Bero Bass über seinen Knastaufenthalt, OJ und Bushido
Vor kurzem bist du aus einer fast halbjährigen Haft entlassen worden. Wie war die Zeit für dich? Siehst du einige Dinge nun anders?
Man hatte ja viel Zeit um nachzudenken. Ich habe dort zum Beispiel an den Gitterstäben gestanden, geraucht und nachgedacht. Es ist natürlich nicht leicht gewesen. Knast ist Knast und das kann man auch nicht schön reden. Ich habe auch viel Zeit gehabt, um neue Texte zu schreiben. Letztendlich bin ich aber kein anderer Mensch dadurch geworden. Ich bin immernoch derselbe G , derselbe Outlaw wie ich es vorher war. Man hat nur gemerkt, dass einige der Dinge, die man vorher ernst genommen hat eigentlich belanglos sind und umgekehrt. Man geht mit seinen Liebsten, seiner Familie und Freunden jetzt anders um. Viele Sachen, bei denen man vorher auf der Überholspur gelebt hat, packt man nun beiseite. Wie lief denn dein Alltag im Gefängnis ab? Viele Leute haben bestimmt ein falsches Bild vom Leben hinter Gittern.
Da hast du recht. Der Knastalltag ist nicht so, wie die meisten Leute denken. Um sechs Uhr morgens wirst du von drei Beamten geweckt. Dann gibt es ein bisschen Brot und Tee. Um zwölf Uhr gibt es Mittagessen und um sechzehn Uhr gibt es schon Abendessen. Du bist dreiundzwanzig Stunden in deiner Zelle und eine Stunde hast du Ausgang im Hof. Dort sitzt man mit Mördern, Vergewaltigern, Baby-Mördern zusammen, die auf ihre Verurteilung warten und ich habe mir nur gedacht: "Du gehörst hier nicht hin" Wird man dadurch vielleicht auch ein bisschen depressiv?
Depressiv wird man nicht. Aber du weißt, dass du nicht so bist, wie diese Menschen und trotzdem wirst du von den Beamten so gesehen. Das erschreckt einen. Für die Beamten gibt es keinen Unterschied zwischen dir und einem anderen Insassen, der zum Beispiel ein Baby ermordet hat. Für ihn bist du Nummer 3 und der andere Nummer 4. Das nimmt einen schon mit. Hattest du eine eigene Zelle?
Ja, ich hatte eine Eigene. So eine Zelle ist eigentlich wie eine Toilette. Es ist, als ob du in einer Toilette lebst. Du hast dein Bett und deine Toilette. Das war es. Ist es denn eher positiv oder negativ eine eigene Zelle zu haben, wenn man 23 Stunden -und das mehrere Monate- alleine in einer Zelle verbringt?
Meiner Meinung nach ist es besser, eine eigene Zelle zu haben. Ein oder zwei Tage mit jemand anderes eine Zelle zu teilen, ist bestimmt okay und lässt die Zeit schneller verstreichen. Nach ein paar Tagen, würde es aber sicher anstrengend werden miteinander auszukommen. Hast du dort vielleicht auch Bekannte getroffen?
Ja , ich habe ein oder zwei Leute getroffen, die ich von draußen kannte. Eine Freundschaft hat sich aber da drin nicht entwickelt. Du darfst da keinem trauen und bist auf dich alleine gestellt. Wenn du auf dem Pausenhof bist, musst du auf deinen Rücken aufpassen. Du musst aufpassen, was du machst, was du sagst und wie du mit den Leuten umgehst. Aber ich hatte schon einen Bonus, durch meine Person. Erzähl doch nochmal, wie es eigentlich zu dieser Haft gekommen ist. Darfst du schon über die Hintergründe sprechen?
Ich darf euch ein paar An haltspunkte erzählen. Alles kann ich leider noch nicht erzählen. Es war so, dass mich dieser Arthur angerufen, mich beschimpft und meine Familie bedroht hat. Ich kannte ihn schon länger aus Chorweiler, deswegen habe ich mir gedacht, ich gehe zu ihm und kläre die Sache. Wir haben ja auch gemeinsame Freunde. Also bin ich hingegangen und wurde von ihm angegriffen. Er ist, ohne etwas zu sagen, mit einem Schlagring und einem Messer auf mich losgegangen und ich habe mich gewehrt. Durch die Rangelei zwischen uns beiden, lagen wir dann auf dem Boden. Irgendwann ist er dann aufgestanden und gegangen - ich auch. Ich dachte, dass sich die Sache erledigt hat. Ich habe nicht damit gerechnet, dass er dann mit 7 oder 8 Leuten auf mich losgehen würde. Ich hätte auch nicht gedacht, dass er den Mut dazu haben würde. Im Nachhinein haben wir dann auch erfahren, dass das Ganze ein Komplott gegen mich war. Diese ganze Aktion wurde von rechtsradikalen Türken geplant. Ich habe mit dem Track, den ich gemeinsam mit Perwer aufgenommen habe, unbewusst eine Lobby aufgeweckt. Wir haben ja versucht, das "Kurde-Sein" salonfähig zu machen. Wir wollten erreichen, dass die Leute nicht direkt an Terroristen, Taliban, Moslems etc. denken, wenn sie Kurde hören. Wir Kurden in Deutschland sind ziemlich Multikuli eingestellt. Ich selbst bin ja auch ein Deutsch-Kurde. Leider hat das Ganze nicht so geklappt, wie wir es uns vorgestellt haben.      Und wie kam es dazu, dass er dich provoziert hat. Woher kennst du ihn?
Das Ganze beruht ja auf diesem Komplott. Arthur ist letztendlich eine Marionette gewesen, der dafür benutzt wurde. Als er mich angerufen hat, konnte man auch hören, dass um ihn herum viele Leute waren.            Wie wird das Nachspiel dieser Aktion aussehen?
