Blumentopf - Gern geschehen
Dass Blumentopf eine neue Scheibe am Start haben, dürfte wohl keinem entgangen sein. Was die sympathischen Jungs aus München vom Berliner Underground, der aktuellen innenpolitischen Lage und MC Rene halten, könnt Ihr nur exklusiv hier bei uns erfahren. In Manfred Mustermann erzählt Ihr die Geschichte eines Mannes, der viele Kompromisse eingegangen hat. Dadurch ist das Lied eigentlich sehr traurig und melancholisch geworden. Inwieweit spiegelt dieses Lied auch Euer eigenes Leben dar und wo geht Ihr Kompromisse ein?

Natürlich spielen in diesem Lied auch eigene Erfahrungen eine Rolle, eigentlich ist aber die Kernaussage, das Mustermann seine Träume nicht verwirklicht genau das Gegenteil von dem was wir machen, denn dadurch, dass wir Musik machen verwirklichen wir ja unseren Traum und gehen damit nicht unbedingt den Weg, den zum Beispiel unsere Eltern für uns gesehen haben. Allerdings gehen natürlich auch wir Kompromisse ein, weil ein Leben ohne Kompromisse ja gar nicht möglich ist. Wir sind eine fünfköpfige Band, da muss man Kompromisse eingehen und sich auf die Meinung des anderen einlassen. Allerdings muss man auch seine Träume verwirklichen und die Kompromisse in diesem Kontext eingehen.

Bushido hat einen Track gemacht Eine Kugel reicht , in dem er erzählt wie er einem Dealer mit der Waffe Geld und Drogen abnimmt, nachdem er vorher einen auf nett gemacht hat. In Eurem Track Jeder 2. Linkt Dich ist die Problematik die gleiche, trotzdem liegen Welten zwischen den Liedern. Inwiefern glaubt Ihr unterscheidet sich Euer Publikum von dem von Bushido und Konsorten und welches Publikum wollt Ihr überhaupt ansprechen. Ist das deutsche Publikum vielleicht sogar mit beliebigen Inhalten konfrontierbar, oder unterscheidet Ihr Euch hier prinzipiell in der Ethik von dem Berliner Sound?

Zunächst einmal wollen wir das Publikum ansprechen, das sich mit unserer Musik identifizieren kann, die den Humor, die Texte und das Lied verstehen, denn wenn man Fan von etwas ist hört man sich das ja an, da man damit etwas anfangen kann. Da wollen wir uns auch vorher nicht einschränken. Wir machen eben unsere Musik und wollen uns da auch nicht vorher einschränken, den der, der sie sich dann anhört und gut findet, der soll sie dann auch hören. Da wollen wir auch keine Einschränkung machen, den zunächst machen wir die Musik ja einmal für uns 5 und dann haben wir ohnehin keinen Einfluss mehr darauf wer sie hört und wer nicht und den wollen wir auch nicht nehmen.

Gut, aber glaubt Ihr wirklich Ihr habt die gleiche Hörerschaft, wie die der Berlinfraktion?

Nun, ich höre mir auch auf der einen Seite 50 Cent und auf der anderen Seite Common an und mir gefällt beides. Die beiden liegen sehr weit auseinander, aber ich kann dann auch sagen, wann es für mich dann auch seltsam und nicht mehr ganz so nachvollziehbar wird, wenn es einfach etwas zu krass wird oder ich auch nicht mehr alles verstehe. Prinzipiell finde ich es aber gut, wenn die Leute einen so breit gefächerten Horizont haben, dass sie eine Sache gut finden können, ohne eine andere Sache dafür völlig Scheiße zu finden.

Da habt Ihr schon recht, trotzdem nimmt man das amerikanische doch auch völlig anders auf, den erstens besteht da eine gewisse Sprachbarriere und zweitens nimmt man einem 50 Cent doch irgendwelche Ghettogeschichten doch eher als einem Bushido ab.

Natürlich spielt die Sprachbarriere da auch eine Rolle. Wenn ein 50 Cent erzählt wen er alles killen will, dann kann man sich das noch eher anhören, als wenn ein Deutscher singt, er erschiesst alle Menschen. Das Bushido Lied und die Platte kenne ich nicht, aber es sind eben auch zwei verschiedene Sachen. Unserer Lebensrealität entspricht eben mehr Jeder 2. Linkt Dich und ich habe keine Ahnung was der Bushido für ein Typ ist und so erlebt. Man kann ja Musik auch machen wie Filme. Ich habe mir ja auch gerne Pulp Fiction angeschaut, obwohl so etwas auch nicht passiert wo ich wohne. Nur deshalb ist der Film ja nicht schlecht für mich. Deshalb können ruhig andere Leute ander Musik aus Ihrem Kontext heraus machen.

Aber inwieweit unterscheidet sich da Eure Ethik von der dieser Aggrogeschichte.

