Kalim, OG Keemos "Geist" & Hafti-Features: Meine 8 Rap-Highlights des Jahres

Das Jahr befindet sich auf der Zielgeraden. Das gilt auch für mich als jemand, der überwiegend in der News-Redaktion herumschwirrt. Höchste Zeit also, um die vergangenen zwölf Monate aufzurollen. Keine Gremien, kein großes Grübeln, keine Gimmicks – hier folgt nun eine total subjektive Raprückschau auf 2019.

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Jeder Haftbefehl-Part knallt



Auch 2019 scheint kein Haftbefehl-Album mehr zu kommen. Zwar hat der Offenbacher noch im Sommer "das Album des Jahres" angeteast, aber gut Ding will scheinbar Weile haben. In dieser Wartezeit konnte man sich zumindest an brachialen Feature-Parts erfreuen. Ob bei Massiv und Ramo auf "Salam Aleikum", Summer Cems "Fatality", Manuellsens "Da Real" oder Milonairs "Glitza"– die Verses von Baba Haft bleiben hängen. Die Attitüde seines Vortrags sucht in Deutschland auch 2019 seinesgleichen. Wenn Hafti das Energie-Level seiner stellenweise grenzenlos ignoranten Gast-Beiträge hält, verspricht der Winter 2020 (oder wann auch immer) eine extrem schöne Angelegenheit zu werden.

Kalims "Null auf Hundert" rasiert



Ein weiterer Straßenrapper, der 2019 vollkommen überzeugt hat, ist Kalim. Durch die Beschäftigung mit "Null auf Hundert" wurde mir klar, wie sehr der Hamburger sich in seine Kunst hineingefressen hat. Große Teile der Kalim-Diskografie sind miteinander verwoben und es macht aus Konsumentensicht einfach Spaß, sich mit all diesen Details zu befassen. Dazu ist Kalims neuestes Werk eine überaus runde Sache und enthält mit "Sig Sauer" einen der Moshpit-Tracks des Jahres.

Tua geht dahin, wo es wehtut



Kunst sollte bestenfalls Emotionen auslösen. Aus Tuas sehr gutem Album "Tua" sticht dahingehend der Song "Vater" hervor. Auch ohne persönliche Betroffenheit geht alles daran unfassbar unter die Haut. Dem Orsons-Mitglied gelingt die wahrscheinlich bis dato beste lyrische Auseinandersetzung mit dem Abschiednehmen, die Deutschrap je gesehen hat. Unpeinlich und klar schildert Tua, wie es ist, wenn das Leben erbarmungslos seine Bahnen zieht.



Tyler, The Creator macht, was er will

Kurzer Blick nach Amerika: Tyler, The Creator hat mit "IGOR" eines der spannendsten Alben des Jahres abgeliefert. Das sehen auch die Veranstalter der altehrwürdigen Grammys so. Eine Handlungsanweisung zum Hören der Platte postete das Enfant terrible auf Twitter. Er forderte etwas Seltenes in der heutigen Zeit: Die komplette Aufmerksamkeit für sein Werk, das wirklich von vorne bis hinten durchdacht ist.

Tyler, The Creator on Twitter

https://t.co/JP8u961Kjd

Auch abseits von dieser extrem verspielten und schrillen Kunstplatte, die am Ende doch um Tylers Leben und seine (s*xuelle) Identität zu kreisen scheint, ist das Universum des Rappers so ausgeleuchtet worden wie lange nicht. In vielen Interviews zeigte sich der "Flower Boy" regelrecht gelöst und offenbarte, dass er nicht nur super fluchen, sondern einfach "cute" sein kann.

OG Keemos "Geist" als Offenbarung des Jahres

Wenn in den letzten beiden Jahren Trettmanns und KitschKriegs "#DIY" sowie Summer Cems "Endstufe" die Alben waren, auf die sich alle einigen konnten, dann führt 2019 kaum ein Weg an OG Keemos und Funkvater Franks "Geist" vorbei. Allein Produktionen sind über jeden Zweifel erhaben. Zwischen Trap-Ekstase und mystischen Samples baut sich eine Atmosphäre auf, welche dieses Jahr unerreicht geblieben ist. Über all dieser Kunst schwebt ein Geist: Circa "15 Meter groß" und er spuckt "Bienen aus dem Mund". Die gewählten Worte Keemo Sabes bilden auf poetische Weise die große Straßenraperzählung 2019.



Majan & Cro liefern mit "1975" die beste Single 2019

Ein beliebter Streaming-Anbieter hat aufgeschlüsselt, dass kein Song 2019 öfter von mir abgespielt wurde als "1975" von Majan und Cro. Das kommt einerseits etwas überraschend. Andererseits macht es total Sinn: Dieser vernuschelte Gesang Majan, welcher in der Hook ins Englische abgleitet und RnB-Diva Mary J. Blige hervorkramt, schreit nach Wiederholung. Auch die Parts fügen sich so locker in den Song, dass es einen einfach nicht los lässt. Von Majan dürfte noch einiges zu erwarten sein.

Gunna übernimmt US-Rap

Es ist ein Meme, das viel über die zurückliegenden Monate auf dem amerikanischen Rapmarkt aussagt. Die Jahreszusammenfassung in vielen Kommentarspalten auf YouTube lautet schlicht "ft. Gunna". Der Rapper aus den Südstaaten war dieses Jahr tatsächlich omnipräsent. Kaum ein Artists wollte auf seine melodischen Flows verzichten. Was 2018 seinen Anfang nahm, stimmt für 2019 erst recht: "Drip Too Hard". An der Seite seines Labelbosses Young Thug war Gunna zum Beispiel in "Surf" und "Hot" zu bewundern.

French Montana präsentierte "Suicide Doors" nur im Verbund, der frischgebackene Numme-1-Rapper Roddy Ricch schnappte sich Gunna für "Start Wit Me", G-Eazy lieh sich den Gunna-Flavour für "I Wanna Rock" und Chris Brown sorgte mit ihm für "Heat". Wer hat diesen Film hierzulande verstanden? Ufo361! Der hat Gunna nämlich für "On Time" ins Boot geholt, bevor letztendlich die "WAVE" kam.

Grim104 lehrt das Gruseln

Eines der stimmigsten Projekte des Jahres hielt Halloween bereit. Grim104 releaste "Das Grauen, das Grauen". Auch wenn die Single "Graf Grim" ganz gewaltig nach Denzel Currys "Ultimate" klingt, tut das der Horror-Komposition keinen Abbruch. Dafür sorgen auch Zwischenstücke wie "The Great Evil" oder "Gespenster (Skit)", welche die Grimsche Erzählung intensivieren.

Wobei der Horror gar nicht zwingend aus typischen Gruselmotiven heraus entsteht. Da gibt es zwar Monster und frei nach dem berühmten Autor H.P. Lovecraft ebenfalls "Ratten im Gemäuer" – vor allem ist es aber die Realität in der Großstadt, die Angst einjagt. Das wird besonders auf dem mehr gesprochenen als gerappten "Abel '19" klar. Vor einer Bar totgeschlagen zu werden, während die Umgebung einfach zuschaut, ist sicher furchteinflößender als die Geräusche von Nagetieren.

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