Alibi Kolumne - Die 10 unfickbaren Sonntagsfakten (14.12.08)
1.    Weihnachten im…Hip Hop Himmel!
Da unser letzter Besuch schon eine gefühlte Ewigkeit her ist, habe ich beschlossen, den Jungs mal wieder einen Besuch abzustatten. Gerade Weihnachten bietet sich da an. Vor den schneebedeckten Himmelspforten steht Eazy-E , ein Bein angewinkelt, und sorgt dafür das keine Busters und Po-po`s reinkommen. Drinnen herrscht geschäftiges Treiben: Big L und Bloodshed hören, ungläubig mit den Köpfen schüttelnd, die neue Weihnachts-CD von Jim Jones, Biggie und Pun freestylen um die letzte Entenkeule, Buffy beatboxt dazu und 2Pac referiert leidenschaftlich vor einer Gruppe gelangweilter Engel über das Leid der Weihnachtselfen. ODB, Pimp C und Mac Dre liegen, berauscht von Codeinpunsch und Stechapfelmus, unterm Esstisch und stammeln wirr vor sich hin. Dilla sitzt apathisch am Klavier und komponiert ein sechsstündiges Orchesterstück, während sich Jam Master Jay hungrig an Cüüürbis Jackson s altem Oberkörper bedient. In jedem der neun Löcher steckt übrigens eine Cocktailtomate. Party Arty sucht verbissen nach einem Battle-Partner und Scott La Rock erklärt Proof warum Hip Hop nur aus der South Bronx kommen kann. Nur einer hat keinen Spaß: Prince Ital Joe . Er sitzt alleine in einer Ecke seit die anderen herausgefunden haben, dass er mal Tracks mit Marky Mark gemacht hat. R.I.P. und schönes Fest!    
2.    Deutschraps Indiskretion! Wenn du ein Problem mit deiner Familie, deinen Freunden oder deinem Arbeitgeber hast, mit wem redest du dann zuerst darüber? Genau, mit Millionen von anonymen Internet-Usern! Damit liegst du voll im Trend, denn auch die deutschen Rapper machen das nicht viel anders. Dank Youtube und Myspace sind sie in der Lage, den Rest der interessierten und/oder gelangweilten Rapublik über die neuesten Entwicklungen zu informieren. So verkündete Hengzt vor einiger Weile noch, dass sein neues Rapalbum doch nicht erscheinen werde, da sein Label sich aus Angst vor einer erneuten Indizierung weigern würde. Wow. Soweit ich mich erinnern kann, besteht Murderbass nicht aus älteren Managertypen, die Kaviarkaugummi kauend in Bürotürmen hocken, sondern aus Atzen von ihm. Oder nicht? Jetzt wurde jedenfalls wieder zurückgerudert und das Album kommt doch. Ein anderer Rapper, der freimütig Interna ausplauderte, ist sido . Im Interview mit Toxik bekannte er, offensichtlich under the influence of irgendwas stehend, dass Fler und Bobby nix mehr verkaufen, er den Aggro -Karren deshalb immer alleine aus dem Dreck ziehen müsse und das er nichts gegen einen neuen Deal, entweder bei Aggro oder woanders, hätte. Die Bosse werden es ihm gedankt haben!   3.    Der reichste Praktikant der Welt!
Kanye West ist einer der konsequentesten und ehrlichsten Promi-Musikanten der letzten Jahre. Während noch alle davon reden das sie ihr Ding machen, macht er es schon längst. Das ist eigentlich seit College Dropout so und wahrscheinlich schon seit seinem allerersten Beat. Seien wir doch mal ehrlich, am Ende macht er nichts anderes, als das was er will. Und zwar immer. Wer kann das schon von sich behaupten? Nicht schwer, sagt ihr, der ist ja auch  Millionär und kann es sich leisten Unfug zu machen. Stimmt, aber den Erwartungen von Millionen Augen und Ohrenpaaren zu entsprechen ist umso schwerer. Besonders wenn man etwas schafft, das einem am Herzen liegt und das dann niemand so richtig mag. 808s & Heartbreak ist so ein Fall von unerwiderter Liebe. Die Verkaufszahlen sind nicht berauschend, die Blogger hassen es größtenteils und viele Fans der ersten Stunde können sich nicht entscheiden, ob sie angeekelt oder einfach nur maßlos enttäuscht sind. Ganz ehrlich, was habt ihr erwartet? Eine Rückkehr zu gechoppten Soulsamples? Ein neues Stronger ? Neue Sonnenbrillentrends? Wenn er verlassen wird und seine Mutter stirbt und er dann der Meinung ist, er müsste singen, dann lasst ihn doch singen und euch mal drauf ein. Schmerz und Trauer sorgten ja schon oft für hervorragende Musik, so pervers das auch klingen mag. Außerdem: Dudley Perkins kann auch nicht singen und macht es trotzdem. Kanye hört jetzt jedenfalls erst mal auf und macht Mode. Natürlich nicht so wie jeder, sprich  eigene Modelinie die keinen interessiert und kackhässlich ist, sondern als Praktikant bei Louis Vuitton . Darauf hat er halt gerade mehr Bock. Verständlich!  
