102 Boyz: So wird die Indizierung von "Asozial Allstars 2" begründet
102 Boyz

Indizierungen sind lange nicht mehr so üblich im Deutschrap, wie sie es einst waren. Es gab eine Zeit, da war gefühlt jedes härtere Album von einer Indizierung bedroht. Heutzutage sieht das anders aus. Und doch erscheint ab und zu eine Platte, die von der BzKJ in die Liste jugendgefährdender Medien aufgenommen wird. So nun geschehen mit "Asozial Allstars 2" von den 102 Boyz. Wir haben uns die Entscheidungsbegründung angeschaut, um zu erfahren: woran hat es gelegen?

102 Boyz: Darum wurde "Asozial Allstars 2" indiziert

Eingereicht wurde der Indizierungsantrag durch das Jugendamt der Stadt Plön, "da der Inhalt den exzessiven Drogen- und Alkoholkonsum verharmlose und verherrliche sowie Gewalt legitimiere und Sexismus gegen Frauen verherrliche."

Dieser Antrag auf eine Aufnahme in die Liste jugendgefährdender Medien wurde Ende April befürwortet. Vor allem - aber nicht nur -, weil "eine verharmlosende Haltung gegenüber Drogen" vermittelt würde, die bei Jugendlichen eine unkritische Auffassung in Bezug auf Drogenkonsum fördere. Dem Jugendschutz sei in diesem expliziten Fall Vorrang vor der Kunst-, der Meinungs- und der Informationsfreiheit eingeräumt worden.

Konkret habe das Gremium die Songs "Tourbus", "Jungs mit Rückgrat", "New Kids", "Moshpit" "Einsatzort", "Jolie Filles" und "Where is da bud" als indizierungsrelevant angesehen. Diese Inhalte seien geeignet, um "Kinder und Jugendliche sozialethisch zu desorientieren".

"Nach Einschätzung des Gremiums wirken Titel 05 'Moshpit' und Titel 07 'Einsatzort' verrohend. Titel 02 'Tourbus', Titel 03 'Jungs mit Rückgrat', Titel 04 'New Kids', Titel 07 'Einsatzort' und Titel 11 'Where is Da Bud' verherrlichen und verharmlosen den Drogenkonsum. Titel 08 'Jolie Filles' diskriminiert Frauen aufgrund ihres Geschlechtes."

Gerade mit Blick auf den Drogenkonsum sei zwar immer wieder auch eine negative Relativierung zu erkennen, die reiche allerdings nicht aus. Auf "Jungs mit Rückgrat" beispielsweise würde der Konsum "fast ausschließlich positiv" dargestellt, "während negative Aspekte in den Hintergrund rücken oder dem Interpreten gleichgültig wirken."

Durch die Songs bedroht wären "gefährdungsgeneigte Minderjährige". Das "sind Personen unter 18 Jahren, die aufgrund von Veranlagung, Geschlecht, Erziehung oder ihrer Lebensumstände Gefahr laufen, durch die inkriminierten Inhalte in sozialethische Verwirrung gestürzt zu werden."

Da die 102 Boyz bei Spotify monatlich von mehr als einer Million Menschen gehört werden und bei einer repräsentativen Bevölkerungserhebung 75 % der zwischen 14- und 19-Jährigen angaben, Rap zu hören, gehe man in diesem Fall von einem hohen Risiko der Jugendgefährdung aus. Außerdem hätten die 102 Boyz auf dem Song "New Kids" ausdrücklich geäußert, die Jugend an exzessiven Drogenkonsum heranführen zu wollen, heißt es in der Begründung. Dort wird gerappt: "Jugend wird gedrillt".

Des Weiteren wird ein YouTube-Kommentar angeführt, der die 102 Boyz für ihre "Realness" lobt, um zu belegen, dass "dieser Bezug zur tatsächlichen Lebensrealität der Interpreten [...] die Gefahr der sozialethischen Desorientierung gefährdungsgeneigter Minderjähriger" verstärkt. Eine Übertreibung oder eine Übermittlung der Themen in ironischer Art und Weise sei nicht erkennbar. Vielmehr werde der Anschein erweckt, dass es sich hierbei um die tatsächliche Lebensrealität der Künstler handele.

"Die nach Ansicht des Gremiums jugendgefährdenden Inhalt sind nicht mehrdeutig, sie legen dem Rezipienten den Drogenkonsum und die Diskriminierung von Frauen ausdrücklich nahe." [sic!]

Wie wird indiziert und was bedeutet das?

Bevor ein Medium indiziert wird, muss entweder ein Antrag oder eine Anregung bei der Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz eingereicht werden. Anträge müssen geprüft werden und können nur durch vom Gesetz ermächtigen Stellen eingereicht werden. Beispielsweise von Jugendämtern. Anregungen können hingegen von allen Behörden und anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe eingereicht werden, müssen aber nicht zwingend geprüft werden. Privatpersonen können keine Indizierung beantragen. Die Prüfstelle für jugendgefährdende Medien führt das Indizierungsverfahren durch.

Dort entscheidet entweder ein 12er-Gremium über die Entscheidung oder ein 3er-Gremium, wenn die Jugendgefährdung offensichtlich ist. Das 3er-Gremium muss einstimmig über die Indizierung entscheiden, während das 12er-Gremium eine zwei-drittel-Mehrheit für eine Entscheidung braucht. Bei einer Indizierung landet besagtes Medium dann auf der Liste der jugendgefährdenden Medien.

Indizierte Trägermedien, wie CDs oder DVDs, dürfen Jugendlichen gegenüber nicht mehr zugänglich gemacht oder beworben werden.

Genaueres zu den Abläufen eines Indizierungsverfahrens, was alles indiziert werden kann und welche Folgen eine Indizierung bedeuten, kann man auf der Seite der BzKJ erfahren.

(Der User "Positive-Flan-6065", der gestern im Subreddit GermanRap einen Ausschnitt der Indizierungsbegründung gepostet hatte und diesen Artikel damit angestoßen hat, soll nicht unerwähnt bleiben.)

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