Alben, Storys, Moves: Was ich 2018 gefeiert habe

Weihnachtszeit ist Listenzeit! Es gibt Votings (hier für die Hiphop.de Awards 2018 abstimmen), Jahresrückblicke (hier gucken) und eben auch die Möglichkeit seine eigene bescheidene Meinung als Redakteur zu äußern.

Diese Chance lasse ich mir nicht entgehen und lade alle ein, meine Filterblase zu betreten. Keine Kategorien, kein größeres System – einfach sieben Dinge, die mich 2018 begeistert, aufgewühlt oder unterhalten haben. Es folgt nun ein ganz persönliches Best Of 2018 von Michael Rubach aus der News-Redaktion.

OG Keemo & Funkvater Frank retten mein Deutschrapjahr

Auf kein anderes Gespann war dieses Jahr mehr Verlass als auf OG Keemo und Funkvater Frank. Anstelle von aufgekochtem Playlist-Sound servierten die beiden einen Mix von Boom Bap und Trap, der schlichtweg ballert.

Den Mobb Deep-Klassiker "Shook Ones" zu flippen, um den eigenen Werdegang nachzuerzählen, ist schon mal ein Move für sich. Das was Keemo auf "Vorbote" veranstaltet, steht weit über vielem, was Deutschrap 2018 angeboten hat. Der Track samt Video ist intensiv, atmosphärisch und lässt den Hörer nicht mehr los – und das "bis zu den letzten Sätzen." Das gesamte Tape "Skalp" bewegt sich auf einem extrem hohen Niveau. Definitiv eines meiner Highlights in diesem Jahr.

Fler & Manuellsen erzählen Storys

Wenigen Charakteren im Deutschrap hört das Publikum so gern beim Reden zu wie Fler und Manuellsen. Wenn sich Fler und Manu in ein Thema reingesteigert haben, gibt es kein Halten mehr. Dann heißt es: Realtalk von der ersten bis zur letzten Silbe.

Es wäre kaum vermessen, sie als moderne Geschichtenerzähler zu bezeichnen. Unter dem XXL-Interview von Manuellsen fordern Fans in den Kommentaren nicht umsonst den Schritt von M. Bilal in den Hörbuchmarkt.

Flers epische Clubstory über die schwindende Energie steht dem in nichts nach. Die Geschichte um Flizzys Sorge um den Vibe im Club hat sich dieses Jahr verselbstständigt. Fast jeder weiß nun darüber Bescheid, dass Geld an Bedeutung verliert, solange du am Ende der Baller warst. Manu und Fler trafen sich zudem bei "#DerDiisch". Sie machten öffentlich klar, dass jahrelange Streitigkeiten mit ein bisschen Abstand sehr gut aus der Welt zu schaffen sind.

Drake sorgt für Hits und Bestmarken

Keine Ahnung, ob es noch irgendwo einen Rekord gibt, den Drake 2018 nicht gebrochen hat. Seine Musik wurde so viel gestreamt und gekauft, dass es phasenweise schwierig wurde, allen Erfolgsmeldungen zu folgen. "Scorpion" ist vielleicht ein bisschen lang, aber dennoch eine gelungene Machtdemonstration von October's Very Own.

Neben den eigenen Hits ("In My Feelings", "Nice For What", "God's Plan") versorgte Drake gefühlt die gesamte die US-Szene 2018 mit Gastbeiträgen. Ob "Sicko Mode", "Look Alive", "Yes Indeed", "Mia" oder "No Stylist" – überall hatte Drizzy seine Stimme mit im Spiel (auf "Mia" sogar mit einem spanischen Part).

Wie ein einziger kleiner Makel in der Jahresbilanz von Drizzy erscheint "The Story of Adidon" von Pusha T. Der Diss hat gesessen, aber Drake kann es relativ egal sein. 2018 war zweifelsfrei Drizzy-Season.

Money Boys kulinarische Reise

Es dürfte niemanden verwundern, dass Money Boy ein großer Fan der amerikanischen Kultur ist. Dieses Jahr reiste der Boi dann auch in die Staaten und hat das American Life genossen. Neben seiner grandiosen Insta-Story produzierte der "Mann unter Feuer" einige Episoden eines schmackhaften YouTube-Formats.