Da stellt sich natürlich die Frage was für ein Typ man ist und wo man aufgewachsen ist., denn das spielt alles eine Rolle dabei, wie letztendlich die Texte sind. Es ist eben auch die Frage, ob sich jemand bei der Musik die er macht komplett selbst verkörpert, oder eben nur eine Seite seiner Persönlichkeit. Man kann ja auch in Rollen schlüpfen, machst schauspielermäßige Sachen, was gut gemacht ja auch sehr gut sein kann. Man sollte sich dann aber nicht darauf einlassen müssen, das man in der Öffentlichkeit nur noch diese eine Rolle spielen kann, die man in seinen Texten darstellt. Die Berliner die Du angesprochen hast kennen wir einfach nicht, daher können wir darüber nicht urteilen außerdem nervt es immer darüber befragt zu werden, was man über andere denkt. Auf der anderen Seite gibt es auch Leute wie die Spezializtz oder Charnell, denen wir Ihre Geschichten auf jeden Fall abnehmen, weil wir Sie kennen und schätzen. Und wie sieht es mit Mc Rene aus, mit dem Ihr auf Eins A einen Track gemacht habt, der mir persönlich sehr gut gefallen hat. Rene hat zwischenzeitlich dubiose Projekte gestartet und sich auch mit einigen Leuten angelegt. Würde Euch der Beef wie der zwischen Azad und Reen davon abhalten wieder mit Ihm zu arbeiten?

Auf jeden Fall muss man sagen, dass sich das was Mc Rene musikalisch macht von dem was wir machen deutlich unterscheidet. Allerdings haben Ihn in letzter Zeit öfter mal getroffen und es war cool und ich kann nicht sagen, was passieren würde, wenn er kommen würde und sagen "lass uns mal wieder etwas machen". Vom Flow her hat er nichts verloren und ist vom technischen her ein echt guter Raper.

Sepalot kannst Du ein paar Worte zu dem bald kommenden Esther Album sagen, vor allem inwieweit sich die Produktionen von Produktionen für den Topf unterscheiden?

Sepalot ist leider krank. Er hat aber halt in der Zwischenzeit einen Albumdealgemacht. Die Scheibe ist sehr Jazz und Soullastig und auch unter dem namen "Eskapaden" im Handel erhältlich. Vom Stil her unterscheidet es sich schon sehr von den Topfsachen, weil es viel melodischer und instrumentaler ist. Er hat sich dazu viele professionelle befreundete Musiker ins Studio geholt, daher sind es nicht unbedingt richtige HipHopbeats, sondern eher Jazz - Soullastige Sachen, die in Richtung Erykah Badu gehen.

Ihr habt Danke Bush schon länger zum Download freigegeben und habt dabei öffentlich Stellung bezogen. Vielleicht wollt Ihr an dieser Stelle noch ein Statement zur aktuellen innenpolitischen Situation loswerden, wie beispielsweise Schröders und Fischers doch recht frühe Aussage 2006 wieder kandidieren zu wollen.

Meiner Meinung ist diese Ankündigung völlig verfrüht und daher ist es auch verfrüht da jetzt ein Statement dazu abzugeben. Es ist auch schwer sich in der Musik auf die ganz aktuelle Politik zu beziehen weil es doch wenn es dann rauskommt nicht mehr so aktuell ist, oder auch nicht mehr von Interesse. Natürlich haben wir zu vielen Sachen eine Meinung, aber ob man jetzt Bock hat darüber ein Lied zu schreiben, dazu muss es schon ein Thema geben, von dem man sagt "also das möchte ich jetzt wirklich mal sagen". Natürlich kann man solche Sachen immer einfließen lassen und Kommentare in Texte einbringen, aber bis ich zu einem Statement, dass jemand vor drei Tagen gemacht hat einen Song gemacht habe ist nichts mehr aktuell, da das alles so kurzlebig ist, wie das Thema, dass Schröder und Fischer 2006 kandidieren wollen in 2 Wochen wieder passé ist.

Ein altes Thema ist auch die Brennerei und das runterladen von Liedern. Apple kommt jetzt mit einem Konzept, wo man sich für 99 Cent pro Track aus einer riesigen Auswahl legal Musik saugen kann. Ich hatte immer den Eindruck, dass man sich beim Blumentopf immer das Album als Gesamtwerk anhören sollte und die Singles doch nur ein kleines Spektrum Eurer Vielfalt abdecken. Was haltet Ihr also von diesem Konzept, bei dem die Hörer nicht mehr das ganze Album hätten, sondern nur noch die für Sie relevanten Tracks?

Es kommt darauf an, ob es wirklich ein faires Ding ist. Vom System her finde ich das schon OK, weil es schon viele Alben gibt, wo nur die Single, oder drei Lieder wirklich gut sind und warum sollte ich mir dann das ganze Album kaufen müssen wenn es mir sowieso nicht gefällt und ansonsten finde ich das Internet super, weil man sich schnell und unkompliziert etwas runterladen kann, wie bei unserem "Danke Bush , dass man gar nicht verkaufen will. Die Leute allerdings, die weiterhin ein Produkt haben wollen mit Platte mit Layout und Booklet, die werden sich sowieso die Scheibe kaufen und warum soll man auf der anderen Seite für die, die nur die Daten bzw. die Musik wollen eine Menge Plastik herstellen und noch drei Läden mitverdienen lassen. Wir leben ohnehin nur von unseren Livekonzerten, denn die Platte spielt gerade das wieder ein, was sie mit Videos und allem kostet. Daher ist es für uns auch nicht ganz so schlimm wenn wir nicht soo viele Platten verkaufen, denn das Wichtigste ist halt, das die Leute die Sache halt hören und kennen.

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