4.    Ey, tutet uns supporten, sonst tuten wir euch gedisst werden!
Klingt wie der Titel eines neuen Albums aus den Untiefen deutscher Kriminellen-Mundart, ist aber vielmehr eine reale Aufforderung, mit der sich Donni und meine Wenigkeit letzte Woche konfrontiert sahen. Eine obskure Rapperclique aus Berlin lud ein Video hoch, in dem sie, von unpassenden Bildern unterlegt, irgendeinen anderen irrelevanten Rapper dissen. Soweit nichts Besonderes, passiert in Deutschland jeden Tag tausendmal. Mit dem Unterschied, dass die Jungs, die mit ihrem sprachlichen Unvermögen ganz offen umgehen ( "Wir tuten dich unterstützen, dafür tutest du uns dissen…" !!!), das ganze ein Schwänzengäng -Exclusive nannten. Da wir diese Asseln nicht kennen und auf keinen Fall mit ihrem verfehlten Soundentwurf in Verbindung gebracht werden wollen, forderte ich sie auf, unseren Namen aus dem Titel zu nehmen. Aber da hatte ich die Rechnung ohne den Wirt, in diesem Fall Sprachrohr der Crew und offensichtlich LRS-Patient, gemacht. Ihrer Ansicht nach passt das schon so, denn sie hätten das ja für uns gemacht weil sie den Blog so feiern. Moment mal! Aber er hatte kein Einsehen und meinte dann wortwörtlich: "wir werden uns heute beraten ob wir ein disstrack gegen euch machen müssen" . Und das war grammatikalisch noch sein bester Satz. Letztendlich entfernten sie es, aber nicht ohne uns noch für den Tod von Hip Hop, den Erfolg von Lil Wayne und das Ende jeglichen Community-Gedankens verantwortlich zu machen. Den "Disstrack" gab es aber trotzdem. Er ist großartig geworden. Donni meint ja, dass es nur Satire sein kann. Ich hoffe es zumindest!
5.    Neid is ne Schlampe…und zwar ne hässliche! Kennt ihr die tragische Geschichte von Jaz-O ? Es waren einmal zwei Jungs, die lebten in den Marcy Houses, einer großen, tristen Sozialbauwohnung in Brooklyn. Beide waren arm und liebten Rap. Einer von beiden sollte später ein schwerreicher Rapper und Unternehmer, sowie der Ehemann von Beyconcé werden. Der andere niiirrrcht. Auflösung folgt! Beide waren in der Crew High Potent , die sich aber schnell wieder auflöste. Einer der beiden war schon etwas besser und erfahrener und bekam Ende der 80er einen Deal. Er veröffentlichte sein Debüt und featurete auf der erfolgreichen Single " Hawaiian Sophie " natürlich seinen Partner und sorgte so dafür, dass dieser sich einem breiteren Publikum vorstellen konnte. Zieht euch unbedingt mal das Prinz von Bel-Air-mäßige Video rein! So ging das los mit dem Jigga , der damals den hektischen Fu-Schnickens -Style fuhr und damit noch so weit vom swaggernden Über-Hustler entfernt war wie Scatman John . Die Jahre verflogen und plötzlich kam " Reasonable Doubt ". Der Rest ist Geschichte. Und Jaz-O ? Der beschimpfte Jigga letztens mal wieder in einem Video. Da steht er in der alten Hood und betont, dass er keinerlei Security hätte. Kostet ja auch. Er behauptet dann noch, Jigga käme nicht von hier und das der sich bloß nicht blicken lassen soll. Das traurige Finale: er zündet seinen Rocawear Hut an und geht. Einen McMissgunst, bitte!
