh, also kommen wir zurück und machen eine angemessene Tour im Herbst.

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