Bligg - Rap ist Volksmusik
Der letzte Dome hatte Folgen: Bushido arbeitet derzeit an einem Remix zum "Schäfersong" , Sido wird den nächsten Musikantenstadl moderieren und Ali A$ arbeitet gemeinsam mit Nicki an einer 2009er Version vom Bayrischen Cowgirl.

Dir stehen nach dieser fiktiven Einleitung die Haare zu Berge? Immer halblang und bevor du die Poster von der Wand reist und deine Plattensammlung verbrennst: War doch alles nur Spaß. Deine Helden sind noch real. Man könnte auch kritisch einwenden, dass Deutschlands Rapelite nicht die Eier hätte, um volkstümliche Elemente in ihrer Musik unterzubringen. Hierzulande hört es bei der Curse-Silbermond Kollabo auf. Also ziemlich weit entfernt von volkstümlicher Musik. Anders dagegen in der Schweiz, wo Marco Bliggensdorfer, besser bekannt als Bligg , Rap und Volksmusik vereint und dasselbe mit der Völkervereinigung aus der Heiligen Schrift vergleicht. Bligg selbst muss an sich nicht groß vorgestellt werden: Erste Gehversuche und Erfolge als ein Drittel von Bligg 'n Lexx in den 90ern der frühen Schweizer Szene, Sologang, als erster Rapper der Schweiz Charterfolge und in der jüngsten Zeit musikalische Projekte, die die eng gesteckten Szenegrenzen einzureißen versuchen. Hateration der Realkeeperfraktion inklusive, versteht sich.

[youtube adHzUaCk8cU nolink] Angefangen hat diese Entwicklung mit dem Track "Volksmusik" auf dem Bligg die Streichmusik Alder featurte - Video inklusive. Dass Volksmusik nicht zwangsläufig Schunkelmusik sein muss, sieht man, wenn man sich das entsprechende Video betrachtet. Vielmehr vereint Volxmusik, so der neumodische Begriff jenseits von Musikantenstadldefinitionen, Jazz, Rock und Folklore mit Elementen alpenländischer Volksmusik und hier fühlen wir uns doch viel wohler nicht wahr? Bligg tut es!  Das entsprechende Album trägt den Titel "0816 " und hier reizt der Schweizer Musiker einmal mehr sein musikalisches Talent aus. Oder wie es Bligg selbst ausdrückt: "0816" ist keine Anbiederung an die Freunde der Volksmusik, sondern ein eigenständiges Werk. Eine Hommage an die Schweiz, aus der ganz persönlichen Sicht eines musikalischen Söldners. Das ist es, wenn er, Hackbrett sei Dank, eine (Pop-)Ballade auf die Freiheit singt ( "Nur en Söldner" ) oder sich über eine Jodelhookline vor der Schweizer Musikszene, von Francine Jordi und DJ Bobo über Gotthard und Baschi bis hin zu Rapgrößen wie Sektion Kuchikäschtli, Radio 200 000 und Wurzel 5 verneigt ohne dass es kitschig klingen würde. Im Gegenteil, er vereint Akkordeon und Mundharmonika mit moderner Rapmusik und fügt der Volxmusik eine neue Facette hinzu. Natürlich stöhnen Realkeeper auf, wenn er Trinklieder inklusive Zicke-zacke-Hoi-Hoi ( "10 Chlini Appenzeller" ) anstimmt, auf der anderen Seite gibt er den "Secondos" eine politische Stimme und sinniert darüber, was er tun würde, wenn er nur noch einen Tag zu leben hätte ( "1 Tag" ). Dabei zeigt sich, dass Bligg inzwischen zu einem fähigen Sänger gereift ist. So klingt er mal nach einer Mischung aus Zucchero und Klaus Lage ( "Das dörfsch nöd" ) oder lehnt sich stark an "Nutbush City Limits" an, nur dass seine Heimat eben Helvetia ist und nicht Tina Turner s Tennessee. Auch Eminem -like-Sound ala "Hollywood" weiß der Zürcher zu handlen.
Der Stier auf Bligg s Cover hat große Eier - die hat, musikalisch gesehen, auch Bligg. Oder wie sollte man den Mut, echte Volxmusik unters Volk zu bringen, nennen? Zwar mag das dem ein oder anderen zu seicht oder zu weit weg von klassischem Boom Bap sein, doch Musikliebhabern sei "0816" ans Herz gelegt - die open mindness gibt es gratis dazu. Seit "0816" ist Rap auch Volxmusik.

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