6.    Der (späte) Guerilla-Sieg der anderen drei Elemente!
Diese Theorie von der strikten Einteilung der Hip Hop Kultur in vier Elemente vertritt ja heutzutage kaum noch einer. Beziehungsweise interessiert diese mühselige und leidliche Debatte  einfach keinen mehr und am Ende macht eh jeder seins. Einteilung hin, Ausgrenzung her. Erst kürzlich erfuhr ich, dass Falk über just diese "fälschliche Einteilung" an meiner jetzigen Uni referierte. Hätte ich mir gerne angehört. Wäre sicherlich auch erquicklicher und interessanter gewesen als Spax s rührselige Ausführungen zu dem Thema, die sich Farid Ständer und meine Wenigkeit vor zwei Jahren reingezogen haben. Vergessen wir das alles mal und gehen einfach davon aus, dass es diese vier Elemente gibt und sie in friedlicher Koexistenz vor sich hin breaken, sprühen, scratchen und rappen. Oftmals schimpfen ja die Vertreter der ersten drei Elemente  über Rap, weil Rap die ganze mediale Aufmerksamkeit und haufenweise Geld bekommt. Aber stimmt das auch? Ich sage nein, zumindest nicht in Deutschland und auch nicht was das Geld angeht. Klar, die Webseiten, Foren, Magazine und Fernsehformate behandeln zu 90% Rapper und worüber die rappen. Aber reden wir doch mal über Geld. Wie viele deutsche Rapper können wirklich von ihrer Musik leben? Normal leben, ohne Villa und Ferrari, denn das kann hier nur einer. Nicht besonders viele. Die meisten arbeiten nebenbei oder…auch nicht. Es gibt aber bedeutend mehr Breaker, Sprüher und DJs die von ihrer Passion leben können, weil sie diese zu einem normalen Beruf gemacht haben. Egal ob Tanzschule, Grafikbüro oder Club, diese drei Elemente sind definitiv in der sog. Corporate World angekommen und werden ernst genommen. Rap leider (immer noch) nicht. Und woran das liegt, müssen die Akteure wohl selber entscheiden!
7.    Die Rezession frisst ihre Kinder!
Armer, reicher Cüüürbis . Letztens gab er bekannt, durch die Börsenturbulenzen einen ganzen Batzen Monetos verloren zu haben. Genauer gesagt ein paar Millionen! Das Mitleid hält sich erwartungsgemäß in Grenzen. Denn neben dem frechen Frettchen von der Ostküste gibt es noch ein paar Millionen Menschen die Geld verloren haben. Oder ihre Häuser, Autos, Jobs und sonstige Luxusartikel die man sich so als Otto Nichtrapmogul leistet. Darauf das er ganz nebenbei auch der bestverdienenste Rapper des vergangen Jahres war, soll an dieser Stelle auch nicht weiter eingegangen werden. Es herrscht eben Rezession und da macht man halt mal mit, um dem Volk seine Anteilnahme zu demonstrieren. Seht her - ich bin einer von euch! So wie Jeezy , der sein letztes Album passenderweise " The Recession " nannte. Ob er damit auf seine lyrische Weiterentwicklung oder die wirtschaftliche Situation anspielen wollte, wird auch nach dem Hören nicht so richtig klar. Etwas ernster geht es bekanntermaßen bei Dame Dash zu, dessen finanzielle Situation sich immer mehr verschlechtert. Aber auch Suge Knight und das ehemalige TLC -Mitglied T-Boz sind dabei ihre Häuser zu verlieren und es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis weitere Musikanten und Möchtegern-Mogule folgen. Chi Ching! 8.    He just died in my arms last week!
Irgendwann musste es ja mal passieren. Nach einem Jahr Dauerbeanspruchung gab mein Ipod letzte Woche seinen Geist auf. Er ist zwar nicht explodiert und geht immer noch an, aber er weigert sich inständig Lieder abzuspielen, springt dafür aber beständig vom ersten Track eines Albums zum siebenten und präsentiert mir eine sehr eigenwillige Farbumgestaltung der Cover oder lässt sie einfach weg. Das ganze passierte mir natürlich ausgerechnet an dem Tag, an dem ich ihn wegen der vielen Freistunden und Wege am dringendsten gebraucht hätte. Er ließ mich also im Stich und dämmerte friedlich vor sich hin, während ich mit einer völlig vergessenen Problematik konfrontiert wurde: Gespräche in öffentlichen Verkehrsmitteln (ach ja meinen Gallardo hatte es am selben Tag auch erwischt..). Unsicher und völlig irritiert setzte ich mich so weit hinter wie es ging und starrte angestrengt aus dem Fenster. Normalerweise hätte ich mir in dieser Situation Kalkofe reingezogen oder irgendein bescheuertes Mixtape, aber so wurde ich zum Zuhören verdonnert. Zwei unnatürlich unschöne Höllenbewohnerinnen auf Erdurlaub unterhielten sich lautstark darüber, ob der Student vor ihnen, der sich von seiner Begleitung wiederrum mit den Worten "Lass es dir heute Abend munden" verabschiedete, schwul sei oder nicht. Als dann noch ein Handy klingelte (" Sexy Back ") und ein höchstens zehnjähriges Mädchen ranging, um ihrer Mutter stolz zu verkünden, sie hätte dreißig Euro bei Douglas gelassen, wollte ich nur noch eines tun: einen Kuchen aus Steve Jobs Adamsapfel und Augäpfeln backen!