Artuhr selbst war schon bei meinem Vater und hat sich entschuldigt. Wir versuchen natürlich, das Ganze aufzudecken. Die meisten Personen, die da mitgewirkt haben, haben wir auch schon gefunden. Die Hauptperson leider noch nicht. Also wird das jetzt privat geklärt?
Nein. Es läuft auch über die Polizei. Es gibt ja auch Akten, in denen eindeutige Aussagen festgehalten sind, aus denen man ersehen kann, das rechtsradikale Türken dahinter stehen. In den Aussagen wird immer wieder angesprochen, dass Bero Kurde ist und kurdische Freunde hat. Es wird von kurdischen Gesichtern gesprochen, was ja politisch ziemlich indiskret ist. Bero hat kurdische Freunde, genauso wie er italienische, deutsche, polnische oder türkische Freunde hat. Trotzdem wird spezifisch auf diesem kurdischsein herumgestochert und türkische Journalisten haben sich auf die Seite von Arthur gestellt. Bero ist mit dem Track, den er zusammen mit Sivan Perwer und Xatar als kurdische Achse aufgenommen hat auch in Chorweiler aufgetreten, was einigen Leuten wahrscheinlich nicht gepasst hat. Chorweiler ist ja schon seit Jahren die Hochburg der Grauen Wölfe , die das nicht " dulden " wollten. Deswegen haben sie Artuhr benutzt, um ihre politischen Ziele durchzusetzen. Er weiß selbst wahrscheinlich gar nicht, dass er Mittel zum Zweck war. Das wäre ziemlich krass wenn die Sache einen so großen Hintergrund hat.
Das hat mich auch überrascht. Wenn man sich die aktuelle Situation der türkischen Politik anschaut, sieht man aber, dass so türkische Rechte arbeiten. Sie benutzen andere, um ihr Ziel durchzusetzen. Wie soll es denn musikalisch weitergehen?
Ich werde mir Sivan eine Tour durch Deutschland, Österreich und der Schweiz machen. Mit meinen La Honda Boys werde ich auch eine Tour machen. Also wird es musikalisch einfach weitergehen. Es wird natürlich nicht nur die kurdische Schiene gefahren, sondern multikuli sein. Letztendlich bin ich aber auch ein Sprachrohr für die kurdische Bevölkerung. Hat dich die Aktion also nicht abgeschreckt?
Nein, ich stehen weiterhin hinter allem was ich gesagt habe und werde weitermachen. Du hast grade gesagt, dass du auch eine Tour mit deinen La Honda Boys planst. Ist an den Trennungsgerüchten, die seit einiger Zeit im Raum stehen also nichts dran?
La Honda ist nur noch  Bero Bass . OJ Kingpin ist ausgestiegen. Alles was er bei Cosmo TV gesagt hat, hat er für sich gesagt. Ich stehe nicht dahinter und habe vorher auch nichts davon gewusst. Hinter dem, was er in Zukunft machen wird, stehe ich auch nicht. Meine La Honda Jungs sind alle noch bei mir, außer OJ . Ich wünsche ihm viel Glück bei dem, was er machen wird. La Honda bleibt Bero Bass und es wird auch keiner dazukommen. OJ steht für sich selber. Ich und meine La Honda Boys stehen dafür nicht gerade. Okay. Was wird es denn zukünftig noch von dir geben?
Mein zweites Soloalbum wird dieses Jahr erscheinen. Ich habe ja schon angefangen Texte dafü r zu schreiben. Es fehlen nur noch ein paar Kleinigkeiten, dann werde ich anfangen zu recorden. Dann wird eine Tour mit Sivan , Xatar , Manuellsen und mir geplant. Diese beiden Sachen stehen erstmal im Vordergrund. Welche Erfahrungen, gerade in Bezug auf deine Haft, nimmst du mit wenn du auf das vergangene Jahr zurückblickst? Hatte das Ganze auch positive Aspekte?
Naja, der Knast ist eigentlich nie positiv. Das einzige positive ist, dass ich nun weiß, wer Freund und wer Feind ist. Die Zusammengehörigkeit mit den Menschen, die hinter mir stehen, ist gewachsen. Aber letztendlich kann ich nicht sagen, dass es ein Vorteil war, im Knast gewesen zu sein. Und welche Vorsätze hast du für dieses Jahr?
Das sind eine Menge. Ich will das Leben genießen, die schönen Dinge mehr schätzen und meinen Mitmenschen viel Mitgefühl entgegen bringen. Dann kommen wir jetzt nochmal zu einem ganz anderen Thema: Hast du den Konflikt zwischen Ercan S. und Bushido mitbekommen? Ercan S., der sich als Paten von Köln bezeichnet, hat Bushido Stadtverbot gegeben.
Ich habe Bushido ja schonmal Köln-Verbot gegeben und halte mich jetzt aus solchen Sachen raus. Aber ich befürworte das. Bushido ist ein ziemlich linker Vogel. Ich habe ihn kennengelernt und er hat damals schon bewiesen, dass er kein Mann ist und das er Leute hinter sich hat, bei denen er Geld abdrücken muss. Er hat eigentlich gar kein richtiges Image. Er lebt nur dadurch, dass die Medien ihn machen, wie sie ihn haben wollen. Er hat keine Meinungs- und keine Entscheidungsfreiheit. Er muss die Hälfte seines Geldes bei Arafat abdrücken und macht einen auf Gangster-Rapper. Aber ich gönne es ihm. Er hat sein Geld gemacht. Aber wenn man mich persönlich fragt, was Bushido für ein Typ ist, würde ich natürlich immer das selbe antworten. Aber man soll letztendlich ja auch seine Feinde lieben.

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