In "American Fastfood" futterte sich YSL durch diverse Lokale, die es so in Deutschland nicht gibt. Dabei meint man die kindliche Freude sehen zu können, mit der sich Money Boy Hähnchenteile, Burritos und Burger gönnt. Es wird sich quer durch das Angebot der Fastfood-Filialen getastet.

Nicht unerwähnt sollte in diesem Zusammenhang auch die "Traphouse Kitchen" bleiben. Money Boys Kochformat ging in die zweite Staffel und zeigte klar und deutlich, dass der Wiener ein äußerst stabiler Koch ist. Notification Gang! Check! We lit!

Travis Scott hat mit "Astroworld" abgeliefert

Er hatte zwar weniger Hits als Drake, aber dennoch war 2018 auch das Jahr von Travis Scott. Seine Reise durch den musikalischen Vergnügungspark "Astroworld" stellte sich als nie ermüdendes Abenteuer heraus.

Vor gefühlten Ewigkeiten wurde "Astroworld" angekündigt – als es endlich droppte, war der Hype enorm. Nach dem eher enttäuschenden "Huncho Jack, Jack Huncho" mit Quavo befand sich meine Erwartungshaltung jedoch auf einem überschaubaren Level.

Mehrere Monate nach der Veröffentlichung lässt sich sagen, dass "Astroworld" eines der besten Releases des Jahres ist. Die Kunst von "Astroworld" besteht vielleicht darin, dass so unterschiedliche Songs wie "Sicko Mode" und "Stop Trying To Be God" problemlos koexistieren können.

Völlig zurecht ging das Album mehrmals auf die #1 der Billboard Charts. Allein die Video-Singles sind Movies, die nach jedem Schauen neue Details offenlegen. Mit "Stargazing" liefert die Platte zudem meinen Lieblingstrack 2018. Die Eintrittskarte in die "Astroworld" ist im besten Sinne experimentell und psychedelisch. La Flame war ganz oben dabei in einem ziemlich starken Jahr des US-Raps.

Begeisterung für J. Cole

Bis 2018 war J.Cole für mich nur irgendein amerikanischer Rapper. Ein paar Tracks kannte ich zwangsläufig, aber so richtig beschäftigt habe ich mich mit dem Dreamville-Artist nie. Dieses Jahr sollte das schlagartig ändern. Als "K.O.D." kam, war ich geflasht.

Mit einer Platte anzutreten, sie sich auf die Fahne schreibt, gegen die mumblenden Soundcloud-Kids anzurappen – erstmal kritisch, weil so ein Ansatz schnell unangenehm werden könnte. Den erhobenen Zeigefinger lässt Cole jedoch stecken. Stattdessen droppt er lockere Bars und verpackt seine Agenda in unverkrampften Rap.

Als ich zusätzlich in die glückliche Position kam J. Cole noch auf dem Open Air Frauenfeld erleben zu dürfen, gewann ich eine Erkenntnis: Am Ende des Jahres führt kein Weg an "K.O.D." vorbei.

Earl Sweatshirt kehrt zurück

Eines meiner Jahreshighlights bestand zunächst darin, dass Earl Sweatshirt überhaupt wieder Musik veröffentlicht. Was sich mit ein paar Lines auf Vince Staples Album "FM!" angekündigt hatte, wurde zügig Gewissheit: Earl kommt zurück.

Zwar ist "Some Rap Songs" schwer zugänglich und vollkommen an allem vorbei, was als hörerfreundlich gelten mag – doch genau in dieser Haltung besteht auch der Reiz. Free Jazz, Trip-Hop, verspulte Samples und zwischendrin bringt Earl sich irgendwie unter.

Über seine Skills lässt sich nicht streiten. Er kotzt sich wieder Mal auf höchstem lyrischen Niveau aus. Weiterhin thematisiert er die Probleme mit sich und der Welt, in die er hineingeworfen wurde. Schlussendlich ist sein drittes Album wohl weitaus mehr als bloß ein paar Rapsongs. Es ist genauso wie die Vorgänger "Doris" und "I Don't Like Sh*t, I Don't Go Outside" ein Stück Selbsttherapie. Jetzt heißt es erstmal erneut warten – wie lange, das weiß nur Earl.

Some Rap Songs

Some Rap Songs, an album by Earl Sweatshirt on Spotify

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