9.    Die Überschrift  von Punkt 5 umschreibt auch Soulja Boy!
Der dümmliche Sohn von Splinter und Biene Maja ist wie ein zutrauliches Stinktier. Man möchte mit ihm so wenig Zeit wie möglich verbringen und wünscht ihn sich weit weg. Doch dann kommt er jedes mal wieder an und man beschäftigt sich mit ihm, getrieben von Mitleid und der Hoffnung auf Besserung, so lange bis er wieder was von sich gibt. Dann wird er wieder unausstehlich. Diesmal ist es eine neue Marketingstrategie, die sich der crankende Hobbit ganz alleine ausgedacht hat. Er möchte nämlich von seinem neuesten Machwerk eine Million Exemplare absetzen. Und zwar innerhalb der ersten Woche. Um dies zu erreichen, fordert er nun all seine Myspace und Youtube-Freunde per Mysppace und Youtube dazu auf, sein Album in der ersten Woche zu kaufen. Und zwar eine Million mal! Insgesamt natürlich, denn sonst würde er ja eine Milliarde verkaufen und das wäre das Startsignal für die Romulaner , mit der Zerstörung des blauen Planeten zu beginnen. Wie er darauf kommt, dass das klappen könnte, weiß kein Mensch. Aber das es nicht klappen wird, weiß jeder. 1998 is over!   
10.    Was macht eigentlich…!
Benzino ? Der Bostoner Rapper, Label-Chef und Miteigentümer der ehemaligen Hip Hop Bibel "The Source" hat einen derart rasanten Abstieg hingelegt, dass man ihm dafür eigentlich die " Zlatko Ehrenmedaille" verleihen sollte. Alles begann damit, dass sein Kumpel David May zusammen mit Jon Shecter 1988 die Source gründete. Dieses Magazin wandelte sich später, wie allgemein bekannt sein dürfte, vom simplen Newsletter zum einflussreichsten Hip Hop Magazin des Universums. Und das wäre es auch heute noch, gäbe es da nicht diesen seltsamen Mann, dessen Name einem sofort diesen typischen Tankstellengeruch ins Gedächtnis ruft. Benzino , der sich immer gern als einzig relevanten Bostoner inszenierte, ganz so als gäbe es Edo G . und die Kreators nicht,  war anfangs nur Mitbesitzer, nahm aber bald schon vermehrt Einfluss auf die Berichterstattung. So ließ er einem Album seiner eigenen (völlig unbedeutenden und erschreckend untalentierten) Crew eine lächerlich hohe Wertung geben und legte sich mit Eminem an, was bisher noch keinem gut getan hat ( Ja Rule hat mir zumindest gestern im McDrive den Milkshake ans Fenster gereicht). Irgendwann sprangen die meisten Anzeigenkunden ab, das Geld wurde knapp und die ersten Klagen prasselten ins Haus. Viele Leser wechselten zum "XXL"-Magazin und der Einfluss des ehemals einflussreichsten Hip Hop Mediums geht gegen Null. Benzino wurde zwar vor zwei Jahren durch den Vorstand entmachtet, aber erholt hat sich das Heft noch immer nicht. Um Snaga zu zitieren: "…und das hast du ganz alleine geschafft" Bravo!
Danke fürs Lesen! In diesem Sinne-besinnt euch mal wieder auf die guten, alten Zeiten und hängt mit eurer Gang in der Hood ab…so wie die Diplomats! BunteBoysBrauchenBunteBandanasGäng, Bitches!

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PPS: Jawoll, das war die vierzigste Kolumne. Dankeschön für die Treue!
PPPS: R.I.P. Party Arty
PPPPS: Kann es sein, dass der kanadische Rapper Drake aussieht wie Fard?
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